Nr. 575 Ministerrat, Wien, 23. Mai 1865 - Retrodigitalisat (PDF)
- ℹ️ anwesend:
- RS.Reinschrift; P.Protokoll Hueber, VS.Vorsitz Erzherzog Rainer; BdE.Bestätigung der Einsicht und anw.anwesend (Erzherzog Rainer 23. 5.), Mensdorff 27. 8., Mecséry, Nádasdy, Schmerling, Lasser, Plener, Lichtenfels, Esterházy 30. 5., Burger, Hein, Franck, Zichy, Kalchberg; BdR.Bestätigung des Rückempfangs Erzherzog Rainer 5. 6.
MRZ. 1379 – KZ. 1493 –
Protokoll des zu Wien am 23. Mai 1865 abgehaltenen Ministerrates unter dem Vorsitze Sr. kaiserlichen Hoheit des durchlauchtigsten Herrn Erzherzogs Rainer.
[I.] Haltung der Regierung bei der Verhandlung des Gesetzes über die Branntweinsteuerrückvergütung im Abgeordnetenhaus
Der Finanzminister brachte die Frage zur Sprache, welche Haltung die Regierung in der heutigen Sitzung des Abgeordnetenhauses über den Bericht dessen Ausschusses über die vom Herrenhause beschlossene Abänderung an dem vom Hause der Abgeordneten angenommenen Gesetze, betreffend eine höhere Steuerrestitution bei der Ausfuhr gebrannter geistiger Flüssigkeiten einzunehmen habe1.
Der Finanzminister rekapitulierte die verschiedenen Phasen, welche die betreffende Regierungsvorlage bei den Verhandlungen in beiden Häusern des Reichsrates durchgemacht habe, und erwähnte des Beschlusses des Herrenhauses, nach welchem bei Ausfuhr gebrannter geistiger Flüssigkeiten über die Zollinie die Verzehrsteuer in einem ermäßigten Ausmaße nebst einer sechsprozentigen Exportbonifikation zurückvergütet werden soll. Der Finanzminister erinnerte daran, im Herrenhause die Abstriche der Regierung dahin ausgesprochen zu haben, daß sie sich prinzipiell gegen eine Exportprämie auszusprechen finde und daß bei der über diesen Gegenstand wiederaufgenommenen Verhandlung die von der Kommission des Herrenhauses beantragte Exportbonifikation unter einer anderen Motivierung gleichsam in einem anderen Gewande wieder vorkomme2. Der Finanzminister machte weiters auf die letzte Note des Baron Werther aufmerksam, gemäß welcher die preußische Regierung in dieser sechsprozentigen Bonifikation eine Ausfuhrprämie erblicken will, die als Folge nach Art. 5 des eben abgeschlossenen Handels- und Zollvertrages unstatthaft wäre. Der preußischen Regierung sei hierüber eine nicht ganz bindende, sondern eine mehr dilatorische Erklärung gegeben worden, hauptsächlich dahin, daß es nicht zweckmäßig wäre, diese Frage zu lösen, solange die Verhandlungen über den Handelsvertrag in den beiderseitigen Kammern im Zuge seien3. Jetzt aber soll das Gesetz über die Steuerrückvergütung im Abgeordnetenhause zur Diskussion kommen, und der bezügliche Ausschuß werde laut seines vorliegenden Berichtes die vom Herrenhaus beantragte volle Steuerrückvergütung mit Hinzurechnung von 6% für die Schwendung für gerechtfertigt erklären und auf die Annahme dieses Beschlusses dem Hause einraten. Der Finanzminister glaubte, || S. 371 PDF || daß es in dieser fatalen Situation am zweckmäßigsten wäre, wenn man diesen Gegenstand heute von der Tagesordnung im Abgeordnetenhause wegbringen könnte, weil, wenn man einen diesbezüglichen Beschluß des Abgeordnetenhauses in Preußen erfahren würde, das Schicksal des Handelsvertrages, der in der preußischen Kammer erst zur Verhandlung komme, leicht in Frage gestellt sein könnte. Der Minister des Äußern erwähnte, daß nach einem Telegramm des Grafen Károlyi der Handelsvertrag heute in der preußischen Kammer der Deputierten werde verhandelt werden. Der Finanzminister bemerkte weiters, daß wenn der erwähnte Gegenstand heute im Abgeordnetenhause verhandelt würde, es unvermeidlich wäre, seitens der Regierung zu erklären, daß die aErhöhung dera Exportbonifikation nicht zulässig sei. Die Bemerkung werde aber dann gewiß nicht ausbleiben, daß dies die erste nicht sehr erfreuliche Illustration des neuen Handelsvertrages sei, durch welchen, wie sich nun herausstelle, die Regelung innerer Angelegenheiten