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Nr. 43 Ministerrat, Wien, 19. Mai 1848 morgens – Protokoll I - Retrodigitalisat (PDF)

  • RS.; P. fehlt; VS. Pillersdorf; anw. Sommaruga, Krauß, Latour, Doblhoff, Baumgartner. Lebzeltern (interimistischer Leiter des Außenministeriums); BdE. Pillersdorf (20. 5.), Franz Karl (24. 5.).

MRZ. 901–905 – KZ. –

Protokoll [I] der Sitzung des Ministerrates vom 19. Mai 1848 unter dem Vorsitze des provisorischen Ministerpräsidenten Ministers des Inneren Freiherrn v. Pillersdorf.

I. Berufung Wessenbergs zum Außenminister

Der provisorische Ministerpräsident, Minister des Inneren Freiherr v. Pillersdorf eröffnete die Sitzung durch Vorlesung eines soeben von Baron Wessenberg erhaltenen Schreibens1, welchem das hierneben beiliegende, an Ew. Majestät gerichtete Schreiben angeschlossen war2.

Baron Wessenberg bemerkt in seinem erwähnten Schreiben, daß er durch die Ag. Berufung zu dem Posten eines Ministers der auswärtigen Angelegenheiten überrascht war3, daß er aber, obgleich im Alter vorgerückt und in der Gesundheit geschwächt, im Gefühle der Pflicht, alle seine Kräfte dem Dienste Ew. Majestät zu widmen, diesen Posten übernehme, bis sich ein mehrbefähigter hiezu finden werde. Er erwähnte zugleich in seinem Schreiben vom 15. d. M., daß er die Reise nach Wien am 18. d. M. antreten und nach Tunlichkeit beschleunigen werde, wornach seine Ankunft hier und die Übernahme seines Portefeuilles bald erfolgen dürfte.

Dieses wird gleichzeitig durch das Amtsblatt der Wiener Zeitung zur öffentlichen Kenntnis gebracht4.

II. Ungarische Note wegen des geplanten Prager Slawenkongresses

Derselbe Minister teilte dem Ministerrate mit, daß er eine Note von dem königlich ungarischen Ministerium5 bezüglich der Proklamation des slawischen Komitees in || S. 255 PDF || Prag6 erhalten habe, womit auf den 31. Mai d. J. Abgeordnete der slawischen Provinzen der Monarchie (und auch andere Slawen) nach Prag eingeladen werden, um daselbst ihre Nationalitätsangelegenheiten zu besprechen.

Das ungarische Ministerium besorgt, daß dadurch panslawistische Tendenzen begünstiget werden, und ersucht das deutsche Ministerium um die Einleitung, daß das Prager Komitee sich bloß auf die Zusammenberufung der Tschechen zu beschränken und daß Galizier dabei nicht zu erscheinen haben, in Ansehung welcher letzteren es meint, daß ihre billigen Wünsche zu gewähren und die Selbständigkeit Galiziens zu begründen wäre. Nach der Ansicht des Baron Pillersdorf wäre dem ungarischen Ministerium zu antworten, daß die Konstitution allen Nationalitäten gleiche Rechte und gleichen Schutz gewährleiste. Über die Zusammenberufung der Slawen auf den 31. Mai d. J. nach Prag wäre sich in keine Erörterung einzulassen, da diese Zusammenberufung dem ungarischen Ministerium nur der Anlaß war, um sich für die Polen zu verwenden, rücksichtlich welcher es übrigens auch nicht gehörig unterrichtet zu sein scheine, da die überwiegende Mehrzahl, die Masse der Galizier, nicht für die Selbständigkeit ist. Der Ministerrat war damit einverstanden7.

III. Loyalitätsbekundungen gegenüber dem Kaiser

Baron Pillersdorf brachte hierauf zur Kenntnis des Ministerrates einige telegraphische Depeschen und Loyalitätserklärungen8, wozu die letzten Ereignisse in Wien den Anlaß gegeben haben. Hiernach hat die plötzliche Abreise Ew. Majestät von Wien in der Provinzialhauptstadt Brünn eine große Bestürzung verursacht und loyale Erklärungen für die Dynastie hervorgerufen.

In Prag war man entrüstet über die hierortigen Vorgänge und hat mit Freuden vernommen, daß über die Sicherheit des Thrones gewacht werde. Es geht eine Deputation von dort in das Ah. Hoflager, um Ew. Majestät nach Prag in die Mitte Ihrer getreuen Böhmen einzuladen9.

Ebenso hat die Stadt Troppau samt den herzoglichen Ständen in einer loyalen Adresse ihr Bedauern über das hier Vorgefallene ausgesprochen10. Die mährischen Stände äußern gleiche Gesinnungen und wünschen, wenn schon der erste Reichstag ein konstituierender sein soll, daß er auf das schleunigste zusammenberufen werde11.

Der hiesige Gewerbsverein sprach in einer Adresse die Wünsche aus, daß die Wiederkehr Ew. Majestät in die Mitte Allerhöchstihrer getreuen Bürger möglichst bald erfolge; daß der Fortbestand der konstitutionellen Monarchie sowie der Ah. Dynastie gesichert sei; daß die öffentliche Ruhe und Ordnung, die Wirksamkeit der Gesetze sowie die || S. 256 PDF || Sicherheit der Personen und des Eigentums erhalten werden. In allen diesen Sachen will der Gewerbsverein das Ministerium auf das kräftigste unterstützen12.

Diese Erklärungen und andere wurden in dem hier angeschlossenen Aufsatze zusammengefaßt und durch die Wiener Zeitung (Abendblatt der Wiener Zeitung vom 19. 5. 1848) zur öffentlichen Kenntnis gebracht13.

