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Nr. 20 Ministerrat, Wien, 20. Februar 1849 - Retrodigitalisat (PDF)

  • RS.; P. Wacek; VS. Schwarzenberg; anw. Stadion, Krauß, Bach, Thinnfeld, Kulmer; BdE. (Schwarzenberg 21. 2.), Krauß 23. 4., Bach 24. 4., Thinnfeld, Kulmer; außerdem anw. Kübeck.

MRZ. 533 – KZ. 758 –

Protokoll der Ministerratssitzung in Wien vom 20. Februar 1849 unter dem Vorsitze des Ministerpräsidenten, Ministers des Äußern und des Hauses Fürsten v. Schwarzenberg.

I. Verfassungsentwurf

Der Gegenstand der Beratung waren die Bemerkungen des gewesenen Hofkammerpräsidenten Freiherrn v. Kübeck über einige Paragraphen des ministeriellen Konstitutionsentwurfes1.

Der § 11 wäre nach der Ansicht des Freiherrn v. Kübeck in folgender Art zu textieren „In den Kronländern darf in Beziehung auf bürgerliche Rechte, Strafbestimmungen, das Rechtsverfahren und die Verteilung der öffentlichen Lasten kein Unterschied zwischen in einem Kronlande einheimischen und nicht einheimischen österreichischen Staatsbürgern gemacht werden“, weil im ganzen Umfange des Staates die Rechte für alle Staatsbürger gleich sein sollen. Der Justizminister Dr. Bach glaubte, daß statt „einheimischen“ „angehörige“ gesetzt werden sollte, weil „angehörige“ eine praktische Bedeutung hat, z.B. bei Ausübung des Wahlrechtes zur Landesvertretung.

§ 13 wäre der Satz „Die Freiheit der Person ist gewährleistet“ hinwegzulassen, weil er etwas zusagt, was gleich darauf wieder benommen wird, und der Paragraph hätte anzufangen „Niemand darf seinem Richter entzogen werden usw.“ Nach der Ansicht des Ministers Dr. Bach und des Ministerpräsidenten wäre der erwähnte Satz nicht wegzulassen, weil er in allen Konstitutionen steht und dessen Beibehaltung nichts schadet, während die anderen Stimmen sich für die Weglassung auch aus dem vom Freiherrn v. Krauß angeführten Grunde aussprachen, weil die Konstitution auch in die Hände des gemeinen Mannes kommt und dieser Satz leicht mißdeutet werden könnte.

