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Nr. 23 Ministerrat, Wien, 30. April 1848 - Retrodigitalisat (PDF)

  • RS.; RdA. Pipitz; VS. Ficquelmont; anw. Pillersdorf, Sommaruga, Krauß, Latour; BdE. Ficquelmont, Franz Karl (2. 5.).

MRZ. 560–562 – KZ. –

Protokoll der Sitzung des Ministerrates vom 30. April 1848.

I. Übernahme des Oberkommandos der Nationalgarde durch FML. Heinrich Ritter v. Hess

Der Minister des Inneren eröffnete in bezug auf seinen Vortrag vom 29. d. [M.] und den hierwegen gefaßten Ministerratsbeschluß von demselben Tage1 die Erklärung des FML. Ritter v. Hess wegen Annahme des Oberkommandos über die Nationalgarde. Nach derselben füge sich FML. Hess jedem im Ah. Dienste ihm zugehenden Rufe, wünsche jedoch dabei die zweifache Bitte berücksichtigt, nämlich: wegen des Oberkommandos über die Nationalgarde von der Leitung des Generalquartiermeisterstabes nicht enthoben zu werden und daß es ihm vorbehalten bleibe, einem etwaigen Rufe zum Oberbefehl einer aktiven Truppenabteilung folgen zu dürfen. Dieser Erklärung gemäß dürften Ew. Majestät die zur Z. 1765/1848 in der Beilage entworfenen Erledigungsanträge Ah. zu genehmigen geruhen2.

II. Dank der Nationalgarde für ein kaiserliches Geldgeschenk

Der Minister des Inneren beantragte ferner und der Ministerrat beschloß, den ihm kundgegebenen Ausdruck des au. Dankes der Nationalgarde für das ihr aus Ew. Majestät Ah. Privatkasse bewilligte Gnadengeschenk von 5000 fl.3 zur Ah. Kenntnis Ew. Majestät zu bringen, worüber der Garde das Ah. Wohlgefallen durch den Minister zu erkennen gegeben werden dürfte4.

III. Besetzung der Marburger und Judenburger Kreishauptmannstelle

Derselbe überreichte ferner seinen Vorschlag vom 29. d. [M.], KZ. 1777, MRZ. 449, zur Besetzung der Marburger und eventuell der Judenburger Kreishauptmannsstelle5.

Da sein mit dem Einraten6 des Gouverneurs von Steiermark übereinstimmender Antrag auf das Bedürfnis des Ah. Dienstes und die genaue Kenntnis der vorgeschlagenen || S. 128 PDF || Individuen gegründet ist, so beschloß der Ministerrat, denselben zur Ah. Genehmigung Ew. Majestät vorzulegen.

Geruhen dermal Allerhöchstdieselben, nach dem am Schlusse dieses Protokolls aufgesetzten Ah. Resolutionsentwurfe den Kreishauptmann Johann Eder von Judenburg nach Marburg zu übersetzen und die hiernach offen werdende Judenburger Kreishauptmannsstelle dem überzähligen Hofsekretär Grafen Braida Ah. zu verleihen7.

IV. Proteste gegen die Wahl zur Frankfurter Bundesversammlung

Ferners besprach der Minister des Inneren zwei ihm übergebene Vorstellungen gegen die angeorderte Wahl von Abgeordneten zur Bundesversammlung nach Frankfurt; die eine vom Nationalkomitee in Prag, die andre von den Ständen Mährens8.

Die Vorstellung des Prager Komitees stützt sich im wesentlichen auf drei Gründe: 1. daß durch die Einleitungen zu diesen Wahlen die Ruhe und Eintracht im Lande gestört, 2. daß die böhmische Nationalität unterdrückt und 3. die Interessen nicht nur der Krone Böhmens, sondern der ganzen Monarchie überhaupt gefährdet würden.

