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Nr. 254 Ministerrat, Wien, 1. August 1862 - Retrodigitalisat (PDF)

  • ℹ️ anwesend:
  • RS.; P. Ransonnet; VS. Rechberg; BdE. und anw. (Rechberg 4. 8.), Mecséry, Nádasdy, Schmerling, Lasser, Plener, Wickenburg, Forgách, Esterházy, FML. Schmerling; außerdem anw. Lichtenfels, Halbhuber (nur bei VIII); abw. Degenfeld, Pratobevera; BdR. Erzherzog Rainer 9. 8.

MRZ. 1057 – KZ. 2354 –

Protokoll des zu Wien am 1. August 1862 abgehaltenen Ministerrates unter dem Vorsitze des Ministers des kaiserlichen Hauses und des Äußern Grafen Rechberg.

I. Übersiedlungspauschale für Adolph Freiherrn v. Poche und Rudolf Grafen Amadei

a Der Staatsminister referierte über seinen au. Antrag wegen Ag. Gewährung von Reise- und Übersiedlungspauschalien für den Statthalter Baron Poche und den Landeschef Grafen Amadei. Bei dem Antrage auf Ag. Bewilligung von 4000 fl. für den ersten und 1500 fl. für den letzteren habe sich Referent genau an das bei deren nächsten Amtsvorfahren beobachtete Ausmaß gehalten1. Der Finanzminister habe jedoch mit Rücksicht auf die Finanzverhältnisse Beschränkungen dieser Beträge angemessen befunden, und zwar bei Baron Poche auf 3000 fl. deswegen, weil dessen Familienverhältnisse mit jenen des Grafen Chorinsky wohl nicht in Vergleich gebracht werden könnten, und bei Graf Amadei auf 1000 fl., weil er eine um 1000 fl. höhere Funktionszulage erhält als sein unmittelbarer Amtsvorgänger2. Der Staatsminister finde sich jedoch durch diese Rücksichten nicht bestimmt, von seinen au. Anträgen abzugehen, zumal es überhaupt nicht rätlich scheint, das Ausmaß der Übersiedlungspauschalien jedesmal zu ändern. Baron Poche habe bereits bei wiederholten Übersiedlungen in neuerer Zeit Opfer bringen müssen, und der Staat könne ihn doch nicht wohl dieses Mal auf das Vermögen seiner Frau verweisen. Die Erhöhung der Funktionszulage des Conte Amadei sei als notwendig erkannt worden, um in Czernowitz den landesüblichen Pflichten der Gastfreundschaft besser zu genügen. Dieser Zweck werde aber im ersten Jahre vereitelt, wenn der Landeschef seine Übersiedlungskosten zum Teil aus der Funktionszulage decken müßte.

|| S. 154 PDF || Der Finanzminister entgegnete, man sei bei Bemessung der erwähnten Pauschalien durch kein Normal gebunden, und eine Reduktion derselben wäre wünschenswert, um Ersatz für manche nicht präliminierte Auslage zu gewinnen. Die Veränderungen auf dem Statthalterposten in Brünn hätten ohnehin binnen zwei Jahren an Einrichtungspauschale bereits 12.000 fl. gekostet. Der Handelsminister besorgte, daß derlei, durch keine Normalien begründete Auslagen seinerzeit im Reichsrate würden beanstandet werden, worauf der Staatsminister erwiderte, daß es keine Schwierigkeit bieten werde, solche durch die obwaltenden Verhältnisse sowohl als durch die bestehende Übung motivierte, von Sr. Majestät Ah. genehmigte Auslagen standhältig zu begründen.

Die Stimmenmehrheit vereinigte sich sofort mit dem Staatsminister3.