erschwert oder gar unmöglich gemacht werde. Ob die dem Branntweinexporte zugedachte Bonifikation unter die Kategorie einer Ausfuhrprämie zu nehmen sei oder nicht, sei Sache der Beurteilung. Durch eine Entscheidung der Frage zu ungelegener Zeit könne aber die Sache ganz verdorben werden. Das Bestreben der Regierung müsse jetzt vor allem auf das Zustandekommen des Handelsvertrages gerichtet sein, die Möglichkeit werde dann in der Folge nicht ausgeschlossen sein, etwa durch eine andere Besteuerungsmodalität die Exportbonifikationsfrage als eine innere Sache autonom zu erledigen. Dermalen handle es sich darum, freie Hand in der Sache zu behalten, was durch die Vertagung der fraglichen Verhandlung zu erzielen wäre. Würde diese Vertagung durch ein Einverständnis mit dem Abgeordnetenhause nicht zu erzielen sein, würde seitens der Ministerbank eine diesbezügliche Erklärung zu geben sein, wobei hervorzuheben wäre, daß die Verhandlungen über den Handelsvertrag hier und in Preußen noch schweben, daß die Beziehungen des Gesetzes über die Steuerrestitution bei der Ausfuhr von Branntwein zu dem neuen Handelsvertrag nicht geleugnet werden können und daß, solange dieser Vertrag nicht ratifiziert sein werde, dem Beschlusse auf eine Exportbonifikation für Branntwein die Sanktion der Regierung nicht hinzutreten werde.
Der Staatsminister erklärte, daß es ihn freuen würde, wenn es dem Finanzminister gelingen sollte, den Gegenstand von der Tagesordnung zu entfernen, er glaube aber, daß dies nicht der Fall sein werde, indem die Gegner des Handelsvertrages, wie Professor Herbst und Dr. Berger die Gelegenheit benützen werden, um wieder Oberwasser zu gewinnen. In erster Linie handle es sich bei dem Gegenstande um eine Regierungsvorlage, dessen erster Akt aus der Initiative der Regierung hervorgegangen, mehrere Wandlungen durchgemacht und zuletzt im Herrenhause eine wesentliche Modifikation erfahren habe. Wenn man, wie im Schoße der Regierung wohl nicht gezweifelt wird, die Überzeugung habe, daß die fragliche Exportbonifikation, als im Widerspruche mit Art. 5 des Handelsvertrages stehend, nicht durchgehen könne, lasse sich nicht anderes tun, als das Branntweinsteuergesetz zurückzuziehen. Es wäre dies für die Regierung viel angenehmer und für beide Häuser viel weniger kompromittierend, als wenn die Regierung einem von beiden Häusern übereinstimmend votierten Gesetze die Sanktion verweigern würde. || S. 372 PDF || Daß man aber das Gesetz ohne Anstand zurückziehen könne, dafür sei ein Präzendens, nämlich das Zurückziehen des Gesetzes über das Ausgleichsverfahren, welches auch bei der verfassungsmäßigen Behandlung wesentlichen Modifikationen unterworfen worden war, vorhanden4. Der Staatsratspräsident erklärte, die Ansicht der Vorstimme nicht zu teilen, daß es sich um eine Regierungsvorlage handle, die einfach zurückgezogen werden könnte. Die Regierungsvorlage habe nur eine Herabsetzung der Steuer enthalten, die Ausfuhrprämie sei erst vom Abgeordnetenhause unter Protest der Regierung in den Gesetzesentwurf gekommen, und das Herrenhaus habe die Modifikation einer 6%igen Vergütung für Schwendung hineingebracht. Bei so wesentlichen Wandlungen, die einen ganz verschiedenen Zweck erreichen wollen, könne von einer Initiative der Regierung für dieses Gesetz nach seiner heutigen Gestalt wohl nicht die Rede sein. Wenn es daher dem Finanzminister nicht gelingen sollte, die bezügliche Verhandlung im Abgeordnetenhause von der heutigen Tagesordnung zu entfernen, wäre nach des Votanten Ansicht heute nur allgemein zu erklären, daß es von den mit Preußen noch fortdauernden Verhandlungen über die Auslegung der Exportbonifikation, beziehungsweise, ob die Vergütung für Schwendung als eine Ausfuhrprämie angesehen werden könne oder nicht, abhängen werde, ob von Seite des Ministeriums auf eine Ah. Sanktion eines solchen Beschlusses bei Sr. Majestät eingeraten werden könne.
