- Die zwei Seiten des „österreichischen Staats- und Reichsproblems“
- Der Staatsvoranschlag für 1862: Vorbereitung und Vorlage im Abgeordnetenhaus
- Die Ordnung des österreichischen Staatshaushalts
- Der Staatsvoranschlag im Reichsrat
- Die Nationalbankfrage
- Marinebudget — Marineministerium
- Staatsvoranschlag und Ministerverantwortlichkeit
- Die ungarische Frage
- Die Regierung und Siebenbürgen
- Zoll- und Handelspolitik
- Sprachenfrage und Religionspolitik
- Zum Aussagewert der Protokolle
- Veränderungen im Ministerium
- Zum Kommentar
Die zwei Seiten des „österreichischen Staats- und Reichsproblems“ - Retrodigitalisat (PDF)
In den Protokollen des zweiten Bandes der Abteilung „Die Ministerien Erzherzog Rainer und Mensdorff“ waren die Durchführung des Februarpatents und der ungarische Landtag von 1861 die vorherrschenden Beratungsthemen1. „Das österreichische Staats- und Reichsproblem“ (Josef Redlich)2 trat also vorwiegend unter dem verfassungsgeschichtlichen Aspekt in Erscheinung: Zentralparlament und Landtage, Regierung und Reichsrat, Kompetenzstreit, Föderalismus und Zentralismus waren die Hauptinhalte der ministeriellen Debatten. Es ging um Bewahrung und Verteilung der politischen Macht, insofern sie sich in Behörden, Körperschaften und Gesetzen manifestierte. Im vorliegenden dritten Band treten eine andere Problematik und ein anderer, nicht minder wichtiger Aspekt des „österreichischen Staats- und Reichsproblems“ in den Vordergrund, nämlich die Folgen der neoabsolutistischen Finanzpolitik. Ihre Anzeichen waren: eine Staatsverschuldung von insgesamt 2,5 Milliarden Gulden Konventionsmünze mit einer Zinsen- und || S. 10 PDF || Tilgungsquote von jährlich 147 Millionen Gulden, die die Hälfte der Einnahmen verschlang; eine Verschuldung des Ärars bei der privilegierten österreichischen Nationalbank von rund 250 Millionen Gulden; als Folge davon eine starke Abwertung der Währung gegenüber dem Ausland und das Auseinanderklaffen des Wertes von Silber und Banknoten im Inland (Agio) sowie die Insolvenz der Nationalbank; schließlich ein präliminiertes Budgetdefizit für 1862 von 110 Millionen Gulden3.
In dieser Situation war zweierlei notwendig zur Wiederherstellung des öffentlichen Kredits im Interesse einer gesunden Volkswirtschaft und damit letztlich auch der Erhaltung der Machtstellung Österreichs: 1. die Erzielung eines geordneten Staatshaushalts, in welchem sich langfristig die Ausgaben und Einnahmen das Gleichgewicht hielten und die bestehende und auch künftighin sich als notwendig erweisende Staatsschuld einer strengen, das Vertrauen der Öffentlichkeit genießenden Kontrolle unterlag; 2. die Sanierung der Währung, welche durch unkontrolliertes Schuldenmachen des Staates bei der Nationalbank in der Zeit des Neoabsolutismus, besonders anläßlich des Krieges von 1859, zeitweise bis auf die Hälfte ihres Wertes gesunken war. So groß die Übereinstimmung über diese beiden Ziele in der Öffentlichkeit und innerhalb der Regierung war, so sehr unterschieden sich die Meinungen über den Weg, auf dem sie erreicht werden sollten. Die dominierenden Themen in den Protokollen dieses Bandes sind jedenfalls Budget, Finanzausschuß, Bankakte, Steuererhöhungen.
Dieser Wechsel ist keineswegs erstaunlich; vielmehr ist zu fragen, weshalb er nicht früher eingetreten ist und was dazu geführt hat, daß die Finanzfrage nicht schon seit Beginn der Tätigkeit des Ministeriums Erzherzog Rainer (4. Februar 1861)4 bzw. des Reichsrates (1. Mai 1861) und gleichzeitig mit dem anderen, dem verfassungsgeschichtlichen Aspekt den Erörterungen der Minister Gesprächsstoff geboten hat, denn zwischen Verfassungspolitik und finanzieller Sanierung bestand ja ein enger Zusammenhang, ein Umstand, den schon die Zeitgenossen sahen und der von der späteren Geschichtsschreibung in verschiedenen Bildern ausgedrückt wurde. Schon am Vorabend der Erlassung des Oktoberdiploms schrieb Finanzminister Ignaz v. Plener in seinem dramatischen Brief an den Minister des Äußern Graf Rechberg: „Am heutigen Tage ist es keine bloße Phrase, daß die finanzielle Frage Österreichs seine politische Frage sei5.“ Um diesen Zusammenhang zwischen Verfassung und Finanzen ging es auch, als Plener in einem Vortrag an den Kaiser darauf hinwies, daß „die Wiedergewinnung des allgemeinen Vertrauens || S. 11 PDF || durch glückliche innere politische Institutionen bedingt“ sei6. In dieser Äußerung Pleners kamen das liberale Bürgertum und die zentralistische Staatsbürokratie zu Wort, und mit „glücklichen Institutionen“ war natürlich ein mit dem Budgetbewilligungsrecht und mit Kontrollbefugnissen über die Staatsschuld ausgestattetes Parlament gemeint. Dennoch konnte die aristokratisch-föderalistische Partei, von der gleichen Prämisse einer drohenden Finanzkatastrophe ausgehend, zu ihren ganz anderen Schlüssen kommen. Der vom grundbesitzenden Adel beherrschte Finanzausschuß des verstärkten Reichsrates von 1860 formulierte in seinem Bericht, daß die Finanzlage nicht durch finanzielle Operationen behoben werden könne, sondern dort angefaßt werden müsse, wo der Sitz der Krankheit und der Grund des Übels liege: bei den „inneren Zuständen“ der Monarchie, „von denen die Finanzlage nur ein Symptom ist7“. Auch hier ist freilich die Verknüpfung der beiden Problemkreise Finanz- und Verfassungsreform in aller Deutlichkeit festgestellt. Franz Joseph, vor die Unausweichlichkeit gestellt, das „innere System“, die Herrschaftsmethode des neoabsolutistischen Regimes, so oder so zu ändern, entschied sich zuerst für den von der ungarischen, altkonservativen Aristokratie vorgeschlagenen Weg; das Ergebnis war das Diplom vom 20. Oktober 1860 8. Sehr bald stellte sich heraus, daß dies der falsche Weg war. Schon nach der erstaunlich kurzen Zeit von wenigen Wochen bewahrheiteten sich Pleners Voraussagen seines schon zitierten Briefs an Rechberg vom 11. Oktober 1860, daß die bevorstehenden Regierungsakte (das Oktoberdiplom) keinen Erfolg haben würden und daß nur eine „Verfassung für das ganze Reich“ das Vertrauen begründen und die finanzielle Aufgabe lösbar machen könnte9. Das Oktoberdiplom erwies sich als „Umweg10“, der Konstitutionalismus, der mit der Berufung Anton Ritter v. Schmerlings und der Erlassung des Patents vom 26. Februar 1861 mit dem „Grundgesetz über die Reichsvertretung“ zum Zug kam, als Ausweg11. Berühmt ist die Interpretation, die Plener viele Jahrzehnte später für diese Phase der österreichischen Politik formulierte: „Man hat lange andere Gründe für den raschen Übergang vom Oktoberdiplom zum Februarpatent gesucht. Tatsächlich waren dafür nur staatsfinanzielle Gründe maßgebend12.“ Sicher wäre es einseitig, wollte man den Übergang Österreichs zu einer konstitutionellen Monarchie allein aus den finanziellen Beweggründen erklären und die soziale und die nationale Komponente vergessen, doch spricht Plener ja vom „raschen Übergang“. Die Verknüpfung der staatsrechtlichen Lage mit der Budgetsituation war ihm bewußt.
Ebenso deutlich äußerte sich 1863 der Finanzwissenschaftler Adolph Wagner: „Betrachtet man diesen günstigen Umschwung der Dinge und vergleicht ihn mit || S. 12 PDF || der Lage vor zwei Jahren, im Spätherbst 1860, so muß man freilich die Verbesserung zum Teil auf Rechnung dieses wunderbaren Glücks schreiben, welches Österreich auch neuerdings treu geblieben ist; aber die wohlbegründete Ursache einer solchen Umgestaltung liegt doch hauptsächlich in der Einführung und dem Festhalten an verfassungsmäßiger Regierungsform13.“ Die Reduzierung des Defizits war nach Wagner „als Wirkung des konstitutionellen Prinzips anzusehen14“. Weniger elegant drückte es der liberale Publizist Walter Rogge zehn Jahre später aus, als er das Parlament eine „Geldherbeischaffungsmaschine“ nannte15. Selbst Josef Redlich, der in seinem Buch zum „österreichischen Staats- und Reichsproblem“ nur die nationale und staatsrechtliche Seite ausführlich darstellt, hat diesen Zusammenhang gesehen und eindeutig ausgesprochen: „Alle diese Momente aber fanden ihre fortwährende Verstärkung durch das, was man als die treibende Kraft in der ganzen Ausbildung der Krise seit 1859 ansehen muß, nämlich durch die Fortdauer und stetige Verschärfung der staatsfinanziellen Schwierigkeiten und der davon nach allen Richtungen ausstrahlenden tiefen Mißstimmung16.“ Ebenso sieht die neuere Historiographie in der Finanzkrise den „wunden Punkt, wo der Parlamentarismus seine Erfolge erringen konnte17“, den „Schlüssel, mit dem sich der Konstitutionalismus Einlaß verschaffte“ und den „Katalysator“ für die Beschleunigung des politischen Wandels18.
Wenn trotzdem der Reichsrat erst Mitte Dezember 1861, siebeneinhalb Monate nach seiner Eröffnung, mit dem Budget befaßt wurde und auch die Ministerratsprotokolle bis dahin von anderen Themen beherrscht sind, so waren dafür folgende Gründe maßgebend. Zunächst bedeuteten schon die Ankündigung des Februarpatents, eine Reichsvertretung ins Leben zu rufen, und der wirkliche Beginn der Tätigkeit des Parlaments eine Entspannung und Atempause19. Allein die Schaffung der institutionellen Voraussetzungen effektiver Kontrolle beschleunigte die Wiederherstellung des Staatskredits. Im Juli konnte Plener im Ministerrat melden, daß er das präliminierte Defizit für das laufende Verwaltungsjahr 1861 zu einem großen Teil aus verschiedenen vorhandenen Quellen decken könne und nur mehr 25 Millionen Gulden auf dem Kapitalmarkt aufnehmen müsse. „Verhandlungen sind darüber mit Bankiers im Zuge, und die Bedingungen, welche der Minister zur Kenntnis der Konferenz brachte, gestalten sich nicht ungünstig20.“ Plener konnte später gänzlich auf die Aufnahme eines neuen Anlehens verzichten. Ersatz fand er || S. 13 PDF || in der Mehrausgabe von Hypothekaranweisungen auf die Gmundner Salinen21. Anfang Oktober erbat er sich sogar die Zustimmung des Ministerrates, den bereits fertiggestellten Staatsvoranschlag für 1862 neu drucken zu lassen, nachdem sich seit seiner Abfassung und Drucklegung „so wesentliche, und zwar sehr erfreuliche Änderungen in den Ansätzen ergeben haben, daß die gegenwärtig gedruckten den wahren Zustand des Budgets, wie es sich nach den neueren Ergebnissen gestalten wird, nicht mehr darstellen, mithin zur Vorlage an den Reichsrat nicht geeignet sind22“. Bemerkenswert erscheint in diesem Zusammenhang auch eine Anfrage der französischen Regierung Anfang November 1861, ob sie bei der österreichischen Nationalbank eine Anleihe von 40 Millionen Gulden aufnehmen könne, was aber doch abgelehnt wurde23.
Das alles bedeutete nicht, daß Österreich seiner finanziellen Sorgen enthoben gewesen wäre, doch waren es deutliche Zeichen des Vertrauens des Kapitalmarktes in das nunmehrige politische System. Die verstärkte Autorität erlaubte es der Regierung auch, der ungarischen Steuerverweigerungsbewegung, die Ende des Jahres 1860 begonnen und sich Anfang 1861 rasch ausgebreitet hatte — im April kam der Steuerfluß aus Ungarn fast vollständig zum Erliegen —, mit einer gewissen Härte entgegenzutreten und ab Mai 1861 das „ausnahmsweise Verfahren zur Einhebung, Eintreibung und Abfuhr der direkten Steuern und indirekten Abgaben in Ungarn“ anzuwenden. Diese Maßnahme, die auf dem Gebiet der Steuereinhebung das spätere „Provisorium“, d. h. die Rückkehr zur neoabsolutistischen Handhabung der Macht in Ungarn vorwegnahm, hatte den Erfolg, daß innerhalb von vier Monaten, bis August 1861, 6 Millionen Gulden an Steuern eingehoben werden konnten24. Ein sicheres Zeichen, ein „Barometer“ für das zunehmende Vertrauen war das Sinken des Silberagios, der Differenz zwischen dem Papiergeld und der klingenden Münze. Stand es zur Zeit der Erlassung des Februarpatents auf 50%, so sank es bis Ende 1862 auf 18—20%25.
Die finanzielle Lage begann sich also mit dem Durchbruch des Konstitutionalismus zu entspannen und gewährte der Regierung einen Spielraum, so daß eine sofortige Befassung des Reichsrates mit dem finanziellen Problem nicht nötig schien. Gegen die sofortige Vorlage sprach aber ein wichtiges formales Argument, das wieder in der anderen Seite des Staats- und Reichsproblems begründet lag, nämlich die Kompetenzfrage. Es gehörten die Geld- und Kreditangelegenheiten, die Reichsfinanzen, die Aufnahme neuer Anleihen, die Prüfung der Staatsvoranschläge, kurz alle Finanzmaterien übereinstimmend nach dem Art. II des Oktoberdiploms und dem § 10 des Grundgesetzes über die Reichsvertretung (Februarpatent) || S. 14 PDF || zum Wirkungskreis des gesamten Reichsrates. In diesem Punkt bestand kein Widerspruch zwischen den beiden Verfassungsdokumenten. Nun war zwar der am 1. Mai 1861 eröffnete Reichsrat als der gesamte berufen, es bestand aber kein Zweifel, daß zu diesem Zeitpunkt aufgrund des Fehlens der Abgeordneten aus Ungarn, Kroatien-Slawonien und Siebenbürgen vorläufig nur der sogenannte engere Reichsrat im Sinn des Art. III des Oktoberdiploms bzw. des § 11 des Grundgesetzes über die Reichsvertretung (Februarpatent) versammelt war, dem eine Kompetenz zur Beratung des Budgets keinesfalls zukam. Dieser Umstand war im Frühjahr und Sommer 1861 deshalb nicht besorgniserregend, weil die Regierung hoffte, daß die Landtage der Länder der ungarischen Krone noch im Verlauf des Jahres die Abgeordneten zum Reichsrat wählen würden, dem dann als dem gesamten das Budget vorgelegt werden sollte. Hier begannen aber die Schwierigkeiten.
