Nr. 50 Ministerrat, Wien, 15. April 1849 - Retrodigitalisat (PDF)
- ℹ️ anwesend: Krauß ab III., Bach nicht durchgehend anwesend (nur I.-V.), Cordon, Thinnfeld, Kulmer
- RS.Reinschrift; P.Protokoll Ransonnet; VS.Vorsitz Schwarzenberg; anw.anwesend Krauß (ab III.), Bach (nur I.-V.), Cordon, Thinnfeld, Kulmer;BdE.Bestätigung der Einsicht (Schwarzenberg 23. 4.), Krauß 26. 4., Bach 26. 4., Cordon 27. 4., Thinnfeld, Kulmer;außerdem anwesend: Pipitz; abw.abwesend Stadion, Bruck.
MRZ. 1227 – KZ. 1073 –
- I. Maßnahmen bei Nichterfüllung der Waffenstillstandsbedingungen seitens Sardinien
- II. Frankfurter Angelegenheit
- III. Proklamation Weldens an die Bewohner Ungarns
- IV. Anerkennung für Militärs und Zivilbeamte der Wiener Gouverneurskanzlei
- V. Kommission wegen Mangels an Militärärzten
- VI. Bezügeeinstellung der Erzherzöge Ludwig und Johann als Generalartillerie- und Geniedirektoren; Stellung der künftigen Chefs dieser Branchen
Protokoll der Sitzung am 15. April 1849 unter dem Vorsitze des Ministerpräsidenten etc. Fürsten Felix Schwarzenberg.
I. Maßnahmen bei Nichterfüllung der Waffenstillstandsbedingungen seitens Sardinien
Es wurden die Maßregeln besprochen, welche zu ergreifen wären, wenn sardinischerseits die Bedingung des Waffenstillstandes in Absicht auf Absendung von Bevollmächtigten und die Rückkehr der Flotte nicht erfüllt würden1. Sämtliche Minister erklärten sich mit dem Inhalte der von dem Ministerpräsidenten verlesenen Depesche über diesen Gegenstand an Feldmarschall Graf Radetzky, worin er angewiesen wird, im Fall der Nichterfüllung den Waffenstillstand sogleich zu kündigen und „nach Maß der Umstände mit gewohnter Energie zu handeln“, völlig einverstanden2.
II. Frankfurter Angelegenheit
wurde ein Bericht des Gesandten Grafen Rechberg über den Stand der Frankfurter Angelegenheit und die Erklärung des durchlauchtigsten Herrn Erzherzog Johann, auf dem Reichverweserposten noch länger ausharren zu wollen, verlesen3.
III. Proklamation Weldens an die Bewohner Ungarns
Der hierauf von dem Minister Baron Kulmer verlesene Entwurf einer Proklamation des FZM. Baron Welden an die Bewohner Ungarns wurde genehmigt4.
IV. Anerkennung für Militärs und Zivilbeamte der Wiener Gouverneurskanzlei
Der Ministerpräsident teilte den Inhalt einer Zuschrift des FZM. Baron Welden mit, worin er auf Ah. Anerkennung für diejenigen Militärs und Beamten anträgt, welche ihn bei Erfüllung seiner Pflichten als Gouverneur von Wien mit dem besten Erfolg und unermüdetem Eifer unterstützt haben5. In die erste Linie stellt FZM. Baron Welden den Regierungsrat Baron Buffa und den Generalauditorleutnant Seemann, deren wohlverdiente Auszeichnung er als eine ihm selbst zugewendete Ah. Gnade|| S. 230 PDF || betrachten würde. Nebst diesen beiden seien die Generalmajore Hipssich und Franck, der Regierungsrat v. Festenburg und der Auditor Linhardt einer Ah. Anerkennung würdig, und auch der Konzeptspraktikant Imhoff verdiene bestens empfohlen zu werden.
Obgleich von einigen Ministern anerkannt wurde, daß der Zeitpunkt, wo die Tätigkeit der bei dem Wiener Gouverneur in Verwendung gestandenen Individuen zu belohnen wäre, eigentlich erst dann eintreten dürfte, wenn der Ausnahmezustand aufhört und diese außerordentliche Verwendung ganz aufhört, so glaubte doch der Ministerrat in Erwägung des großen Gewichtes, welches Baron Welden der Sache beilegt, auf die Anträge des Feldzeugmeisters eingehen zu sollen. Um sich über die Individualität und die Antezedentien des Regierungsrates Baron Buffa nähere Aufklärung zu verschaffen, wurde der Unterstaatssekretär des Inneren, Pipitz, in den Ministerrat berufen, welcher erklärte, daß Baron Buffa ein rechtlicher Mann sei, Tätigkeit und Energie besitze, allein nicht mit jenen höheren staatsmännischen Fähigkeiten ausgerüstet sei, daß er unter den gegenwärtigen Umständen zum Lohne seiner Bemühungen auf einen Ministerialratsposten im Ministerium des Inneren mit Beruhigung berufen werden könnte. Auch sei notorisch, daß Baron Buffa in seinen verschiedenen Anstellungen bei dem Gubernium in Triest und bei der Regierung in Wien durch Eigenmächtigkeiten und schroffe Formen auf Beamte und Publikum zuweilen verletzend gewirkt habe.