Der Polizeiminister wünschte vor allem eine Aufklärung über den Umstand, wie es komme, daß sich der Präsident des Abgeordnetenhauses nicht habe bestimmen lassen können, das fragliche Gesetz nicht auf die heutige Tagesordnung zu setzen. Der Minister Ritter v. Lasser beantwortete diese Inzidenzfrage dahin, daß dem Präsidenten Hasner diesfalls nicht eine Unwillfährigkeit zugemutet werden könne, derselbe habe sich in letzterer Zeit durch künstliche Tagesordnungen, wie z. B. Berichte des Petitionsausschusses, bemüht, das Branntweinsteuergesetz von der Tagesordnung fern zu halten. Wenn er es auch für heute hätte vertagen wollen, wäre ihm nichts anderes erübrigt, als die Verhandlungen über den § 13 des Grundgesetzes über die Reichsvertretung, oder höchstens die Verhandlung über die Ascher Lehen auf die Tagesordnung zu setzen. Wenn aber heute das Branntweinsteuergesetz von der Tagesordnung wegeskamotiert würde, werde es in zwei bis drei Tagen doch wieder auf die Tagesordnung gesetzt werden müssen. Der Polizeiminister erklärte sohin, vor allem der Ansicht des Staatsratspräsidenten beizupflichten, daß ein Zurückziehen des Gesetzes nicht angehe, da das Gesetz nach seinem heutigen Inhalte ein ganz neues, aus der Initiative des Herrenhauses hervorgegangenes Gesetz sei, welches mit der Regierungsvorlage, die bloß [eine] Steuerermäßigung bezweckte, nichts gemein habe. Nachdem der Polizeiminister noch das Penible der Situation gegenüber dem Herrenhause, das mit Vorliebe die für seine Stellung und Popularität ihm günstig scheinende Modifikation in das Gesetz aufgenommen habe, und noch dazu im dermaligen Augenblicke, wo es über den Handelsvertrag Beschluß fassen soll, näher beleuchtet hatte, glaubte er, daß das Grelle der Situation nicht ermäßigt würde, wenn jetzt offen ausgesprochen würde, das Gesetz könne nicht sanktioniert werden, weil der Handelsvertrag sonst von Preußen nicht ratifiziert würde. || S. 373 PDF || Die Verhandlungen mit Preußen über die Natur der Exportbonifikation seien auch noch nicht zum Abschlusse gelangt, irgend ein neuer Anhaltspunkt, um neuerdings in einen diplomatischen Verkehr hierüber zu treten, werde sich gewiß leicht auffinden lassen, und die Sache könne und solle somit in der Schwebe erhalten werden.
Se. kaiserliche Hoheit der durchlauchtigste Herr Erzherzog Rainer fanden hierauf an den Finanzminister die Frage zu richten, ob nach den Bestimmungen des Handelsvertrages eine Vergütung für Schwendung beim Export von Branntwein nur beim Austritte über die Grenze des deutschen Zollvereins, oder aber auch beim Austritte über die Grenzen Österreichs gegen andere Nachbarländer ausgeschlossen sei. Der Finanzminister erwiderte, daß Art. 5 des Handelsvertrages, welcher bestimme, daß in jedem der vertragenden Staaten, die bei der Ausfuhr gewisser Erzeugnisse bewilligten Ausfuhrvergütungen nur die Zölle oder inneren Steuern ersetzen, welche von den gedachten Erzeugnissen oder von den Stoffen, aus denen sie verfertigt werden, erhoben sind, und daß sie eine darüber hinausgehende Ausfuhrprämie nicht enthalten sollen, im Zusammenhange mit Art. 2 des Vertrages stehe, welcher die Anordnung enthalte, daß hinsichtlich des Betrages, der Sicherung und der Erhebung der Eingangs- und Ausgangsabgaben sowie hinsichtlich der Durchfuhr von keinem der beiden vertragenden Teile dritte Staaten günstiger als der andere vertragende Teil behandelt werden dürfen. Preußen wolle auch für fremde Märkte keine Ausfuhrprämien zugestanden wissen, um nicht von der Konkurrenz beeinträchtigt zu werden. Die Bemerkung Sr. kaiserlichen Hoheit bringe übrigens einen neuen Gesichtspunkt in die Sache, und man könnte noch – da es darum zu tun sei, die Sache in der Schwebe zu erhalten – eine Vergütung für Schwendung beim Exporte von Branntwein aus Triest zum Gegenstande einer Verhandlung mit Preußen machen.