Im ungarischen Landtag26, der im April 1861 seine Arbeiten aufgenommen hatte, bildeten von vornherein die liberalen Deputierten die Mehrheit, die das Oktoberdiplom und das Februarpatent ablehnten und die Rückkehr zu den sogenannten 1848er Gesetzen, den Gesetzartikeln des ungarischen Landtags von 1847/48, forderten, in denen eine gemeinsame Reichsvertretung nicht vorgesehen war und das Verhältnis zu Österreich im wesentlichen auf die Personalunion des Herrschers beschränkt blieb. Auch wenn in den Landtagsadressen von 1861 die Anerkennung gemeinsamer Angelegenheiten ausgesprochen war, durfte man mit einer Beschikkung des Reichsrates des Februarpatents nicht rechnen. Dies haben Schmerling und seine Partei in der Regierung auch gesehen und in Kauf genommen, indem sie den Kaiser bewogen, seine bisherigen ungarischen Ratgeber Baron Vay und Graf Szécsen fallenzulassen und den Landtag am 21. August 1861 aufzulösen. Anders verhielt es sich mit dem kroatisch-slawonischen Landtag. Zwar gab es auch dort eine starke ungarische Partei, doch erst die Unnachgiebigkeit des Kaisers und der Regierung bezüglich der Teilnahme der Militärgrenze an den Landtagsarbeiten scheinen Anfang August den Ausschlag gegeben zu haben, daß sich auch Kroatien weigerte, seine neun Abgeordneten nach Wien zu entsenden. Übrig blieb der siebenbürgische Landtag. In Siebenbürgen hoffte die Regierung auf die Unterstützung der Sachsen und der Rumänen. Doch gelang es zunächst der altkonservativen ungarischen Partei innerhalb der Hofkanzlei und der Landesregierung in Klausenburg, die Einberufung des Landtags zu verzögern. Im Herbst 1861 sah sich Schmerling genötigt, personelle Änderungen vorzunehmen und ein stilles Provisorium einzuführen, bevor an die Einberufung des Landtags geschritten werden konnte27. Die Auflösung des ungarischen Landtags am 21. August, die Entlassung des siebenbürgischen Hofkanzlers Kemény am 19. September und die Auflösung des kroatisch-slawonischen Landtags am 8. November 1861 signalisierten vorläufig das Scheitern des Februarpatents in der ungarischen Reichshälfte. Damit war aber auch die Aussicht auf baldige Komplettierung des Reichsrates geschwunden, und die || S. 15 PDF || Vorlage des Budgets mithin theoretisch unzulässig. Andererseits hätte eine Vertagung des Hauses ohne diese Vorlage das soeben neu gewonnene Vertrauen der Kapitalkreise und des Bürgertums wieder schwer erschüttert. Schmerling hatte sich aber schon längst einen Ausweg zurechtgelegt. Er schlug vor, den an sich inkompetenten engeren Reichsrat ausnahmsweise mit dem Budget zu befassen. So kam es, daß die finanzielle Frage erst im Dezember 1861 den ihrer Bedeutung entsprechenden Platz im Ministerrat, im Reichsrat und in der Öffentlichkeit einzunehmen begann.
Der Staatsvoranschlag für 1862: Vorbereitung und Vorlage im Abgeordnetenhaus - Retrodigitalisat (PDF)
Schon Anfang Juni 1861 hatte Schmerling im Ministerrat angedeutet, die Regierung könne „unter Beirat des eben versammelten engeren Reichsrates“ nach § 13 des Grundgesetzes vorgehen, d. h. das Budget als dringende Maßnahme in ihrem eigenen Wirkungskreis behandeln, welche dann später vor dem Gesamtreichsrat zu rechtfertigen sei, und gleichzeitig den engeren als „Beirat“ mit in die Verantwortung nehmen28. Im November 1861, nachdem alle Hoffnungen geschwunden waren, der Reichsrat könne bald zum gesamten erklärt werden, war der Zeitpunkt gekommen, da ein längeres Zuwarten unmöglich wurde. Schmerling begann, die soeben skizzierte Lösung vorzubereiten. In den Protokollen scheint das Thema im Herbst 1861 zuerst aufgrund einer Wortmeldung des Finanzministers auf. Mitte November beantragte er, den Staatsvoranschlag den Abgeordneten und Herrenhausmitgliedern „zur vorläufigen Information“ mitzuteilen29. Schmerling war gegen diese informelle Vorlage. Er suchte vielmehr, führende Abgeordnete für seine Idee der ausnahmsweisen Befassung des engeren Reichsrates mit dem Budget zu gewinnen. Jedenfalls war zu diesem Zeitpunkt die Budgetvorlage schon zu einer „Tagesfrage“ geworden, die alle, einschließlich der Presse, beschäftigte30.
Am 6. Dezember stand das Finanzgesetz für 1862 endlich auf der Tagesordnung des Ministerrates31. Das ordentliche Gesamterfordernis belief sich auf 354 Millionen Gulden, die Bedeckung auf 296 Millionen Gulden. Hiezu kamen aber außerordentliche Auslagen für Heer und Flotte in der Höhe von 52 Millionen Gulden, die zwar als „eventuelle“ bezeichnet wurden, von denen aber der Kriegsminister sagte, daß sie unter den herrschenden politischen Verhältnissen zur Erhaltung des Truppenstandes „unentbehrlich“ seien. Das voraussichtliche Defizit betrug also 110 Millionen Gulden32.
|| S. 16 PDF || Eine Woche später befaßte Schmerling den Ministerrat mit dem Modus der Vorlage des Budgets33. Er berichtete über das Ergebnis der Vorbesprechungen mit Vertretern beider Häuser des Reichsrates und verlas dann den Entwurf einer Regierungserklärung, mit dem die Vorlage des Budgets im engeren Reichsrat eingeleitet und gerechtfertigt werden sollte. Eine Diskussion ergab sich nur über jene Stelle, in der ausgesprochen wurde, daß bezüglich der im Reichsrat nicht vertretenen Länder, also der ungarischen, aufgrund des § 13 des Grundgesetzes vorgegangen werde. Während Schmerling vermeiden wollte, daß „der Dualismus zu klar hervortrete“, forderte der ungarische Hofkanzler den unmißverständlichen Ausspruch, daß sich die Mitwirkung des engeren Reichrates nicht auf die inneren Angelegenheiten in Ungarn erstrecke, vielmehr diesbzüglich im Verordnungswege vorgegangen werde. Forgách setzte sich durch: Der Kaiser eröffnete die folgende Sitzung, bei der die Erklärung noch einmal diskutiert wurde, mit dem bestimmten Auftrag, darauf zu achten, „daß die Ausgabsrubriken des Dienstes in der politischen und gerichtlichen Sphäre für die Länder der ungarischen Krone von der detaillierten Diskussion im Reichsrate auszuschließen seien34“.
Als letzte Vorbereitung wurde im Ministerrat die Eventualität besprochen, daß der Reichsrat entgegen der ministeriellen Regie in eine Diskussion der Kompetenzfrage eintreten würde35. Schmerling schlug vor, jeden derartigen Angriff von föderalistischer Seite mit der scharfen Waffe der Vertagung des Reichsrates zu parieren. Denn es sei nicht mit der Würde Sr. Majestät vereinbar, so erklärte er im Beisein des Kaisers, zu dessen Beruhigung diese Erklärung wohl auch gedacht war, einer Diskussion Raum zu geben, die sich letztlich darum drehen würde, ob der Kaiser einen Verfassungsbruch begehe, wenn er den engeren Reichsrat „durch einen Ah. Gnadenakt“ an der Beratung des Budgets teilnehmen lasse. „In diesem eintretenden Falle wären daher die Vorlagen von der Regierung zurückzunehmen, und das Haus wäre vorläufig zu vertagen. Das Herrenhaus würde von dieser Maßregel sofort in Kenntnis gesetzt, aber noch nicht vertagt, zumal dasselbe noch einige vom Abgeordnetenhause bearbeitete Gesetze zu beraten hat. Der Staatsminister las hierauf den Entwurf der bezüglichen Erklärung der Regierung.“ So wie beim ungarischen Landtag im Juni und Juli 1861 war also die Regierung auch dem Reichsrat gegenüber entschlossen, eher das Parlament nach Hause zu schicken, sei es durch Auflösung, sei es nur durch Vertagung, als einen ablehnenden Beschluß in einer grundlegenden Frage zuzulassen36. Denselben Standpunkt vertrat Schmerling auch, wie wir noch sehen werden, in der Bankfrage. Das Abgeordnetenhaus entschied dann — es sei ein kurzer Vorgriff gestattet — im Sinne Schmerlings. Eine Diskussion fand trotzdem statt. Fünf Redner der Opposition kritisierten offen und ausführlich die Maßnahme der Regierung, und der letzte Redner, der Abgeordnete Smolka, meinte voller Ironie, er halte es für geraten, von einer weiteren Auseinandersetzung || S. 17 PDF || abzustehen, weil er erfahren habe, „daß man, wenn unsererseits etwas von ministeriellen Anschauungen Abweichendes vorgebracht wird, man darin gleich ein gegen die Regierung gerichtetes feindseliges Verfahren, ja sogar ein gegen das Interesse der Dynastie und gegen den Bestand des Reiches gerichtetes gefährliches Benehmen erblickt37“.
Nach den Vorbereitungen im Ministerrat legte die Regierung am 17. Dezember 1861 das Budget für das bereits angelaufene Verwaltungsjahr 1862 vor38. Schmerling verlas die Regierungserklärung, die mit Bravorufen und Applaus von links und vom Zentrum aufgenommen wurde. Sie begann mit der Feststellung, daß der Reichsrat wegen der bisher nicht möglich gewesenen Einberufung des siebenbürgischen Landtags zur Wahl seiner Abgeordneten nach Wien nur als der engere gelten müsse. Eine Änderung in dieser Hinsicht sei innerhalb der laufenden Session nicht zu erwarten. Der Regierung erwachse daraus nach § 13 des Grundgesetzes das Recht, zur Feststellung des Staatsvoranschlages für 1862 im Verordnungsweg vorzugehen. Der Kaiser wolle aber nicht, fuhr Schmerling fort, daraus die Konsequenz uneingeschränkten Vorgehens ziehen, sondern schon jetzt den Voranschlag der öffentlichen und freien Prüfung unterziehen, soweit dies eben getan werden könne. Auch sollten die bereits entsendeten Abgeordneten nicht um solcher Hindernisse willen, die außerhalb ihres Verschuldens lägen, in ihrem wichtigsten Recht beeinträchtigt werden. Der Kaiser wolle das ihm zustehende Recht, nach § 13 vorzugehen, freiwillig einschränken und dadurch neuerlich bestätigen, daß er selbst dann im Geist des konstitutionellen Prinzips vorgehe, wenn eine Ausnahme gerechtfertigt wäre. An dieser Stelle wurde Schmerling vom Applaus eines Teils der Versammlung unterbrochen. Aus diesen Gründen, fuhr er fort, habe der Kaiser die Regierung beauftragt, den Voranschlag 1862 und die damit zusammenhängenden Finanzvorlagen ausnahmsweise dem engeren Reichsrat vorzulegen und der verfassungsmäßigen Behandlung durch ihn dieselbe Wirkung einzuräumen, wie sie den Beschlüssen des gesamten Reichsrates zukommen würde. Schmerling schloß mit der ausdrücklichen Erklärung, daß das Ministerium die Verantwortlichkeit nach § 13 gegenüber dem Gesamtreichsrat übernehme.
Anschließend hielt Finanzminister Ignaz v. Plener die erste Budgetrede vor einem gewählten Parlament in Österreich. Es war für Plener sicher ein Tag des persönlichen Erfolgs, hatte er doch seit seiner Ernennung nach dem Tod Brucks im April 1860 zielstrebig darauf hingearbeitet, daß die Staatsfinanzen einer verfassungsmäßigen Kontrolle unterzogen würden39. Der Minister bot in seiner Rede einen gedrängten, aber vollständigen Überblick über die Lage der Staatsfinanzen. Er begann mit den Gebarungsresultaten der Finanzjahre 1860 und 1861. Dann besprach er jene Finanzmaßnahmen — hauptsächlich zur Geldbeschaffung —, die er seit Erlassung des Oktoberdiploms getroffen hatte und denen der Reichsrat nachträglich || S. 18 PDF || seine Zustimmung erteilen mußte, wobei er darauf hinwies, daß er „den verderblichen Mitteln einer statutenwidrigen Anspruchnahme der Nationalbank und der Emission von Staatspapiergeld entsagt“ habe40. Es folgten das Budget für 1862 und die Grundsätze zur Bedeckung des Defizits. Für die ordentlichen Ausgaben waren seiner Ansicht nach die Steuerleistungen heranzuziehen, während die außerordentlichen Ausgaben, die ihrer Natur nach auch vorübergehende seien — dies war freilich eine Selbsttäuschung — im Wege des Kredits gedeckt werden sollten. Unter „allgemeiner Bewegung“ fuhr Plener fort: „Ich bin an jener Stelle meines Vortrags angelangt, wo ich die Beziehung der Defizits- zur Bankfrage aufzunehmen und über die letztere und die damit zusammenhängende Valutafrage Mitteilung zu machen habe.“ Plener erörterte also nun, worauf noch zurückzukommen ist, seinen Plan zur Regelung des Schuldenverhältnisses zwischen dem Staat und der Nationalbank, durch welchen die Wiederherstellung der Währung erzielt und gleichzeitig eine größere Summe zur Deckung des Budgetdefizits gewonnen werden sollte. Dann kündigte er, ohne jedes Detail, seine Anträge für Steuererhöhungen an, legte einige kleinere Wirtschaftsgesetze und schließlich den Entwurf eines Gesetzes zur Kontrolle der Staatsschuld vor, nach welchem diese Kontrolle einer vom Reichsrat gewählten Kommission überwiesen wurde. Dies war im § 10 des Grundgesetzes über die Reichsvertretung vorgesehen.
Eine Diskussion über die Regierungserklärung und die Finanzvorlagen unterblieb an diesem Tag. Franz Freiherr v. Pillersdorf, dessen Namen der erste Verfassungsentwurf des Jahres 1848 trägt, beantragte unmittelbar nach der Budgetrede die Einsetzung eines Ausschusses von neun Abgeordneten, welcher in die geschäftsordnungsmäßige Behandlung des Gegenstandes einzutreten und bereits am folgenden Tag einen Antrag darüber zu stellen hätte. Dieser Antrag wurde fast einstimmig angenommen. Die Proteste der Rechten gegen die Befassung des engeren Reichsrates mit dem Budget waren dem folgenden Tag vorbehalten41.
Die Ordnung des österreichischen Staatshaushalts - Retrodigitalisat (PDF)
Mit welchen Mitteln wollte nun Finanzminister Plener das Budget kurzfristig finanzieren und längerfristig sanieren? Allein durch Einsparungen war der Haushaltsausgleich nicht zu erzielen. Bei den Ausgaben für die Zivilverwaltung von rund 100 Millionen Gulden waren größere Einsparungen nicht möglich, was später auch der Reichsrat anerkennen mußte. Ebensowenig war das Erfordernis für Zinsen und Schuldentilgung von 147 Millionen Gulden — diese Summe entsprach genau der Hälfte der Nettoeinnahmen — veränderbar, außer durch Rückzahlung der Schulden. Einzig beim Aufwand für Heer und Flotte in der Höhe von zusammen 160 Millionen Gulden konnte eine wesentliche Einsparung durch Verminderung || S. 19 PDF || des Truppenstandes erhofft werden. Schon die Trennung in ein „Ordinarium“ von 102 Millionen Gulden und ein „Extraordinarium“ von 45 Millionen Gulden beinhaltete die Aussage, daß die Landarmee normalerweise, in Friedenszeiten, mit einem weit geringeren Betrag auskommen könne, wenn nicht außerordentliche politische Verhältnisse einen erhöhten Truppenstand erfordern würden. Was das Ordinarium betraf, so bewegten sich die Summen, die in diesen Jahren als „Friedensetat“, d. h. als unbedingt notwendige Mindestsumme, genannt wurden, zwischen 80 und 100 Millionen Gulden, von denen rund ein Zehntel durch Eigeneinnahmen gedeckt werden sollten: Bruck wollte im Jahre 1859 nur 72 Millionen aus den Finanzen zuschießen42, die Budgetkommission im Jahre 1860 78 Millionen43, Plener beantragte für 1862 bei 13 Millionen Eigeneinnahmen44 einen Zuschuß von 89 Millionen. Der Reichsrat bewilligte schließlich einen Zuschuß von 84 Millionen Gulden. Beim ordentlichen Heeresaufwand war also, läßt man den extrem niedrigen Ansatz Brucks außer acht, nur ein Spielraum von etwa 11 Millionen Gulden vorhanden, eine gewiß nicht unbeträchtliche Summe, aber doch nur ein Bruchteil sowohl des gesamten Heereserfordernisses als auch des Defizits. Die größte Aufgabe blieb die Senkung des außerordentlichen Aufwands von 45 Millionen Gulden. Die Regierung rechtfertigte ihn mit dem Hinweis auf die politischen Verhältnisse, nämlich auf die Kriegsgefahr in Italien. Unausgesprochen war darunter aber auch die ungelöste ungarische Frage subsumiert. Dies provozierte natürlich eine Debatte im Reichsrat und in der Öffentlichkeit, was die Regierung unternehme, um die „außerordentlichen Verhältnisse“ zu beenden45. Es gelang dem Reichsrat im Lauf der Budgetverhandlungen, die geforderte Summe für die Armee um 12 Millionen zu drücken46.
Ein anderer wichtiger Einzelposten im Zusammenhang mit Einsparungen war der „Münz- und Wechselverlust“, den der Staat aufgrund des Silberagios hinnehmen mußte und dessen Beseitigung nur mit der Besserung der Währungssituation zu erreichen war.
