Nr. 543 Ministerrat, Wien, 22. Februar 1865 - Retrodigitalisat (PDF)
- ℹ️ anwesend:
- RS.Reinschrift; P.Protokoll Hueber; VS.Vorsitz Erzherzog Rainer; BdE.Bestätigung der Einsicht und anw.anwesend (Erzherzog Rainer 22. 2.), Mensdorff 27. 2., Mecséry, Nádasdy, Lasser, Plener, Lichtenfels, Esterházy, Burger, Hein (BdE.Bestätigung der Einsicht fehlt), Franck, Zichy, Kalchberg; abw.abwesend Schmerling; BdR.Bestätigung des Rückempfangs Erzherzog Rainer 11. 3.
MRZ. 1347 – KZ. 643 –
- I. Doppelte Anrechnung des Kriegsjahres 1864 für die Post- und Telegraphenbeamten des VI. Armeekorps
- II. Gesetzentwurf über die Branntweinsteuer im Herrenhaus
- III. Nachweis der Depotgeschäfte an die Staatsschuldenkontrollkommission
- IV. Antrag des Abgeordneten Skene betreffend die siebenbürgische Eisenbahn
- V. Jurisdiktion der österreichischen Konsulate in der Levante in Übertretungsfällen
Protokoll des zu Wien am 22. Februar 1865 abgehaltenen Ministerrates unter dem Vorsitze Sr. kaiserlichen Hoheit des durchlauchtigsten Herrn Erzherzogs Rainer.
I. Doppelte Anrechnung des Kriegsjahres 1864 für die Post- und Telegraphenbeamten des VI. Armeekorps
Se. kaiserliche Hoheit der durchlauchtigste Herr Erzherzog Rainer brachten zur Kenntnis der Konferenz, es habe der Leiter des Handelsministeriums über die von dem Kriegsminister befürwortete Anregung von Seite des FML. Freiherrn v. Gablenz in einem au. Vortrage die Bitte vorgebracht, Se. Majestät wollen Ag. zu gestatten geruhen, daß den dem VI. Armeekorps beigegebenen Feldpost- und Feldtelegraphenbeamten das Kriegsjahr 1864 bei ihrer dereinstigen Pensionsbehandlung in gleicher Weise wie den der operierenden Armee beigegebenen Militärbeamten doppelt angerechnet werden dürfe1.
Der Finanzminister und der Polizeiminister sprachen sich gegen diesen Antrag aus, weil, wenn auch die finanzielle Auslage, da es sich hiebei nur um wenige Individuen handelt2, von keiner Bedeutung ist, Zivilbeamten niemals eine solche Begünstigung zugestanden worden sei und die Konsequenzen gar nicht ermessen werden könnten, wenn eine derartige Begünstigung einmal als Prinzip anerkannt sein würde. Ein besonderer Grund hiefür sei aber im gegenwärtigen Falle umso weniger vorhanden, da zur Belohnung oder Entschädigung der betreffenden wenigen Individuen leicht eine andere Modalität gewählt werden kann. Der Minister Ritter v. Lasser erwähnte, daß von den betroffenen drei Beamten hievon vielleichta nur einer praktisch einen Nutzen ziehen werde. Votant war auch prinzipiell dagegen, daß die in Rede stehende Begünstigung allgemein als Prinzip ausgesprochen werde, die, obwohl Zivilärzte und politische Beamte als Armeeintendanten schon öfters operierenden Armeen beigegeben waren, Zivilbeamten niemals zuteil geworden sei. Dagegen fand Votant nichts dagegen zu erinnern, daß der Gnadenantrag ad hoc für die in Rede stehenden Beamten gestellt werde. Der Staatsratspräsident machte geltend, der Grund, warum dem Militär || S. 166 PDF || die Kriegsjahre doppelt angerechnet werden, liege darin, weil der Soldat vor dem Feinde stets einer persönlichen Gefahr ausgesetzt sei, was bei den der Armee zugeteilten Post- und Telegraphenbeamten nicht im gleichen Maße der Fall sein dürfte. Votant würde daher Anstand nehmen, für den Antrag zu stimmen, wenn die gleiche Begünstigung nicht systemmäßig auch den Militärbeamten zugestanden wäre. Da dies jedoch der Fall sei und das Prinzip, wenn der Ah. Gnadenakt ad hoc beschränkt würde, nicht in Frage komme, schloß sich Votant dem Antrage mit dem Beifügen an, daß man, wenn man den Prinzipien des Abgeordnetenhauses, die jede Abweichung bvon der Pensionsnormalienb schon als Änderung eines Gesetzes betrachten, beipflichten würde, den Antrag freilich nicht unterstützen könnte.