Generalmajor Baron Cordon hielt sich seinerseits verpflichtet, dem Regierungsrat Baron Buffa, welchen er aus seiner eigenen Dienstleistung bei der Stadtkommandantur in den ersten Novembertagen kennt, in Absicht auf Gewandtheit und Energie im exekutiven Dienst vollkommene Verläßlichkeit und vielseitige Brauchbarkeit, das vorteilhafteste Zeugnis zu erteilen, so daß er darauf antragen müsse, demselben die Ah. Verleihung des Leopoldorden-Kleinkreuzes zu erwirken.
Nach längerer Beratung vereinigte sich der Ministerrat zu dem Beschlusse, bei Sr. Majestät au. darauf anzutragen, daß dem Regierungsrat Baron Buffa und dem Generalauditorleutnant Seemann der Orden der Eisernen Krone III. Klasse Ag. verliehen und den Generalen Franck und Hipssits, wie auch dem Regierungsrat v. Festenburg die Ah. Zufriedenheit zu erkennen gegeben werde.
Die Verdienstlichkeit des Praktikanten Imhof wird von Seite des Ministeriums des Inneren seinerzeit berücksichtigt werden6.
V. Kommission wegen Mangels an Militärärzten
Über Antrag des Kriegsministers wurde beschlossen, unverzüglich eine Kommission aus Mitgliedern der Ministerien des Kriegs und des Inneren, dann der feldärztlichen Direktion zusammentreten zu lassen, deren Aufgabe darin besteht, dem äußerst fühlbaren Mangel an Militärärzten wirksam abzuhelfen7.
Minister Bach verläßt die Sitzung behufs einer amtlichen Funktion.
VI. Bezügeeinstellung der Erzherzöge Ludwig und Johann als Generalartillerie- und Geniedirektoren; Stellung der künftigen Chefs dieser Branchen
Der Kriegsminister eröffnete, daß, nachdem die durchlauchtigsten Herren Erzherzoge Ludwig und Johann ihre Stellen als Generalartillerie-, rücksichtlich Geniedirektoren zurückgelegt haben, die Einstellung ihrer Aktivitätsbezüge aus diesen Titeln einzuleiten sein wird8.
Hieran reihte sich eine Besprechung über die Stellung der künftigen Chefs dieser Branchen in Absicht auf Wirkungskreis und Bezüge. Baron Krauß bemerkte, daß es ihm in dienstlicher Beziehung nicht vorteilhaft erschiene, wenn die Artillerie- und Geniedirektionen dem Kriegsministerium völlig einverleibt würden. Das Ministerium würde dadurch einen ungeheuren Zuwachs an Geschäften von zum Teil untergeordneter Wichtigkeit erhalten, welche zu überblicken der Minister ganz außerstand wäre, so daß der Chef der Branche so ziemlich unumgeschränkte Gewalt in seinem Bereich erhielte, während er, wenn die Direktionen wie bisher vom Ministerium getrennte Körper bilden, unter die immerhin nützliche Aufsicht und Kontrolle eines Ministerialdepartements gestellt würde und somit nur die wichtigen Gegenstände zur Ministerialentscheidung gelangen möchten9.
Was die Bezüge betrifft, so glaubte der Kriegsminister, daß diesen Chefs zu ihrer charaktermäßigen Gage noch eine jährliche Zulage von 4000 fl. zu bewilligen wäre. Der Finanzminister aber glaubte, daß 3000 fl. jährlich umso mehr genügen dürften, als von diesen Direktionschefs keine besondere Repräsentation gefordert werde und selbst die Repräsentationszulage der Minister, welchen doch mehrere Auslagen dieser Art zufallen, nur 4000 fl. beträgt10.
Wien, 23. April 1849. Schwarzenberg.
Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolles zur Wissenschaft genommen. Franz Joseph. Olmütz, [ ] 1849.