Von der Ausgabenseite allein her war das Budget keinesfalls zu sanieren. Waren den Einsparungen Grenzen gesetzt, so mußte durch Erhöhung der Einnahmen der Ausgleich herbeigeführt werden. Plener vertrat, wie gesagt, den Standpunkt, daß die ordentlichen laufenden Ausgaben prinzipiell durch Einnahmen aus den Steuern und Abgaben zu decken und nur die außerordentlichen Auslagen durch Kreditaufnahme zu finanzieren seien. Das ordentliche Defizit in Pleners Budget betrug 57,986.200 fl. Eine Steuererhöhung in diesem Ausmaß war nicht sofort durchzusetzen. Eine kräftige Erhöhung der Steuereinnahmen war aber unumgänglich, und auf die Dauer konnte sich der Reichsrat dem nicht verschließen.
|| S. 20 PDF || Die notwendigen Steuererhöhungen, die Plener in der Budgetrede nur angekündigt hatte, erörterte er im Ministerrat am 16. Jänner 1862 47. Rund 40 Millionen Gulden wollte er im Wege der Besteuerung zusätzlich hereinbringen. Der Rest des ordentlichen und das gesamte außerordentliche Defizit, zusammen 70 Millionen Gulden, sollten durch eine Kreditoperation gedeckt werden. Da die Einführung neuer Steuern aus mehreren Gründen nicht in Frage kam, beantragte Plener die Erhöhung einiger bestehender Steuern und Abgaben. Die Anhebung des Preises für Speisesalz sollte 5—6 Millionen einbringen. Von der Erhöhung mehrerer Tarifsätze des Stempel- und Gebührengesetzes erhoffte er sich 10 Millionen. Den Rest erwartete er sich von einer Erhöhung der direkten Steuern und zum Teil der Verzehrungssteuer. Dazu nannte er keine Details. Der Ministerrat billigte diese Grundsätze, die Plener am 5. Februar im Abgeordnetenhaus vortrug48. In weiteren Sitzungen des Ministerrates erläuterte Plener der Reihe nach die entsprechenden Gesetzentwürfe49. Bei der Verzehrungssteuer dachte er nur an eine Anhebung der Zuckersteuer, was eine Million bringen sollte. Bei den direkten Steuern beantragte er eine Erhöhung der Grundsteuer (erwarteter Mehrertrag: 11 Millionen Gulden), der Einkommensteuer einschließlich der sogenannten Kuponsteuer (5,1 Millionen), der Hausklassensteuer, also Besteuerung des vom Eigentümer selbst bewohnten Hausbesitzes (1,7 Millionen), und der Erwerbsteuer (0,9 Millionen). Zusammen sollte die Erhöhung dieser direkten Steuern über 18 Millionen Gulden eintragen. Plener brachte diese Gesetze im März, die Novelle zum Gebührengesetz im Juni 1862 im Reichsrat ein. Doch nur das letzte sowie die relativ unbedeutende Zuckersteuererhöhung wurden vom Reichsrat beschlossen. Die Salzpreiserhöhung wurde abgelehnt mit der Begründung, daß der Preis schon sehr hoch sei und eine weitere Verteuerung bloß zu einer Verminderung des Verbrauchs führen werde. Man war der Ansicht, daß Salz für die gesunde Ernährung wesentlich sei und die Erhöhung besonders die ärmeren Schichten treffen werde50.
Die heftigsten Diskussionen veranlaßte die Erhöhung der direkten Steuern. Zwar erklärte sich der Finanzausschuß des Abgeordnetenhauses prinzipiell damit einverstanden, doch schlug er einen ganz anderen Weg vor. Die Mehrheit lehnte nämlich die Erhöhung der Grundsteuer ab, weil die größte Steuerlast schon bisher auf den Grundbesitz falle und weil diese Steuer anerkanntermaßen ungerecht verteilt war. In der Tat war sie noch immer nach dem vormärzlichen stabilen Kataster und den Grundsteuerprovisorien geregelt und kannte „eine bunte Vielfalt unterschiedlicher Bemessungsverfahren und Belastungsquoten51“. Die Notwendigkeit einer Reform der Grundsteuer war längst im Gespräch und von der Regierung auch anerkannt. Am 3. Juli 1862 legte Plener ein Gesetz betreffend die Revision des stabilen || S. 21 PDF || Katasters vor, durch das die größten Ungleichmäßigkeiten beseitigt werden sollten. Doch gingen im Abgeordnetenhaus die Meinungen darüber so weit auseinander, daß das Gesetz nicht zustande kam52.
Statt der Erhöhung der Grundsteuer schlug der Finanzausschuß eine stärkere Anhebung der Einkommensteuer und eine Verdopplung der Kuponsteuer vor. Plener beurteilte dies als „äußerst drückend“ und „rein unmöglich53“. Die Erhöhung der Zinsertragssteuer hätte übrigens gerade jene Kapitalkreise getroffen, auf die die Staatsfinanzen nach wie vor am meisten angewiesen waren. Die Börse reagierte denn auch auf den Beschluß des Finanzausschusses mit einem Fallen der Kurse. Im Ausland machte der Beschluß „Sensation“, wie Plener im Ministerrat sagte54. Vor allem gefährdete er die große Kreditoperation, die zur Deckung des 1862er Defizits unumgänglich war, so daß sich Plener vom Ministerrat die Vollmacht geben ließ, den mit der Operation befaßten Bankiers vertraulich mitzuteilen, daß die Regierung einen Gesetzentwurf mit der Verdopplung der Kuponsteuer keinesfalls zur Ah. Sanktion unterbreiten werde55. Da die Meinungsverschiedenheiten nicht behoben werden konnten, vertagte das Abgeordnetenhaus die Debatte über die Erhöhung der direkten Steuern, bis die Beratung über das Erfordernis des Staatshaushalts abgeschlossen sein würde. Im September 1862 zog die Regierung die Vorlage zurück, da sie keinerlei Erfolg mehr für das laufende Verwaltungsjahr bringen konnte.
Von den rund 34 Millionen, die der Finanzminister beantragt hatte, bewilligte das Abgeordnetenhaus also vorerst nur ein Drittel; da aber das Gebührengesetz erst im Dezember 1862 sanktioniert werden konnte, wurde auf der Seite der Steuererhöhungen für 1862 praktisch nichts wirksam. Die Schuld an diesem Mißerfolg trug nach dem Urteil des Finanzwissenschaftlers Adolph Wagner gleichermaßen der Minister, der die Gesetze nicht sofort mit dem Budget, sondern verspätet eingebracht hatte, und der Reichsrat, der zwar die Regierungspolitik und die Ausgaben im wesentlichen billigte, aber nicht bereit war, die nötigen Mittel zu bewilligen56. Erst für das Finanzjahr 1863 war dies der Fall: Es konnten Steuererhöhungen wirksam werden, die einen Betrag von 25 Millionen Gulden einbringen sollten.
Diesem Mißerfolg im Parlament hinsichtlich der Steuererhöhungen für 1862 stand allerdings eine wesentlich günstigere Gebarung verglichen mit dem Voranschlag gegenüber. Einsparungen bei der Rubrik „Münz- und Wechselverlust“ durch das Sinken des Agios57, vor allem aber Mehreinnahmen an direkten und indirekten || S. 22 PDF || Steuern durch nachträglich eingetriebene Rückstände aus 1861 und geringere Rückstände für das laufende Jahr bewirkten, daß das vorgesehene Defizit nicht 110 Millionen Gulden betragen, sondern deutlich geringer ausfallen würde. Tatsächlich betrug es dann nur 75 Millionen Gulden, von denen zwei Drittel durch die noch zu besprechende Kreditoperation gedeckt wurden.
Obwohl also der von Plener empfohlene Weg zur Ordnung des Staatshaushalts in diesem Jahr 1862 noch nicht wirklich eingeschlagen wurde und wieder das ganze Defizit durch Neuverschuldung gedeckt werden mußte, wurden doch wichtige Schritte in der von ihm bezeichneten Richtung getan: Die kritische Prüfung des Budgets durch den Finanzausschuß bewies, daß die meisten Ausgaben in der Zivilverwaltung unumgänglich waren. Es wurde ein erster Schritt zur Verminderung des Militäretats unternommen. Es wurden die Gesetze zur Vermehrung der Einnahmen, wenn auch mit zum Teil großer Verzögerung, doch beschlossen.
Der Staatsvoranschlag im Reichsrat - Retrodigitalisat (PDF)
Das Budget wurde in formaler Hinsicht wegen seines Umfangs vom Reichsrat etwas anders behandelt als die übrigen Vorlagen58. Die Debatten über das Procedere werfen auch ein Licht auf die politischen Probleme, die bei der sogenannten verfassungsmäßigen Behandlung des Staatsvoranschlags auftraten.
Am 17. Dezember 1861 wählten die Abgeordneten einen Ausschuß, der bis zum nächsten Tag einen Antrag über die weitere Vorgangsweise vorlegen sollte. Der Berichterstatter dieses „Vorausschusses“, Dr. Karl Giskra, faßte am 18. Dezember das Ergebnis in drei Punkten zusammen59: Die Beratung und Beschlußfassung über die Finanzen eines Staates gehören zu den wichtigsten Aufgaben einer Volksvertretung; die formellen Bedenken gegen die Beratung und Beschlußfassung durch den engeren Reichsrat würden nicht schwer genug wiegen gegenüber den Vorteilen für die Interessen der Steuerpflichtigen, für den öffentlichen Kredit und für die Konsolidierung aller öffentlichen Zustände; die Bevölkerung erwarte lebhaft die Besserung der Finanzverhältnisse durch die Kontrolle des Reichsrates. Aus diesen Gründen sei ohne Zögern in die Behandlung aller Finanzvorlagen einzutreten, zu welchem Zweck ein aus 48 Abgeordneten gebildeter Ausschuß gewählt werden sollte.
Nach diesem Antrag meldete sich die Rechte des Hauses und bekämpfte mit zum Teil scharfen Worten die Vorgangsweise der Regierung. Zunächst führten Graf Potocki (Galizien) und Graf Clam-Martinic (Böhmen) zwei juristische Argumente || S. 23 PDF || ins Treffen: Die Abgeordneten seien Mandatare ihrer Landtage und hätten keinen Auftrag und damit kein Recht, einen Gegenstand zu beraten, der außerhalb der Kompetenz des engeren Reichsrates liege. Es würden Gegenstände behandelt, welche die Rechte der nicht vertretenen Länder berührten, was jedenfalls eine Präjudizierung dieser Länder darstelle. Es wurden aber auch die politischen Aspekte offen ausgesprochen: „Die Majorität dieses Hauses ist eine andere oder kann doch eine andere sein, als es jene des gesamten Reichsrates wäre“, sagte Graf Clam-Martinic unumwunden. Dr. Ladislaus Rieger (Böhmen) verglich die Verfassung mit einem Schiff, dem „Schiff unserer Freiheit“, und Schmerling mit dem Baumeister. Es sei aber nur der Rumpf fertig. „Aus Kroatien und Slawonien wollen die Eichen zu den Masten nicht kommen, und unser Geschäftshaus in Pest will uns die unersetzliche ungarische Hanfleinwand zu den Segeln nicht liefern. Ich frage Sie, meine Herren, kann Österreich auf ein so bestelltes, unfertiges Schiff seine Hoffnungen laden?“ Schmerling verteidigte anschließend den Entschluß der Regierung. Der Antrag des Ausschusses wurde danach angenommen, da die Linke die Stimmenmehrheit besaß.
Wie es die Abgeordneten der Rechten angekündigt hatten, beteiligten sie sich weder an der darauffolgenden Wahl noch an den Arbeiten des Finanzausschusses. Auch später, im Plenum, demonstrierten sie ihre Ablehnung. Als am 24. März 1862 der erste Bericht des Finanzausschusses über die Vorlagen Pleners vom 17. Dezember auf der Tagesordnung des Hauses stand60, gab der Abgeordnete Dr. Alois Pražak (Mähren) namens der Rechten des Hauses mit der Begründung, daß sich seit der Diskussion vom 18. Dezember in den maßgebenden Verhältnissen nichts geändert und der Reichsrat keinen anderen Charakter angenommen habe, folgende Erklärung ab: „Wir erkennen es daher als eine uns klar vorgezeichnete Pflicht, uns jeder Beteiligung zu enthalten, so oft diese hohe Versammlung Gegenstände des Staatshaushaltes in Verhandlung zu nehmen findet, und wir bringen diese Erklärung zur Kenntnis des hohen Hauses61.“ In der nächsten Sitzung verließ die Rechte vor Beginn der Spezialdebatte demonstrativ den Sitzungsaal und nahm an den Beratungen über die Finanzvorlagen nicht mehr teil62. Hier ist also festzuhalten, daß an der gesamten Beratung und Beschlußfassung des Budgets für 1862 und aller damit zusammenhängenden Fragen neben den italienischen, kroatischen, siebenbürgischen und ungarischen auch die föderalistisch-konservativen Abgeordneten der deutsch-slawischen Kronländer keinen Anteil nahmen. Schmerlings Reichsrat war im Hinblick auf diese wichtige Materie auf einige 130 Abgeordnete geschrumpft, was freilich an der gesetzlichen und faktischen Folge seiner Beschlüsse nichts änderte. Der Abgeordnete Rieger — er liebte die bildhafte Rhetorik — sagte: Österreich sei eine Völkerfamilie, und nun gebe man im Haustheater eine Aufführung von „Romeo und Julia“ — ohne die Julia63.
Der Finanzausschuß selbst begann am 8. Jänner 1862 seine Arbeiten. Zum Vorsitzenden || S. 24 PDF || wurde Franz Freiherr v. Pillersdorf gewählt; nach seinem Tod am 22. Februar übernahm Leopold Hasner Ritter v. Artha, Vizepräsident des Abgeordnetenhauses, dieses Amt. Der Ausschuß teilte sich in drei Sektionen. Die erste Sektion prüfte das „Erfordernis“, die zweite die „Bedeckung“, während die dritte Sektion die „Bedeckung des Defizits“ sowie Geld- und Kreditsachen behandelte (Staatsschuld, Münz- und Wechselverlust usw.; später wurde ihr die Bankakte zugeteilt). Die erste und die zweite Sektion gliederten sich wieder in je drei Abteilungen, denen fünf bis acht Abgeordnete angehörten. Die dritte Sektion bestand aus neun Abgeordneten. Jede Abteilung übernahm einige Budgetrubriken. Der Finanzausschuß hielt zwischen dem 8. Jänner und dem 28. November 1862 insgesamt 109 Plenarsitzungen zum Budget 1862 ab und 38 Sitzungen zum Budget 1863, das die Regierung am 17. Juli 1862 vorlegte, daneben eine große Zahl von Sitzungen der Abteilungen und Sektionen64.
Die Arbeit in diesen Gremien war zweifellos von besonderer Bedeutung. Hier fielen die grundlegenden Entscheidungen. Die Abgeordneten widmeten sich ihrem Spezialgebiet mit großem Eifer und prüften die Ansätze der Regierung sehr genau, wobei sie häufig nähere Auskünfte beim Finanzministerium einholten65. Demgegenüber waren die späteren Phasen des parlamentarischen Weges: die Behandlung im Plenum des Abgeordnetenhauses, im Herrenhaus und in der gemischten Kommission beider Häuser, die zur Beschleunigung eingesetzt wurde, von geringerer Bedeutung, wenn auch die Öffentlichkeit, besonders die Zeitungen, naturgemäß die Beratungen im Plenum des Abgeordnetenhauses in den Vordergrund stellten. Die Regierung versuchte jedenfalls schon in der ersten Phase, in den Ausschüssen, ihren Standpunkt darzulegen. Die Minister waren bei den Ausschußsitzungen häufig anwesend. Bei den Plenarsitzungen des Finanzausschusses waren, sofern es nicht um organisatorische Dinge ging, regelmäßig Minister zugegen, mindestens einer, häufig zwei oder drei. Desgleichen nahmen hohe Ministerialbeamte teil. Nicht zuletzt wurde auch der Ministerrat zu einem Forum, wo die Ressortleiter über die Anfragen der Abgeordneten, dann über deren Beratungen und Beschlüsse in den Abteilungen, den Sektionen und im Plenum des Ausschusses berichteten und berieten, und zwar nicht nur im allgemeinen66, sondern auch im einzelnen über das Erfordernis des Hofstaates67, des Ministeriums des Äußern68, der Hofkanzleien69, des Staatsrates70, des Kriegsministeriums71, der Marine72, || S. 25 PDF || über die Finanzmaßnahmen seit dem Oktoberdiplom73 und über die Kontrolle der Staatsschuld74. Anzumerken ist, daß in den Protokollen gelegentlich andere als die offiziellen Bezeichnungen für den Finanzausschuß, seine Sektionen und Abteilungen vorkommen: Budgetkommission, Kommission, Komitee, Marineausschuß.