§ 16. „Jeder österreichische Staatsbürger hat bei vollständiger Glaubens- und Gewissensfreiheit das Recht zur häuslichen Ausübung seiner Religionsansicht. Über den Einfluß der Religionsbekenntnisse auf den Genuß der bürgerlichen und politischen Rechte und Pflichten sind die Bestimmungen der Gesetzgebung vorbehalten.“ Baron Kübeck hielt es für notwendig, daß dem ersten Satze, der nur auf den inneren Glauben gerichtet ist, irgendein Körper gegeben werde, was durch die Worte „häusliche Ausübung seiner Religionsansicht“ geschieht. Den zweiten Satz hält Freiherr v. Kübeck, so wie der gesamte Ministerrat, für äußerst wichtig. Wir haben es mit positiven Personen zu tun. Würde der Reichstag die Gleichberechtigung aller Konfessionen aussprechen, wie sie dieser Paragraph des Konstitutionsentwurfes will, so würde er nichts gegen die Textierung || S. 120 PDF || zu erinnern haben. Allein, da sie der Kaiser aussprechen soll, so sei zu bedenken, daß die ganze Gehässigkeit auf ihn oder die Minister zurückfallen würde. Mit einem Male alle Vorurteile beseitigen sei nicht möglich, man müsse auch der Zukunft etwas vorbehalten. Der Minister des Inneren Graf Stadion erklärte sich über das Prinzip einverstanden. Nach seiner Ansicht wäre es gefährlich, die Aufregung in jene Klassen zu verbreiten, die noch nicht aufgeklärt sind. Früher sei er für diesen Paragraphen des Konstitutionsentwurfes, daher gegen die gegenwärtige Beschränkung gewesen, weil er gehofft, der Reichstag werde sich früher über den § 16 der Grundrechte aussprechen. Der Minister Freiherr v. Krauß meinte, daß der Grundsatz der Gleichberechtigung auszusprechen und das Weitere der Gesetzgebung vorzubehalten wäre. Die Minister v. Thinnfeld und Freiherr v. Kulmer erklärten sich mit der Ansicht des Baron Kübeck einverstanden. Der Justizminister Dr. Bach erklärte sich dafür, daß die Gleichberechtigung aller Konfessionen ausgesprochen werde. Bei den christlichen Konfessionen, welche bei uns noch immer nicht, wie in Deutschland, gleiche Rechte genießen, unterliege es keiner Schwierigkeit. Allein, auch hinsichtlich der Juden sei man es der Politik und dem Rechte schuldig. Es sei auch zu berücksichtigen, daß bereits Ah. Entschließungen die Gleichstellung der Juden mit den Christen angebahnt haben, infolge welcher Juden als Deputierte im Reichstage sitzen etc. Wenn man die Juden als Parias behandelt, so habe man es mit einer sehr gefährlichen Klasse von Menschen zu tun. Sie haben ein großes Wort in der Presse, in den Volksversammlungen und viele Geldmittel zur Disposition. Wenn höhere politische Rücksichten für eine Beschränkung der Juden vorwalten, so möge man sie auf den Grundbesitz und die Ansässigmachung in Provinzen, wo sie nicht waren, einengen, aber weiter zu gehen, sei nicht ratsam. Nach seiner Meinung wäre daher das Prinzip der Gleichberechtigung anzuerkennen, aber die Durchführung einem Reichsgesetze vorzubehalten, nach Einholung der Äußerung der Länder, dann ist es keine Gewaltmaßregel, die Israeliten werden nicht schlechter gestellt als andere, und die öffentliche Meinung wird auch nicht verletzt. Bei der großen Wichtigkeit der vorliegenden Frage wurde der Beschluß gefaßt, diese Angelegenheit einstweilen in suspenso zu belassen, bis der Reichstag sich hierüber ausgesprochen und die öffentliche Meinung eine bestimmte Richtung erhalten haben wird.

Der § 18 „Die bürgerliche Giltigkeit der Ehe ist vorbehaltlich der gesetzlich ausgesprochenen Ehehindernisse durch die Einwilligung usw.“ gab zu keiner besonderen Erinnerung Anlaß.

§ 20. Statt „Der Religionsunterricht in der Volksschule wird von der betreffenden Religionsgesellschaft besorgt“ wäre zu setzen „Der Religionsunterricht in den Volksschulen wird für die christliche katholische Jugend von der katholischen Kirche und für andere Religionsbekenntnisse von der betreffenden, gesetzlich anerkannten Religionsgesellschaft besorgt.“ Diese Textierung wurde allgemein auch aus dem Grunde gebilligt, weil alle Katholiken Deutschlands auf Österreich blicken, es daher gut ist, der katholischen Kirche insbesondere zu erwähnen.

§ 26. „Jeder Untertänigkeits- oder Hörigkeitsverband hört für immer auf. Alle aus der Teilung des Eigentumes auf Liegenschaften haftenden Schuldigkeiten und Leistungen sind ablösbar“ wurde nichts Wesentliches zu erinnern gefunden und bemerkt, daß das Gesetz vom 7. September 1848 hinlänglich davor schützet, daß nicht den früheren gleiche oder ähnliche Verträge über die Teilung des Eigentumes geschlossen werden.