II. Aufhebung der Militärjurisdiktion über die Zivilbeamten in Ungarn

Zufolge Ah. Entschließung vom 15. Mai 1861 (RGBl. Seite 417) wurden die im Königreiche Ungarn aufgestellten Zivilstaatsbeamten und Diener sowie die dort stationierte Finanzwachmannschaft gleich den Militärbeamten und Dienern bis auf weiteres unter die Militärjurisdiktion gestellt, daher in Strafsachen und bürgerlichen Rechtsangelegenheiten den [Landes-]Generalkommanden und Landesmilitärgerichten zu Ofen und Temesvár untergeordnet4. Der Staatsminister referierte, daß sich der ungarische Hofkanzler an ihn mit dem Ansinnen gewendet habe, bei Sr. Majestät dem Kaiser die Aufhebung dieser, unter den gegenwärtigen geordneten Verhältnissen nicht länger nötigen und mit mancherlei Unzukömmlichkeiten verbundenen exzeptionellen Jurisdiktion der Militärgerichte zu erwirken. Referent sei zwar nicht darüber beruhigt, daß hie und da ein Stuhlrichter sich Übergriffe gegen einen Finanzbeamten oder Wachmann unter dem Deckmantel einer strafgerichtlichen Amtshandlung erlauben werde; indes, bei den vom Grafen Forgách gegebenen bestimmten Zusicherungen, und da auch die Landesgeneralkommanden gegen die beregte Maßregel keine Einsprüche erheben, gedächte der Staatsminister nach erlangter Zustimmung des Ministerrates bei Sr. k. k. apost. Majestät au. darauf anzutragen, daß diese exzeptionelle Jurisdiktion der Militärgerichte vorläufig aufgehoben werde mit dem Vorbehalt, dieselbe wieder einzuführen, wofern es im Interesse des Ah. Dienstes nötig werden sollte.

Im Laufe der hierüber gepflogenen längeren Beratung wurde einstimmig anerkannt, daß die Aufhebung der Militärjurisdiktion über die Beamten in bezug auf die zivilgerichtlichen Angelegenheiten kaum einem Anstand unterliegen dürfte. Dagegen fand es der Finanzminister äußerst bedenklich, die ihm untergeordneten Organe in strafgerichtlicher Beziehung den ungarischen Gerichten zuzuweisen, wobei die Gefahr naheliegt, daß diese Organe bloß wegen Erfüllung ihrer dienstlichen Obliegenheiten zur Wahrung des Branntweinsteuer- und Tabakgefälles molestiert, strafgerichtlich verfolgt, zur Haft gebracht und selbst gestraft werden könnten. Manche vorgekommenen Fälle eigenmächtiger Vorgänge von Stuhlrichtern || S. 155 PDF || lassen die diesfalls von den Finanzbehörden geäußerten Besorgnisse als gegründet erscheinen.

Nachdem jedoch der ungarische Hofkanzler erklärt hatte, daß die diesfalls in deutschen Zeitungen erschienenen Berichte entweder ganz unwahr oder doch sehr entstellt seien und keine ämtlich beglaubigte Tatsache dieser Art zur Kenntnis der ungarischen Hofkanzlei gelangt sei, äußerte der Finanzminister , sich vor allem aus den Berichten der Finanzlandesdirektionen genauer informieren zu wollen und darüber in einer der nächsten Konferenzen zu referieren. Die Schlußberatung über diesen Gegenstand wurde demgemäß vertagt5.