Grundsätzlich war die Regierung bereit, Auskünfte zu erteilen, doch unterschieden sich die Minister deutlich in ihrer Bereitschaft dazu. Großzügig war z. B. der Finanzminister, reserviert zeigten sich Rechberg, Degenfeld und auch Schmerling. Als der Abgeordnete Giskra die Protokolle der als sehr kritisch bekannten ministeriellen Budgetkommission des Jahres 1860 einsehen wollte, entspann sich z. B. eine besonders lebhafte Debatte, in der nicht nur die unterschiedliche Haltung der Minister zum Reichsrat, sondern auch jene besondere Stellung der Regierung zwischen dem Kaiser und der Reichsvertretung zum Vorschein kam, die schon aus den Protokollen des vorhergehenden Bandes ersichtlich geworden ist75. Der Kriegsminister fand es „sehr sonderbar, daß die Herren Abgeordneten immerfort Akten verlangen, um sich fremde Anschauungen und Ideen anzueignen“. Auch der Staatsminister fand es „ein kurioses Verlangen, daß man denjenigen, welche die Kontrolle üben sollen, selbst Materiale liefern soll, damit sie desto besser ihre Kämpfe gegen die Regierung führen können“. Minister Graf Nádasdy gab aber zu bedenken, „daß man sehr vorsichtig vorgehen müsse, denn Dr. Giskra sei ein gefährlicher Mann, der viel Bosheit entwickeln könnte, wenn man ihn nicht sozusagen bei guter Laune erhält“.
Geteilt waren die Ansichten auch in der Frage, ob die Abgeordneten das Recht auf Auskünfte über die Hofkanzleien hatten76. Unbestritten war, daß die Budgets für Ungarn, Siebenbürgen und Kroatien-Slawonien nach § 13 im Verordnungsweg erlassen würden und hier nicht, wie man sich ausdrückte, der Weg der Kontumazierung eingeschlagen werde. Nádasdy folgerte für sich daraus, daß im Reichsrat keine Vertretung des siebenbürgischen Budgets nötig sei, doch war er bereit, den Abgeordneten persönlich Informationen und Aufklärungen zu geben und solche geben zu lassen. Der ungarische Hofkanzler lehnte dies entschieden ab und war von dieser Meinung auch nicht durch Schmerlings Einwand abzubringen, daß die Hofkanzleien als Zentralbehörden wohl geprüft werden müßten. Plener bot schließlich als Kompromiß an, daß alle gewünschten Aufklärungen über ungarische Belange durch den Finanzminister gegeben würden, da der Voranschlag ja im Finanzministerium verfaßt worden sei. Diesem Antrag stimmte der Ministerrat zu. Im Abgeordnetenhaus selbst wurde auf Anregung des Finanzausschusses nach kurzer Debatte beschlossen, die Erfordernisse der drei Hofkanzleien ohne Diskussion in den Voranschlag aufzunehmen77.
|| S. 26 PDF || Im Ministerrat wurde nicht nur das Ob und Wie der Auskunftserteilung besprochen, sondern auch das Ausmaß der Kontrolle und die Befugnisse des Reichsrates als solche. Die Abgeordneten benützten z. B. die Prüfung der Rubrik „Staatsrat“, um dieses Gremium grundsätzlich in Frage zu stellen, sah man doch im Staatsrat ein mit der Ministerverantwortlichkeit unvereinbares, nur aus der absolutistischen Zeit herübergerettetes Gebilde. Der Staatsminister berichtete, daß „man die Absicht zu haben scheint, dem Institut des Staatsrates durch den Antrag auf Streichung der Dotation den Lebensfaden abzuschneiden78“. Er vertrat jedoch im Ministerrat und dann im Ausschuß den Standpunkt, daß der Reichsrat nur die einzelnen Posten modifizieren, nicht aber eine Dotation völlig streichen könne. Organische Änderungen, formulierte es Lasser, dürfe er nicht vornehmen. Ähnliches ergab sich beim Posten des Botschafters in Rom, Alexander Freiherr v. Bach79. Der Finanzausschuß erkannte es schließlich an, daß die Streichung eines Budgetpostens nicht einseitig durch das Abgeordnetenhaus, sondern nur durch ein Gesetz erfolgen könne. Er fand aber andere Möglichkeiten, seine Kritik anzubringen. So wurde z. B. die Bewilligung der — verminderten — Dotation des Staatsrates mit der Aufforderung verbunden, ihn so zu reorganisieren, daß er mit der Ministerverantwortlichkeit und mit der „freien Entwicklung des verfassungsmäßigen Staatslebens“ vereinbar sei80.
So sehr die Regierung aus politischen Gründen bestrebt gewesen war, den Staatsvoranschlag vor den Reichsrat zu bringen, so wenig wollte sie sich grundsätzlich von ihm kritisieren lassen. Schmerling sprach es im Ministerrat offen aus: „Überhaupt scheine das Abgeordnetenhaus bei der Budgetfrage über die Natur seiner Aufgabe hinausschreiten zu wollen, und man müsse daher an dem Standpunkt festhalten, daß das Abgeordnetenhaus sich nur auf die Prüfung des Staatsvoranschlages zu beschränken und sich keinesfalls auf eine Kritik oder auf Angriffe gegen das ganze Regierungssystem einzulassen habe81.“ Zweifellos war dies eine sehr enge Interpretation des Budgetbewilligungsrechts. Andererseits war es, wie Schmerling selbst festgestellt hat82, vorauszusehen gewesen, daß die Abgeordneten die erstmalige Prüfung des Budgets mit besonderer Akribie vornehmen würden. Die Berichte des Finanzausschusses nahmen durchwegs den Umfang eingehender Studien an83. Als am 6. Mai 1862 das Plenum des Abgeordnetenhauses mit der || S. 27 PDF || Beratung des Budgets begann, unterstrich der Berichterstatter die Bedeutung dieser parlamentarischen Arbeit und bot damit zugleich eine Rechtfertigung, daß seit der Vorlage im Dezember doch ziemlich viel Zeit vergangen war: „Gegenwärtig stehen wir in Österreich erst am Beginn des konstitutionellen Lebens, und das Normalbudget der Zukunft soll erst geschaffen werden. Es ist das erste Mal, daß der Finanzausschuß eines österreichischen Parlamentes mit der Aufgabe betraut ist, den Staatsvoranschlag zu prüfen und maßgebende Normen für die Regelung des ganzen Finanzwesens zu entwerfen84.“
Aus dieser sorgfältigen Beratung erwuchs aber auch das Problem der zeitlichen Bewältigung der Materie. Der geschäftsordnungsmäßige Vorgang war, daß das Abgeordnetenhaus erst dann in zweiter Lesung mit einem Gegenstand befaßt wurde, wenn der Ausschußbericht vorlag. Schon Ende Jänner erwähnte Schmerling im Ministerrat die Möglichkeit, dem Plenum bereits die Berichte über die einzelnen Budgetkapitel zu geben85. Der Finanzausschuß beschloß tatsächlich am 1. April 1862 diese Vorgangsweise86, und am 6. Mai 1862 begann das Plenum des Abgeordnetenhauses die von der Öffentlichkeit lange erwartete Beratung des Budgets mit dem Kapitel „Hofstaat“. Vorher erläuterte der Abgeordnete Carl Freiherr v. Tinti, Berichterstatter über dieses Kapitel, die Gründe, die den Finanzausschuß bewogen hatten, den Staatsvoranschlag nicht als Ganzes in der Form eines Finanzgesetzes und nicht durch einen Generalberichterstatter, sondern nach seinen Unterabteilungen durch einzelne Berichterstatter vor das Haus zu bringen. Er hoffte, dadurch Zeit zu sparen und die Ergebnisse der Budgetprüfung noch für das laufende Jahre fruchtbar werden zu lassen87. Eine Woche später beantragte der Finanzausschuß vollends die Einführung eines „beschleunigten Verfahrens“. Die einzelnen Berichte sollten vom Abgeordnetenhaus sofort auch in dritter Lesung angenommen und dann dem Herrenhaus weitergeleitet werden, wobei die nach § 40 der Geschäftsordnung notwendige Annahme des Finanzgesetzes „im Ganzen“ vorbehalten blieb. So geschah es88. In den folgenden Monaten wurde der Staatsvoranschlag also parallel im Finanzausschuß, im Plenum des Abgeordnetenhauses und im Herrenhaus behandelt. Das Abgeordnetenhaus beendete die Arbeiten am 3. Oktober 1862 mit der Annahme des Finanzgesetzes für 1862 in dritter Lesung89. Da das Herrenhaus noch einige Änderungen beschloß, wurde eine „gemeinsame Konferenz-Kommission beider Häuser“ eingesetzt90. Das Finanzgesetz wurde im Abgeordnetenhaus am 30. und im Herrenhaus am 31. Oktober 1862 endgültig verabschiedet91. Die Ah. Sanktion erfolgte am 2. November 1862 — zwei Tage nach Ablauf des Finanzjahres92.
|| S. 28 PDF || Die verspätete Votierung, die in der besonderen Situation der erstmaligen Prüfung gerechtfertigt erscheinen mochte, wiederholte sich später freilich noch sehr oft93. Für das folgende Finanzjahr 1863 aber versuchte Plener mit Erfolg, eine rechtzeitige Verabschiedung zu erreichen. Schon am 20. Jänner 1862 regte er im Ministerrat an, den Staatsvoranschlag für 1863 noch während der Behandlung des 1862er Budgets dem Reichsrat vorzulegen94. Er wollte so die Zeit einholen, die durch die späte Vorlage und durch die vermutlich lang dauernde reichsrätliche Prüfung des Haushalts für das laufende Jahr verloren war. Der Voranschlag sollte in der Art verfaßt werden, daß die Ansätze für 1862 beibehalten und die nötigen Abweichungen in „Differenzausweisen“ zusammengefaßt wurden. Schmerling unterstützte diesen Antrag. Nur Minister Graf Esterházy hatte Bedenken, „daß dann die im Reichsrat nicht vertretenen Länder … wieder unter die Macht der Oktroyierung für das ganze Jahr 1863 gestellt sein würden95“. Doch wurde der Antrag Pleners von der Mehrheit des Ministerrates angenommen. Das Budget und die Vorlage an den Reichsrat wurden in mehreren Sitzungen des Ministerrates im Juli 1862 besprochen. Am 17. Juli brachte Plener den Voranschlag für 1863 im Abgeordnetenhaus ein96.
Soviel zur zeitlichen und formalen Seite der verfassungsmäßigen Abwicklung des Budgets. In rein finanzieller Hinsicht blieb das unmittelbare Ergebnis der reichsrätlichen Prüfung hinter den Erwartungen zurück. Immerhin konnte das Gesamterfordernis der ministeriellen Vorlage von 406 Millionen Gulden um 5,4% auf 384 Millionen Gulden und das Defizit von 110 Millionen um 10,8% auf 98 Millionen Gulden gesenkt werden. Geringe Einsparungen waren bei den Zentralbehörden und bei der Zivilverwaltung möglich, zum Teil genehmigten die Abgeordneten sogar mehr als vorgesehen97. Gar keine Einsparungen erlaubte das Schulderfordernis, die größten Streichungen wurden beim Etat für die Armee durchgesetzt. Schon 1863 stellte Adolph Wagner fest, daß die Prüfung „mehr eine politische als finanzielle Bedeutung hatte, denn sie gab reichlich Gelegenheit zur Kritik der früheren Sünden und noch vorhandenen Mängel in der Verwaltung, Justiz, Polizei, Finanz, dem Kultus- und Unterrichtswesen usw.98“. Und Adolf Beer schloß seine Beurteilung der Tätigkeit des Reichsrates so: „Gewisse Bedürfnisse des staatlichen Lebens lassen nur schwer Ersparnisse zu, und die Mitwirkung der Volksvertretung kann eine Verbilligung des Staatshaushaltes nicht erzielen, höchstens eine zweckmäßigere Verwendung mancher Beträge bewerkstelligen99.“
Es wäre aber falsch, die parlamentarische Feststellung des Staatsvoranschlags nur unter dem Gesichtspunkt der Ausgabensenkung zu betrachten. Der maßgebende Begriff war die Ordnung des Staatshaushalts. Der Reichsrat wies nach, daß die Ausgaben || S. 29 PDF || der Verwaltung zum größten Teil — mit Ausnahme des Armeebudgets — gerechtfertigt waren, wodurch der Boden für die logische Konsequenz bereitet wurde, nämlich die Vermehrung der Einnahmen durch Erhöhung und Reform der Steuern, auch wenn sich die Abgeordneten, wie wir oben gesehen haben, nicht sofort dazu bekannten. Die Lücke zwischen Einnahmen und Ausgaben mußte also vorerst durch Neuverschuldung geschlossen werden. Dies führt uns zum zweiten großen finanziellen Komplex, der an der Wende von 1861 zu 1862 auf die Tagesordnung gelangte, sowohl im Ministerrat als im Reichsrat, ebenso aber auch in der Öffentlichkeit: die Nationalbankfrage und die Sanierung der Währung.
Die Nationalbankfrage - Retrodigitalisat (PDF)
Der in der Bankfrage selbst als Experte herangezogene Finanzfachmann Adolph Wagner hat sie einmal „den hervorragendsten Gegenstand der Beratung der ersten Session des Reichsrates“ genannt100. Auch wenn ihn sein fachliches Interesse zu dieser Beurteilung verleitet haben mochte, so scheint die folgende von ihm stammende Schilderung doch geeignet, die Atmosphäre zu vergegenwärtigen, in der sich die Entstehung der Bankakte von 1862 abspielte: „Die Gegensätze waren so schroff, die ganze Sache wurde mit einer so seltsamen, dem Fernerstehenden kaum faßbaren Leidenschaftlichkeit behandelt, neben den Differenzen in der materiellen Auffassung spielte persönliche Animosität eine so große Rolle, daß es schien, als ob alle die verwickelten Fragen Österreichs auf dem Gebiete der politischen und materiellen Interessen in der Frage um die Gestaltung des Geldwesens zusammenträfen. Kaum eine Woche verging, wo nicht die Frage in ein anderes Stadium trat. Die Konflikte zwischen den maßgebenden vier Faktoren, Regierung, Abgeordnetenhaus, Herrenhaus und Bank, dauerten fast bis zum letzten Augenblick, und dennoch kam endlich die Vereinbarung im wesentlichen auf der Grundlage des Plenerschen Entwurfs zustande. Die Bankakte, welche am 6. Januar 1863 Gesetzeskraft erlangt hat, ist das Resultat der vielfältigsten Kompromisse, insofern ein echt parlamentarisches Gesetz, mit manchen sachlichen Mängeln und Inkonsequenzen behaftet, welche gleichwohl gegen den Vorteil, in der Bankakte ein konstitutionelles Gesetz erhalten zu haben, gern in Kauf genommen werden können101.“
Auf die Entstehung des Problems gehen die zahlreichen Protokolle des vorliegenden Bandes, die sich mit der Bankfrage beschäftigen, nicht ein. Es dürfte deshalb nützlich sein, einen kurzen Rückblick bis ins Jahr 1858 voranzustellen102. Nach || S. 30 PDF || einer mehr als zehnjährigen Unterbrechung konnte die österreichische Nationalbank am 6. September 1858 gleichzeitig mit der Hinausgabe der neuen, auf österreichische Währung lautenden Banknoten103 mit der Aufnahme der Silber- oder Barzahlung beginnen, d. h. die Banknoten konnten wieder jederzeit in klingende Münze umgetauscht werden. Der Silbervorrat der Bank betrug am 30. Juni 1858 105 Millionen Gulden in Münzen und Barren, dem ein Banknotenumlauf (auf Konventionsmünze lautend) von 375 Millionen Gulden gegenüberstand. Da die Barzahlungen sofort stark beansprucht wurden — teils aus Bedürfnis, teils aus Spekulation — und der Silberschatz der Bank in wenigen Wochen um mehrere Millionen Gulden sank, wandte sich die Bankdirektion an den Finanzminister. Nur die teilweise Rückzahlung der Schulden des Staates an die Bank könne der Spekulation den Boden entziehen. Bei andauerndem Silberabfluß, rechnete die Bank Minister Bruck vor, müsse sie in den ersten Monaten des Jahres 1859 mit einem um etwa 30 Millionen Gulden geschwächten Münzschatz vor die Öffentlichkeit treten. „Welche Wirkung kann dies auf das Ausland, welche vielleicht sogar auf das Inland ausüben, wenn bei einem bis auf 80 Millionen Gulden gesunkenen Münzvorrate der Banknotenumlauf immer noch 350 Millionen betragen würde104?“ D. h., der Staat mußte durch Rückzahlung der Schuld (sie belief sich auf 155 Millionen Gulden) beitragen, entweder den Silbervorrat zu stärken oder den Notenumlauf zu vermindern. Nur eine gleichmäßige Bewegung beider Größen garantierte die Stabilität der Währung. Aus diesem Grund kam es zum Übereinkommen vom 26. Dezember 1858 zwischen dem Staat und der Nationalbank, in dem das Schuldenverhältnis geregelt wurde105. Damit schien die Grundlage für eine dauernde Stabilisierung der Währungsverhältnisse gelegt. Ob diese tatsächlich gelungen oder ob dieser Versuch über kurz oder lang an der inneren Situation Österreichs gescheitert wäre, bleibt eine offene Frage106. Tatsache ist, daß sich schon ganz kurze Zeit später die außenpolitische Lage Österreichs völlig veränderte. Auf die Neujahrsansprache Napoleons III. folgte eine Panik an der Börse und schließlich am 28. April 1859 der Krieg mit Italien und Frankreich.
