MRP-1-5-07-0-18631207-P-0423.xml

|

Nr. 423 Ministerrat, Wien, 7. Dezember 1863 - Retrodigitalisat (PDF)

  • ℹ️ anwesend:
  • RS.; P. Schurda; VS. Erzherzog Rainer; BdE. und anw. (Erzherzog Rainer 7. 12.), Rechberg, Mecséry, Degenfeld, Lasser, Plener, Lichtenfels, Esterházy, Hein, Reichenstein, Kalchberg; abw. Nádasdy, Schmerling, Burger, Forgách; BdR. Erzherzog Rainer 22. 12.

MRZ. 1228 – KZ. 3969 –

Protokoll des zu Wien am 7. Dezember 1863 abgehaltenen Ministerrates unter dem Vorsitze Sr. k. k. Hoheit des durchlauchtigsten Herrn Erzherzogs Rainer.

I. Gesetzentwurf über die Gewährung einer Staatsgarantie für siebenbürgische Eisenbahnunternehmungen

Gegenstand der Beratung war der noch in der gegenwärtigen Reichsratssession einzubringende Gesetzentwurf über die Gewährung einer Staatsgarantie für die siebenbürgische Eisenbahn.a, 1. Der Sektionschef Freiherr v. Kalchberg dozierte umständlich die in der beiliegenden Denkschriftb enthaltene Begründung dieses Gesetzentwurfes. Er hob insbesondere hervor, daß die beiden Hauptlinien, nämlich die Großwardein–Kronstadt–Bodza–Linie, dann die Arad–Hermannstadt–Rotenturmpaß–Linie, zusammen ein System bilden, welches in Karlsburg seinen Knotenpunkt hat und daß, nachdem die Sicherstellung dieser Linien bisher nicht gelungen ist, weil sie als sich gegenseitig bekämpfende Unternehmungen aufgefaßt wurden, es ihm der Natur der Sache angemessen und den Landesinteressen förderlicher scheine, wenn an dem Grundgedanken eines Systems, das in Karlsburg seinen Mittel- und Ausgangspunkt hat, festgehalten wird, wornach sich die Teilung der beiden Hauptlinien in fünf Sektionen und zwar: a) von Karlsburg nach Arad; b) von Karlsburg nach Hermannstadt mit der Fortsetzung bis zur walachischen Grenze; c) von Karlsburg nach Klausenburg; d) von Klausenburg nach Großwardein und endlich e) von Karlsburg durch das Kokeltal nach Kronstadt mit der Fortsetzung bis zur walachischen Grenze empfehle. Dieses System sei daher im Art. I des Entwurfes aufgenommen worden. Für diese Bahnstrecken wäre die Garantie des Staatsschatzes für die Verzinsung und Tilgung des Anlagekapitals, insoferne vollständige Bauprojekte und Kostenüberschläge bereits vorliegen, in einem Maximalreinerträgnisse, insoferne aber jene Grundlagen noch mangeln, wenigstens im Prinzipe zuzugestehen. Da nun für die Eisenbahnstrecken c), d) und e) derzeit keine genügenden Bauprojekte und Kostenüberschläge vorhanden sind, so wäre für dieselben also die Staatsgarantie nur im Prinzipe zuzusichern, dagegen die ziffernmäßie Feststellung des Garantiebetrages der weiteren verfassungsmäßigen Behandlung vorzubehalten. || S. 128 PDF || Rücksichtlich der Bahnen von Karlsburg bis Arad und von Karlsburg nach Hermannstadt mit der Fortsetzung bis zur walachischen Grenze liegen vollständige Kostenüberschläge vor, nach welchen die Ausführung dieses Unternehmens mit Einschluß der Verzinsung des Anlagekapitals während der Bauzeit und der Kosten für die Aufbringung der baren Geldmittel die Summe von höchstens 46 Millionen in Anspruch nehmen würde, und es wäre daher bezüglich