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Nr. 270 Ministerkonferenz, Wien, 19. Jänner 1861 – Protokoll I - Retrodigitalisat (PDF)

  • RS.; P. Marherr; VS. Rechberg; anw. Mecséry, Schmerling, Degenfeld, Vay, Plener, Lasser, Apponyi; abw. Szécsen; der Mantelbogen mit der BdE. fehlt.

MRZ. – KZ. 244 –

Protokoll I der zu Wien am 19. Jänner 1861 abgehaltenen Ministerkonferenz unter dem Vorsitze des Ministerpräsidenten, Ministers des kaiserlichen Hauses etc. Grafen v. Rechberg.

[I.] Organisation der königlichen Kurie in Ungarn

Gegenstand der Beratung war der Vortrag des ungrischen Hofkanzlers in betreff der Wiederherstellung der königlichen Kurie in Pesth. Nachdem der Vortrag auf die Anträge des Judex Curiae gegründet ist, so wurde derselbe eingeladen, sie vor der Konferenz zu entwickeln und zu motivieren1.

Graf Apponyi setzte auseinander, daß zur Erfüllung des k[aiserlichen] Versprechens, die ganze Gerichtspflege Ungerns wieder im Königreiche zu konzentrieren, die Wiederherstellung der königlichen Kurie in Pesth notwendig sei. Selbe besteht aus der Septemviral- und der königlichen Tafel. Die Funktionen der letzteren werden gegenwärtig von den Appellationsgerichten versehen; nachdem es nun nicht unwahrscheinlich ist, daß die Beibehaltung der letztern vom Landtage beschlossen werden dürfte, so sei von der Wiederherstellung der königlichen Tafel einstweilen Abstand genommen und sich auf die Organisierungsanträge für das Septemvirat beschränkt und vorbehalten worden, die weiteren Organisierungsanträge bezüglich der Justizverwaltung von einer Kommission ausarbeiten zu lassen, welche unter dem Vorsitz des Judex Curiae aus Mitgliedern der Septemviraltafel und Fachmännern zusammengesetzt wird. Für die Bemessung des Personalstandes der Septemviraltafel kommen, außer dessen Funktion als Oberster Gerichtshof, noch folgende Momente in Anschlag: die Notwendigkeit der Vereinigung des obersten Urbarialgerichts mit demselben, die Änderung in der Geschäftsbehandlung, || S. 286 PDF || indem die Mitglieder des Septemvirats nicht mehr bloße Votanten wie einst, sondern auch Referenten sein werden, endlich die dem Septemvirat obliegende Funktion als Kassationshof. Darum glaubte der Judex Curiae die Zahl der Mitglieder desselben nach dem äußersten Diensterfordernisse und mit Vorbehalt der Vermehrung im Falle des Bedarfs mit 30, nämlich mit vier Senatspräsidenten, vier geistlichen Räten, welche verfassungsmäßig beibehalten werden müssen, und 22 Referenten beantragen zu müssen. Für sein Präsidialbüro nahm er mit Rücksicht auf die ihm obliegenden sehr zahlreichen und umfassenden Administrativgeschäfte die Systemisierung eines Präsidialsekretärs, zweier Konzipisten und zweier Offiziale in Anspruch. Einstweilen würden sämtliche Beamte wie beim Obersten Gerichtshofe dotiert werden, die definitiven Anträge hierwegen aber nachfolgen. Als Zeitpunkt der Aktivierung des Septemvirats wird der 15. Februar d. J. festgesetzt.

Die Konferenz fand gegen diese Anträge nichts zu erinnern, erklärte sich aber über Antrag des Ministers v. Lasser dafür, daß die nach Einverleibung der ungrischen Abteilung des Obersten Urbarialgerichtes noch verbleibenden kroatischen und siebenbürgischen Abteilungen dieses Gerichts nicht, wie der Hofkanzler meinte, den betreffenden politischen Hofdikasterien, sondern mit Festhaltung des Grundsatzes über die Trennung der Justiz von der Verwaltung bis auf weiteres dem Obersten Gerichtshofe in Wien zugeteilt werden sollen2.

Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Franz Joseph. Wien, den 21. Jänner 1861.