Gleichzeitig mit der Kriegserklärung wurde durch die kaiserliche Verordnung vom 29. April 1859 die Aufnahme einer Anleihe mit einem Nominale von 200 Millionen Gulden genehmigt, die später zu gegebener Zeit emittiert werden sollte. Die Nationalbank wurde genötigt, zwei Drittel des Nennwertes, also 133 Millionen Gulden, sofort dem Staat als Vorschuß auf diese Anleihe zu gewähren. Es wurden || S. 31 PDF || noch weitere 20 Millionen Gulden in Silber als Vorschuß auf eine in London zu begebende Silberanleihe, schließlich 27 Millionen aus dem Verkauf der Südbahn den Kassen der Bank entnommen, insgesamt in wenigen Monaten ein Betrag von 160 Millionen in Papier und 20 Millionen in Silber. Im Juli 1859 war die Verschuldung des Staates bei der Bank auf 255 Millionen Gulden emporgeschnellt, die Barzahlung war eingestellt.
Finanzminister Bruck bemühte sich in der Folge, die neuen Kriegsschulden zurückzuzahlen. Es gelang ihm, von den 133 Millionen Vorschuß ein Viertel zu tilgen. Als aber im März 1860 endlich die Anleihe selbst emittiert wurde (das sog. 1860er Lotterieanlehen), wurden nur 76 Millionen gezeichnet, welcher Betrag fast zur Gänze für das Haushaltsdefizit des Jahres 1860 verwendet werden mußte, anstatt damit den Vorschuß zurückzahlen zu können. Der Bank wurden nur die nicht gezeichneten Obligationen in der Höhe von 123 Millionen Gulden als Pfand übergeben, noch dazu mit einem Veräußerungsverbot bis zum 1. November 1861. Sie stellten also nur einen möglichen zukünftigen Wert dar, wenn es nämlich gelingen sollte, das Vertrauen der Kapitalkreise in den Staat so zu festigen, daß sich bei einem neuerlichen Anbot tatsächlich Käufer finden würden.
Diese Vorgänge bewiesen, daß die Stabilisierung der Währung nur gleichzeitig mit der Herstellung eines geordneten Staatshaushalts und einer öffentlichen Kontrolle der Staatsausgaben gelingen konnte, hatte doch die ungehemmte, die Einnahmen des Staates weit überschreitende Finanzierung des Krieges das neuerliche Dilemma verursacht. Die Ordnung im Geldwesen und im Staatshaushalt bedingten einander, und beide waren nur möglich auf der Grundlage des Vertrauens in den Staat. Diese Erkenntnis war auch die Grundlage der Politik Pleners. Das Vertrauen der maßgebenden Kreise aus Finanz und Bürgertum begann in der Folge durch die Konstitutionalisierung Österreichs zurückzukehren. Die Ordnung des Staatshaushaltes wurde eingeleitet durch die Vorlage des Budgets im Reichsrat, durch die Verminderung der Ausgaben und durch die Pläne zur Erhöhung der Einnahmen. Als dritte grundlegende Maßnahme blieb somit die Währungssanierung durch „Regelung des Schuldverhältnisses zwischen dem Staat und der Bank“ übrig, d. h. durch Zurückzahlung der Schulden und durch die Garantie der zukünftigen Unabhängigkeit der Bank vom Staat.
Plener war schon seit Ende des Jahres 1860 in diesem Bereich tätig geworden. Er hatte den Handelskammern Gutachten abverlangt, einen Kreis von Experten zu informellen Beratungen einberufen und wissenschaftliche Arbeiten in Auftrag gegeben107. Endlich legte er am 17. Dezember 1861 gleichzeitig mit dem Budget die Grundzüge seines Plans zur Regelung des Verhältnisses zwischen dem Staat und der Nationalbank dem Abgeordnetenhaus und damit der Öffentlichkeit vor. Daß er dies nicht schon früher getan, hatte dieselben Gründe wie die Verzögerung des Budgets selbst, weil natürlich auch die Regelung des Schuldenverhältnisses mit der Bank unter den § 10 des Grundgesetzes und somit unter die Kompetenz des gesamten || S. 32 PDF || Reichsrates fiel108. Es wurde Plener zum Vorwurf gemacht, daß er am 17. Dezember nicht schon mit einem ausgearbeiteten Übereinkommen vor das Haus getreten war109, doch vergingen nur drei Monate, bis er am 13. März 1862 die sogenannte Bankakte — bestehend aus einem Übereinkommen des Staates mit der Bank, neuen Statuten mit einem Reglement und einem Rahmengesetz — im Abgeordnetenhaus einbringen konnte110.
In den Zeitraum, den die Protokolle des vorliegenden Bandes umfassen, fallen also die Verhandlungen mit der Bank bis zur Finalisierung des Übereinkommens, die Vorlage der Bankakte an den Reichsrat und der Beginn der Behandlung durch den Finanzausschuß. Nicht weniger als elf Mal stand die Nationalbankfrage in diesen Monaten auf der Tagesordnung. Zum ersten Mal wurde der Ministerrat am 3. Dezember damit befaßt111. Plener legte den Entwurf eines Übereinkommens vor und erbat sich die Zustimmung, auf dieser Grundlage mit der Bank verhandeln zu können. Er teilte mit, daß er den Entwurf mit dem Bankgouverneur und einigen Bankdirektoren besprochen habe und daß er auf eine Einigung in den Grundzügen hoffen könne, doch bezeichnete er den Entwurf ausdrücklich bloß als Grundlage für die künftige Verhandlung112.
Die Regelung beruhte im wesentlichen auf folgenden Leistungen des Staates und der Bank: 1. Der Staat verpflichtete sich, die alten fundierten Schulden, die nach dem Stand von Ende Oktober 1861 132 Millionen Gulden betrugen, planmäßig zurückzuzahlen und von den Kriegsschulden von 1859 die 20 Millionen in Silber in 20 monatlichen Raten zu erstatten. Es verblieb ein Schuldenrest von 99 Millionen Gulden. 2. Der Staat bot der Bank die Verlängerung des 1866 auslaufenden Privilegiums an gegen ein permanentes Darlehen von 100 Millionen Gulden. Die Idee, sich die Erteilung des Privilegs bezahlen zu lassen, hatte man von der sogenannten Peelschen Bankakte Großbritanniens übernommen. Auf diesem Weg sollte der verbliebene Schuldenrest getilgt werden. 3. Die Bank verpflichtete sich, an der Verminderung des Notenumlaufs mitzuwirken, d. h. sich an den Kosten der Einziehung der Banknoten zu beteiligen, um schließlich nach einer bestimmten Zeit zur bankmäßigen Deckung des Umlaufs und damit zur Wiederaufnahme der Barzahlung zu gelangen. 4. Da die Schulden des Staates an die Bank nach Punkt 1 und 2 beglichen werden sollten, erklärte sich die Bank bereit, die pfandweise übernommenen Obligationen des 1860er Lotterieanlehens in der Höhe von 123 Millionen dem Staat zurückzuerstatten. Pleners Absicht war, diese Wertpapiere in einer zweiten Emission auf den Markt zu bringen, mit anderen Worten, eine Anleihe aufzunehmen. Aufgrund des wiedergekehrten Vertrauens konnte er hoffen, daß diesmal die Papiere Käufer finden würden. Es sei nicht zu zweifeln, sagte er im Ministerrat, „daß durch eine neue Subskription auf diese zu begebenden Staatslose || S. 33 PDF || dieselben gut und rasch untergebracht werden können“. Mit dem Erlös sollte das Haushaltsdefizit für die Jahre 1862 und 1863 gedeckt werden. Hier war der Punkt, in dem sich die Sanierung der Währung und der Ausgleich des Staatshaushalts direkt berührten. Plener erhielt die Zustimmung des Ministerrates zu seinem Plan, obwohl auch ein Gegenprojekt durch Staatsrat Ritter v. Holzgethan ausführlich erörtert wurde, nämlich die Übertragung der Peelschen Bankakte von 1844 auf Österreich (volle Metalldeckung aller eine Mindestumlaufmenge von 250 Millionen Gulden übersteigenden Banknoten; keine reale Rückzahlung der Schulden des Staates an die Bank)113.
Pleners Vorschlag war, wie gesagt, nach monatelangen Arbeiten und Gesprächen zustande gekommen. Dennoch beruhte er nicht auf einer breiten Übereinstimmung der Meinungen. Ebensowenig war er der einzige für die Regierung gangbare Weg, wenn auch ohne Zweifel der bevorzugte. Bemerkenswert erscheint in diesem Zusammenhang ein Plan, den der Finanzminister am 16. Jänner 1862 im Ministerrat im Anschluß an einen Bericht über die Verhandlungen mit der Bank vorlegte114. Zunächst beantragte er zwei Änderungen im Übereinkommen, deren Notwendigkeit die Verhandlungen gezeigt hatten: 1. Herabsetzung der permanenten Schuld von 100 auf 80 Millionen Gulden und Verzinsung dieser Summe mit 2% jährlich; 2. die Obligationen der 1860er Anleihe sollten nicht zur Gänze dem Staat überlassen werden, sondern ein Teil, etwa ein Drittel, sollte als Pfand bei der Bank bleiben. Beide Punkte waren ein Entgegenkommen an die Bank. Weitere Zugeständnisse wollte Plener nicht machen, sondern lieber die Verhandlungen abbrechen, „weil er einen Plan im Hintergrund halte“: Er wollte die umlaufenden Banknoten zu 1 fl. und 5 fl., zusammen 157 Millionen Gulden, als eine Art höhere Scheidemünze zum Staatspapiergeld erklären und die Verantwortung für ihre Einziehung, welche zur Verminderung des Notenumlaufs notwendig war, mittels eines Amortisationsplans selbst übernehmen. Die Bank wäre von dieser Verpflichtung befreit, und die Schulden des Staates an die Bank könnten um diesen Betrag vermindert werden. „Wohl erheben sich gegen einen solchen Vorgang Bedenken, und namentlich rege sich bezüglich des Bestandes von zweierlei Papiersorten die Besorgnis, daß ein Disagio der Staatsnoten gegen die Banknoten hervorgerufen werde“, meinte Plener115, glaubte aber dennoch, im Notfall zu diesem Mittel greifen zu können. Der Ministerrat nahm den Vorschlag an, „gleichwohl allseitig als nicht glaublich angenommen wurde, daß von dieser Reserve ein Gebrauch wird gemacht werden müssen“. Der Plan bewegte sich in der Mitte zwischen dem ausschließlichen Privileg der Bank zur Notenemission und jenen Vorstellungen, welche die Liquidation der Bank und die Ausgabe von Staatspapiergeld vorsahen116. Da die Verhandlungen || S. 34 PDF || mit der Bank positiv abgeschlossen werden konnten, wurde der Plan nicht realisiert117.
Einige Äußerungen Schmerlings im Ministerrat gingen aber noch weiter als die eben erwähnte Alternative Pleners für den Fall, daß sich die Bank unnachgiebig gezeigt hätte. Anläßlich einer Diskussion im Ministerrat118 über Pleners Rede am 13. März im Abgeordnetenhaus (Vorlage der Bankakte) brachte der Staatsminister einen Vorbehalt an, obwohl er den Finanzminister in der Bankfrage sonst eindringlich unterstützte. Er könne nicht alle Grundsätze und Erklärungen Pleners teilen, „z. B. das apodiktische Versprechen, daß unter keinen Umständen je mehr Staatsnoten ausgegeben werden sollen“. Ebenso deutlich war Schmerling wenige Tage später, als er sagte, die Regierung könne die Hinausgabe von Staatsnoten nicht absolut für alle Zukunft ausschließen: „Man dürfe sich nämlich nicht voreilig die Hände so binden, daß man zu dem bei bedenklichen Situationen unentbehrlichen Hilfsmittel des Staatspapiergeldes nur durch einen Wortbruch greifen kann119.“ Es wäre falsch, aus diesen Äußerungen konkrete Absichten herauszulesen, doch zeigen sie uns den Machtpolitiker Schmerling, der sich den — zum Teil selbst geschaffenen — konstitutionellen Spielregeln beugt, im Notfall aber auch ohne sie auskommt. In die gleiche Richtung geht der folgende Ausspruch, mit dem aber nicht das Staatspapiergeld, sondern die Regierungsvorlage verteidigt wurde; wenige Tage vor der entscheidenden Sitzung des Finanzausschusses sagte Schmerling im Ministerrat, „eher könnte es die Regierung auf sich nehmen, daß, im Falle diese Frage … gegen die Regierung entschieden werden sollte, die Reichsratssession geschlossen und in Absicht auf das Übereinkommen mit der Bank im Ordonnanzwege vorgegangen werde, was gewiß von allen rechtlich Denkenden gebilligt werden dürfte120“.
Hatte also die Regierung mit der Vorlage der Bankakte das Gesetz des Handelns keineswegs aus der Hand gegeben, so entbrannte andererseits eine heftige Diskussion in der Öffentlichkeit. Dem Finanzminister wurde vorgeworfen, der Bank zu große Zugeständnisse gemacht zu haben. Aus dem Ministerratsprotokoll vom 20. März 1862 121 läßt sich die Erregung ablesen, die die Öffentlichkeit erfaßt hatte. Plener versicherte sich der Solidarität seiner Ministerkollegen, die er im wesentlichen auch erhielt. Welche Bedeutung der Nationalbankfrage zukam, kann daran ermessen werden, daß in dieser Sitzung die Kabinettsfrage offen diskutiert wurde, nämlich „ob das Ministerium mit dem Übereinkommen stehen oder fallen soll“.
Wer waren die Gegner des Regierungsentwurfs, welche Interessengruppen, „Lobbys“, und welche sozialen Schichten standen hinter den verschiedenen || S. 35 PDF || Lösungsvorschlägen, die damals kursierten122? Es ist nicht leicht, hinter dem dichten Schleier finanztechnischer Argumente eine Antwort auf diese Frage zu finden. Der Ministerialrat im Finanzministerium Gustav Höfken hat die Unterscheidung zwischen der Bankpartei, die die Interessen der Bank und ihrer Aktionäre vertrat, und der Reformpartei, die mehr das Allgemeinwohl im Auge hatte und größere Leistungen von der Bank forderte, überliefert123. Daneben gab es aber noch eine dritte — heterogene — Gruppe, die die Plenersche Bankakte gänzlich ablehnte. Die Lösungsvorschläge dieser Gruppe waren: eine neue Zentralbank nach Ablauf des Privilegs der bestehenden Bank; oder Auflösung der Bank, die durch Landesbanken zu ersetzen sei; oder Auflösung der Bank und völlige Bankfreiheit. Während hinter der Bankpartei im wesentlichen das an ihr beteiligte große Kapital vermutet werden kann, von den Gegnern abfällig „Bankkoterie“ betitelt, stand hinter den Befürwortern von privilegierten Landesbanken offensichtlich jener föderalistische Adel, der aus finanziellen und politischen Gründen das wirkungsvolle Instrument einer Zentralbank dem politischen Gegner entwinden wollte. Die Vertreter der Reformpartei, aber auch jene der Bankfreiheit müssen dem liberalen Bürgertum zugerechnet werden, das sich aber in dieser Frage in einen weiten Meinungsbogen auffächerte, von den Zentralisten Schmerlings bis hin zu den Vertretern des uneingeschränkten Wirtschaftsliberalismus und den erbitterten Gegnern der Privilegien der Aktionäre.