dieser Bahnstrecken auszusprechen, daß ein jährliches Reinerträgniss bis zur Maximalsumme von 2,300.000 fl. in Silber beziehungsweise für ein zu 5% verzinsliches Maximalkapital von 46 Millionen garantiert werden könne. Referent führte hier an, daß es am zweckmäßigsten wäre, wenn man die diesfällige Konzession der Theißeisenbahngesellschaft2 erteilen würde, und indem er die hierfür in der Denkschrift (S. 23) entwickelten Gründe besprach, fügte er bei, daß es ihm am besten scheine, diese Gesellschaft hiezu gleichsam als Bauführer zu engagieren. Obzwar es in gewisser Bezhiehung wohl wünschenswert wäre, wenn die Theißeisenbahngesellschaft als Konzessionär eintreten möchte, so stehe diesem das Bedenken entgegen, daß sie sich ganz in den Händen der Kreditanstalt befindet, und es kaum möglich sei, die Zustimmung der Kreditanstalt diesbezüglich zu erlangen3, und es dürfte also der praktischste Weg der sein, wenn die Theißeisenbahngesellschaft diesen Bau sozusagen auf Kosten des Staates durchzuführen hätte, welch letzterer das erforderliche Kapital durch Emmission von Obligationen aufzubringen hätte. Außer der Theißeisenbahngesellschaft käme noch ein Offert in Betracht, nämlich Albert Klein, welcher sich bereit erklärte, sowohl als Konzessionär als auch als Bauunternehmer einzutreten4. Referent kam sodann auf die Frage, ob, wenn das Maximalerträgnis bzw. das Maximalkapital verfassungsmäßig festgestellt ist, das im Falle der Konzessionserteilung ziffernmäßig zu garantierende Erträgnis und Kapital in einem vornehinein zu berechnenden, überschreitbaren Pauschalbetrage festgesetzt werden soll, oder ob dasselbe nach den wirklichen Ergebnissen der geprüften Rechnung zu bemessen sei, und sprach sich für die erste Modalität aus, indem selbe fachgemäßer und für den Staatsschatz minder bedenklich sein dürfte. Zu den weiteren Bestimmungen des Gesetzentwurfes übergehend, bemerkte Referent, daß die Art. VII bis X sich mit den analogen Bestimmungen für die Lemberg–Czernowitzer Eisenbahn5 mit der einzigen Ausnahme im Einklange befinden, daß im Art. VIII die Befreiung von der Einkommensteuer durch sieben Jahre beantragt wird, während für [die] L[emberg–]Czernowitzer-Bahn diese Begünstigung nur durch fünf Jahre dauert. Der Art. XI – die Konzessionsbedingungen enthaltend – stimme ebenfalls mit den Bestimmungen für die Lemberg–Czernowitzer–Bahn bis auf || S. 129 PDF || wenige Abweichungen überein, welche letztere sich a) auf den Vollendungstermin, nämlich statt in drei erst in vier Jahren, b) auf die spätere Herstellung des zweiten Geleises und c) auf die Nichtverpflichtung, die Eisenbahnbestandteile im Inlande anfertigen zu lassen, beziehen. Im Art. XII sei endlich für den Fall Vorsorge getroffen, daß, wenn die Sicherstellung der Eisenbahnen von Karlsburg nach Arad und nach Hermannstadt bis zur walachischen Grenze vor Eintritt der günstigen Jahreszeit nicht gelingen sollte, die Regierung jene Bahn durch Bauunternehmer herstellen lassen und zu diesem Zwecke Obligationen bis zur Maximalsumme von 46 Millionen unter Garantie des Staatsschatzes emittieren könne.