Nachdem der Marineminister und der Kriegsminister den peniblen und gefährlichen Dienst der Post- und Telegraphenbeamten vor dem Feinde noch ausführlicher beleuchtet hatten, sprachen sich alle übrigen Stimmführer für den Gnadenantrag ad hoc aus3.
II. Gesetzentwurf über die Branntweinsteuer im Herrenhaus
Der Finanzminister besprach die Haltung der Regierung bei der morgigen Verhandlung der Branntweinsteuerfrage im Herrenhause4.
Durch die Regierungsvorlage wollte den Besitzern von Branntweinbrennereien, welche die Verzehrungssteuer nach dem Gesetze vom 9. Juli 1862 unter Anwendung eines Zentralmeßapparates nach der Menge und dem Alkoholgehalte des Erzeugnisses entrichten, ein 10%iger Nachlaß an der nach Art. III jenes Gesetzes entfallenden Steuer und außerordentlichen Zuschlagsgebühr gegen Erfüllung gewisser vorgezeichneter Bedingungen zugestanden werden. Das Abgeordnetenhaus lehnte die Regierungsvorlage ab und beschloß, die gesetzlich bestehende Steuerrückvergütung bei der Ausfuhr für die Zeit bis zum 30. Juni 1866 um 10% zu erhöhen. Dasselbe glaubte hierin das geeignetste Mittel zu erblicken, den Absatz des Branntweines in das Ausland zu fördern, dadurch den Verkehr im Inneren zu beleben und den Erzeugern eine entsprechende Preiserhöhung zuzuwenden5. Das Ergebnis der Beratung in der Finanzkommission des Herrenhauses sei gewesen, daß die Kommission beantrage, das Herrenhaus möge beschließen: Der Gesetzentwurf, so wie er von dem Abgeordnetenhause vorgelegt wurde, werde abgelehnt und die Regierung eingeladen, mit möglichster Beschleunigung einen Gesetzentwurf zur verfassungsmäßigen Verhandlung einzubringen, welcher die auf das Erzeugnis gebrannter geistiger Flüssigkeiten gelegte Steuer nach dem Ausmaße der früher bestehenden Besteuerung des Maischraumes regelt und die Einbringung der Steuer sicherstellt. Die Kommission ging dabei von der Annahme aus, daß die Erhöhung der Steuerrückvergütung bei der Ausfuhr, da die Zeit schon zu weit vorgeschritten und der Branntwein schon in die Hände des Exporteurs gelangt sei, || S. 167 PDF || nicht mehr dem Erzeuger, sondern dem Händler zugute kommen würde6. Wenn sich aber die Sache bei der Verhandlung im Herrenhause doch anders gestalten und, da dem Vernehmen nach die böhmischen Grundbesitzer und der cPräsident des Hauses, Fürst Auersperg,c gegen den Antrag der Finanzkommission gestimmt sein sollen, die Majorität sich für die Exportbonifikation aussprechen würde, frage es sich, welche Haltung die Regierung demgegenüber einnehmen solle. Referent glaube, daß die Regierungsvorlage vom Standpunkte der Wissenschaft zu verteidigen, daß die Gründe gegen die Exportbonifikation in dieser Frage, bei welcher sich die Lage der Produzenten, Industriellen und Kaufleute vielseitig spaltet, anzuführen wären, daß jedoch, wenn das Herrenhaus dennoch die Exportbonifikation beschließen würde, hierin nicht ein solcher Akt zu erkennen sein würde, dem die Ah. Sanktion nicht erteilt werden könnte.