Mit der Bankpartei hatte die Regierung bereits einen Kompromiß gefunden. Das dem Reichsrat vorgelegte Übereinkommen war ja aus den Verhandlungen mit der Bank hervorgegangen124. Die Föderalisten fielen dadurch, daß sie sich so wie beim Budget in der Bankfrage nicht an den parlamentarischen Arbeiten beteiligten, als direkte Kontrahenten aus. Es verblieben als wichtigste Gegner der Regierung im Abgeordnetenhaus jene Abgeordneten, die zwar der liberalen Mehrheit des Hauses angehörten, aber entweder größere Leistungen der Bank oder gar ihre gänzliche Liquidierung forderten.
Die Bankakte wurde der dritten Sektion des Finanzausschusses zugewiesen, deren Vorsitz der Abgeordnete Eduard Herbst innehatte. Es stellte sich heraus, daß in diesem Unterausschuß die Mehrheit gegen den Regierungsentwurf war und deshalb einen ablehnenden Bericht verfaßte125. Damit wurde für die Regierung die Abstimmung im Finanzausschuß selbst entscheidend, denn eine Ablehnung in diesem Gremium hätte eine Ablehnung im Plenum des Hauses sehr wahrscheinlich || S. 36 PDF || gemacht. Plener und Schmerling setzten daher alle Hebel in Bewegung, um das Votum der Sektion rückgängig zu machen und zu veranlassen, daß sie beauftragt werde, konkrete Änderungsanträge zu stellen. Schmerling befürchtete, die Gegner der Bankakte bei den Liberalen könnten sich in dieser Frage mit den Föderalisten einigen und sie dazu bewegen, entgegen ihrer grundsätzlichen Linie bei dieser Materie mitzustimmen und so die Akte zu Fall zu bringen. Am 7. und 8. April 1862 tagte der Finanzausschuß126. Fünf Minister nahmen daran teil. Plener erklärte für die Regierung, daß das Kabinett am Übereinkommen mit der Bank grundsätzlich festhalten werde. Auch Schmerlings oben zitierte Bemerkung vom Schluß der Reichsratssession gehört in diesen Zusammenhang127. Schließlich beugte sich der Ausschuß dem Druck und beauftragte die dritte Sektion, konkrete Abänderungsanträge auszuarbeiten.
Damit war, bildhaft gesprochen, noch nicht der Krieg, aber eine wichtige Schlacht gewonnen. Letztlich trug die Reformpartei gegenüber den ablehnenden Stimmen den Sieg davon. Die Sektion beendete ihre Arbeiten im Juli 1862, der Finanzausschuß verabschiedete seinen Bericht am 7. Oktober 1862. Das Abgeordnetenhaus befaßte sich Ende November mit der Bankakte. Schmerling forderte die immer noch zögernden Abgeordneten mit dem Hinweis auf das derzeitige und auf das künftige Kräfteverhältnis zwischen Liberalen und Zentralisten auf der einen, den Föderalisten auf der anderen Seite auf, der Regierung zuzustimmen: Jetzt hätten jene die Mehrheit, wenn aber der Reichsrat vollständig sei, könnten die Stimmen gegen eine zentrale Notenbank in der Mehrheit sein128. Mit der Annahme im Herrenhaus am 16. Dezember hatte die Bankakte endlich den Reichsrat passiert. Gegenüber dem ursprünglichen Übereinkommen waren bei den Summen und Fristen und in vielen Details Änderungen eingetreten. In den Grundzügen aber war der von Plener im Dezember 1861 vorgelegte Plan verwirklicht worden. Die Bank sollte weiter bestehen, d. h. ihr Privileg zur Ausgabe von Banknoten wurde verlängert, wenn auch nur auf zehn Jahre129. Ihre Unabhängigkeit vom Staat wurde garantiert, die Schulden sollten zurückgezahlt werden. Mit Anfang 1867 sollte die Barzahlung durch die Bank wiederaufgenommen werden und somit die Sanierung der Währung erreicht sein.
Die im Reichsrat vorgenommenen Änderungen erforderten eine neuerliche Verhandlung des Finanzministers mit der Nationalbank, deren Direktorium am 27. Dezember und deren Ausschuß am 29. Dezember 1862 — unter erheblichem Druck der Regierung — ihre Zustimmung gaben130. Am 6. Jänner 1863 wurde die Bankakte vom Kaiser sanktioniert.
|| S. 37 PDF || Ein wichtiger Teil im Komplex der Bankakte wurde aber schon früher erledigt. Es handelt sich um jenen Punkt, in dem sich Staatsvoranschlag und Nationalbankfrage berührten. Der Finanzminister brauchte viel zu dringend Geld, als daß er den Abschluß der Verhandlungen hätte abwarten können. Schon am 1. April 1862 forderte er eine schnelle Erledigung angesichts der „bedrängten Lage der Finanzen131“. Als der Ministerrat beschleunigende, dramatische Schritte aus taktischen Gründen zurückwies, erwiderte Plener, es wäre schon ein großer Vorteil, wenn das Übereinkommen wenigstens prinzipiell angenommen würde, „indem er dann schon mit der Bank anticipando ein Geschäft machen könnte. Auf einem anderen Wege im Augenblicke Geldmittel zu schaffen, sei bei den jetzigen Verhältnissen nicht möglich, da ein Finanzgeschäft im geheimen heutzutage nicht tunlich und überdies auch kein Material zu irgendeinem Geschäfte vorhanden ist.“ Als sich dann durch die Rückverweisung der Bankakte an den Unterausschuß die Lage zu klären begann, indem unbeschadet der Details im Prinzip der Weg des Übereinkommens mit der Bank eingeschlagen wurde, ergriff Plener von neuem die Initiative. Am 8. Mai konnte er im Ministerrat berichten, daß im Finanzunterausschuß „derzeit sich eine ganz andere Stimmung zeige und sich auch keineswegs die Absicht eines tendenziösen Hinausschiebens der Sache kundgebe, denn alle Mitglieder seien für das Übereinkommen132“. Plener erklärte, daß eine Finanzoperation unbedingt notwendig sei und schlug vor, jenen Teil der Bankakte, der zur Deckung des Defizits dienen sollte, nämlich der Verkauf der noch nicht begebenen und als Pfand bei der Bank ruhenden 1860er Lose, durch ein besonderes Abkommen mit der Bank teilweise vorwegzunehmen. Falls die Bankakte zustande käme, würde diese Operation ein Vorschußgeschäft sein, für den anderen Fall wäre der Bank die Rückzahlung zu garantieren.
Während die Bankakte selbst noch monatelang verhandelt wurde, konnte diese Finanzoperation in kürzester Zeit durchgeführt werden. Regierung, Bank und Reichsrat stimmten angesichts der leeren Kassen zu133. Am 8. Juni 1862 wurde das „Gesetz in betreff der Bedeckung des Abganges im Finanzjahre 1862 im Wege des öffentlichen Kredits“ verabschiedet, auf dessen Grundlage Plener am 17. Juni 1862 eine Vereinbarung mit der Bank abschließen konnte, nach der die 1860er Lose zum Kaufangeboten wurden134. Die Credit-Anstalt und das Bankhaus Rothschild übernahmen sofort 83 Millionen Gulden. Von dieser Summe wurde dem Finanzminister laut Gesetz ein Kredit von 50 Millionen Gulden eröffnet. Daß diese sogenannte zweite Emission des Lotterieanlehens von 1860 im Gegensatz zur ersten glückte, war die Folge der veränderten politischen Situation. Es war der Regierung gelungen, die Lösung der beiden fundamentalen Finanzprobleme, Haushaltsausgleich || S. 38 PDF || und Währungssanierung, einigermaßen erfolgreich einzuleiten. Der offenkundige Wille, beide gleichzeitig in Angriff zu nehmen, und dies vor dem Hintergrund der Konstitutionalisierung Österreichs, hatte das Vertrauen des Kapitals zurückkehren lassen135.
Die Ministerratsprotokolle spiegeln diese Entwicklung deutlich wider. Die geschilderten Umstände erklären auch, weshalb finanzielle Angelegenheiten den thematischen Schwerpunkt der Protokolle dieses Bandes bilden. Ein besonderer Gegenstand, der an Umfang hervorsticht und auch starke Resonanz in der Öffentlichkeit fand, ist in diesem Zusammenhang noch zu erwähnen, nämlich das Nachtragsbudget für die Kriegsmarine.
Marinebudget — Marineministerium - Retrodigitalisat (PDF)
Für die Marine waren im Staatsvoranschlag für 1862 eine ordentliche Dotation von 6 Millionen und eine außerordentliche, im wesentlichen für Schiffsbauten, von 7,2 Millionen Gulden vorgesehen. Am 20. Dezember 1861 — drei Tage nach der Vorlage des Budgets — wandte sich der Marineoberkommandant Erzherzog Ferdinand Maximilian an seinen kaiserlichen Bruder und erklärte, 5 Millionen mehr zu brauchen. Diese Forderung wurde am 4. Jänner 1862 im Ministerrat besprochen136. Oberst Breisach, Vorstand der Marinekanzlei, erläuterte das Zustandekommen dieser Summe. Zum einen hatte Ferdinand Maximilian ein neues Flottenbauprogramm beantragt, das den Bau zweier großer Panzerschiffe und eines Linienschiffes vorsah, und zwar im Hinblick „auf die mittlerweile beständig zunehmende Ausdehnung der Panzerschiffe bei den auswärtigen Seemächten, und um die zur Behauptung der österreichischen Seemacht im Adriatischen Meere unerläßliche Stärke fortschreitend zu erlangen137“. Zum anderen brachte dieses neue Rüstungsprogramm, ebenso aber auch die bereits 1861 beschlossene Vermehrung der Kriegsmarine um drei Panzerfregatten und der Umbau der Segelschiffe „Novara“ und „Schwarzenberg“ zu Dampfschiffen138, Folgekosten mit sich für „Truppenstände, Approvisionierungen, Arsenalseinrichtungen usw.“. Zu alledem war ein kaiserlicher Befehl getreten, die Marine bis März 1862 in Kriegsbereitschaft zu versetzen, weil ein Angriff italienischer Freischaren zu befürchten war. Dies kostete weitere 64.000 fl. monatlich.
In scharfer Erwiderung warf Plener der Marine maßlose Überschreitungen vor, wies darauf hin, daß der Ministerrat weder von Neubauten noch von einem kaiserlichen Befehl zur Kampfbereitschaft bisher informiert worden sei, und lehnte auch mit dem Argument, er könne nicht wenige Wochen nach Vorlage des Budgets mit || S. 39 PDF || einer solchen Nachtragsdotation kommen, alle Forderungen ab. Plener brachte aber nicht nur formale Einwände vor, sondern stellte die weitere Aufrüstung der Marine grundsätzlich in Frage. Er könne nur bedauern, sagte er, wenn man am Prinzip festhalten wollte, daß Österreich gleichen Schritt halten müsse, wenn ein anderer Staat im Seewesen größere Dimensionen annehme. Dies werde wegen Unaufbringlichkeit der Geldmittel nicht gelingen.
Rechberg begründete zunächst den kaiserlichen Befehl über die Kampfbereitschaft mit Nachrichten aus verläßlichen Quellen, „daß die Revolutionspartei alle Vorbereitungen treffe, um im kommenden März einen allgemeinen Angriff zu Wasser und Land zu machen“. Für die erforderlichen Gegenmaßnahmen sei das Geld aufzubringen. Eine Flottenvermehrung lehnte er aber ab. Diese Ansicht wurde nach längerer Diskussion zum Beschluß des Ministerates erhoben139. Plener hatte sich also — vorläufig — durchgesetzt, und es sollte kein Nachtragsbudget für die Marine geben. Doch bald erfuhr der für die Marine zuständige Finanzunterausschuß vom „Mehrerfordernis“. Plener beeilte sich, dies als Mißverständnis zu erklären. Die Minister teilten die Ansicht, die budgetüberschreitenden Summen seien aus der im Voranschlag enthaltenen Reserve für Armee und Marine zu decken140. Der Ministerrat wurde dann mehrmals mit dem Tauziehen zwischen dem Finanzministerium und dem inzwischen neu gegründeten Marineministerium über die Marinedotation konfrontiert. Schließlich stellte sich im Lauf des Sommers 1862 heraus, daß ein Nachtragsbudget für die Marine um 3,77 Millionen Gulden unumgänglich war, weil das Marineoberkommando die Summen schon ausgegeben hatte141.
Die Protokolle über Verstärkung und Budget der Kriegsmarine sind auch interessant in bezug auf das Verhältnis Österreichs zu seinem südlichen Nachbarn Italien. In diesen Zusammenhang gehört auch die Aufstellung einer Flottenabteilung im Adriatischen Meer „gegen revolutionäre Aggressionen142“.
Im Abgeordnetenhaus herrschten von Anfang an Mißtrauen und Mißstimmung gegen die Marine und ihren ständig steigenden Geldbedarf. Sie fanden Ausdruck in einer Reihe von Beschwerden und Wünschen an das Marineministerium, die der Unterausschuß in seinem Bericht formulierte, und erreichten den Höhepunkt am 1. April 1862, als der Finanzausschuß ein Tadelsvotum beschloß: „Der Ausschuß erklärt sein Bedauern, daß die Verwendung einer Summe von fast 80 Millionen, welche in den letzten neun Jahren für die Marine verausgabt wurden, nicht den Erfolg hatte, daß die kaiserliche Marine gegenwärtig bereits in der Lage wäre, die Verteidigung des österreichischen Litorales mit hinlänglicher Kraft sichern zu können143.“ Mit Mühe erwirkte die Regierung, daß dieser Beschluß rückgängig gemacht bzw. nicht in den Bericht an das Haus aufgenommen wurde144.
|| S. 40 PDF || Die Kriegsmarine stand aber auch in einem anderen Zusammenhang mehrmals auf der Tagesordnung des Ministerrates, und zwar anläßlich der Errichtung des Marineministeriums145. Der Marineoberkommandant Erzherzog Ferdinand Maximilian hatte ein solches Ministerium schon als Konsequenz des Februarpatents gefordert. Die Leitung der Kriegsmarine müsse so wie jene der Armee einem verantwortlichen Minister obliegen, der ihre Belange auch im Reichsrat zu vertreten habe146. Zur Unzufriedenheit des Erzherzogs wurde aber lediglich ein hoher Marineoffizier, Kontreadmiral Bernhard Freiherr v. Wüllerstoff-Urbair, mit der Vertretung der Marine im Reichsrat beauftragt. Ende 1861 drängte der Erzherzog im Hinblick auf die bevorstehende Haushaltsdebatte erneut auf die Schaffung eines Ministeriums. Franz Joseph befahl eine Besprechung im kleinsten Kreis. Im Ministerrat vom 4. Jänner 1862 waren neben Erzherzog Rainer und dem Vorstand der Marinekanzlei, Oberst Breisach, nur Rechberg, Degenfeld und Schmerling anwesend147. Alle drei lehnten ein Marineministerium ab. Gegen die Meinung dieser Minister beschloß der Kaiser aber, dem Wunsch seines Bruders stattzugeben. Dieser Beschluß wurde dem gesamten Ministerrat am 14. Jänner 1862 mitgeteilt148. Auch im Protokoll dieser Sitzung ist der Widerstand der Minister, besonders bei Schmerling, gegen ein solches Ministerium zu spüren. Franz Joseph hielt jedoch an seiner Zusage fest. Das Protokoll vom 23. Jänner 1862 zeigt, daß er sich durchgesetzt hatte, obwohl auch hier noch Bedenken durchscheinen149. Nur mehr der Zeitpunkt der Errichtung stand zur Debatte. Rechberg und Schmerling beantragten, daß jetzt nur der Grundsatz ausgesprochen, für die Vertretung des Marinebudgets aber ein geeigneter Fachmann bestellt werde. Nádasdy schlug vor, den Handelsminister mit dieser Aufgabe zu betrauen. Diesem Kompromiß traten die Minister und zum Schluß auch der Kaiser bei. Er ging allerdings mit den Handschreiben, die er drei Tage später unterzeichnete, noch einen Schritt weiter. Die Schaffung des Ministeriums wurde nicht nur im Prinzip ausgesprochen, in dem Sinn, daß eine Errichtung definitiv angekündigt wurde, sondern die Marinekanzlei wurde ausdrücklich aufgelöst, Ferdinand Maximilians Titel eines Marineoberkommandanten in Kommandant der Kriegsmarine umgewandelt und der Minister für Handel und Volkswirtschaft, Graf Wickenburg, „mit der Leitung des Marineministeriums“ betraut. Wickenburg wurde beauftragt, die Organisierung, d. h. die innere Gliederung und genaue Umschreibung des Wirkungskreises des Ministeriums auszuarbeiten150. Am 25. und 29. März wurden entsprechende Entwürfe im Ministerrat behandelt151. Einzig die Ernennung eines Marineministers wurde einem späteren Zeitpunkt vorbehalten. Im August wurde der Vertrauensmann || S. 41 PDF || Ferdinand Maximilians, Friedrich Freiherr v. Burger, Statthalter in Triest, zum Marineminister designiert. Sein Amt übernahm er am 27. Dezember 1862. Das Marineministerium bestand nur dreieinhalb Jahre. Am 27. Juli 1865 wurde es aufgelöst, seine Kriegsmarineabteilung in eine Sektion des Kriegsministeriums umgewandelt152.