Der Staatsratspräsident äußerte, daß er sich mit dem im Art. I des Entwurfes aufgestellten Systeme nicht einverstanden erklären könne. In bezug auf die erste Linie hätte er wohl im allgemeinen keinen Anstand, nur würde er dieselbe nicht, wie es hier geschieht, in zwei Sektionen (a und b) teilen, sondern als eine Eisenbahn von Arad über Hermannstadt zur walachischen Grenze mit der Zweigbahn nach Karlsburg bezeichnen, cweil die Bahn, um einen Ertrag zu leisten, immer zuerst nach Hermannstadt geführt werden müsse, aber nicht nach Karlsburg, wohin nur eine Zweigbahn von Mühlbach führen könnec weil die Bahn, um einen Ertrag zu leisten, immer zuerst nach Hermannstadt geführt werden müsse, aber nicht nach Karlsburg, wohin nur eine Zweigbahn von Mühlbachd führen könne. Was jedoch die zweite Linie betrifft, so werde im Entwurfe darauf angetragen, daß bezüglich dieser Bahnstrecken (lit. c, d, e), ohne noch irgendwelche Anhaltspunkte in betreff des Kostenpunktes zu haben, bloß im Prinzipe die Staatsgarantie zugesagt werde, wogegen er zunächst das Bedenken hätte, daß es formell nicht gerechtfertigt erscheine, eine solche prinzipielle Zusicherung der Staatsgarantie durch den Reichsrat zuzugestehen. Aber auch in der Sache selbst glaube Votant darauf hinweisen zu sollen, daß durch die Ah. Entschließung vom 14. Juli 18626 wohl im Grundsatze jede der beiden Hauptlinien gestattet wurde, was aber nicht dahin zu verstehen sein dürfte, daß beide Linien zugleich in Ausführung zu bringen sind, sondern die eine oder die andere, je nachdem es gelingen wird, diese oder jene im Wege der weiteren Verhandlungen mit tauglichen Unternehmern sicherzustellen. Wenn man also jetzt auch diese zweite Bahn, bezüglich welcher noch gar kein Bauprojekt eigentlich vorliegt, zusichern will, so dürfte dadurch die erste Bahn, welche anerkanntermaßen doch die wünschenswertere ist, sehr erschwert werden. eAuch sei die andere Bahn notorisch so kostspielig und mit solchen Schwierigkeiten verknüpft, daß sie schwerlich jemals einen Reinertrag liefern würde, daher es finanziell nicht gerechtfertigt werden könne, dafür ohne nähere Nachweisung eine Garantie für dieselbe zu übernehmen.e Freiherr v. Lichtenfels erachtet daher, daß man sich hier im Entwurfe bloß auf diejenige Bahn beschränken sollte, auf die man bestimmte Anträge stellen kann, und das wäre also die von Arad über Hermannstadt zur walachischen Grenze mit der Zweigbahn nach Karlsburg, wornach der Art. I zu modifizieren und der Art. II ganz wegzulassen wäre. Was die übrigen Bestimmungen des Entwurfes anbelangt, so ergebe || S. 130 PDF || sich ihm keine Bemerkung, da diese Bestimmungen mit dem Eisenbahnkonzessionsgesetzte7 und meist auch mit den Bestimmungen, wie sie unlängst für die Lemberg-Czernowitzer Eisenbahn votiert [wurden], im Einklange stehen. Bezüglich der Festungswerke beim Rotenturmpaß hätte sich der Kriegsminister auszusprechen. Der Minister Ritter v. Lasser sprach sich aus politischen Gründen für die Einbringung des Entwurfes, wie er vorliegt, in dieser Session aus. Er bemerkte, daß es wohl nicht möglich sein wird, diese Vorlage in der nur noch kurze Zeit währenden Session zu erledigen, daher der Standpunkt mehr der sei, diese Angelegenheit zuliebe der im Reichsrat erschienenen Siebenbürger noch diesmal vor das Haus zu bringen, und daß es daher in dieser Tendenz gar nicht notwendig sein dürfte, jetzt in eine nähere Prüfung des vorliegenden Entwurfes einzugehen, zumal die Regierung durch diese Vorlage nicht gebunden ist, in der nächsten Session einen ganz gleichlautenden Entwurf einzubringen. Insoferne aber dieser Standpunkt nicht festgehalten werden wollte, dann müßte er sich den Bedenken rücksichtlich den Anträgen des Staatsratspräsidenten anschließen. Der Minister des Äußern hielt es für dringend notwendig, einen raschen Entschluß in dieser Angelegenheit, namentlich wegen des Anschlusses an die Fürstentümer, zu fassen, denn die walachische Regierung stehe im Begriffe, Konzessionen zu solchen Eisenbahnbauten zu erteilen, welche unseren Bahnen durchaus nicht entsprechen, was nur dadurch abgewendet werden kann, wenn man sich schnell über den Anschlußpunkt entscheidet, und es wäre daher gut, sich wenigstens vom Reichsrate die Ermächtigung geben zu lassen, über den Anschluß zu negoziieren. Dieses stimme – meinte der Staatsratspräsident – mit seinem Antrage überein, denn mit der Bahn Arad–Hermannstadt–Rotenturmpaß sei der Anschlußpunkt festgestellt, gegen