III. Auflösung des Stadtrates zu Triest

Der Stadtrat zu Triest hat seit seiner letzten Zusammenstellung eine sowohl der Regierung als der nichtitalienischen Bevölkerung des Stadtgebietes entschieden feindselige Haltung angenommen. Terroristische Einflüsse haben die deutschen Elemente aus dem Munizipialrate teils verdrängt, teils zum Schweigen gebracht, und alle von der Regierung in Unterrichts- und Kultusangelegenheiten beabsichtigten Maßregeln wurden von den Italianissimi vereitelt6. Der Staatsminister findet es daher dringend nötig, dieser gefährlichen Renitenz durch Auflösung des Stadtrates ein Ende zu machen, zumal da derselbe Körper verfassungsgemäß auch als Landesvertretung zu fungieren haben würde. Ein längerer Aufschub ist deswegen nicht tunlich, weil die Neuwahlen nur in gewissen Stadien stattfinden und rechtskräftig werden können. Ritter v. Schmerling gedächte sich daher von Ah. Sr. Majestät die Ermächtigung zur Auflösung des Triester Stadtrates au. zu erbitten und ist des Erachtens, daß diese Maßregel im bezüglichen Erlaß keiner Motivierung bedürfe.

Der Ministerrat vereinigte sich mit dem Staatsminister7.

IV. Gleichstellung der Universitäts- mit den Gymnasialprofessoren bezüglich der Pension

Der Präsident des Staatsrates referierte über den Antrag des Staatsministers, daß die Ah. Entschließung vom 10. Juni 1819, wonach Gymnasiallehrer schon nach 30 Dienstjahren Anspruch auf die Pension im vollen Betrag des Dienstgehaltes haben8, auch auf die Universitätsprofessoren, dann auf die Direktoren || S. 156 PDF || und Professoren der Kunstakademien zu Wien und Venedig auszudehnen und daher das Staatsministerium zu ermächtigen wäre, derlei Ruhegehalt auch ohne Ah. Signatur und ohne Rücksprache mit dem Finanzministerium anzuweisen. Der Finanzminister sei diesem Antrage nicht beigetreten, sondern habe geglaubt, es sei nur die Ag. Ermächtigung zu erbitten, daß das Staatsministerium mit Zustimmung des Finanzministeriums für einen Universitäts- oder Kunstakademieprofessor nach zurückgelegtem 30. Dienstjahr auch ohne Ah. Signatur bei besonders rücksichtswürdigen Umständen die Pension mit dem vollen Gehalte au. beantragen dürfe. Der Staatsrat ist dem Antrage des Staatsministers aus den dafür geltend gemachten überwiegenden Gründen beigetreten9.

Nachdem Ritter v. Schmerling die Motive seines au. Antrages noch in Kürze dargelegt hatte, erklärte sich der Ministerrat gleichfalls damit einverstanden10.