Der Finanzminister machte übrigens noch aufmerksam, daß für den Fall, als das Herrenhaus das vom Abgeordnetenhause beschlossene Gesetz annehmen würde, im Art. I ein Ausdruck enthalten sei, der ganz falsch sei und unmöglich unberichtigt bleiben könnte, so daß die Sache jedenfalls nochmals vor das Abgeordnetenhaus werde gebracht werden müssen. Der fragliche Art. I laute nämlich: Die bei der Ausfuhr gebrannter geistiger Flüssigkeiten „über die Reichsgrenze etc.“ Offenbar sollte es hier heißen „über die Zollgrenze“, denn in den Zollausschlüssen werde ja keine Steuer entrichtet und daher, wenn der Ausdruck „über die Reichsgrenze“ bliebe, eventuell etwas gegeben werden, wozu kein Titel besteht. Dem Referenten sei dieser Fehler schon bei der Votierung des Gesetzes im Abgeordnetenhaus aufgefallen. Er habe sich jedoch nicht veranlaßt gefunden, in dem Falle, wo die Regierungsvorlage abgelehnt wurde, den Korrektor für das Abgeordnetenhaus zu machen. Jetzt aber, wo es doch möglich sei, daß die Mehrheit des Herrenhauses sich für das vom Abgeordnetenhaus beschlossene Gesetz aussprechen werde, werde es doch notwendig, diesen Irrtum aufzudecken. Er glaube jedoch, dies nicht selbst tun, sondern den Vorschlag zu dieser Berichtigung schicklicherweise lieber dem Obmann der Finanzkommission Baron Baumgartner überlassen zu sollen, mit dem er diesfalls für den eventuellen Fall bereits Rücksprache gepflogen habe.
Der Ministerrat stimmte dem Vorhaben des Finanzministers in beiden Beziehungen bei7.
III. Nachweis der Depotgeschäfte an die Staatsschuldenkontrollkommission
Der Finanzminister referierte, schon vor längerer Zeit von der Staatsschuldenkontrollkommission mit Note dringend angegangen worden zu sein, die abgeschlossenen Depotgeschäfte nachzuweisen8. Er habe diese Note mit Absicht unbeantwortet gelassen, sei aber in einer neuerlichen Note um Antwort mit dem Beifügen ersucht worden, es werde sonst an den Reichsrat die Anzeige erstattet werden, daß sie ohne diese Mitteilung ihre Pflichten nicht erfüllen könne9. Auf vertraulichem Wege sei er auch zur Kenntnis gelangt, daß zwei Mitglieder der Kommission den in der Minorität gebliebenen Antrag eingebracht haben, man solle sich um die verlangten Mitteilungen gar nicht kümmern und aus eigener Initiative den Antrag vor den Reichsrat bringen, wodurch jedes Depotgeschäftd, welches ohne Zustimmung des Reichsrates zustande kommt,d als ungiltig erklärt würde.
Die Geschichte aller Sessionen des Reichsrates in den Jugendjahren unseres konstitutionellen Lebens habe gezeigt, daß sich die Regierung bei Differenzen in wichtigen Sachen anfangs auf das hohe Pferd gesetzt habe, dann aber, damit das Finanzgesetz zustande komme, doch weicher geworden sei. Es frage sich daher jetzt, wie man mit dem Abgeordnetenhause stehe. Das Budget pro 1866 sei eingebracht worden und die Regierung müsse wünschen, daß das Finanzgesetz auch pro 1866 zustande komme. Das strenge Verharren bei der Anschauung über Depotgeschäfte werde aber Erbitterung hervorrufen. Solle man es also riskieren zu sagen, die Regierung beharrt auf ihrem Standpunkte und gibt keine Auskunft über Depotgeschäfte, oder soll man doch einigermaßen einlenken? Referent glaube, man solle den Standpunkt festhalten, daß die Prüfung der Depotgeschäfte nicht in den Bereich der Staatsschuldenkontrollkommission gehöre, jedoch es als notwendig bezeichnen, daß eine gesetzliche Interpretation des Art. 10 des Gesetzes vom 13. Dezember 1862 über die Kontrolle der Staatsschuld10 durch den Reichsrat hinsichtlich des Begriffes der schwebenden Schuld vorgenommen werde. Mit Wahrung dieses Standpunktes und unter Anerkennung der Notwendigkeit der gesetzlichen Regelung dieses Gegenstandes solle nach dem Antrage des Referenten der Staatsschuldenkontrollkommission ein summarischer Gesamtausweis mitgeteilt werden, aus welchem sie zur Kenntnis über den Stand der Depotgeschäfte gelangen könne. Dieser Ausweis würde nur entnehmen lassen, daß auf 41 Millionen in Depot gegebene Staatsschuldverschreibungen 25 Millionen Vorschuß genommen worden sei.