|| S. 121 PDF || § 35 ad 3 bemerkte Baron Kübeck , daß die Dauer von fünf Jahren vorzuziehen sein dürfte. Die Dauer von drei Jahren scheint ihm zu kurz zu sein. Im ersten Jahre sind die Abgeordneten nicht gehörig unterrichtet, im zweiten Jahre fangen sie an, sich auszukennen und im dritten Jahre gehen sie, um sich neu wählen zu lassen. Ferner bemerkte Baron v. Kübeck, daß direkte Wahlen bei 100.000 Menschen auf einen Vertreter in Absicht auf die Erhaltung der Ordnung und Leitung der Wahlen sehr schwierig sein dürften, schon bei uns, noch mehr aber in einigen Provinzen wie z.B. Galizien. Der Justizminister Dr. Bach bemerkte, daß man sich für direkte Wahlen durch das Beispiel jener konstitutionellen Staaten bestimmt fand, wo diese Wahlen mit gutem Erfolge bestehen, wie England, Belgien und in Deutschland Württemberg. Direkte Wahlen tragen mehr dazu bei, das konservative Prinzip zu wahren. Auch für das politische Leben seien sie wichtig. Bei indirekten Wahlen erscheine die Wahlmannschaft für die ganze Dauer des Reichstages als ein politischer Zwischenkörper, und die Erfahrung habe gezeigt, daß 20, 30 Wahlmänner sich gleichsam in Vertretung des ganzen Bezirkes verabreden, ihrem Deputierten ein Mißtrauensvotum zu geben, was bei direkten Wahlen nicht so leicht der Fall sein kann. Der Zensus beschränke übrigens auch die Wähler und trage zu verläßlichen Wahlen bei. Direkte Wahlen setzen auch voraus, daß nur solche Personen als Kandidaten auftreten, die sich bekanntgemacht und Verdienste erworben haben. Bei indirekten Wahlen sei es anders, wo eine Coterie den Ausschlag geben kann, indem hier nur 20, 30, höchstens 100 Individuen intervenieren, während direkte Wahlen alle Wahlbesprechungen ausschließen. Graf Stadion erklärte sich für die direkten Wahlen, indem die Schwierigkeit derselben sich mehr auf die Form als auf die Sache bezieht, und es sich nur darum handeln würde, eine annehmbare Form für dieselbe zu finden. So könnte z. B. in Galizien der Wahlakt in drei oder vier Teile geteilt werden, daß die Bewohner nicht weit zu gehen hätten, und die mündliche Abstimmung eingeführt werden. Freiherr v. Krauß verkennt nicht die Vorzüge der direkten Wahlen, meint aber, daß sie bei uns noch für eine Reihe von Jahren nicht ausführbar seien. 100.000 Menschen, besonders in einigen Provinzen, seien schwer zusammenzubringen, und schwer sei es, eine absolute Stimmenmehrheit zu erzielen. In Preußen seien dermal auch indirekte Wahlen, und die direkten sollen erst nach einigen Jahren eintreten.

§ 36. „Die Verfassung des Königreiches Ungarn wird insoweit als Landesverfassung aufrechterhalten, daß die Bestimmungen, welche mit der Reichsverfassung nicht im Einklange stehen, für immer außer Wirksamkeit treten, daß die administrative Einteilung des Landes entsprechend verfügt und daß insbesondere die Gleichberechtigung aller Nationalitäten usw.“ Diese Textierung gab keinen Anlaß zu Bemerkungen.

§ 37. „Die Königreiche Kroatien und Slawonien mit dem dazugehörigen Küstenlande, dann mit Einschluß von Fiume und dem dazugehörigen Gebiete treten mit Beibehaltung ihrer eigentümlichen Institutionen aus dem bisherigen Verbande mit Ungarn und reihen sich als unmittelbares Kronland in das Kaiserreich nach den in der Reichsverfassung festgesetzten Grundsätzen.“ Die in Anregung gebrachte Beisetzung des Wortes „politischen“ (aus dem bisherigen politischen Verbande) wurde als sich von selbst verstehend nicht zur Aufnahme geeignet erkannt, dagegen könnte statt „Verbande“ „Vereinigung“ gesetzt werden, weil man sagt: „aus einem Vereine treten“.

|| S. 122 PDF || § 38. „Die innere Gestaltung des Großfürstentumes Siebenbürgen usw.“ bis „festgestellt werden. Die Rechte der sächsischen Nation werden innerhalb dieser Reichsverfassung aufrechterhalten.“ Der sächsischen Nation muß, wie der Ministerpräsident bemerkte, wegen des kaiserlichen Manifestes ausdrücklich Erwähnung geschehen. Hat man ein Versprechen gemacht, so muß es gehalten werden. Von anderer Seite wurde zwar die Schwierigkeit nicht verkannt, 100.000 Sachsen von hier aus zu regieren, zumal auch die Rumänen und Szekler dasselbe fordern könnten.