V. Behandlung des ungarischen Flüchtlings Ladislaus Berzenczey

Der Polizeiminister brachte die Frage zur Sprache, wie der bin contumaciamb zum Tode verurteilte revolutionäre Flüchtling Berzenczey, welcher sich infolge freiwilliger Rückkehr jetzt im Wiener Polizeihause befindet, zu behandeln wäre. Bereits bei den früheren Ministerberatungen am 6. und 14. Juni l. J. wurde anerkannt, daß gegen diesen ungemein tätigen und verschmitzten Revolutionsmann das kriegsrechtliche Verfahren cdurch die Zivilgerichte in Siebenbürgen reassumiert, ein neuer strafgerichtlicher Prozeßc ordnungsgemäß durchgeführt werden und auf diesem Wege ein Todesurteil gegen denselben erwirkt werden könne11. Allein wenn man erwägt, wie vielen weit schwerer gravierten und gefährlicheren ungarischen Refugies die straffreie Rückkehr Ag. bewilligt worden ist, so kann man sich der Überzeugung nicht verschließen, daß ein solches Todesurteil gegen den Obgenannten unmöglich in Vollzug gebracht werden könnte. Minister Baron Mecséry glaube daher, daß von einem neuerlichen Strafverfahren Umgang zu nehmen dund er unter der ausdrücklichen Bedingung der Ah. Gnade Sr. Majestät zu empfehlen sei, daß er unter strenger Polizeiaufsicht seinen gebundenen Aufenthalt in einer in politischer Beziehung ganz ruhigen deutschen Stadt, wo sich kein ungarisches Militär in Garnison befindet, auf so lange nehme, bis sein fortgesetztes korrektes Verhalten die nötigen Garantien bietet, um ihm ohne Gefährdung der Sicherheit des Staates volle Freiheit gewähren zu können. Als Konfinierungsort würde der Polizeiminister eine Festung nicht empfehlen, weil in allen deutschen Festungen ungarisches Militär stationiert ist und die Überwachung, sobald nicht eine förmliche Gefangenhaltung beabsichtigt wird, am besten durch eine lf. Polizeibehörde besorgt [wird]d und er unter der ausdrücklichen Bedingung der Ah. Gnade Sr. Majestät zu empfehlen sei, daß er unter strenger Polizeiaufsicht seinen gebundenen Aufenthalt || S. 157 PDF || in einer in politischer Beziehung ganz ruhigen deutschen Stadt, wo sich kein ungarisches Militär in Garnison befindet, auf so lange nehme, bis sein fortgesetztes korrektes Verhalten die nötigen Garantien bietet, um ihm ohne Gefährdung der Sicherheit des Staates volle Freiheit gewähren zu können. Als Konfinierungsort würde der Polizeiminister eine Festung nicht empfehlen, weil in allen deutschen Festungen ungarisches Militär stationiert ist und die Überwachung, sobald nicht eine förmliche Gefangenhaltung beabsichtigt wird, am besten durch eine lf. Polizeibehörde besorgt [wird]. Die gleichzeitige Bewilligung eines Sustentationsbeitrages sei bei der gänzlichen Mittellosigkeit Berczenczeys nicht zu vermeiden. Nach längerer Erwägung vereinigte man sich mit dem Antrage des Polizeiministers und der Wahl der Stadt Klagenfurt zum gebundenen Aufenthaltsorte. Görgey, welcher in der Nähe lebt, werde ohne Zweifel jede Berührung mit dem Obgenannten vermeiden12.

VI. Bildung von Einkommensteuerkommissionen

Der Finanzminister referierte, die vor einiger Zeit im Abgeordnetenhause lautgewordenen Wünsche, daß die Bemessung der Einkommensteuer nicht bloß in ausschließend bürokratische Hände gelegt werden solle13, hätten ihn bestimmt, den anverwahrten Gesetzentwurf über die Zusammensetzung der Einkommensteuerkommissionen ausarbeiten zu lassene, welcher mit au. Vortrage vom 11. v. M. Sr. Majestät unterbreitet und hierauf vom Staatsrate begutachtet worden ist14, wobei er sich gegen diesen Entwurf und das demselben zum Grund liegende Prinzip erklärte. Minister v. Plener bemerkte, es seien ihm bereits bei Ausarbeitung des || S. 158 PDF || Entwurfs die mit Durchführung der fraglichen Kommissionen verbundenen Schwierigkeiten nicht entgangen — Schwierigkeiten, welche auch daraus entspringen, daß der Gemeindeorganismus noch nicht zustande gebracht ist und die Bezirksgemeinde fehlt. Das Gewicht der vom Staatsrate erhobenen Einwendungen sei gleichfalls nicht zu verkennen und Referent nach reifer Überlegung zum Beschlusse gekommen, den Gesetzentwurf ganz zurückzunehmen. Der Zweck, den Steuerpflichtigen einen nach zwei Richtungen hin nützlichen Einfluß bei Prüfung der Einkommensteuerfassionen einzuräumen, könne auch ohne ein neues Gesetz, bloß im administrativen Wege, durch einen Ministerialerlaß erreicht werden, mittelst welchem die bereits 1849 geschaffenen, aber später beseitigten Einkommensteuerkommissionen15 wieder ins Leben gerufen würden.