Der Minister Ritter v. Lasser erklärte, daß, so sehr er die Verhältnisse der Finanzen würdige und es nicht für rätlich finden könnte, die Sache zum Bruche zu bringen, er das Gefährliche des Nachgebens in dieser Angelegenheit doch nicht übersehen könne, das nicht nur darin bestehe, daß man Angelegenheiten der Finanzverwaltung, die ihrer Natur nach geheim bleiben müssen, vor das Forum des Abgeordnetenhauses || S. 169 PDF || bringt, sondern insbesondere darin, daß man durch das Nachgeben anerkenne, daß eine Depotschuld, die dadurch zugleich als eine Veränderung der Staatsschuld anerkannt würde, nur mit Zustimmung des Reichsrates oder nach § 13 des Grundgesetzes über die Reichsvertretung11 kontrahiert werden könne. Deshalb erachtete Votant es prinzipiell auch für bedenklich, wenn der Finanzminister sagen wolle, mit Wahrung des bezeichneten Standpunktes werde der Staatsschuldenkontrollkommission die summarische Nachweisung über die Depotgeschäfte gegeben. e(Selbstverständlich ist jene sogenannte Depotschuld, die nur eine Antizipation auf verfassungsmäßig bewilligte, aber noch nicht begebene Schuldtitel des Ärars ist, von einer solchen schwebenden Schuld, die wirklich eine Mehreinschuldung des Ärars involviert, z. B. Aufnahme eines Darlehens auf neun Monate gegen Verpfändung von Zöllen oder dgl., genau zu unterscheiden.)e Der Staatsratspräsident erklärte, dem Antrage des Finanzministers nicht beistimmen zu können. Seine Ansicht in der Sache habe er in der vorigen Session des Reichsrates im Herrenhause schon weitläufig ausgesprochen12. Die lit. c des Art. 10 des Grundgesetzes über die Reichsvertretung sage: „Der Wirkungskreis des gesamten Reichsrates umfaßt alle Angelegenheiten der Reichsfinanzen überhaupt, insbesondere … die Aufnahme neuer Anlehen etc.“, und der Art. 10 des Gesetzes vom 13. Dezember 1862 normiere: „Die Staatsschuldenkontrollkommission sei berechtigt, insbesondere von dem Stande der fundierten und schwebenden Schuld sich die Überzeugung zu verschaffen.“ Wenn aber keine andere als schon verzeichnete Staatsschuldverschreibungen, zu deren Begebung der Finanzminister gesetzlich ermächtigt ist, in Depot gegeben werden, so könne doch unmöglich von einem neuen Anlehen die Rede sein. Das Begehren der Staatsschuldenkontrollkommission habe daher keine Berechtigung, da der Art. 10 des Gesetzes vom 13. Dezember 1862 nur im Zusammenhange mit dem Art. 9 desselben Gesetzes, dann mit Art. 10 des Grundgesetzes in Anwendung kommen kann. Votant hielt ein Nachgeben übrigens noch aus dem weiteren Grunde für bedenklich, weil das Herrenhaus beabsichtige, über den Bericht der Staatsschuldenkontrollkommission nicht den Finanzausschuß sprechen zu lassen, sondern eine eigene Kommission hiefür aus dem Hause zu wählen. Die Chancen dieser günstigen Manifestation werden aber gewiß verloren gehen, wenn die Regierung jetzt selbst dagegen einen Schritt machen wollte und den Bestand eines Zweifels zugeben würde. Votant glaubte daher, man solle die Mitteilung des Ausweises über die Depotgeschäfte unterlassen und geradezu sagen, die Regierung könne nicht weiter gehen, als die Verfassung vorschreibe. Der Polizeiminister glaubte, daß man die Frage im Auge behalten müsse, ob die Finanzverwaltung ohne Depotgeschäfte geführt werden könne. Diese Frage müsse verneint werden. Mit der Kontrolle, die die Staatsschuldenkontrollkommission üben wolle, könnte aber ein Depotgeschäft nicht zustande kommen. Ein Depotgeschäft mit