Der Minister las den Entwurf der dem Komitee hierauf zu erteilenden Antwort9 ab, deren Hauptmomente in Nachstehendem zusammengefaßt wurden: 1. daß in der Anordnung und den Einleitungen zu jenen Wahlen durchaus kein Anlaß liege, die Ruhe und Eintracht zu stören, 2. daß weder diese Voreinleitungen noch die wirklich vollzogenen Wahlen dort, wo sie bisher, wie z. B. in einigen Teilen von Niederösterreich, stattgefunden haben10, die mindeste Ruhestörung verursachten; 3. daß, nachdem die Staatsverwaltung die Aufrechthaltung der böhmischen Nationalität verbürgt hat, die Besorgnis einer Unterdrückung derselben ganz grundlos sei; 4. daß durch den engeren Anschluß an Deutschland den Interessen der Krone und der zum Deutschen Bunde gehörigen Länder nicht nahe getreten werde, daß 5. die Regierung in dieser Beziehung volle Bürgschaft geben könne, indem ja 6. die Beschützung der Interessen der Krone und der Länder zu ihren wesentlichsten Pflichten gehöre, daß sie aber 7. andrerseits auch als Mitglied des Deutschen Bundes sich der Teilnahme an der zeitgemäßen Entwicklung seiner Institutionen nicht entschlagen dürfe; 8. daß niemand die Verpflichtung habe, sich unmittelbar bei diesen Wahlen zu beteiligen, daß jedoch 9. jedem das Recht dazu zustehe, und daß sonach 10. die Regierung der gerechte Vorwurf treffen würde, wenn sie jemand, der sich dieses Rechts bedienen will, an dessen Ausübung verhinderte.

Der provisorische Ministerpräsident schlug sofort eine vom Baron Pillersdorf sogleich angenommene kleine Modifikation im Texte der proponierten Antwort dahin || S. 129 PDF || vor, daß am Schlusse derselben, wo der ungegründeten Besorgnis vor der Gefährdung der Interessen Böhmens gedacht wird, gesagt werde, wienach durch die Teilnahme an den Wahlen zur deutschen Bundesversammlung den öffentlichen Rechten Böhmens ebensowenig als jenen irgend eines anderen Teiles der Monarchie präjudiziert würde. Weiters wünschte Graf v. Ficquelmont, daß die Antwort auf diese Vorstellung nicht unmittelbar an das Komitee, sondern im Wege des Gouverneurs erteilt werde, um nicht durch eine unmittelbare Korrespondenz des Ministers mit dem Komitee dem letztern, welches sich ohne Zutun der Regierung gebildet hat, eine Art Autorität einzuräumen11.

Allein der Minister des Inneren bemerkte, daß das Komitee unter dem Vorsitze des Oberstburggrafen bestehe, von Ew. Majestät selbst in wiederholten Ag. Audienzen empfangen worden sei12 und daß auch in Wien zur Verstärkung des Magistrats ein Bürgerausschuß sich gebildet habe, welcher mit dem Ministerium in unmittelbarem Dienstesverkehr steht13. Baron Pillersdorf glaubte daher, in einer so delikaten Sache mit Schonung vorgehen und die unmittelbare Beantwortung der Eingabe durch ihn einer mittelbaren umso mehr vorziehen zu sollen, als eine solche Antwort eigentlich nichts als ein Bescheid auf eine Petition, keine Anerkennung einer Autorität des Komitees in sich schließen kann.

Eine weitere Frage des Vorsitzenden, ob nicht der durch etwaige geringe Teilnahme Böhmens und Mährens an den Wahlen entstehende Ausfall an der vollen Zahl der zum Frankfurter Tage abzusendenden österreichischen Vertreter aus den anderen Bezirken derselben Provinzen gedeckt oder ergänzt werden dürfte, glaubte der Minister des Inneren vorderhand offenlassen zu sollen.

Was die Vorstellung der mährischen Stände betrifft, so würde diese in ähnlicher Weise wie jene des Prager Komitees zu beantworten sein14.

V. Bezüge der Abgeordneten zur Frankfurter Bundesversammlung

Hiermit in Verbindung steht auch die Frage, ob den zur Frankfurter Bundesversammlung abgehenden Deputierten einige und welche Bezüge zugestanden werden sollen.