§ 44. Wichtige Gründe scheinen dem Baron Kübeck für eine längere Dauer, vielleicht für das Oberhaus von zehn, für das Unterhaus von fünf Jahren zu sprechen. Die Stimmenmehrheit erklärte sich für diese längere Dauer, weil man alles Erreichbare versuchen muß, und ist der nächste Reichstag damit nicht zufrieden, so kann dann immerhin eine Konzession gemacht werden. Der Minister Dr. Bach bemerkte, daß früher schon die Dauer von drei Jahren Anlaß zu Klagen gab, und daß man diese Klagen noch mehr gegen fünf Jahre erheben werde.

§ 50. „Wenn in einem oder in mehreren der § 1 sub IX, X und XI aufgeführten Kronländer für die eben angegebenen Zweige der Gesetzgebung eigene, von der Gesetzgebung für die übrigen Kronländer abweichende Normen und Einrichtungen bestanden, so ist es den Abgeordneten desjenigen Kronlandes, in welchem diese Abweichung besteht, freigestellt, bei den bezüglichen legislativen Verhandlungen auf dem Reichstage darauf mit gehöriger Begründung aufmerksam zu machen, damit entweder der Reichstag selbst oder der Kaiser im Wege der Gesetzessanktion diesem Umstande angemessene Rechnung trage und für einen solchen Teil der Gesetzgebung die Wirksamkeit der Landtage des betreffenden Kronlandes insolange aufrecht erhalte, bis dessen Landesverfassung in geeigneter Weise abgeändert sein wird oder als es die Verhältnisse erfordern.“ Der Finanzminister Freiherr v. Krauß bemerkte, über diesen Gegenstand sei bereits viel beraten worden, und das Resultat war der betreffende Paragraph des Konstitutionsentwurfes. Man ist hierbei von der Grundidee ausgegangen, die Gesetzgebung für das ganze Reich nach und nach in Übereinstimmung zu bringen. Ungarn und Siebenbürgen haben verschiedene Gesetze, diese müssen in dem Geiste geändert werden, wie sie für die übrigen Provinzen bestehen, und es ist notwendig, dieses in der Verfassung auszusprechen. Diese Umstaltung geschieht nach Vernehmung des Landtages. Es wäre z.B. unser bürgerliches oder Strafgesetzbuch in diesen Provinzen einzuführen, so würde man diese Gesetze zuerst den Landtagen mitteilen, damit sie angeben, welche Abweichungen notwendig erscheinen, und diese müßten dann im Reichstage geprüft und zugestanden werden oder nicht. Die Landesgesetze hätten so lange zu gelten, bis eine Gleichheit hergestellt werden kann. Die Abgeordneten dieser Provinzen hätten sich über diese Gegenstände so lange der Abstimmung zu enthalten, bis sich die betreffenden Landtage darüber ausgesprochen haben. Der Justizminister Dr. Bach machte auf die große Wichtigkeit dieses Paragraphes aufmerksam. Nach seiner Ansicht müssen alle Teile der Monarchie gleich behandelt werden. Beim Bestande dieses Paragraphes würde keine Frage auftauchen, wo die Ungarn (denn die anderen Bestandteile wollen sich ernstlich anschließen) nicht sagten, daß sie ihre Gesetzgebung berühre. Bei jedem Zweige wäre ein Konflikt und dieser Paragraph die Übergangsbrücke zur Trennung. Die Ungarn wollen Unabhängigkeit von der Monarchie, was man ihnen abringt, werden sie wieder zu erlangen suchen. Ist die Einheit der Monarchie ein Postulat, so wird sie sich || S. 123 PDF || erreichen lassen, dieser Paragraph würde aber das Prinzip der Einheit vernichten. Landesvertretungen zu hören, sei allerdings gut, bevor ein Gesetz dem Reichstage vorgelegt wird. Imperativ lasse sich nicht vorgehen, sonst wäre es besser, es beim alten zu belassen. Privilegierte Nation kann es nicht geben, sonst würden sich auch die anderen Provinzen, selbst die Deutschen, trennen wollen. Bei der Wichtigkeit dieses Paragraphes und bei der Notwendigkeit, hierüber eine Einstimmigkeit zu erzielen, wurde beschlossen, diesen Paragraphen später noch einmal der Erwägung zu unterziehen, wenn die heute fehlenden Minister (v. Bruck und Freiherr v. Cordon) anwesend sein werden.

