Nr. 35 Ministerrat, Wien, 17. März 1849 - Retrodigitalisat (PDF)
- ℹ️ anwesend:
- RS.Reinschrift; P.Protokoll Ransonnet; [VS.Vorsitz Schwarzenberg]; BdE.Bestätigung der Einsicht (Schwarzenberg ?. 3.), Stadion, Krauß, Bach, Cordon, Thinnfeld, Kulmer; anw.anwesend: Bruck; abw.abwesend Cordon.
MRZ. 787 – KZ. 663 –
Protokoll der zu Wien am 17. März 1849 abgehaltenen Sitzung des Ministerrates.
I. Vergütung an das Militär für die Verluste in den Oktobertagen
Der Minister des Inneren brachte die Frage wegen Entschädigung des Militärs für die während der Oktobertage in Wien erlittenen Verluste im Betrage von 44.000 fl. zur Sprache, mit dem Bemerken, daß FZM. Baron Welden nach den ihm vom Feldmarschall Fürsten Windischgrätz erteilten Weisungen beabsichtige, diesen Ersatz von der Stadt Wien durch Zwangsmittel hereinzubringen1. Um es nun nicht zu diesem in mancher Beziehung bedenklichen Schritte kommen zu lassen, schlug Graf Stadion vor, diese Forderung aus dem Ärar vergüten zu lassen. Gegen diesen Antrag wurde von dem Finanzminister im wesentlichen nichts eingewendet, sofern zugleich ausgesprochen wird, daß der Staatsschatz hier nur mit Rücksicht auf die Eigenschaft der beschädigten Personen einschreite2.
II. Urbarialentschädigungspatent für Galizien
Der Finanzminister Baron Krauß setzte die Lesung des Entwurfs eines Robot- etc. Entschädigungsgesetzes für Galizien fort3. Der Antrag, den Entschädigungsberechnungen die Preise der josephinischen Steuerregulierung zum Grunde zu legen, wurde nach längerer Diskussion angenommen, jedoch beschlossen, in dem zu veröffentlichenden au. Vortrage über dieses Entschädigungsgesetz den Grund dieser Abweichung von den Bestimmungen des Patents vom 4. März über die Entschädigung in den übrigen Provinzen gehörig ersichtlich zu machen.
Der Antrag des Freiherrn v. Krauß, die Quote der Urbarialsteuer zur Grundlage der Berechnung des Vorschusses auf die Entschädigung zu machen, wurde einstimmig angenommen und beschlossen, dieselbe Grundlage, die sich durch ihre Einfachheit empfiehlt, auch in allen anderen Provinzen, wo es tunlich ist, anzunehmen.
Der terminus a quo zur Vorschußzahlung wurde von dem Finanzminister auf den 1. Januar 1849 angetragen, allein, über Vorschlag des Ministers v. Thinnfeld schließlich der 1. November 1848 einstimmig angenommen, um den Gutsbesitzern auf diese || S. 176 PDF || Weise für den Augenblick mehr Geldmittel zur Bestellung ihrer Wirtschaft zuzuwenden, welche sonst an vielen Orten ganz unterbleiben würde.
Nachdem somit sämtliche Stimmen mit dem vom Finanzminister vorgetragenen Patentsentwurfe einverstanden waren, so wird nur noch von dem Minister des Inneren einer genauen Erörterung unterzogen werden, ob und inwiefern die Bestimmungen desselben auch auf das Gebiet von Krakau Anwendung finden, und sofort die Ah. Genehmigung eingeholt werden4.
III. Gesuch steiermärkischer Gutsbesitzer um ein Moratorium
Der Justizminister entwickelte seine Ansichten über das Gesuch mehrerer, ehemals dominikaler Grundbesitzer aus Steiermark um ein Moratorium zum Schutze gegen die Exekutionsschritte ihrer Tabulargläubiger5. Nach der Meinung dieses Ministers ist dieses Gesuch, welches übrigens nur von einigen Gutsbesitzern aus einer einzigen Provinz zur Sprache gebracht wurde, zur Willfahrung nicht geeignet. Die Regierung hat bis jetzt nur in äußerst seltenen Fällen für einzelne Orte und auf kurze Zeit (während der März- und Oktobertage) Wechselmoratorien bewilligt6. Ein allgemeines und dauerndes Moratorium für alle Hypothekarschulden auf landtäflichen Gütern einer Provinz würde ein in seinen Folgen sehr bedenklicher Schritt sein, zu welchem der Justizminister sich nicht entschließen könnte. Diese Maßregel sei aber zum Schutze der Gutsbesitzer gegen zu rasche Exekutionsführungen auch nicht einmal notwendig, nachdem das Justizministerium bezüglich der exekutiven Schätzungen von Exdominikalrealitäten in neuerer Zeit mit Hinblick auf die Änderung der Urbarialverhältnisse bereits Weisungen an die Gerichtsstellen hat ergehen lassen, welche in ihren Wirkungen einem Moratorium ziemlich gleichkommen.
Der Ministerrat trat dieser Ansicht einstimmig bei7.
IV. Vereinsgesetz
Der Justizminister verlas hierauf unter Zustimmung des Ministerrates den Entwurf desjenigen Vortrages, womit das Gesetz über Vereine und Volksversammlungen der Ah. Genehmigung unterzogen wird8. Dieser Vortrag wird durch den Druck veröffentlicht werden, da er die Grundsätze und Zwecke darlegt, welche das Ministerium bei der Redaktion des Gesetzes vor Augen hatte9.
V. Herausgabe eines Informationsblattes für die Ministerien
Bereits in der Sitzung vom 12. l.M. war von dem Ministerrate anerkannt worden, daß es zur Förderung der Einheit und Gleichförmigkeit des Ganges der Staatsverwaltung in den einzelnen Administrationszweigen sehr nützlich wäre, wenn jeder Minister von den durch seine Kollegen in ihrem Wirkungskreise getroffenen administrativen Verfügungen und Einrichtungen in der kürzesten Zeitfrist unterrichtet würde10.
In der heutigen Sitzung genehmigte der Ministerrat die von dem Schriftführer Ransonnet in der ihm vorgezeichneten Richtung erstatteten Vorschläge wegen Herausgabe eines Blattes zum persönlichen Gebrauche der Minister, welches die bei dem Ministerratsbüro zu konzentrierenden Mitteilungen aller Ministerien über administrative Gegenstände enthalten würde. Die Redaktion des Blattes besorgt das Ministerratsbüro, den Druck die Ärarialdruckerei, jedoch mit den nötigen Vorsichten, damit der Inhalt desselben nicht in weiteren Kreisen verbreitet werde. Der Handelsminister sprach hiebei auch den Wunsch aus, daß sowohl Fürst Windischgrätz als Graf Montecuccoli aufgefordert würden, über die von ihnen getroffenen administrativen Verfügungen regelmäßige Mitteilungen zu machen, welche dann im Wege des fraglichen Blattes zur Kenntnis der sämtlichen Minister zu bringen wären, nachdem man über die administrativen Schritte und Maßregeln der Regierung in Ungarn und im lombardisch-venezianischen Königreiche hierorts nur wenig mehr wisse, als die magern Zeitungsberichte enthalten11.