Es liegen hierüber bereits Anträge von den Länderstellen zu Wien, Innsbruck, Gratz und Laibach und vom hiesigen Zentralwahlkomitee15 vor.

Alle sind für Gewährung einer Vergütung und zwar mit Ausnahme jener von Tirol, welche hiezu die Landgerichts- und Gemeindemittel bezeichnet, aus dem Staatsschatze. Die Frage hat auch itzt schon ein praktisches Interesse, weil bereits ein Wahlakt aus dem Viertel unter dem Mannhartsberg vorliegt, wo der Kreiskommissär Fügerl gewählt || S. 130 PDF || wurde, der sich auch zur Annahme derselben bereit erklärt hat, jedoch nur unter der Bedingung, daß die Regierung seine Wahl genehmiget, ihm den hiezu nötigen Urlaub und, da er vermögenslos und auf seinen geringen Gehalt beschränkt ist, die Mittel zur Reise nach und zum Aufenthalte in Frankfurt bewilliget16.

Es ist vorauszusehen, daß besonders in dieser letztern Beziehung viele in der gleichen Lage wie dieser Kreiskommissär sich befinden werden; es erscheint daher nötig, hierüber etwas im allgemeinen zu bestimmen und sich hiebei nicht bloß auf die lf. Beamten zu beschränken, damit der Regierung nicht der Vorwurf gemacht werde, sie wolle bloß diese begünstigen.

Da übrigens unter den Gewählten manche auf jede Vergütung aus dem Staatsschatze verzichten dürften, so könnte die Anzahl der zu Beteilenden etwa mit 100 und die wahrscheinliche Dauer ihres Verweilens auf zwei Monate angenommen werden, wornach dann, vorausgesetzt, daß ein ähnlicher Maßstab beliebt würde, wie ihn Baron Pillersdorf in seinem demnächst einzubringenden österreichischen Wahlgesetze vorzuschlagen gedenkt, mit 200 fl. monatlich per Kopf und 100 fl. für die Hin- und Rückreise eine Gesamtauslage von 50.000 fl. sich ergeben würde.

Der hierwegen um seine Äußerung befragte Finanzminister erklärte, daß hier allein die politische Rücksicht entscheidend sein könne.

Insofern nun, nach der Versicherung des vorsitzenden Ministers der auswärtigen Angelegenheiten bei den vielen und alten Beziehungen des österreichischen Hauses zu Deutschland eine Ausschließung Österreichs von der Teilnahme an der Rekonstituierung des Bundes mittelst Absendung von Deputierten aus dem Volke wenigstens für dieses Mal schlechterdings unmöglich ist, so erübriget wohl nichts, als den gewählten Vertretern die Mittel zur Erfüllung ihrer Mission aus dem Staatsschatze zu gewähren.

Nur glaubte der Finanzminister , im Interesse der ohnehin so sehr belasteten Finanzen eine Verminderung der vorgeschlagenen Summen, und zwar von 200 fl. per Monat oder 6 fl. per Tag auf 150 fl. per Monat oder 5 fl. per Tag (sonach 300 fl. und 100 fl. Reisegeld = 400 fl. und für 100 Individuen = 40.000 fl.) anraten zu müssen, welche Verminderung sich auch aus dem doppelten Gesichtspunkte rechtfertigen dürfte, daß es einerseits in Frankfurt nicht teuer zu leben ist, andererseits es vielleicht einen ungünstigen Eindruck machen dürfte, wenn den Abgeordneten zur Frankfurter Bundesversammlung gleiche Bezüge wie den zum österreichischen Reichstage zu Berufenden zugestanden würden17.

Endlich würde Baron Krauß glauben, daß den Gewählten das Reisegeld und das einmonatliche Pauschale mit 150, zusammen mit 250 fl. bei der Abreise, das Übrige nach der Rückkunft von Frankfurt zu erfolgen wäre.

|| S. 131 PDF || Mit diesen Modifikationen einverstanden, erklärte der Minister des Inneren hiernach eine Bekanntmachung dieser Bestimmungen in einem eigenen Zeitungsartikel sowie die Bescheidung des Kreiskommissärs Fügerl veranlassen zu wollen18.