Nach dem § 80 ergibt sich nach der Ansicht des Baron Kübeck die Frage, ob nicht eine Bestimmung zur Krönung des Regenten als österreichischer Kaiser, wozu das im Jahre 1804 erschienene Patent über die Annahme der österreichischen Kaiserwürde schon eine Verfügung enthält, aufzunehmen wäre, und ob nicht dann die anderen Krönungen wegzubleiben hätten. Für die Krönung als österreichischer Kaiser erklärten sich alle Stimmführer, wodurch aber die Krönungen in den anderen Provinzen, Böhmen und Ungarn, wo sie Fundamentalsache sind, nicht ausgeschlossen werden. Auch wäre es nach der Ansicht des Freiherrn v. Krauß vielleicht nicht unangemessen, wenn der Kaiser in Gegenwart des Reichstages gekrönt würde. Es wäre eine Erhöhung der Feierlichkeit, und solche äußere Formen sind nicht zu vernachlässigen, indem eine ganze Generation das Andenken daran bewahrt.

§ 81. „Der Kaiser beschwört die Verfassung.“ Dieser Paragraph könnte mit Rücksicht auf das oben Gesagte nach Freiherrn v. Krauß vielleicht so lauten: „Der Kaiser wird in Gegenwart des Reichstages als Kaiser gekrönt und beschwört feierlich die Verfassung.“

§ 82 fände es Freiherr v. Kübeck wünschenswert, unter die Agenden des Ministeriums auch „alle Anstalten, Maßregeln und Einrichtungen zur Handhabung und Wahrung der inneren Sicherheit des Staates“ aufzunehmen, wogegen sich von keiner Seite eine Einwendung ergab.

Die Institution des Reichsrates scheint dem Baron Kübeck einer genetischen Definition zu bedürfen, er würde daher den § 87 in folgender Art textieren: „An die Seite der Krone und der vollziehenden Reichsgewalt wird ein Reichsrat eingesetzt, dessen Bestimmung ein beratender Einfluß auf alle jene Reichsangelegenheiten sein soll, worüber er von der vollziehenden Reichsgewalt um sein Gutachten befragt wird.“

Dagegen wurde so wie auch gegen den § 88 nichts zu erinnern gefunden, welcher so zu lauten hätte: „Die Mitglieder des Reichsrates werden vom Kaiser ernannt und entlassen. Bei deren Ernennung wird auf die verschiedenen Teile des Reiches alle mögliche Rücksicht genommen werden. Ein besonderes Gesetz wird die Einrichtung und den Wirkungskreis des Reichsrates regeln.“2

II. Zusammensetzung der Kommission für ungarischen Angelegenheiten

Der Minister des Inneren Graf Stadion bemerkt, daß gegenwärtig mehrere Ungarn (Apponyi, Jósika, Barkóczy, Ürmény und andere) hier zu einer unoffiziellen Kommission vereiniget sind, deren Bestimmung es ist, die Einfügung Ungarns in die Gesamtmonarchie vorzubereiten und dem Ministerium diesfalls an die Hand zu gehen.3

|| S. 124 PDF || Es frägt sich nun, ob nicht auch Individuen anderer im Lande befindlichen Nationalitäten (Serben, Slowaken, Deutsche) zu dieser Kommission und wie zu berufen wären, und ob sie mit ihr oder neben ihr zu verhandeln hätten.

