Nr. 581 Ministerrat, Wien, 10. November 1851 - Retrodigitalisat (PDF)
- ℹ️ anwesend:
- RS.Reinschrift; P.Protokoll Marherr; VS.Vorsitz Schwarzenberg; BdE.Bestätigung der Einsicht und anw.anwesend (Schwarzenberg 10. 11.), P. Krauß 14. 11., Bach 17. 11., Thinnfeld 12. 11., Thun, Csorich, K. Krauß, Baumgartner; abw.abwesend Stadion, Kulmer.
MRZ. 3789 – KZ. 4033 –
- I. Sistierung aller organischen Maßregeln
- II. Militärjurisdiktionsnorm
- III. Schwurgerichtsverhandlung gegen Emanuel Kollmann
- IV. Erläuterung der Vorschrift über das diritto di alboraggio
- V. Erwerbsteuerbemessung in Krakau
- VI. Kupferscheidemünzeausprägung fürs Venetianische
- VII. Auszeichnung für Johann Huemer
- VIII. Lehenspflichtablegung des Paul Anton Fürst Esterházy v. Galantha
- IX. Auszeichnung für Pio Lallich
- X. Nachsicht der Dienstzeitunterbrechung für Elias Novakowić
- XI. Auszeichnung für Julius v. Valmagini
- XII. Beitrag für eine neue Schießstätte zu Innsbruck
- XIII. Begnadigungsgesuch von Alexander Jakobi
- XIV. Begnadigungsgesuch Franz Lakatos
- XV. Abschriften von Augenscheins- und Zeugenverhörprotokollen an Parteien; Vorschrift zur Übernahme verpfändeter Güter
Protokoll der Sitzung des Ministerrates, gehalten zu Wien am 10. November 1851 unter dem Vorsitze des Ministerpräsidenten, Ministers des Äußern und des Hauses FML. Fürsten v. Schwarzenberg.
I. Sistierung aller organischen Maßregeln
Der Ministerpräsident las das Ah. Kabinettschreiben vom 10. d. [M.] wegen Sistierung aller organischen Maßregeln, um den Beschlüssen nicht vorzugreifen, welche Se. Majestät in der Verfassungsrevisionsfrage zu fassen geruhen werde. Die Minister werden Abschriften dieses Ah. Kabinettschreibens erhalten1.
II. Militärjurisdiktionsnorm
Der Kriegsminister übergab den auf Ah. Befehl in der Beratung zu beschleunigenden Entwurf der Militärjurisdiktionsnorm zum Behufe der Beratung desselben im nächsten Ministerrate2.
III. Schwurgerichtsverhandlung gegen Emanuel Kollmann
Der Justizminister zeigte mit Bezug auf seine in der Sitzung vom 7. d. [M.] sub VIII. gemachte Mitteilung an, daß er die Veranlassung getroffen habe, damit zur Aburteilung des wegen Majestätsbeleidigung in Untersuchung stehenden Finanzwacheaufsehers Kollmann in Wien das Landesgericht in St. Pölten delegiert werde3.
IV. Erläuterung der Vorschrift über das diritto di alboraggio
In der wegen Abnahme einer besonderen Gebühr (diritto di alboraggio) bei der Ausfuhr von Schiffbauholz (Eichenholz zum Schiffbau) erlassenen Ah. Vorschrift4 werden|| S. 333 PDF ||
a) eichene Stämme von 30 Fuß Länge, 12 Zoll Dicke mit 20 fr., b) alles übrige Eichenholz mit 10 fr. per Zentner belegt.
Es ist nun die Frage aufgeworfen worden, ob unter dieser Kategorie b) auch eichene Faßdauben begriffen, also mit dieser besondern Abgabe zu belegen seien5.
Die Absicht des Gesetzes geht, nach dem Erachten des Finanzministers , keineswegs dahin, indem nur Eichenholz, welches zum Schiffbau ins Ausland ausgeführt wird, dieser besondern Abgabe unterliegen soll.
Er gedenkt daher, unter Beistimmung des Ministerrates, die Anfrage in diesem Sinne zu erledigen, zugleich aber zur Vermeidung weiterer Zweifel den Absatz b) dahin zu stilisieren, daß alles übrige Eichenholz, welches noch keine solche Bearbeitung erhalten hat, die es von der Verwendung zum Schiffbau ausschließt, als z. B. Faßdauben, unter diese Kategorie falle6.