VI. Polnische Emigranten

Baron Pillersdorf teilte ferner einen Bericht des GM. Baron Moltke aus Krakau mit19, woraus hervorgeht, daß die aus Krakau abgeschafften, nicht nach Galizien gehörigen polnischen Emigranten in und um Breslau, vereint mit Posenern 7000 an der Zahl, sich aufhalten, mit Waffen versehen, und unverhohlen die Absicht aussprechen, wieder nach Krakau zurückkehren wollen.

Der vorsitzende Minister der auswärtigen Angelegenheiten übernahm diesen Bericht mit dem Bemerken. daß er sogleich die preußische Regierung angehen werde, die dortigen Behörden zur Abschaffung dieser Emigranten aufzufordern20.

Auf eine Bemerkung des Finanzministers, daß eine Verstärkung der Truppen im Krakauer Gebiete und besonders an der Grenze sehr nötig sein dürfte, erwiderte der Kriegsminister, daß bereits vier Bataillons dahin disponiert worden seien21.

VII. Lage in Galizien

Ein Bericht und ein vertrauliches Schreiben des Gouverneurs von Galizien22, welchen der Minister des Inneren ablas, schildert den Zustand des Landes als sehr beunruhigend. Die Regierung, nicht einmal aller ihrer Beamten mehr sicher, befinde sich ganz isoliert, bloß auf den Beistand der Truppen und des Landvolks angewiesen, des letzteren aber könne sie sich nicht bedienen, da dann Raub und Mord die Losung || S. 132 PDF || der Bauern sein würde; die Hoffnung, die Graf Stadion auf den Landtag gesetzt, sei auch getäuscht worden, indem die Glieder desselben beim Zusammentreten erklärt haben, sie können sich nicht mehr als die wahren Vertreter des Volkes ansehen23; der Landtag sei sonach verschoben worden und ein Teil der Mitglieder habe sich mit dem vom Grafen Stadion schon früher für ungesetzlich erklärten sogenannten Nationalrate unter einer andern Form vereinigt und sofort Wahlen von Volksvertretern ausgeschrieben, zum Teile auch vorgenommen24; dabei sei die Regierung den heftigsten Angriffen der Presse, besonders von Wien aus, ausgesetzt, ohne Mittel, der Revolution auf demselben Wege entgegenzuarbeiten.

Der provisorische Ministerpräsident bemerkte hierüber, daß Graf Stadion angewiesen werden dürfte, daß er versuche, die ruhigeren Mitglieder der Versammlung von der Ungesetzlichkeit ihres Unternehmens zu überzeugen, von den Gutgesinnten den Beirat für die Regierung zu verlangen und so sie für die Regierung zu interessieren, endlich die ohne sein Zutun angeordneten Wahlversammlungen für ungesetzlich zu erklären und deren Resultate, als den Ergebnissen bloßer Privatversammlungen, eine giltige Wirksamkeit nicht einzuräumen.

Wegen der vom Grafen Stadion beklagten fortwährenden Angriffe der Presse von Wien aus gedächte der Minister des Inneren ihn auf dasjenige zu weisen, was er ihm infolge Ministerratsbeschlusses vom 26. April, MRZ. 391, wegen Verwendung des Gubernialsekretärs Baron Metzburg angedeutet hat25.

VIII. Französische Haltung zur polnischen Frage

Hieran knüpfte der provisorische Ministerratspräsident die Mitteilung des Resultats einer Besprechung, welche er mit einem vertraulichen Abgeordneten der französischen Regierung hinsichtlich der polnischen Zustände gehabt habe.

Die französische Regierung wünsche, nach Versicherung desselben, trotz ihrer Sympathien für die Polen, doch ihretwegen in keinen Krieg verwickelt zu werden und in diesem Bestreben zur Erhaltung des Friedens auch durch die Kabinette von Wien und Berlin unterstützt zu werden26.