Der Baron Kübeck , um seine Ansicht hierüber befragt, meinte, daß die anderen Nationalitäten neben den Ungarn einzeln oder zusammen sich über ihre Wünsche und Anträge beraten dürften. Man würde dann ihre Wünsche prüfen und das weiter Erforderliche verfügen können, doch äußerte Freiherr v. Kübeck den Wunsch, über diesen Gegenstand nachdenken und darüber erst morgen seine Ansichten eröffnen zu dürfen.4

III. Wünsche der Rumänen

Derselbe Minister brachte zur Kenntnis des Ministerrates, daß ihm von Baron Sina ein Gesuch der Rumänen übergeben worden sei, worin sie nachstehende Bitten stellen: 1. Vereinigung aller Rumänen zu einer Nation, 2. selbständige Verwaltung, 3. baldige Eröffnung eines allgemeinen Kongresses, um sich ein Oberhaupt zu wählen, 4. Aufstellung eines Administrationsrates, 5. Kirchenoberhaupt, 6. Organisierung des Schulwesens und der Bildungsanstalten, 7. Einführung der Nationalsprache, 8. allgemeine jährliche Versammlung zur Vertretung der Nationalinteressen (Landtage), 9. Organe der Nation bei den Ministerien etc.

Der Minister erwähnte hierauf, was er der bei ihm erschienenen Deputation geantwortet und daß er eigentlich gar nichts zugestanden hat.5

IV. Entschädigung für die Beschädigungen in Wien während des Oktobers

Der Justizminister Dr. Bach brachte schließlich eine an ihn gelangte Eingabe des hiesigen Gemeinderates zum Vortrage, welche die Entschädigung für die im Monate Oktober 1848 entwendeten ärarischen Güter, Offizierseffekten und für den durch das Bombardement angerichteten Schaden zum Gegenstande hat.6 Nach der Katastrophe des Monates Oktober v.J. wurde nämlich eine Kommission niedergesetzt, welche den erwähnten Schaden zu erheben hatte. Dieser beträgt hinsichtlich des Militärs einige und 70.000 f. und hinsichtlich der durch das Bombardement verursachten Beschädigungen über vier Millionen. Der Gemeinderat hat hierüber eine Zusammenstellung gemacht und im Prinzipe die Ersatzpflicht von der Stadt abgelehnt.7 Diese Zusammenstellung gelangte an das Zivil- und Militägouvernement und von diesem an den Fürsten Windischgrätz.8 Dieser erkennt nun, daß der Gemeinderat seine Pflicht, für die Sicherheit zu sorgen, nicht erfüllt, sein Mandat auch nicht zurückgelegt habe, er sei daher schuld an allem Schaden und verbunden, denselben zu ersetzen. Diese Pflicht habe auch die Stadtgemeinde, aus welcher der Gemeinderat hervorgegangen ist. Fürst || S. 125 PDF || Windischgrätz erklärt daher 1. den Gemeinderat und die Stadtgemeinde verpflichtet, alle entwendeten Effekten des Staates und der Offiziere zu vergüten, 2. die durch das Bombardement Beschädigten zu entschädigen und 3. den Entschädigungsregreß gegen jene zu suchen, die sich in dem besagten Monate einen Einfluß angemaßt haben. Zur Schlichtung dieser Angelegenheit soll eine gemischte Kommission niedergesetzt werden, und diese soll binnen vier Wochen ihre Arbeit vollenden, d.i. die Kontribution eintreiben.9

Der Minister Graf Stadion bemerkt, daß sich Fürst Windischgrätz hier erlaube, was der Kaiser sich nicht erlauben darf, nämlich einen Eingriff in die Privatrechte, und der Justizminister Dr. Bach erinnert, daß jetzt die Macht des Fürsten in Wien erloschen sei, wer aber den Schaden zu ersetzen habe, dies müsse der Richter bestimmen. Ob die Stadt Wien dazu verhalten werden könne, sei eine sehr schwierige Frage, weil die Umstände im Oktober ganz eigentümlicher Art waren. Hinsichtlich des Schadens der Offiziere erscheint hier Richter und Kläger in einer Person. Ob der Staat haftet, muß erst ausgemacht werden. Über das Prinzip kann das Ministerium nichts aussprechen.

Über Anregung des Ministerpräsidenten wurde beschlossen, mit dem Zivil- und Militärgouverneur Freiherrn v. Welden darüber zu sprechen und ihm die bemerkten Anstände und Zweifel bekanntzumachen.10

Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolles zur Wissenschaft genommen. Franz Joseph. Olmütz, den 27. März 1849.