Nr. 78 Ministerrat, Wien, 24. Mai 1849 - Retrodigitalisat (PDF)
- RS.Reinschrift; P.Protokoll Marherr; VS.Vorsitz fehlt; anw.anwesend Krauß, Bach, Cordon, Thinnfeld, Kulmer; BdE.Bestätigung der Einsicht (Schwarzenberg 25. 5.), Krauß 25. 5., Bach 25. 5., Cordon 25. 5., Thinnfeld, Kulmer; außerdem anw.anwesend Werner; abw.abwesend Schwarzenberg, Stadion, Bruck.
MRZ. 1617 – KZ. 1333 –
Protokoll der Sitzung des Ministerrates gehalten zu Wien am 24. Mai 1849.
I. Verlegung von zwei Bataillonen aus Frankfurt nach Mainz
Durch den Unterstaatssekretär Baron Werner wurde dem Ministerrate mitgeteilt ein Bericht des Grafen Rechberg aus Frankfurt, des Inhalts, daß einem Ansinnen des Festungskommandos von Mainz, die von dort nach Frankfurt detachierten zwei Bataillons Österreicher zur Komplettierung der Garnison der Festung nach Mainz wieder zurückzubeordern, von Seite der Zentralgewalt nicht entsprochen worden sei, weil man dieselben in Frankfurt augenblicklich nicht entbehren könne, sich auch im Falle einer Gefahr mit allen Truppen nach Mainz zurückziehen würde und diese Festung dermal mit ihrer Besatzung von sechs Bataillons gegen einen Handstreich hinlänglich gedeckt fände1.
Gleichzeitig referierte der Kriegsminister über das ihm unmittelbar vom Mainzer Festungskommando zugekommene Einschreiten um Verstärkung der dortigen Garnison durch Einberufung jener zwei Bataillons2. Da dafür triftige Gründe angeführt werden und es sich um die Erhaltung eines so wichtigen Platzes handelt, der in einer so kritischen Zeit, wie der Festungskommandant versichert, nicht einmal mit der normalmäßigen Garnison versehen ist, so würde der Kriegsminister auf die Ansicht und das Begehren des Festungskommandanten sogleich eingegangen sein und in diesem Sinne die gehörige Verfügung getroffen haben.
Auf die Bemerkung jedoch, daß für heute Abend die Rückkunft des Ministerpräsidenten angekündigt sei, und daß bei dem raschen Wechsel der Ereignisse seine diesfällige Disposition vielleicht jetzt schon zu spät kommen könnte, war die Beratung dieses Gegenstandes für die nächste, unter dem Vorsitze des Ministerpräsidenten abzuhaltende Sitzung vorbehalten3.
II. Nachrichten aus Warschau über den Empfang des Kaisers
Der Kriegsminister teilte auch Notizen aus einem Berichte des Generals Caboga de dato Warschau 23. Mai 1849 über den Empfang Sr. Majestät daselbst von Seite des russischen Kaisers mit4.
III. Beiordnung eines Ministerialsekretärs für den kommandierenden General in Ungarn
Der Justizminister erörterte die Notwendigkeit, dem FZM. Baron Welden einen Geschäftsmann an die Seite zu stellen, der bezüglich aller Verwaltungsgegenstände in Ungern dem Ministerium ununterbrochen Rapport erstatte und dem Feldzeugmeister die Maßregeln an die Hand gebe, welche in betreff der Zivilverwaltung zu ergreifen sind5. Der Minister schlug hierzu den Hofrat Baron Geringer vor.
Der Finanzminister erhob das Bedenken, daß dessen Stellung und Rang dem Kommandieren gegenüber zu untergeordnet und für einen solchen Platz ein Beamter höheren Ranges angemessener sein dürfte. Dagegen bemerkte jedoch der Minister Baron Kulmer , daß für den vom Justizminister angegebenen Zweck und für die gegenwärtige Periode, wo es sich unter dem Einflusse der militärischen Operationen eigentlich nur um Provisorien handelt, ein Staatsbeamter wie Baron Geringer genügen, die Bestellung eines Höheren aber erst dann angezeigt sein werde, wenn nach vollendeter Unterwerfung des Landes an die definitive Einrichtung desselben Hand angelegt wird. Übrigens ward allseitig anerkannt, daß es bei den Schwierigkeiten, welche das Verhältnis eines mit der Zivil- und Militärgewalt zugleich betrauten Generals an und für sich schon und absonderlich hier mit sich bringt, unvermeidlich sein werde, in einer durch Se. Majestät Ah. zu sanktionierenden Instruktion für den kommandierenden General die Punkte genau festzustellen, nach welchen er sich bezüglich der Zivilverwaltung im Königreiche werde zu halten haben6.