Hierauf habe Graf Ficquelmont diesem Abgesandten bemerklich gemacht, daß Österreichs Stellung in Galizien gegenüber dem Polentum die schwierigste sei. Die Bevölkerung Galiziens sei ganz slawisch, es befinde sich darunter kein deutsches Element wie im preußischen Anteile Polens, wodurch die Interessen der deutschen Regierung unterstützt würden; auch Rußland stehe als sprachverwandt den Polen wenigstens in dieser Beziehung näher. Betrachte man ferner die Konfiguration Galiziens, so stelle es sich als ein langes Land ohne verhältnismäßige Tiefe, gleichsam als ein Glacis der Karpaten dar, welches von allen Seiten || S. 133 PDF || offen und jedem Angriff von Norden ausgesetzt, an und für sich schwach ist. Vermöge Österreich nicht, es zu erhalten, so werde es zuversichtlich eine Beute Rußlands, das ohnehin bei allen polnischen Wirren immer seinen Vorteil wahrzunehmen gewußt habe. Um unter solchen Umständen, wo an eine Wiederherstellung des Königreichs Polen nicht gedacht werden kann, nicht geradezu den Absichten Rußlands in die Hände zu arbeiten, liege es im Interesse aller, also auch der französischen Regierung, daß Österreich die Erhaltung Galiziens nicht noch mehr erschwert werde, und daß durch alle möglichen Mittel, insbesondere durch die Presse, dahin gewirkt werde, das Feuer der Polen, an der Wiederherstellung ihres Reichs in Galizien und durch Galizien zu arbeiten, zu dämpfen.

Der Franzose schien durch diese Gründe überzeugt, zumal er während seines Verweilens in Berlin preußischerseits die Besorgnis äußern gehört, daß, wenn Österreich Krakau nicht halten könne, selbes gewiß von Rußland würde genommen werden27.

IX. Englische Friedensinitiative in Turin

Graf v. Ficquelmont teilte ferner eine Depesche des Gesandten in Turin mit28, welcher zufolge das englische Ministerium unterm 17. April an den britischen Gesandten daselbst den Auftrag erlassen hat, bei der sardinischen Regierung die Einstellung der Feindseligkeiten gegen das lombardisch-venezianische Königreich auf das entschiedenste zu verlangen, damit Graf Hartig in dem ihm von Ew. Majestät übertragenen Pazifikationsgeschäfte nicht gehemmt werde29.

Über die Modalitäten, nach welchen bei diesem Geschäfte vorzugehen sei, wird Graf v. Ficquelmont demnächst bestimmte Anträge machen und dabei die vom Finanzminister geäußerte Andeutung über eine genauere Bestimmung des Verhältnisses des Grafen Hartig zu den im lombardisch-venezianischen Königreiche kommandierenden Generalen berücksichtigen30.

X. Abberufung Erzherzog Rainers als Vizekönig

Ferner erklärte Graf v. Ficquelmont die Absicht, einen besonderen Vortrag wegen Abberufung Sr. k. k. Hoheit des Herrn Erzherzog Vizekönigs Rainer erstatten zu wollen31. || S. 134 PDF || Wird das lombardisch-venezianische Königreich dem Szepter seines rechtmäßigen Herrschers wieder unterworfen, so kann es hinfür nicht mehr nach dem alten Systeme regiert werden. Die notwendige Folge davon ist wohl, daß Se. k. k. Hoheit der Herr Erzherzog Vizekönig als der vieljährige Repräsentant dieses Systems nicht mehr zur Leitung dieses Landes dahin zurückkehren kann. Der Erzherzog ist für die Lombardie eine Unmöglichkeit geworden, zumal nachdem auch zwei seiner Söhne32 in der Armee zur Unterwerfung des Landes tätig und sie sowohl als die übrigen durchlauchtigsten Kinder Sr. k. k. Hoheit von jeder Annäherung an die Bewohner des Landes abgehalten worden sind.