V. Erwerbsteuerbemessung in Krakau
Nachdem für die Erwerbsteuer verschiedene Klassen, als für Provinzialhauptstädte, Landstädte, flaches Land etc. bestehen, so ergibt sich die Frage, wie die Stadt Krakau, wo die direkte Besteuerung eben in der Einführung begriffen ist, in dieser Beziehung angesehen werden soll7.
Der Finanzminister gedächte sie mit Rücksicht auf den faktischen Stand, da eine mit den Funktionen der Landesstelle ausgerüstete Gubernialkommission daselbst ihren Sitz hat, als Provinzialhauptstadt zu behandeln und hiernach die entsprechende Steuerklasse in Anwendung zu bringen.
Der Ministerrat war hiermit einverstanden8, so wie mit dem weiteren Vorhaben dieses Ministers,
VI. Kupferscheidemünzeausprägung fürs Venetianische
die Ausprägung des fürs Venetianische derzeit erforderlichen Quantums von circa 20.000 Lire in kleinen Kupferscheidemünzen à 3 und 1 Centesimi vorderhand noch nach dem italienischen (lombardisch-venezianischen) Münzfuße zu veranlassen, weil die dermaligen Valutaverhältnisse in den deutschen Kronländern und die überhaupt noch über die Gestaltung des Reiches schwebenden Verhandlungen die Übertragung des deutschösterreichischen Münzsystems auf das lombardisch-venezianische Königreich dermalen noch nicht ratsam machen9.
VII. Auszeichnung für Johann Huemer
Der Minister des Inneren machte – nach nunmehr im schriftlichen Wege gepflogener Rücksprache mit dem Justizminister, den am ... v. M.10 vorläufig besprochenen Antrag, für den Auskultanten Huemer bei Sr. Majestät auf eine Auszeichnung für die von demselben bewirkte Rettung eines Kindes aus der Donau anzutragen, welche Auszeichnung in dem goldenen Verdienstkreuze zu bestehen hätte.
Der Ministerrat war damit vollkommen einverstandnen11.
VIII. Lehenspflichtablegung des Paul Anton Fürst Esterházy v. Galantha
Brachte er zur Kenntnis des Ministerrats die Anzeige des niederösterreichischen Statthalters, daß Fürst Paul Esterházy am 4. d. [M.] für sein in Niederösterreich gelegenes lf. Lehengut die Lehenpflicht feierlich abgelegt und dabei die loyalsten Versicherungen und Wünsche für die innigste Verbindung seines Vaterlandes mit dem österreichischen Kaiserreiche ausgesprochen habe12.
IX. Auszeichnung für Pio Lallich
Erhielt derselbe Minister die Zustimmung des Ministerrats zur Erwirkung des silbernen Verdienstkreuzes für den dalmatinischen Landmann Lallich und einer Geldbelohnung für dessen Gefährten für die von ihm mit besonderem Mute bewirkte Einbringung eines gefährlichen Räubers13, desgleichen
X. Nachsicht der Dienstzeitunterbrechung für Elias Novakowić
zur Erwirkung der Nachsicht der Unterbrechung der im ganzen mehr als 30jährigen Militärdienstleistung des pensionierten Grenzhauptmanns Novakowić behufs der Erlangung des Adels14.
XI. Auszeichnung für Julius v. Valmagini
Referierte der Minister des Inneren über das Ah. signierte Gesuch des ehemaligen k. k. Offiziers und Wiener Nationalgardehauptmanns Julius Valmagini um eine Auszeichnung für seine im Jahre 1848 geleisteten Dienste und besonders am 6. Oktober erduldeten Drangsale.
Der Antrag hierwegen verzog sich bis itzt, weil eine Verhandlung wegen Anstellung des Bittstellers als Hauptmann bei der Polizeiwache im Zuge war, deren Resultat aber wegen physischer Untauglichkeit desselben zum Polizeiwachdienste negativ ausfiel. Der Bittsteller hat inzwischen eine Pension von 600 fr. erhalten, und obwohl der Minister des Inneren dessen Verdienstlichkeit nicht verkennt, auch die Mehrheit des hierwegen vernommenen Komitees, der Sektionschefs des Ministerium des Inneren sogar auf Verleihung des Ordens der eisernen Krone für denselben anträgt, auch der Kriegsminister ihn zu einer Auszeichnung averdient hälta, so glaubte doch der Minister des Inneren auf eine solche|| S. 335 PDF || nicht antragen zu können, weil Valmaginis Bestrebungen von keinem glücklichen Erfolge begleitet waren. Er würde höchstens für Bezeugung der Ah. Zufriedenheit stimmen können, welcher Meinung sich auch der Ministerpräsident anschloß.