Staatsvoranschlag und Ministerverantwortlichkeit - Retrodigitalisat (PDF)
Ein Problem wurde im April 1862 im Verlauf der Budgetverhandlungen aktualisiert, das zwar mit ihnen in keinem Zusammenhang sachlicher Art stand, wohl aber in einen solchen in politischer Hinsicht gebracht wurde: die Ministerverantwortlichkeit.
Die Forderung nach einem Ministerverantwortlichkeitsgesetz war schon 1861 bald nach der Eröffnung des Reichsrates erhoben und damals durch die Regierungserklärung vom 2. Juli beantwortet worden153. Die Budgetverhandlungen waren für die Abgeordneten ein willkommener Anlaß, auf die Forderung nach einem Gesetz zurückzukommen. Am 3. April 1862 mußte Schmerling im Ministerrat berichten, daß „neuerdings von vielen Reichsratsabgeordneten — selbst der Regierungspartei — mit großer Entschiedenheit“ die Vorlage eines Gesetzes über die Ministerverantwortlichkeit begehrt worden sei154. Es sei nun einmal „die Marotte der meisten Abgeordneten und vieler Wähler, den Satz ,Die Minister sind verantwortlich‘ Allerhöchstenortes oder doch im Ah. Auftrage ausgesprochen zu hören oder zu lesen“. Diese abschätzige Bemerkung des Staatsministers konnte nicht über den Ernst der Lage täuschen, da die Abgeordneten offensichtlich die Feststellung des Budgets mit dieser Frage zu junktimieren beabsichtigten. Schmerling schlug vor, im Reichsrat neuerlich und mit ausdrücklicher Berufung auf eine Ah. Ermächtigung zu erklären, daß die Ministerverantwortlichkeit im Sinne der Äußerung vom 2. Juli 1861 gelte.
Noch bevor die Regierung etwas in diese Richtung unternahm, wurde sie vom Finanzausschuß unter Zugzwang gesetzt. Er faßte nämlich am 18. April 1862 einen Beschluß, in dem unumwunden als Bedingung für die Budgetbewilligung die Feststellung der Ministerverantwortlichkeit ausgesprochen wurde. Im Wege des Präsidenten des Abgeordnetenhauses wurde dem Staatsminister mitgeteilt, „daß sich der Beschlußfassung über das Budget erhebliche Schwierigkeiten entgegenstellen dürften, wenn nicht vorher die Verantwortlichkeit der Minister im Sinne konstitutionellen Staatslebens festgestellt werde155“. Eine Erklärung der Regierung war || S. 42 PDF || damit unbedingt notwendig geworden, und im Ministerrat wurde am 22. und 27. April156 ausführlich darüber diskutiert. Gegen eine solche Erklärung sprachen sich nur Rechberg und die ungarischen Teilnehmer Forgách und Esterházy aus. Der ungarische Hofkanzler erklärte es als eine Lebensfrage für ihn, daß eine Verantwortlichkeit seinerseits gegenüber dem engeren Reichsrat nicht ausgesprochen werde. Esterházy warf Schmerling Opportunismus und eine Politik der Schwäche vor, wogegen sich der Staatsminister natürlich verwahrte. Rechberg erklärte es als unkonstitutionell, die Votierung des Budgets von Bedingungen abhängig zu machen. Lasser berichtete aber umgekehrt, daß sich die große Mehrheit der Abgeordneten förmlich verpflichtet fühle, das Budget nicht zu votieren, wenn die Regierung nichts unternähme. Der Bruch mit dem Haus sei dann unvermeidlich, warnte er. Alle anderen Minister traten auch für eine beruhigende Erklärung ein. Kein Zweifel herrschte freilich, daß es sich nicht um die parlamentarische, sondern um die konstitutionelle Ministerverantwortlichkeit handelte, also darum, daß die Minister nicht nur dem Monarchen gegenüber, sondern für die Aufrechterhaltung der Verfassung und der Gesetze — und nur dafür — auch dem Reichsrat gegenüber verantwortlich seien. Prägnant formulierte es der Staatsratspräsident: „Diese Modifikation ist ein notwendiges Korollar der Verfassung vom 26. Februar — mithin auch nichts Neues.“ Schließlich stimmte Franz Joseph der von Schmerling vorgelegten Erklärung zu, sich noch einmal gegen die parlamentarische Ministerverantwortlichkeit verwahrend, „weil mit dieser Art von Verantwortlichkeit eine Regierung in Österreich nicht möglich ist“, eine Meinung, an der er zeitlebens festhalten sollte157.
Schmerling wählte für die Verlesung der Erklärung den 1. Mai, den Jahrestag der feierlichen Eröffnung des Reichsrates. Die Mitteilung wurde mit lebhaftem Beifall aufgenommen. Anschließend meldete sich der Abgeordnete Carl Wiser zu Wort, einer der ältesten Abgeordneten, der schon am Reichstag von 1848 teilgenommen hatte. Er rechtfertigte den Wunsch des Hauses, zu dem Zeitpunkt, an dem ihm die Mitwirkung bei den Finanzfragen zugestanden war, „eine bestimmte und feierliche Erklärung darüber, daß die Minister auch der Reichsvertretung gegenüber verantwortlich sind“, zu hören, und nach einigen Dankesworten wurde auf seinen Antrag hin wegen der „Feierlichkeit des Augenblicks“ die Sitzung geschlossen158. Wenige Tage später, am 6. Mai 1862, begann das Abgeordnetenhaus mit der zweiten Lesung des Budgets.
Der wesentliche Inhalt der Erklärung vom 1. Mai 1862 war die konstitutionelle Ministerverantwortlichkeit, und insofern ging sie nicht über die Erklärung vom 2. Juli 1861 hinaus. Auch das fünf Jahre später im Zug der Neuordnung der Monarchie zustande gekommene Ministerverantwortlichkeitsgesetz vom 25. Juli 1867 verließ diese Grundlage nicht159. Die Erklärung vom 1. Mai 1862 erscheint jedoch || S. 43 PDF || in formaler Hinsicht von Bedeutung, weil hier ausdrücklich jener Satz des den Neoabsolutismus einleitenden Kabinettschreibens vom 20. August 1851 160, nach welchem die Minister allein dem Monarchen und keiner anderen politischen Autorität verantwortlich waren, als außer Kraft getreten bezeichnet wurde.
Die ungarische Frage - Retrodigitalisat (PDF)
Die Finanzlage Österreichs und die Versuche ihrer Stabilisierung waren das zentrale Thema der Monate ab Dezember 1862 und beschäftigten dementsprechend oft den Ministerrat. Aber auch das „Staats- und Reichsproblem“ im Sinn von Josef Redlich, also die Ordnung der Monarchie in staatsrechtlicher Hinsicht, ist gegenwärtig, obwohl mit der Auflösung des Landtags und dem Beginn des Provisoriums in Ungarn die Zeit der Verhandlungen vorerst beendet schien.
Zweimal sah sich der Ministerrat mit der ungarischen Frage konfrontiert. Das erste Mal handelte es sich — scheinbar — um eine personelle Frage. Am 27. Jänner 1862 161 mußte sich der Ministerrat auf Befehl des Kaisers damit befassen, „ob, wenn der Judex Curiae Graf Apponyi seines Amtes enthoben würde, dieser Posten wieder zu besetzen oder bloß ein provisorischer Leiter der Curia zu bestellen sei“ und wer dafür in Frage käme. Irgendwelche Hintergründe für ein Rücktrittsgesuch und eine allfällige Enthebung dieses prominenten Altkonservativen, der als einziger der Männer des Oktoberdiploms noch im Amt war, sind der Diskussion im Ministerrat nicht zu entnehmen, nur die heftigen Worte Schmerlings und die etwas gemäßigteren des Polizeiministers weisen auf die politische Tragweite hin. Der Vortrag des ungarischen Hofkanzlers vom 12. Februar 1862, worin er auf die Verdienste Apponyis hinwies und empfahl, bei der Enthebung die Ah. Anerkennung auszusprechen, enthält sich ausdrücklich einer Erörterung der Gründe und bringt lediglich die Gewißheit, daß Apponyi selbst den Kaiser mündlich um die Amtsenthebung gebeten hatte162.
Aller Wahrscheinlichkeit nach hängt der Vorfall mit dem zusammen, was unter dem Namen „Kalksburger Konferenzen“ im Jänner 1862 an die Öffentlichkeit drang. Danach versuchten die altkonservativen Politiker unter Führung Apponyis den Stillstand in der ungarischen Frage durch neue Aktivitäten und ein neues Programm zu überwinden. Am konkretesten, freilich deshalb nicht unbedingt der Wahrheit am nächsten, war eine Korrespondenz der „Augsburger Allgemeinen Zeitung“ aus Wien. Sie wurde in der „Constitutionellen Oesterreichischen Zeitung“ folgendermaßen referiert: „Die Kalksburger Beschlüsse, von denen wir || S. 44 PDF || diese Woche gesprochen, sind keine Fabel… Die Führer der altkonservativen Partei haben vorgestern … beim Herrn Grafen Apponyi in Kalksburg eine Beratung gepflogen und beschlossen, mit einem Programm vor die Welt zu treten. Die Hauptpunkte sind folgende: Zwischen der Krone und den Völkern ist das Rechtsverhältnis vom Standpunkt vor 1848 wiederherzustellen, d. h. die Krone hat absolute Gewalt in Kriegs- und Militärangelegenheiten, höherem Finanzwesen, Handels- und auswärtigen Angelegenheiten. Die Rechte des ungarischen Landtages, wie sie vor 1848 bestanden, wären allen Landtagen des Reiches zu übertragen. Natürlich wären die Februarverfassung sowie das Oktoberdiplom zurückzunehmen — vor allem aber das Prinzip einer Zentralreichsvertretung ganz aufzugeben. Jedes Land übernähme eine bestimmte Steuerquote und Rekrutenzahl, die es leisten muß. Sollte die Krone durch Verhältnisse mehr benötigen, so hat sie es von den Landtagen zu fordern163.“
Was immer die Hintergründe für Apponyis Rücktrittsgesuch gewesen sein mögen, das Bemerkenswerteste daran scheint die Tatsache, daß der Kaiser es schließlich nicht annahm, dies, obwohl Schmerling im Ministerrat das längere Verbleiben Apponyis für unmöglich gehalten hatte164. Erst ein Jahr später, im April 1863, schied Apponyi aus dem Amt.
Zum zweiten Mal wurde — diesmal direkt — über die ungarische Frage debattiert, als der ungarische Hofkanzler Anfang März daran erinnerte, daß das Auflösungsreskript vom 21. August 1861 die Wiedereinberufung des Landtags „womöglich im Verlaufe von sechs Monaten“ vorbehalten hatte165. Zuerst wurde die Frage im kleinen Kreis unter dem Vorsitz des Kaisers erörtert166. Anwesend waren außer Franz Joseph und Erzherzog Rainer nur Forgách, Esterházy, Rechberg, Schmerling, dann Mecséry und Degenfeld. Forgách räumte zwar ein, daß der Zeitpunkt zur Einberufung ohne Zweifel noch nicht gekommen sei, doch würde es im In- und Ausland keinen günstigen Eindruck machen, wenn der Ablauf des Termins — 21. Februar 1862 — mit Stillschweigen übergangen werde. Er schlug deshalb vor, ein Handschreiben an den ungarischen Hofkanzler zu erlassen, in dem die Unmöglichkeit der Einberufung im gegenwärtigen Zeitpunkt konstatiert werde. Gleichzeitig sollte er aber beauftragt werden, die königlichen Propositionen auszuarbeiten. Als deren Inhalt nannte Forgách nicht nur die — zweifellos zentrale — Verfassungsfrage, sondern auch noch eine Reihe von Gesetzen, deren Einführung in Ungarn auch für die übrigen Reichsteile von Interesse war, wie z. B. das Handelsgesetzbuch. Forgáchs Vorstoß war offensichtlich ein Versuch, „neue Fäden zwischen Wien und Budapest zu spinnen167“. Ohne sich inhaltlich festzulegen, zeigte er in || S. 45 PDF || formaler Hinsicht einen Ausweg aus der Krise. Das Handschreiben sollte helfen, so skizzierte er seine Absichten und Hoffnungen, „der Regierung nach und nach im Lande jene moralische Unterstützung zu gewinnen, ohne die man nicht aus dem gegenwärtigen bedauerlichen Zustande herauskommen kann“. Schließlich war er überzeugt, daß man „nach klug eingeleiteten Landtagswahlen und mit Anwendung gehöriger Energie“ zum Ziel kommen werde.
Mit Ausnahme des Polizeiministers, der zwar nicht dagegen stimmte, aber das Handschreiben für überflüssig hielt, waren die anwesenden Minister dafür. Allerdings zeigten sich unterschiedliche Positionen, indem Forgách im Entwurf wohl das Oktoberdiplom, nicht aber das Februarpatent zitiert hatte, worauf Schmerling natürlich hinwies. Am Ende beauftragte der Kaiser den Hofkanzler, den Entwurf so umzuarbeiten, „daß die Aufrechthaltung der Allerhöchstenortes aufgestellten Grundsätze außer Zweifel gestellt sei“, und ihn dem Ministerrat vorzulegen. Die relative Einmütigkeit dieser Konferenz war bereits wenige Tage später verflogen, als Forgách den neuen Entwurf — diesmal allen Ministern — vorlegte168. Lasser, Plener und Lichtenfels meinten, eine solche Erklärung sei nicht notwendig, es sei vielmehr unpassend, daß sich der Kaiser wegen der verstrichenen Einberufungsfrist rechtfertige. Auf den Antrag Nádasdys hin, den Entwurf des Reskripts zu verteilen und erst nach sorgfältiger Prüfung einen Beschluß zu fassen, wurde die Beratung vertagt. Am 14. März lagen dem Ministerrat der Entwurf Forgáchs, Abänderungsanträge Schmerlings, ein neuer Entwurf des Hofkanzlers und ein eigener Entwurf Nádasdys vor169. Von einer Einigung war man weiter weg als am Anfang. Schließlich meinte der Polizeimeister, es wäre am besten, gar nichts zu sagen. Die meisten Minister schlossen sich nun dieser Ansicht an, und Erzherzog Rainer faßte das Ergebnis der Diskussion in den Antrag zusammen, daß „die Erlassung einer Ah. Kundgebung über die Nichteinberufung des ungarischen Landtags auf sich zu beruhen habe“. So endeten die Bemühungen Forgáchs, die „Transaktion“ wieder in Gang zu bringen, in Stillschweigen170.