Dermalen finden Sich Se. k. k. Hoheit, welche noch immer die Zivilverwaltung des Landes im Grunde des Ah. Kabinettschreibens vom 1. März33 ansprechen, in ihrer Wirksamkeit durch die Vollmachten der Generale Radetzky und Nugent und des Grafen Hartig verletzt34 und wünschen unter solchen Umständen selbst, abberufen zu werden. Es scheine daher hierzu itzt auch der rechte Moment gekommen zu sein35.

XI. Kommandoübernahme Franz Graf Schliks zu Bassano und Weißkirchen in Krakau; Truppenstand in Galizien

Der Kriegsminister eröffnete, der zur Übernahme des Kommandos in Krakau an die Stelle des verwundeten FML. Grafen Castiglione dahin abgehende FML. Graf Schlick36 habe den Wunsch geäußert, daß es ihm, falls Graf Castiglione inzwischen wiederhergestellt und imstande sein sollte, das Kommando selbst zu übernehmen, gestattet werde, weiter nach Lemberg zu reisen, sich dort von den Zuständen des Landes zu überzeugen, mit dem Gouverneur und Kommandierenden vertraulich zu kommunizieren und die Resultate seiner Beobachtungen hierher mitzuteilen.

Da es für Graf Schlick als älteren Feldmarschalleutnant als Graf Castiglione immerhin kränkend wäre, gewissermaßen unverrichteter Dinge wieder umzukehren und die Bereisung eines anderen Teils Galiziens durch ihn immerhin von Nutzen sein kann, so gedächte der Kriegsminister, mit Zustimmung des Ministerrats, die sofort gegeben wurde, zur Reise nach Lemberg zu ermächtigen37.

Über eine bei diesem Anlasse gestellte Anfrage über den Truppenstand in Galizien erklärte der Minister, daß derselbe durch die Aufstellung der dritten Bataillons und neunten Divisionen bedeutend verstärkt worden38.

XII. Befehlsgewalt des ungarischen Ministeriums über die Grenzgeneralkommanden

Schließlich brachte der Kriegsminister die Anfrage des Banus von Kroatien zur Sprache, wie sich in Ansehung der Erlässe des königlich ungrischen Ministeriums an die Grenzgeneralkommanden wegen Einholung ihrer Befehle von dort39, dann wegen Abordnung von Deputierten der Grenzregimenter nach Pest zu benehmen sei.

|| S. 135 PDF || Dieselben Gegenstände bringen auch die hier angeschlossenen Vorträge vom 27. und 28. d. (KZ. 1554/M. 414 und KZ. 1548/M. 410) in Erinnerung40.

In Ansehung des erstem, wegen Einholung der Befehle vom ungrischen Ministerium, ist erst unterm 28. d. (KZ. 1529/MRZ. 389)41 ein auch dem Kriegsministerio in Abschrift mitgeteiltes Ah. Kabinettschreiben an Se. k. k. Hoheit den Herrn Erzherzog Palatin, sich hierüber zu äußern, erlassen worden; diese Äußerung müßte vorerst abgewartet, inzwischen aber von Seite der Militärbehörden diejenige Weisung beobachtet werden, welche über den Vortrag des Kriegsministers vom 17. mit Ah. Entschließung vom 27. d. [M.] erteilt worden ist42.

In Ansehung der verlangten Abordnung von Deputierten der Grenzregimenter nach Pest aber schiene kein Grund vorzuliegen, solche zu gestatten, nachdem in der Grundverfassung der Militärgrenze bisher keine gesetzliche Änderung eingetreten ist.

In diesem Sinne dürften Ew. Majestät den Vortrag vom 28. April, KZ. 1548, zu erledigen geruhen43.

Der Resolutionsentwurf dazu sowie zum Vortrage des Ministers des Inneren, KZ. 1777, folgt hier. Ficquelmont.

Ges. 2. Mai 1848. Franz Karl. Vidi. Ferdinand. Wien, den 2. Mai 1848.