welchen nach der Bemerkung des Freiherrn v. Kalchberg die walachische Regierung nichts einwenden werde. Der Hofvizekanzler Freiherr v. Reichenstein stimmte für die Einbringung des vorliegenden Gesetzentwurfes. Er erblickte das wichtige politische Moment darin, daß die Regierung diese Vorlage noch in dieser Session mache und zwar umsomehr, als Se. Majestät in dem Ah. Reskripte an den siebenbürgischen Landtag wegen Vornahme der Wahl der siebenbürgischen Abgeordneten zum Reichsrate ausdrücklich die Anwesenheit dieser Abgeordneten im Hause wegen der siebenbürgischen Eisenbahnen als dringend Ag. zu bezeichnen geruht haben8. Aber auch abgesehen hievon, so habe sich die öffentliche Meinung gebildet, daß die Bahn von Arad über Hermannstadt bis zur walachischen Grenze nicht allen Interessen entsprechen würde, und es würde daher, wenn die Regierung bloß diese eine Bahn beachten möchte, eine allgemeine Befriedigung nicht erzielt werden. Nachdem Votant die beiden Linien vom siebenbürgischen Standpunkte aus einer Beleuchtung unterzog, gelangte er zu dem Schlusse, daß die Bahn von Arad über Hermannstadt allein von den anwesenden Siebenbürgern nicht als eine die sämtlichen Interessen des Landes gänzlich befriedigende Bahn angesehen werden würde, mithin es ihm für das Zustandebringen der Aufgabe ganz zweckmäßig erscheine, wenn, wie im Art. I des Entwurfes beantragt wird, || S. 131 PDF || keine dieser Linien bevorzugt wird, wodurch zugleich die Regierung nicht nur ihre Unparteilichkeit an den Tag legt, sondern auch das ihrige tut, um allen Interessen Rechnung zu tragen. Nur bezüglich des Art. II würde Votant meinen, daß es vielleicht besser wäre, die Sache umzukehren und zu sagen, daß für die im Art. I (lit. c, d und e) aufgeführten Bahnstrecken die Staatsgarantie dann zugesagt werde, bis die diesbezüglichen Bauprojekte und Kostenüberschläge vollständig angefertigt sein werden. Der Finanzminister betrachtet die Vorlage als einen Akt der politischen Klugheit und erklärte sich im allgemeinen mit dem Entwurfe einverstanden, obschon er nicht glaubt, daß derselbe noch in dieser Session zur Erledigung kommt. Belangend die einzelnen Artikel, so würde er im Art. I die beiden unter lit. a und b aufgeführten Eisenbahnstrekken in einer, und zwar wie es der Staatsratspräsident beantragt, vereinen, die unter c, d, e aufgeführten so, wie es vorliegt, belassen, wodurch dann nur vier Sektionen – a, b, c und d – ausfielen. Die im Art. VI vorkommende Bestimmung über den Beginn der Garantie scheine ihm nicht ganz deutlich zu sein und dürfte dahin ausgelegt werden, daß jede einzelne Sektion als ein separat zu garantierendes Objekt zu behandeln sei, was doch nicht in der Absicht des Handelsministeriums gelegen sein kann, und es wäre daher in dieser Richtung der Artikel deutlicher dahinf zu redigieren, gdaß, soferne einzelne Bahnstrecken an ein und dieselbe Gesellschaft verliehen werden, das Reinerträgnis sämtlicher in Betrieb gesetzter Strecken als Gesamtobjekt der Garantieverpflichtung aufzufassen seig, wozu sich Freiherr v. Kalchberg unter Anerkennung dieses Mangels sofort bereiterklärte. Auch klinge es im Art. XII sonderbar, daß die Regierung Obligationen unter Garantie des Staates emittieren soll, und es dürfte daher auch hier eine zweckmäßigere Textierung angezeigt sein, welche vom Sektionschef v. Kalchberg dahin proponiert wurde, daß anstatt „unter Garantie des Staatsschatzes“ gesetzt werde „deren Verzinsung und Amortisation der Staat garantiert“. Der Polizeiminister würde im allgemeinen für alles das stimmen, was sich zur Zustandebringung der als dringend notwendig erkannten Eisenbahnen am förderlichsten darstellt, und glaubte sich für die Einbringung des Gesetzentwurfes aussprechen zu sollen mit dem Bemerken, daß ihm die Modifikation des Staatsratspräsidenten zweckmäßig scheine. Der Kriegsminister, der Minister Ritter v. Hein und der Minister Graf Esterházy erklärten sich mit dem vorliegenden Entwurfe und mit dessen sofortiger Einbringung einverstanden, letzterer mit dem Beifügen, daß er sich bezüglich des Art. II der Proposition des Baron Reichenstein anschließen würde. In betreff der Festungswerke am Rotenturmpasse bemerkte der Kriegsminister , daß er von der Notwendigkeit derselben nicht abstehen könne, jedoch in die Frage, ob die Mittel hiezu durch die Reichsvertretung zu bewilligen oder von Seite der Unternehmung auf sich zu nehmen sind, einzugehen sich nicht für berufen halte.