Obligationen, zu deren Begebung die Zustimmung des Reichsrates bereits erfolgte, könne aber unmöglich als eine Vermehrung der Staatsschuld || S. 170 PDF || angesehen werden. Votant glaubte daher, daß die Regierung nicht ein Jota ihres in dieser Sache eingenommenen Standpunktes aufgeben könne, daher auch nicht ohne die größte Gefahr sagen könnte, sie sehe die Sache als zweifelhaft und als eine solche an, die eine authentische Interpretation im gesetzlichen Wege erfahren müsse, bis dahin aber wolle sie sich ihrer im Grunde der Verfassung eingenommenen Position begeben. Die Staatsschuldenkontrollkommission könne auch nicht mehr Rechte in dieser Beziehung haben, als durch die Verfassung dem Reichsrate selbst zukomme, der sein bezügliches Recht an die Kommission als sein Organ abgetreten habe. Die Regierung könne daher den Usus nicht aus der Hand geben, werde übrigens nicht unterlassen können, der Staatsschuldenkontrollkommission auf ihre Note eine Antwort zu geben. Der Minister Ritter v. Hein stimmte der Ansicht des Staatsratspräsidenten bei und war daher auch dagegen, daß der Ausweis über die Depotschulden der Kommission mitgeteilt werde. Er glaubte übrigens, daß bei der Antwort doch einiger Unterschied zu machen und hervorzuheben wäre, daß Depotschulden auf fauszugeben bewilligte Anleihensobligationen und auf Kassabestände aus laufenden Staatseinnahmenf keine Vermehrung der schwebenden Schuld sein können, und zwar die ersteren nicht, weil bei diesem reinen Vorschußgeschäfte der Finanzminister mehr in Versatz gebe, als er bekomme, gund also nur Geld auf eine fundierte Staatsschuld antizipiere.g Anders sei es jedoch, wenn es sich um Verpfändung von Aktivkapitalien oder des Vermögens eines Fonds handeln würde; hierauf gemachte Schulden wären eine wahre Vermehrung der Staatsschuld hund seien der Staatsschuldenkontrolle zu unterziehenh .
Alle übrigen Stimmführer schlossen sich dem Antrage des Staatsratspräsidenten an, der somit zum Beschlusse erwuchs13.
IV. Antrag des Abgeordneten Skene betreffend die siebenbürgische Eisenbahn
Der Finanzminister brachte vor, es seien aus Anlaß des von dem Abgeordneten Skene im Ausschusse über die Siebenbürgerbahn14 gestellten Antrages, daß die Staatsverwaltung die Bahn selbst bauen solle, verschiedene Berechnungen angestellt worden, und es soll der Oberinspektor Schimke sich geäußert haben, daß der Bau auf Staatskosten auf 18 Millionen, bei einer Überlassung an einen Unternehmer aber auf 26 Millionen zu stehen kommen werde. Die Geldbeischaffungskosten für den Fall des Selbstbaues seien aber dabei nicht gewürdigt worden, die so beträchtlich sein dürften, daß sich das Offert des Pickering noch als das vorteilhaftere herausstellen könnte. Gegen die Emittierung von 7%igen Eisenbahnobligationen müßte jedenfalls entschieden Einsprache || S. 171 PDF || erhoben werden, weil durch dieselben der Kurs aller übrigen Obligationen sehr gedrückt werden würde. Nicht allein mit Rücksicht auf das Durchbringen der Regierungsvorlage, sondern um nachzuweisen, daß der Selbstbau nicht so vorteilhaft sei, als man zu glauben scheine, beabsichtige Referent durch eine dem Ministerium nicht angehörige Person, und zwar durch den Professor Spitzer, eine Berechnung hierüber machen zu lassen, die in ein paar Tagen fertig sein könne. Dem Obmanne des Ausschusses Grafen Vrints werde er schreiben, daß Erhebungen hierüber eingeleitet wurden. Dieses Vorhaben bringe er hiemit zur Kenntnis der Konferenz.