Der Präsident des Staatsrates äußerte, daß er der dermaligen Meinung des Finanzministers in Verfolg des staatsrätlichen Votums nur beitreten könne. Der Polizeiminister, mit der Zurückziehung des Gesetzentwurfes einverstanden, erklärte sich im Prinzip gegen jede Beiziehung von Vertrauensmännern zu den Kommissionen, welche auch Minister Ritter v. Lasser in Kronländern, wo — wie in Krain — nur eine Steuerbemessungsbehörde besteht, in materieller Beziehung schwierig findet.

Die übrigen Stimmen waren mit dem Finanzminister einverstanden16.

VII. Präklusivfrist zum Beweis der Urbarialeigenschaft von Gründen in Siebenbürgen

Die siebenbürgische Hofkanzlei beantragt in ihrem au. Vortrage vom 11. Julius d. J.17, daß die im § 3 des Grundentlastungspatentes und § 155 der Urbarial-gerichtsinstruktion zum Beweis der urbarialen Eigenschaft der Grundstücke festgesetzte und bereits abgelaufene Präklusivfrist bis zum 31. Dezember 1862 zu verlängern wäre18. Freiherr v. Lichtenfels referierte, daß sich der Staatsrat gegen diese Verlängerung ausgesprochen habe, weil sie die Konsolidierung des Besitzstandes bei der zahlreichsten Klasse der Landesbewohner in unabsehbare Ferne hinausrücken, dabei aber den ehemaligen Grundherrn doch nicht wesentlich nützen würde. Referent teile vollkommen diese Ansicht, zumal die ehemaligen Untertanen durch den Ablauf der dreijährigen Präklusivfrist sowie der mit Ah. Entschließung vom 30. Jänner 1861 bewilligten weiteren eineinhalbjährigen Frist19ein ius quaesitum auf das bis 30. Juni d. J. nicht weiter angefochtene freie Eigentum ihrer Grundstücke erhalten haben.

Der Minister Graf Nádasdy äußerte, er würde keinen Anstand nehmen, dieser Meinung beizutreten, wenn nicht die ursprüngliche Präklusivfrist von Ah. Sr. || S. 159 PDF || Majestät bereits verlängert worden wäre und die während des Ablaufes dieser zweiten Frist eingetretenen Verhältnisse in der siebenbürgischen Gerichtspflege den Grundherrn die fBenützung der Ah. gestatteten Fristf unmöglich gemacht hätten. Der ungarische Hofkanzler teilte diese Ansicht vollkommen, da die bisher bestandenen Ausnahmsverhältnisse die gerichtliche Anmeldung unmöglich machten. Man konnte sich die nötigen Dokumente nicht verschaffen. Der Staatsminister schloß sich den Vorstimmen an, da er in die Kenntnis kompromittieren müßte, welche sie von den Lokalverhältnissen haben. Auch Minister Graf Esterházy trat dieser Meinung bei, ebenso der Polizeiminister bei den in diesem konkreten Fall bestehenden Verhältnissen; in abstracto aber müßte er die Gründe des Staatsrates für richtig erkennen. Der Staatratspräsident machte dagegen geltend, daß es allenthalben eine sehr bedenkliche Maßregel sei, zum Vorteil einer Partei erworbene Privatrechte wieder einseitig aufzuheben oder doch deren Bestand in die Frage zu stellen.

Auch Minister Ritter v. Lasser könnte eine abermalige Terminverlängerung nur als geine Verletzung der durch den Ablauf des gesetzlichen Termins bereits erworbenen Rechteg betrachten. Der Berufung auf die eigentümlichen Verhältnisse Siebenbürgens gegenüber müsse er erinnern, daß das Urbarialpatent und dessen Bestimmungen über diese Präklusivfrist mit sorgfältigster Berücksichtigung der Landesverhältnisse festgesetzt worden seien. Die Minister der Finanzen und des Handels, Feldmarschalleutnant Ritter v. Schmerling und der vorsitzende Minister des Äußern erklärten sich ebenfalls gegen eine weitere Frist; es waren daher die Stimmen im Ministerrate über diese Frage gleichgeteilt (5: 5)20.