Der Minister Ritter v. Lasser meinte, daß es formell wohl keinem Anstande unterliegen könnte, das fragliche Gesetz zurückzuziehen, weil es als Regierungsvorlage betrachtet werde, welche Anschauung sich kundgab, als die Verhandlungen über § 13 des Grundgesetzes im Abgeordnetenhause auf die Tagesordnung gesetzt werden wollte, wo von Seite des Präsidenten geltend gemacht worden sei, daß die Verhandlung über das Branntweinsteuergesetz als über eine Regierungsvorlage vorauszugehen habe. Votant fand übrigens das Zurückziehen des fraglichen Gesetzes aus den schon früher angeführten Gründen nicht zweckmäßig. Nachdem Votant sich noch eine Aufklärung über die Anschauung, die über die Exportbonifikation seitens der Regierung im Zollausschusse ausgesprochen worden sei, erbeten und der Leiter des Handelsministeriums erwidert hatte, daß Baron Hock einer solchen Bonifikation den Charakter einer Ausfuhrprämie beigelegt, Baron Kalchberg aber, um nicht jene, die Sympathien für den Handelsvertrag hatten, in das Lager der Gegner zu treiben, die Sache als eine zweifelhafte und als Frage der Auslegung bezeichnet habe, glaubte er [ Lasser ], daß es am besten wäre, wenn die Regierung unumwunden erklären würde, daß schon bei Negozierung des Handelsvertrages in Berlin die preußische Regierung in einer solchen Exportbonifikation eine wahre Ausfuhrsprämie erkannt habe, während Österreich dabei nur eine Steuerrestitution erblicken wolle. Die Verhandlungen über diese Differenz mit Preußen seien noch im Zuge. Könne Preußen für die österreichische Anschauung gewonnen werden, dann werde das vom Herrenhause beschlossene Gesetz mit dem || S. 374 PDF || Handelsvertrage nicht kollidieren, im gegenteiligen Falle wäre die Regierung nicht in der Lage, diesem Gesetze die Sanktion zu erteilen. Votant glaubte übrigens, daß Chancen dafür bestehen dürften und daß man dahin wirken solle, daß das Abgeordnetenhaus selbst das Gesetz verwerfe. Denjenigen Abgeordneten, die Ärger darüber hatten, daß das Herrenhaus auch über den Gesetzentwurf des Abgeordnetenhauses wegen Bemessung, Vorschreibung und Einhebung der Erwerbs- und Einkommenssteuer von Eisenbahnunternehmungen zur Tagesordnung überging5, wie Herbst, Taschek und so mancher andere, haben ihre Absicht ausgesprochen, dies gelegentlich dem Herrenhause zu vergelten, auch haben nur die Großgrundbesitzer und die Polen besonderes Interesse an diesem Gesetze, und Indifferente dürften wohl unschwer dazu zu bestimmen sein, das Gesetz zu verwerfen. Vor allem aber sollte, wie schon vom Finanzminister beantragt worden, ein solcher Vertagungsantrag in Szene gesetzt werden, bis das Herrenhaus die Vorlage über den Handelsvertrag erledigt haben werde. Am besten könnte ein solcher Antrag von dem Berichterstatter des Ausschusses oder von Dr. Brestel ausgehen, er könnte aber auch ohne Anstand von der Regierung selbst gestellt werden. Der Marineminister glaubte, daß es jetzt schon zu spät wäre, mit dem Ausschusse wegen Vertagung der Verhandlung über diesen Gegenstand zu verhandeln. Da es sich aber nicht verkennen lasse, daß das Durchbringen des Gesetzes nach seiner heutigen Fassung mit dem Handelsvertrage materiell unvereinbar wäre, und da es, wo schon klar liege, daß Preußen niemals von seiner Auffassung abgehen werde, nicht möglich sei, sich weiters nach drei Seiten hin, gegen das Herrenhaus, gegen das Abgeordnetenhaus und gegen die preußische Regierung zu decken und die jetzige schillernde Position fortan zu halten, wäre es nach des Marineministers Dafürhalten jedenfalls besser und weniger kompromittierend, klar vorzugehen und unter den gegenwärtigen Umständen die Vorlage zurückzuziehen. Der Minister des Äußern bezeichnete es gleichfalls als notwendig, die Verhandlung über das fragliche Gesetz aufzuschieben, nachdem dem preußischen Gesandten Baron Werther konfidentiell die Erklärung erteilt wurde, die Regierung werde die Erhöhung der Exportbonifikation bei Branntwein nicht sanktionieren. Der Minister Graf Nádasdy bemerkte, daß man mit dieser Erklärung nicht in Widerspruch geraten könne und daß daher nach seinem Dafürhalten kein anderes Mittel erübrige, als das Branntweinsteuergesetz zurückzuziehen.
