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Nr. 137 Ministerrat, Wien, 5. August 1849 - Retrodigitalisat (PDF)

  • RS.; P. Ransonnet; VS. Schwarzenberg; anw. Krauß, Bach, Gyulai, Schmerling, Thinnfeld, Thun, Kulmer; BdE. (Schwarzenberg 6. 8.), Krauß, Bach 11. 8., Gyulai 11. 8., Schmerling, Thinnfeld 10. 8., Thun, Kulmer 10. 8.; abw. Stadion, Bruck.

MRZ. 2653 – KZ. 2350 –

Protokoll der am 5. August 1849 in Wien abgehaltenen Ministerratssitzung unter dem Vorsitze des Ministerpräsidenten, Ministers des Äußern und des Hauses, Fürsten v. Schwarzenberg.

I. Befestigung der inneren Stadt Wien

Der Ministerpräsident brachte das bereits am 4. l.M.1 besprochene Projekt des Gouverneurs Baron Welden wegen Herstellung von kleinen Befestigungen über den Toren der inneren Stadt neuerdings in Anregung, wobei sich mehrere Minister aus den bereits im Protokolle vom 4. August 1849, Z. 2626, niedergelegten Gründen dagegen und vielmehr dahin aussprachen, daß, wenn nebst dem großen Artilleriedepot auf dem Laaer Berge noch ein zweites Fort notwendig befunden würde, dieses am besten seinen Platz an der Westseite der inneren Stadt finden dürfte2.

II. Bibliothek des Ministerratsbüros

Es wurde beschlossen, daß die im Ministerratsbüro befindliche kleine Bibliothek mit jener des Ministeriums des Inneren vereinigt werde, wodurch manche fühlbare Lücken der letzteren ausgefüllt werden könnten.

III. Geburtstagsfest des Kaisers

Der Minister des Inneren erstattete seine Anträge über die Feier des Ah. Geburtsfestes Sr. Majestät3. Hiernach hätte eine kirchliche Feier unter Paradierung der Bürgerwehr, und des Militärs in jenen Orten, wo die Bürgerwehr entwaffnet ist, stattzufinden. Freiwillig eingeleiteten Festlichkeiten wäre nicht entgegenzutreten.

Die diesen au. Anträgen, mit welchen sich der Ministerrat vereinigte, entsprechenden Entwürfe [der] Ah. Erlässe behielt sich der Ministerpräsident vor, Sr. Majestät ehrerbietigst zu unterziehen4.

IV. Strafbemessung für politische Verbrecher

Der Minister des Inneren fand sich bestimmt, die Aufmerksamkeit des Ministerrates auf die äußerst willkürliche und oft ganz unverhältnismäßige Bemessung der Strafen|| S. 557 PDF || politischer Verbrechen durch die Militärgerichte zu lenken. Gnade und Strenge wird nicht selten blindlings geübt5. Jedenfalls müßte er es wegen des schlimmen Eindruckes sehr bedauern, wenn noch fortgefahren würde, treubrüchige subalterne Offiziers zum Tode zu verurteilen, während Insurgentengenerale wie Móga mit fünf Jahren Festungsarrest durchkommen6. Der Justizminister v. Schmerling erklärte sich von seinem Standpunkte aus ganz in demselben Sinne und führte einige Fälle von auffallenden Urteilen der Militärgerichte an7.

V. Vorschüsse für mehrere ungarische Exkommissäre

Der Minister des Inneren unterstützte das Gesuch mehrerer gewesener kaiserlicher Kommissäre oder Obergespäne, wie Luka, Fiáth, Baron Majthényi, Döry, Gyertyánffy, Czindery, um Gewährung von Vorschüssen auf Rechnung ihrer später erst bei einigermaßen hergestellter Ruhe zu liquidierenden Ansprüche auf Ruhegehalte oder Abfertigungen. Nachdem diese Männer einer Geldunterstützung äußerst bedürftig sind und dermal die erforderlichen Dokumente nicht beigebracht werden können, welche zur Bemessung des Ruhegehalts etc. vorliegen müßten, so wurde beschlossen, jedem derselben 300 f. als Vorschuß zu bewilligen .

VI. Ausfall der Komorner Besatzung

Der Kriegsminister teilte die ihm über den Ausfall der Komorner Besatzung zugekommenen Nachrichten mit, und es wurde sofort beschlossen, zur Beruhigung der in Wien ungewöhnlich aufgeregten und besorgten Gemüter ein Extrablatt zur Wiener Zeitung über dieses Ereignis erscheinen zu lassen8. Der Ministerrat übersendete den diesfälligen Aufsatz dem Gouverneur FZM. Baron Welden, welcher sich einverstanden erklärte, daß dieses Extrablatt im Namen der Stadtkommandatur veröffentlicht werde. Die Drucklegung wurde hierauf sogleich eingeleitet9.

Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolles zur Kenntnis genommen. Franz Joseph. Schönbrunn, den 24. August 1849.