Der Leiter des Handelsministeriums hielt eine solche neuerliche Berechnung, bei welcher, wie jedermann wisse, die mannigfachsten Kunststücke angestellt werden können, für überflüssig. Fasse man den speziellen Fall ins Auge und erwäge man, daß die Regierung schon so lange mit Pickering unterhandle, daß letzterer schon vor geraumer Zeit eine namhafte Kaution gelegt, so müsse man sich auch moralisch für verpflichtet ansehen, den Pickering zu unterstützen. Die Hauptsache bleibe immer das Substrat. Der Vertreter des Finanzministeriums habe die jährliche Rente für die 18 Millionen bei 8%iger Verzinsung mit 1,440.000 fr. berechnet, nehme man nur eine 7%ige Verzinsung an, werde sie 1,260.000 fr. betragen, Pickering fordere eine Garantie für jährliche 1,300.000 fr., im Handelsministerium sei dieselbe auf 1,150.000 fr. berechnet worden. Wo soll also das Ersparnis herkommen, von dem hier gesprochen werden wolle. Der Skenesche Antrag solle daher einfach von Seite der Regierung zurückgewiesen werden, um den ohnedies schon zerfahrenen Ausschuß nicht noch schwankender zu machen.
Die übrigen Stimmführer fanden gegen das Vorhaben des Finanzministers, da mit demselben kein Zeitverlust verbunden ist, nichts zu erinnern15.
V. Jurisdiktion der österreichischen Konsulate in der Levante in Übertretungsfällen
Der Staatsratspräsident referierte über die von dem Leiter des Justizministeriums mit dem au. Vortrage vom 26. v. M., Z. 667, gestellten Bitte um Ah. Ermächtigung, die im Entwurfe vorgelegte Verordnung zur Regelung der Jurisdiktion der levantinischen Konsularämter in Übertretungsfällen erlassen zu dürfen, und führte sämtliche Motive, welche den Staatsrat laut Gutachtens Z. 8616 zu dem Einraten bestimmt hatten, „es habe dieser Antrag auf sich zu beruhen“, umständlich mit Beifügung des weiteren Gegengrundes an, daß bei Einrichtung des beantragten Instanzenzuges, wonach in dritter Instanz der Oberste Gerichtshof in Wien zu entscheiden berufen werden soll, ein Konflikt mit den transleithanischen Behörden unvermeidlich herbeigeführt werden würde, die sich schon im Jahre 1822 zur Einsprache [dagegen] veranlaßt fanden, daß das Kriminalgericht in Triest als das ausschließliche kompetente Forum, an welches die österreichischen Konsulate in der Levante die von ihnen aufgenommenen Voruntersuchungen über Verbrechen zur weiteren Prozedur einzusenden hätten, bestimmt werde17.
|| S. 172 PDF || Der Minister Ritter v. Hein bemerkte, daß der ganze Gegenstand nicht vom Justizministerium, sondern vom Ministerium des Äußern angeregt worden sei18, daß er speziell kein Interesse daran habe, daß die Sache jetzt schon ins Leben trete, daß er übrigens die Gründe nicht zugeben könne, die aus dem Usus hergeholt werden wollen, daß er jedoch das vom Staatsratspräsidenten hervorgehobene Bedenken gegenüber den ungarischen Ländern – welches übrigens rücksichtlich der den ungarischen Ländern Angehörigen in gerichtlichen Verfahren in erster Instanz bei den levantinischen Konsularämtern iund in Zivilangelegenheiten sogar auch in der jetzt als bedenklich hervorgehobenen Weise bei den höheren Instanzeni faktisch besteht – vollkommen teile und deshalb, falls der Ministerrat dem Antrage des Staatsratspräsidenten beistimmen sollte, keinen Anstand nehme, seinen au. Vortrag zurückzuziehen.
Der Ministerrat schloß sich hierauf einstimmig dem staatsrätlichen Antrage an19.
Wien, am 22. Februar 1865. Erzherzog Rainer.
Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Franz Joseph. Wien, den 10. März 1865. Empfangen 11. März 1865. Erzherzog Rainer.