Die Regierung und Siebenbürgen - Retrodigitalisat (PDF)
Sowohl das siebenbürgische Landesgubernium als auch die siebenbürgische Hofkanzlei in Wien wurden bis zum November 1861 von Männern der altkonservativen ungarischen Partei des Landes geleitet, die aus voller Überzeugung die Vereinigung Siebenbürgens mit Ungarn gemäß den Gesetzartikeln von 1848 anstrebten und einen eigenen siebenbürgischen Landtag für ungesetzlich hielten. Es war ihnen gelungen, trotz wiederholter kaiserlicher Willenserklärungen die Einberufung des Landtags hinauszuzögern mit der bekannten und für die Regierung peinlichen Folge, daß das Land keine Möglichkeit hatte, seine Abgeordneten zum Reichsrat zu entsenden. Erst dadurch, und nicht durch den freiwilligen Verzicht || S. 46 PDF || Ungarns und Kroatiens, wurde der Reichsrat zum „engeren“. Wie schon den Protokollen des zweiten Bandes dieser Abteilung zu entnehmen war, gelang es Schmerling im Herbst 1861, den Kaiser zu einem entscheidenden personellen Wechsel an der Spitze der siebenbürgischen Hofkanzlei zu veranlassen. Franz Freiherr v. Kemény wurde im September seines Amtes enthoben und Franz Graf Nádasdy, einer der treuesten Parteigänger Schmerlings, am 7. November zum Minister ernannt und mit der Leitung der siebenbürgischen Hofkanzlei betraut171. Seine Aufgabe war es, die ihm unterstehenden Behörden, vor allem die Hofkanzlei in Wien und das Landesgubernium in Klausenburg so zu leiten, daß die Einberufung des Landtags in der von der Regierung gewünschten Form, also unter gehöriger Beteiligung der nichtungarischen, vor allem der rumänischen Bevölkerung vonstatten gehen konnte. Schon zehn Tage nach der Bestellung skizzierte Nádasdy im Ministerrat sein Programm: „Der Minister Graf Nádasdy referierte über die Maßregeln und Schritte, welche er von seinem Standpunkte aus zur Regelung der politischen und administrativen Zustände Siebenbürgens für angemessen erachtet. Er halte es vor allem für notwendig, daß die Organe in Siebenbürgen, welche an den Spitzen der Behörden stehen, derart beschaffen sind, daß sie den Ah. Absichten nicht nur keine Hindernisse in den Weg legen, sondern dieselben nach Kräften unterstützen und durchzuführen trachten172.“ Im Vortrag, mit dem er die Zustimmung des Kaisers zu den geplanten Maßnahmen einholte, sprach Nádasdy vom „entscheidenden Wendepunkt“ und daß er „mit fester Hand die kaiserliche Autorität wiederherstellen“ wolle173.
Die „Maßregeln und Schritte“ wurden in mehreren Ministerratssitzungen im November und im Dezember 1861 besprochen. Der vorliegende Band bietet reiches Material zu dieser in der Literatur vernachlässigten Phase der siebenbürgischen Geschichte vor dem Landtag von 1863/64174. Vor allem wurde der Präsident des Landesguberniums, Emerich Graf Mikó, nach Wien berufen. Nádasdy versuchte, ihn für die Regierung zu gewinnen, was nicht gelang. Daraufhin wurde er durch Ludwig Graf Crenneville, den Bruder des Generaladjutanten des Kaisers, ersetzt175.
Eine weitere wichtige Maßnahme war die Auflösung der Munizipalversammlungen in den Komitaten, Distrikten und Szekler Stühlen (entsprechend den Komitatsversammlungen oder -ausschüssen in Ungarn), die sich entgegen der Instruktion für die Obergespäne vom 25. März 1861 gebildet hatten176. Statt dessen beantragte Nádasdy, die in dieser Instruktion vorgesehenen „ständigen Komitees“, die ursprünglich vom Komitatsoberbeamten ernannt werden, also eine Versammlung von Vertrauensmännern der Regierung sein sollten, nunmehr von der Komitatsbevölkerung || S. 47 PDF || nach einer eigenen Wahlordnung wählen zu lassen. Die Regierung wollte damit nach den Worten Schmerlings „den Beweis liefern, daß man nicht gesonnen ist, in Siebenbürgen, wo eine so einstimmige Renitenz wie in Ungarn nicht eingetreten ist, alles konstitutionelle Leben zu suspendieren“. Diese Komitees wurden dann Komitatsausschüsse genannt und waren, trotz der Wahl, als reine Verwaltungsorgane konzipiert. Staatsrechtliche, militärische und finanzielle Fragen durften sie nicht behandeln. So wurden sie einerseits in ihrer Funktion beschnitten, andererseits durch die Wahl aufgewertet. Der ungarische Hofkanzler sprach sich gegen diesen „Organisierungsversuch“ aus, da die Landesgesetze immerhin in Kraft stünden. Die Mehrheit des Ministerrates stimmte aber dafür177.
Weiters beantragte Nádasdy, die leitenden Beamten der Komitate, Distrikte und Szekler Stühle auf die Regierungspolitik festzulegen, oder ihrer Ämter zu entheben, und die Instruktion für diese Beamten zu erläutern und zu ergänzen178. Gleichzeitig wurde aber auch eine Gehaltserhöhung für die Beamten und die Erhöhung der Funktionszulage für Obergespäne beschlossen179.
Schließlich wurde ein eigener Gerichtshof erster Instanz „für besondere Straffälle“ errichtet, und zwar für jene politischen Verbrechen und Vergehen vom Hochverrat bis zur Störung der öffentlichen Ruhe, die in Ungarn der Militärgerichtsbarkeit übertragen worden waren180. Schmerling sagte zur Begründung dieses Antrags, es müßten Maßregeln getroffen werden, „den Ah. Anordnungen die pflichtschuldige Anerkennung und Befolgung zuzusichern“. Ein eigenes ziviles Gericht sei immer noch glimpflicher als die Unterstellung unter die Militärgerichtsbarkeit wie in Ungarn181.
Bei allen diesen Maßnahmen ist die Ähnlichkeit mit dem „Provisorium“ in Ungarn unverkennbar, wenn auch deutliche Unterschiede bestanden. Die Regierung wollte im Land ein für sie günstiges politisches Klima schaffen und mußte angesichts der ethnischen Zusammensetzung anders, differenzierter vorgehen, als sie es in Ungarn für richtig hielt. Vor allem blieb ausschließlich das Zivilstrafgesetz in Kraft, auch wurde Crenneville nicht mit jenen polizeilichen Vollmachten ausgestattet wie Pálffy in Ungarn182. Knapp ein Jahr nach der Amtsübernahme konnte Nádasdy von einer „wesentlich veränderten Sachlage“ berichten und die nötigen Schritte zur Einberufung des siebenbürgischen Landtags beginnen183.
Zoll- und Handelspolitik - Retrodigitalisat (PDF)
Neben den zentralen Gegenständen werden in den Protokollen dieses Bandes, so wie in den bisher veröffentlichten, eine Fülle von Themen besprochen, die für die innere und in geringerem Ausmaß auch für die äußere Geschichte der Habsburgermonarchie von Interesse sind.
An außenpolitischen Fragen war es das sensationelle Ereignis des preußischfranzösischen Handelsvertrags — er wurde am 29. März 1862 paraphiert —, das den Ministerrat veranlaßte, sich mit dessen Auswirkungen auf das österreichischpreußische Verhältnis zu beschäftigen184. Mit diesem dem Freihandel verpflichteten Vertrag trat der Kampf um die wirtschaftliche Führung in Deutschland und konkret die Frage nach dem Eintritt Österreichs in den Deutschen Zollverein in ein entscheidendes Stadium. Die Regierung versuchte, die süddeutschen Staaten zur Ablehnung zu bewegen mit dem bedeutenden Zugeständnis, sie sollten „durch ihren Anschluß an Österreich durchaus keinen materiellen Nachteil erleiden, sondern ihre bisherigen Verhältnisse [sollen] aufgrund der ausgedehntesten gegenseitigen Verkehrserleichterungen aufrechterhalten werden185“. Dennoch konnte Preußen am 2. August 1862 den Vertrag abschließen und die Zustimmung der Zollvereinsstaaten erlangen, was einer klaren Niederlage Österreichs gleichkam186.
Die österreichische Zoll- und Handelspolitik kommt nicht nur anläßlich des preußisch-französischen Handelsvertrags zur Sprache, sondern auch anläßlich der vom Botschafter in Paris, Richard Fürst Metternich, lancierten Frage, ob Österreich selbst einen solchen Vertrag mit Frankreich abschließen solle187. Einmal forderte der ungarische Hofkanzler die Regierung auf, sich für den Freihandel zu entscheiden, und der Handelsminister plädierte für eine Öffnung nach Osten zum russischen Markt188. Im November 1861 wurde das Einführungsgesetz zum Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuch im Ministerrat verabschiedet189, am 5. Dezember wurde es im Reichsrat eingebracht, der dieses wichtige Gesetzeswerk noch in der ersten Session beschloß. Am 1. Juli 1863 konnte es in den zisleithanischen Ländern in Kraft treten.
Ebenfalls das österreichisch-preußische Verhältnis betreffen die Protokolle über die kurhessische Verfassungsfrage und über die Reform des Deutschen Bundes190.
Sprachenfrage und Religionspolitik - Retrodigitalisat (PDF)
Mit der für die Habsburgermonarchie kardinalen Sprachenfrage befaßte sich der Ministerrat in der Debatte zum „Gesetzentwurf über die Gleichberechtigung der || S. 49 PDF || Sprachen in Böhmen“, den ein Abgeordneter zum böhmischen Landtag dort eingebracht hatte191. Die Regierung teilte mit Ausnahme des ungarischen Hofkanzlers den Standpunkt Schmerlings, daß die Sprachenfrage keine Landes-, sondern eine Reichsangelegenheit bilde. Der Staatsratspräsident Freiherr v. Lichtenfels sekundierte sogar mit dem Ausruf: „Sobald man die Sprachenfrage als innere Landesangelegenheit behandelt, gibt man die Einheit Österreichs auf!“ Allerdings war es im Ministerrat unbestritten, daß die Landesbehörden im Verkehr mit den Parteien (äußere Amtssprache) die Sprache der Eingabe zu verwenden hätten.
Ein Gefecht zwischen dem liberalen und dem konservativen Flügel des Ministerrates löste der Gesetzentwurf zur Regelung der Rechtsverhältnisse zwischen den Konfessionen aus, den Schmerling am 3. Jänner 1862 vorlegte192. Er wollte damit dem sogenannten Mühlfeldschen Religionsedikt, das im Herbst 1861 publik geworden war, zuvorkommen. Rechberg setzte jedoch seine Forderung durch, daß vor der Einbringung im Reichsrat mit dem Heiligen Stuhl vertrauliche Verhandlungen geführt werden müßten.
Mehrere Verhandlungspunkte enthalten Material zur Pressepolitik der Regierung, wobei sowohl die finanzielle als die organisatorische Seite diskutiert wurde. Eisenbahnfragen, verschiedene Gesetze, Probleme einzelner Kronländer, Religionen und Nationalitäten stehen neben einem — erfolglosen — Vorstoß des Kaisers, der Ordenhascherei Einhalt zu gebieten, indem die Annahme ausländischer Orden verboten wurde193, und neben einer Reihe von Personalfragen.
Zum Aussagewert der Protokolle - Retrodigitalisat (PDF)
Schließlich sei auch einmal darauf hingewiesen, daß in den Protokollen immer wieder Äußerungen der Minister zu finden sind, die nicht so sehr wegen des beratenen Sachproblems wichtig sind, sondern weil sie die Meinung der Teilnehmer zu verschiedenen Persönlichkeiten, Ereignissen und allgemeinen Fragen offenlegen. Diese etwas verdeckten Inhalte können nicht durch das Verzeichnis der Tagesordnungspunkte und auch nur in geringem Ausmaß durch das Register erschlossen werden. Jede Quelle enthält eben mehr, als die Überschrift erwarten läßt und die editorische Bearbeitung aufzeigen kann. So ist z. B. die Frage der Besetzung des Olmützer Domkapitels vielleicht weniger interessant — obwohl es sich auch hier bei näherem Zusehen nicht so sehr um ein lokales Problem handelt, sondern um ein beachtenswertes Detail zum Verhältnis zwischen Kirche und Staat. Überraschend ist es aber zu lesen, daß der Liberale Schmerling dabei ganz offen eine Lanze für die adeligen Domkapitel bricht, wenn er sich zu diesen „Pflanzschulen für die Besetzung hoher Kirchenwürden“ bekennt, und daß er „die Fortschritte des demokratischen Geistes unter dem Klerus“ bedauert. Aus dem Zusammenhang der Stelle ergibt sich klar, daß es keine taktische Äußerung war194.
|| S. 50 PDF || Ebensowenig kann es Taktik gewesen sein, als der Finanzminister zwar nichts gegen den Antrag Nádasdys über die Besoldung der Gerichtsdiener in Siebenbürgen einzuwenden hatte, aber hinzurügte, er müsse „offen bekennen, daß der Antrag, die Hälfte der Diener mit 200 fl. zu besolden, sein Mitleid erregt habe und er nicht anstehen würde, seine Zustimmung zu einer Erhöhung auf 250 fl. zu geben195“. Der Ministerrat erhöhte das Gehalt dieser Gerichtsdiener auf 250 fl. jährlich.
Veränderungen im Ministerium - Retrodigitalisat (PDF)
Der siebenbürgische Hofkanzler und der Präsident des kroatisch-slawonischen Hofdikasteriums (ab 20. November 1861 der kroatisch-slawonische Hofkanzler) waren nicht Mitglieder des Ministerrates, sondern nahmen nur an jenen Sitzungen teil, in denen Angelegenheiten ihrer Länder besprochen wurden, während der ungarische Hofkanzler vollberechtigtes Mitglied des Ministerrates war196. Der Nachfolger Keménys, Franz Graf Nádasdy, wurde aber am 7. November 1861 nicht zum siebenbürgischen Hofkanzler, sondern zum Minister ernannt und mit der Leitung der siebenbürgischen Hofkanzlei betraut. Was vielleicht den Anschein einer Übergangslösung erwecken konnte, war in Wirklichkeit eine Aufwertung dieser Stelle, weil Nádasdy als Minister natürlich an allen Kabinettsitzungen teilnahm und volles Stimmrecht besaß. Zugleich bedeutete es eine Stärkung Schmerlings innerhalb der Regierung, da Nádasdy voll und ganz die Politik des Staatsministers unterstützte.
Nádasdy hatte den Staatsdienst im Vormärz bei der königlichen Kurie begonnen und war in der ungarischen Statthalterei, in der Komitatsverwaltung und in der ungarischen Hofkanzlei tätig gewesen. Mit den siebenbürgischen Verhältnissen war er bestens vertraut: von 1838 bis 1847 war er Präsident des siebenbürgischen Thesaurariats, der obersten Finanzbehörde des Landes, gewesen. Ab 1851 war er in verschiedenen Positionen mit dem Justizwesen in Siebenbürgen und Ungarn befaßt, bis er am 18. Mai 1857 auf Empfehlung Erzherzog Albrechts als Nachfolger von Karl Ritter v. Krauß zum Justizminister ernannt wurde. Dieses Amt bekleidete er bis zum 20. Oktober 1860 197. Dem Ministerium Erzherzog Rainer — Schmerling gehörte er vom 7. November 1861 bis zum Rücktritt des Ministeriums am 26. Juni 1865 an.
Schmerling widmete Nádasdy in seinen Denkwürdigkeiten mehrere Seiten und lobte ihn als „einen meiner wärmsten und treuesten Anhänger im Ministerrate“ und „unbedingten Anhänger meines Systems“198.
Zum Kommentar - Retrodigitalisat (PDF)
Es gilt im allgemeinen das, was im Einleitungsband der Edition und in den Einleitungen zu den bisher erschienenen Bänden gesagt wurde. Nach wie vor unterliegen die im Allgemeinen Verwaltungsarchiv verwahrten Akten des Staatsministeriums und des Polizeiministeriums einer generellen Benützungssperre (Brandakten), ohne daß dies den Kommentar wesentlich beeinträchtigen würde. Die Gründe dafür wurden in der Einleitung zum zweiten Band dieser Abteilung dargelegt199.
Anzuzeigen ist, daß die Kultusakten (Staatsministerium) für die außerhalb des Gebietes der Republik Österreich liegenden Diözesen, die sich früher im Archiv des Bundesministeriums für Unterricht und Kunst befanden, nunmehr an das Allgemeine Verwaltungsarchiv abgetreten und somit auch dort, als Archivbestand „Neuer Kultus“, zu benützen sind.
So wie im vorhergehenden Band wurden auch im vorliegenden bei allen Tagesordnungspunkten, die Interpellationen von Abgeordneten behandeln, auf die Stenographischen Protokolle des Reichsrates verwiesen, ohne auf den Inhalt näher einzugehen, da die Anfragen selbst und die Beantwortungen durch die Minister stets sehr ausführlich sind.
Neben den in Wien befindlichen Archiven der Zentralbehörden wurden für ungarische und siebenbürgische Belange so wie bisher auch die Archive der betreffenden Hofkanzleien im Ungarischen Staatsarchiv (Magyar Országos Levéltár) in Budapest konsultiert.