Schließlich wurde sich dahin geeinigt, daß noch in dieser Session, und zwar so schleunigst als möglich, der Entwurf eingebracht werde, dessen Art. I dahin zu modifizieren ist, daß anstatt der zwei Abteilungen a und b nur eine Abteilung, und zwar a „für eine Eisenbahn von Arad über Hermannstadt zur walachischen Grenze mit der Zweigbahn || S. 132 PDF || nach Karlsburg“ gemacht und die übrigen drei Sektionen mit Umänderung der lit. c, d, e in b, c, d belassen, die Art. VI und XII aber in der angedeuteten Weise neu redigiert werden. Der hiernach modifizierte Entwurf liegt hierneben bei9.

II. Mitteilung des neuen österreichischen Zolltarifs an die Handels- und Gewerbekammern

Der Finanzminister referierte, daß, nachdem der neue österreichische Zolltarif im Entwurfe beendet und den Zollvereinsregierungen bereits mitgeteilt wurde10, es sich nun darum handelt, diesen Entwurf11 den Handels- und Gewerbekammern zur Besprechung und Beratung mitzuteilen, wozu sich also der Finanzminister die Zustimmung der Konferenz mit dem Bemerken erbat, daß, wenn diese erfolgt sein wird, das Handelsministerium sofort das Erforderliche hierwegen einzuteilen haben wird12.

Dem Ministerrate ergab sich keine Erinnerung13.

III. Zurückziehung der Gesetze: a) über die Punzierung, b) Kopfsteuer, c) Klassensteuer für diese Session

Der Finanzminister teilte mit, daß der Ausschuß des Abgeordnetenhauses bezüglich des von der Regierung eingebrachten Gesetzes über die Punzierung14 an der Meinung festhalte, daß in diesem Gesetze nicht das imperative, sondern das fakultative Prinzip angewendet werden soll, und daß er, nachdem diese Meinung schwer zu bekämpfen sein dürfte, es vorziehen würde, dieses Gesetz lieber für diese Session zurückzuziehen, wozu er sich also die Zustimmung der Konferenz erbitte, hvon welcher er jedoch nur eventuell Gebrauch machen werdeh, 15. Ein Gleiches gedenke er zur Vermeidung nutzloser Debatten mit dem Gesetze über die Kopf- und Klassensteuer16 zu tun, bezüglich welcher der Ausschuß der Ansicht sei, daß es nicht opportun erscheine, diese Steuer noch heuer einzuführen17.

Der Ministerrat war einverstanden18.

IV. Gesetzesvorlage über die Verbesserung der Beamtengehälter

In Anbetracht, daß der von der Regierung gegenüber der vom Abgeordnetenhause votierten Gehaltsaufbesserung der Justizbeamten gefaßte Beschluß, der Notlage aller subalternen Beamten durch Beteiligung mit Aushilfen und Remunerationen, wozu die betreffenden Fonds um eine halbe Million erhöht werden sollen, zu Hilfe zu kommen, auf vielen Widerstand gestossen und schwer durchzuführen sein wird, beantragte der Finanzminister, diesen Ausweg fallen zu lassen und lieber gleich mit einem besonderen Gesetze diesfalls vor das Haus zu treten, womit die Konferenz einverstanden war19.

V. Abreise des dänischen Gesandten Carl Ludwig Christian Irminger

Der Minister des Äußern teilte der Konferenz mit, daß der dänische Gesandte Irminger bei ihm gewesen sei und den Wunsch ausgesprochen habe, eine Audienz bei Sr. Majestät behufs der Übergabe des Notifikationsschreibens zu erhalten20. Graf Rechberg hätte ihm den Standpunkt der österreichischen Regierung gegenüber den Londoner Protokollen || S. 134 PDF || auseinandergesetzt und darauf hingewiesen, daß der kaiserlich österreichische Hof diese Verträge als bindend ansehe21, jedoch auch andererseits von Dänemark erwarte, daß es den Verbindlichkeiten, welche die Voraussetzung für die Zustimmung zu diesem Vertrage gebildet haben, vollkommen Genüge leisten werde, und daß daher bis dahin die Übergabe des Notifikationsschreibens aufgeschoben werden müsse, worauf General Irminger erklärte, unter diesen Umständen nicht länger in Wien verweilen zu wollen, und [es] sei derselbe auch sofort abgereist.

Um nun in dieser Sache allen Entstellungen vorzubeugen, fände es Graf Rechberg angemessen, diesfalls in der Wiener Zeitung eine entsprechende Notiz einrücken zu lassen, womit die Konferenz einverstanden war22.

VI. Pferdeausfuhrverbot gegen Piemont

Der Kriegsminister brachte die in der letzten Ministerkonferenz besprochene Frage wegen Erlassung eines Pferdeausfuhrverbotes23 neuerdings in Anregung, worüber sich jedoch der Finanzminister die Vertagung auf die nächste Ministerratssitzung erbat, weil er die betreffenden Nachweisungen nicht bei Handen hatte24.

Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Franz Joseph. Wien am 21. Dezember 1863. Empfangen 22. Dezember 1863. Erzherzog Rainer.