Der Minister Ritter v. Hein erachtete, daß die Ansicht des Staatsministers, es könne das fragliche Gesetz zurückgezogen werden, formell richtig sei, da die Grundlage eine Regierungsvorlage war, in welche nur bei der Verhandlung in beiden Häusern einige Amendments aufgenommen worden seien. Das Zurückziehen des Gesetzes erscheine jedoch dem Votanten bedenklich, weil damit der Zweck der Regierung, eine Steuerermäßigung für Branntwein eintreten zu lassen, unerfüllt bliebe. Die Vertagung der Verhandlung dieses Gesetzes werde von dem Finanzminister nur deshalb als notwendig bezeichnet, weil ein fremdes Objekt, nämlich die 6%ige Schwendungsvergütung beim Exporte damit in Verbindung gebracht worden ist. Wenn aber, wie der || S. 375 PDF || Finanzminister glaube, getrachtet werden solle, die Verhandlung über dieses ganzeb Gesetz auf die nächstjährige Session des Reichsrates zu verschieben, würde nicht nur eine ganze Brennkampagne ohne Steuerermäßigung vorübergehen, sondern auch wahrscheinlicherweise das Ärar in seinen Einnahmen beeinträchtigt werden. Da es sich aber nunmehr um zwei Objekte handle, nämlich die Herabsetzung der Steuer von Branntwein, dann um die Erhöhung der Steuerrückvergütung bei der Ausfuhr desselben, ein innerer Zusammenhang zwischen diesen beiden Objekten durchaus nicht besteht, wäre es nach des Votanten Ansicht am zweckmäßigsten, die Frage zu trennen und die Verhandlungen auf die die Steuerermäßigung betreffenden Art. 1 und 2 u.s.f. zu beschränken, cdie Artikel aber, welche sich auf die Exportbonifikation beziehenc, wegzulassen. Mit Rücksicht darauf, daß der Handels- und Zollvertrag noch im Stadium der Verhandlung sei und daß es erst dann, wenn derselbe ratifiziert sein werde, an der Zeit sein werde, über die angeregte Kollision zwischen dem Zoll- und Handelsvertrage und der in Antrag gekommenen Steuerexportbonifikation sich auszusprechen, sollte, um diese Trennung zu bewirken, der Antrag an das Abgeordnetenhaus gestellt werden, „das Haus wolle beschließen, der Ausschußbericht sei dem Ausschusse zur Berichterstattung darüber zurückzustellen, ob es nicht zweckmäßiger sei, den vorliegenden Gesetzentwurf in zwei abgesonderte zu teilen, deren einer die Steuerermäßigung, der andere die Erhöhung der Steuerrückvergütung zum Gegenstande hat, und zunächst den Gesetzentwurf über die Steuerermäßigung in Verhandlung zu nehmen, den Gesetzentwurf über die Erhöhung der Exportbonifikation aber dem Zeitpunkt der definitiven Entscheidung über den Handels- und Zollvertrag vorzubehalten“. Nach Ansicht des Grafen Esterházy sollte vor allem die Vertagung der Verhandlung über das fragliche Gesetz versucht werden, bis der Beschluß der Deputiertenkammer in Berlin über den Handelsvertrag bekannt sein werde, weil dann die Stellung der Regierung eine günstigere sein werde. Sollte dies nicht zu bewirken sein, würde sich Votant dem Antrage des Ministers Ritter v. Hein anschließen. Der ungarische Hofkanzler glaubte, daß, wenn nur die Wahl zwischen dem in Rede stehenden Gesetze und dem Handelsvertrage bestehe, man sich natürlich schon aus politischen Rücksichten nur für den letzteren entscheiden könne. Da übrigens auch die ungarische Journalistik für die Steuerermäßigung bei der Branntweinerzeugung plädiere, schließe sich Votant dem Antrage des Ministers Ritter v. Hein unbedingt an.
Der Antrag des Ministers Ritter v. Hein wurde schließlich von sämtlichen Mitgliedern des Ministerrates einhellig angenommen6.
|| S. 376 PDF || Wien, am 23. Mai 1865. Erzherzog Rainer.
Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokoll zur Kenntnis genommen. Franz Joseph. Wien, den 4. Juni 1865. Empfangen 5. Juni 1865. Erzherzog Rainer.