VIII. Gesuch der Wiener Gartenbaugesellschaft um Übergabe von Grundflächen vor dem Karolinentor

Staatsrat Freiherr v. Halbhuber referierte über das Ah. bezeichnete Gesuch der Wiener Gartenbaugesellschaft um ganz lastenfreie Übergabe eines Teiles per 1486 Quadratklafter, von dem ihr zugedachten Grunde vor dem Karolinentore21, per 3808 Quadratklafter22. Die Gesellschaft benötigt nämlich zur Ausführung der ihr von der Stadterweiterungskommission zur Pflicht gemachten Bauten ein Darlehen von 200.000 fl., welches ihr Kapitalisten nur gegen primo loco-Einverleibung auf das Ausstellungslokal, die 32h Verkaufsgewölbe und die Terrasse — zusammen obige 1486 Quadratklafter — vorstrecken wollen23. Die Verpflichtungen || S. 160 PDF || zur regelmäßigen Erhaltung ides Ausstellungsgebäudes undi des Gartens der Gesellschaft zum öffentlichen Gebrauche etc. würde sofort nur auf dem Überreste des Grundes, d. i. auf 2314 Quadratklafter, hypotheziert werden. Minister Ritter v. Lasser hat hierüber au. beantragt, dem Gesuche nur in der Art zu willfahren, daß aus dem Gesamtgrundkomplex zwei grundbücherliche Einlagen gebildet werden, von denen die eine die Verkaufsgewölbe samt Grund und Boden, die andere alles übrige begreifen würde. Die jServituten, welche die Widmung für Gartenzwecke und hinsichtlich der Gewölbe die Höhe, die Architektur etc. bezeichnen, wären bücherlich sicherzustellen und nur bezüglich der ersten Grundbuchsentität die Bewilligung zu geben, dieselbe zugunsten der Gläubiger der Gesellschaft mit Hypotheken bis zu einer gewissen Summe zu belasten, wonachj diese Gewölbe auch exekutiv an dritte Personen nur mit dem Servitut in betreff der Höhe, der architektonischen Ausstattung und der Verwendung zu anständigen Verkaufsflächen veräußert werden könnten. Ferner wären noch gewisse Kautelen zur Erfüllung der von der Gesellschaft übernommenen Verbindlichkeiten anzuordnen und eine Bestimmung für den Fall der Auflösung der Gesellschaft zu treffen. Der Staatsrat stimmte dem Minister insofern bei, daß die Lasten jedenfalls auf den ganzen Grund einverleibt werden müßten, findet es aber nicht rätlich zu ermöglichen, daß die Verkaufsläden in den Besitz dritter Personen übergehen. Es würde in einem solchen Falle nicht nur ein fremder Faktor in das Etablissement gebracht, der bei beabsichtigten Änderungen sehr lästig werden kann, sondern es würde auch durch die Veräußerung der Verkaufsläden der Gesellschaft der Mietzins von denselben und damit ein wesentliches Deckungsmittel zur bleibenden Erfüllung der übernommenen Verpflichtungen entzogen. Diese Bedenken würden nicht behoben durch die Modalitäten, unter welchen der Minister das Gesuch zur Gewährung geeignet findet. Der Staatsrat beantragte daher folgende Ah. Resolution: „Ich finde diesen Anträgen keine Folge zu geben.“