Die mehreren Stimmen waren jedoch für Erwirkung eines sichtbaren Merkmals der Ah. Gnade, und zwar die Minister der Justiz und der Landeskultur für das Ritterkreuz des Franz-Joseph-Ordens, die übrigen (vier) Stimmen aber für das goldene Verdienstkreuz mit der Krone, wobei übrigens der Finanzminister erklärte, auch einer Ordensverleihung nicht entgegen zu sein15.
XII. Beitrag für eine neue Schießstätte zu Innsbruck
Der Minister des Inneren referierte über das Einschreiten des Tiroler Statthalters um einen Beitrag von 5000 fr. zur Erbauung einer neuen Schießstätte für den Landeshauptschießstand zu Innsbruck. Der Finanzminister erklärte sich dagegen, weil von den von Sr. Majestät für die Einrichtung des Tiroler Schießstandwesens bewilligten 40.000 fr.16 der Betrag von 5000 fr. für Innsbruck bereits gewidmet worden ist und eine weiter Begünstigung nur zu Exemplifikationen Anlaß geben würde17.
Allein, der Minister [des Inneren] besorgt, daß die Zurückweisung dieses Einschreitens einen üblen Eindruck im Lande machen würde, nachdem zur Herstellung der Innsbrucker Schießstätte, die auf 20.000 fr. veranschlagt ist, über jene vorhandenen 5000 fr. noch 15.000 fr. aus Landesmitteln aufgebracht werden müßten. Er bemerkte ferner, daß durch die Erbauung der neuen Stätte der vom Ah. Hofe für den dermaligen Schießplatz gewidmete Teil des Hofgartens wieder der Disposition des Ah. Hofes zurückgegeben würde18.
Man vereinigte sich also in dem Antrage, den erbetenen Beitrag von 5000 fr. gegen Rückgabe des itzt okkupierten Teils des Hofgartens von dem Obersthofmeisteramte anzusprechen und demselben diesen Betrag mittelst einer außerordentlichen Dotation von den Finanzen vergüten zu lassen19.
XIII. Begnadigungsgesuch von Alexander Jakobi
Der Justizminister referierte über die Begnadigungsgesuche der wegen Teilnahme an der ungrischen Revolution Verurteilten, und zwar des Kaplans Alexander Jakobi, verurteilt auf zehn Jahre, mit dem Antrag auf Abweisung,
XIV. Begnadigungsgesuch Franz Lakatos
des Kaplans Lakatos, verurteilt auf sechs Jahre, mit dem Antrage, dem Gesuche dieses einer Berücksichtigung zwar nicht unwerten Verurteilten dermalen wegen noch zu kurzer Haft desselben keine Folge zu geben, wogegen nichts erinnert wurde20. Endlich
XV. Abschriften von Augenscheins- und Zeugenverhörprotokollen an Parteien; Vorschrift zur Übernahme verpfändeter Güter
erhielt der Justizminister die Zustimmung des Ministerrates zur Reproduzierung der bereits von Sr. Majestät Kaiser Ferdinand sanktionierten Vorschrift in Betreff der Erteilung von Abschriften von Augenscheins- und Zeugenverhörsprotokollen an die Parteien, dann wegen Aufhebung des Rechts, ein verpfändetes Gut, wenn binnen 30 Tagen vom Gläubiger die Feilbietung nicht angesucht wird, um den Schätzungswert zu übernehmen, welche Vorschrift dem damaligen Justizminister zur Einbringung im Reichstage überlassen worden ist21, wovon es nunmehr abkommt, daher der Justizminister – bei der Zweckmäßigkeit dieser Vorschrift – sich nunmehr die definitive Ah. Sanktionierung derselben von Sr. jetzt regierenden Majestät erbitten wird22.
Wien, am 10. November 1851. Schwarzenberg.
Ah. E. Ich nehme den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis. Franz Joseph. Wien, 18. November 1851.