Minister Ritter v. Lasser setzte auseinander, auf welche Weise die Gartenbaugesellschaft ihre jahrelang genützten Gärten verloren habe, wie man ihr jetzt dafür einen Ersatz gewähren und zugleich den Zweck der Stadtverschönerung erreichen wolle. Seine Anträge seien darauf gerichtet, dieses Ziel zu erreichen, und was den Verkauf der Gewölbe betrifft, so kann derselbe der Staatsverwaltung gleichgiltig sein, sobald nur die Erfüllung der Servituten gesichert bleibt. Der Handelsminister tritt den Anträgen der Vorstimme vollkommen bei, indem man nur durch Zugestehung gewisser Erleichterungen den Zweck der Stadtverschönerung am Karolinentor in gewünschter Weise erreichen könne. kDie Finanzprokuratur habe in rechtlicher Beziehung kein Bedenken erhobenk . Der Staatsminister sprach sich in gleichem Sinne aus. Der Präsident des Staatsrates || S. 161 PDF || glaubte an dem wohlmotivierten abweislichen Antrage des Staatsrates festhalten zu sollen und machte darauf aufmerksam, daß, wenn die Verkaufsgewölbe — als das wesentlich nutzbringende Reale der Gesellschaft — einmal veräußert sind, es an jedem Fonds und an der ergiebigsten Hülfsquelle zur Erfüllung der ihr auferlegten Verbindlichkeiten fehlen wird. An wen soll sich dann der Staat halten? lDer Überrest des Besitzes wäre ein unproduktives Voluptuariuml .

Die Minister Edler v. Plener, Baron Mecséry und Graf Esterházy, der ungarische Hofkanzler und FML. Ritter v. Schmerling traten den Anträgen des Ministers v. Lasser bei24.

IX. Finanzgesetz für 1862

Der Staatsminister brachte zur Kenntnis des Ministerrates, daß die Schwierigkeiten, die sich im Schoße des Finanzausschusses des Abgeordnetenhauses bezüglich der Fassung des Finanzgesetzes für 1862 ergeben hatten, infolge seines persönlichen Einschreitens behoben wurden und man ihn selbst aufgefordert hat, einen entsprechenden Entwurf zu redigieren25.

X. Ausfuhr von Schiffbauholz nach Sardinien

Der Stellvertreter des Kriegsministers eröffnete, es seien dem Ministerium Anzeigen zugekommen: a) daß erhebliche Quantitäten Schiffbauholz aus Österreich nach Sardinien gesendet werden26, und b) daß in neuester Zeit Pferdetransporte, einer von 55, der zweite von 77 Stück nach Serbien ausgeführt worden sind27.

XI. Ausfuhr von Pferden nach Serbien

Der Stellvertreter des Kriegsministers eröffnete, es seien dem Ministerium Anzeigen zugekommen: a) daß erhebliche Quantitäten Schiffbauholz aus Österreich nach Sardinien gesendet werden, und b) daß in neuester Zeit Pferdetransporte, einer von 55, der zweite von 77 Stück nach Serbien ausgeführt worden sind.

XII. Sanktion des Gesetzes über die Zuständigkeit der Gerichte und Polizeibehörden

Nachdem der anverwahrte Entwurf des Gesetzesm, wodurch die Zuständigkeit der Gerichte und der lf. Polizeibehörden über die im Strafgesetze von 1852 vorkommenden Übertretungen festgesetzt wird, von den beiden Häusern des Reichsrates angenommen worden ist28, beantragte Minister Ritter v. Lasser , als Leiter des Justizministeriums, daß der Ministerrat die Ah. Sanktion dieses Entwurfes einhole. Was den Zeitpunkt betrifft, an welchem das neue Gesetz in Wirksamkeit zu treten hätte, erachtet der referierende Minister den 1. November d. J. hiezu am meisten geeignet, zumal dieser Tag auch den angemessensten Termin zum Abschluß der alten Rechnungen, Bücher etc. und zur Eröffnung der neuen bietet. Nachdem der Ministerrat gegen die vorstehenden Anträge in keiner Beziehung etwas zu erinnern fand, wird Ritter v. Lasser demnächst hierüber au. Vortrag erstatten || S. 162 PDF || und denselben sowohl dem Staats- als dem Polizeiminister zur Mitfertigung übersenden29.

Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Franz Joseph. Laxenburg, den 8. August 1862. Empfangen 9. August 1862. Erzherzog Rainer.