IV. Darstellung der Regierungsgeschäfte

Der Ministerrat hat gleichfalls beschlossen, Ew. Majestät eine Darstellung von dem Fortgange der Regierungsgeschäfte in Wien zu machen, und den Hofsekretär v. Spitko14 mit derselben zur Ah. Person Ew. Majestät abzusenden, übrigens auch der Einfluß des Staatsrates Pipitz auf das Kabinett besprochen15.

Der Entwurf dieser Darstellung liegt dem Protokolle hierneben bei16.

V. Freilassung der italienischen Geiseln aus Kufstein

Der Minister des Inneren brachte zur Kenntnis des Ministerrates, daß die italienischen Geiseln, von denen in einem früheren Protokolle die Rede war, endlich von der Festung Kufstein in Freiheit gesetzt worden sind17. Der Kommissär entschuldigte die Verzögerung damit, daß er keinen Befehl hatte, und daß er nach erhaltenem Befehle die Gefangenen sogleich entlassen hat18.

VI. Munizipalgarde in Udine; neues Preßgesetz

Ferner eröffnete Baron Pillersdorf dem Ministerrate, daß er ein Schreiben von dem Hofkommissär Grafen Hartig von Udine (ohne Datum)19 erhalten habe, worin derselbe die Organisierung der Munizipalgarde daselbst anzeigt und zugleich den Wunsch einer Maßregel gegen die Preßfrechheit ausspricht.

In Absicht auf diesen letzteren Wunsch wird bemerkt, daß bereits gestern das neue Preßgesetz beraten und angenommen wurde20. Es befinde sich bereits im Drucke und werde wahrscheinlich noch heute affigiert werden und in wenigen Tagen in allgemeiner Wirksamkeit sein21.

VII. Lage in Tirol und Vorarlberg

Derselbe Minister teilte der Versammlung ein von Sr. kaiserlichen Hoheit dem durchlauchtigsten Herrn Erzherzog Johann erhaltenes Schreiben22 nebst einem Berichte Höchstdesselben aus Trient mit.

|| S. 257 PDF || In dem Schreiben schildern Se. kaiserliche Hoheit die bewegte Zeit, den Zustand des Landes, die beschränkten Mittel und Ihr Bestreben, die welschen Tendenzen abzuwehren. In Südtirol sei es bald so wie in Galizien, der Kolone ist gut, der Herr aber schlecht. Die Welschen wollen von der Regierung in Innsbruck nichts wissen. Dazu kommen die Verlegenheiten in Vorarlberg, wo bei dem dort gewesenen Regimente (das nun verlegt worden ist) Meuterei und Desertion im großen Maßstabe stattfand. In Bregenz wurde ein Schweizer Emissär, Kruster aus St. Gallen, aufgefangen; die Freischaren aus der Schweiz wollen ihn befreien. Se. kaiserliche Hoheit wollen diesfalls die Schweizer von Seite ihres Ehrgefühls packen, ihnen im Wege des kaiserlichen Gesandten Baron Kaisersfeld die Geneigtheit zur Auslieferung des Gefangenen, zugleich aber das Befremden zu erkennen geben, wie es unter den biederen Schweizern Männer geben könne, die ein Geschäft daraus machen, Soldaten zum Treubruche zu verleiten.

Baron Pillersdorf wird diesen Gegenstand mit Zustimmung des Ministerrates an das Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten leiten23.

Der Bericht Sr. kaiserlichen Hoheit über den Zustand der Sachen in Tirol, über die Stimmung des dortigen Volkes, seine willige und einmütige Erhebung zur Landesverteidigung und seine Anhänglichkeit an Österreich wird nach dem Beschlusse des Ministerrates seinem ganzen Inhalte nach zur öffentlichen Kenntnis gebracht24.

VIII. Wechselzahlungsmoratorium

Der Minister des Handels, des Ackerbaues und der Industrie Baron v. Doblhoff trug dem Ministerrate ein Gesuch dreier Handelsleute (Schlesinger, Friedmanns Söhne und Pfeifer) vor, worin dieselben die dringende Bitte stellen, ein Moratorium auf Wechselzahlungen für die Dauer von einem Monate zu erteilen. Sie führen zur Unterstützung dieser Bitte an, daß die Gewerbe und der Handel stocken, daß die größten Handlungshäuser in Verlegenheit geraten und die minderen ihre Zahlungen einstellen müssen; von Barzahlungen sei keine Rede mehr. Die Folgen davon sind Protest, Klagen, Exekution, Vernichtung des Kredits und Ruin des Handelsstandes. Sie sagen, daß, wenn die angesuchte Bewilligung nicht binnen 24 Stunden erfolgt, wenigstens 1000 Kaufleute verloren seien, auch sind sie erbötig, wenn ihre Unterschriften nicht genügen sollten, binnen weniger Stunden mehrere hunderte nachzutragen25. Der Justizminister Baron Sommaruga bemerkte, daß diese Frage schon früher Gegenstand der Verhandlung bei dem Wechselgerichte war und daß die damals bittenden Handelsleute über die ihnen gegebene Aufklärung und Vorstellung selbst gestanden, daß ihr Kredit durch die Gewährung eines Moratoriums noch mehr leiden würde.

Da indessen gegenwärtig ganz besondere Verhältnisse obwalten, über das Gesuch selbst aber unmittelbar und ohne eine nähere Erhebung nichts verfügt werden kann, so einigte sich der Ministerrat in dem Beschlusse, das Gesuch dem Wechselgerichtspräsidenten durch den Handelsminister mit dem Auftrage zukommen zu lassen, darüber morgen, || S. 258 PDF || den 20. d. M., eine Kommission bei dem Wechselgerichte mit Zuziehung einiger Mitglieder der Handelssektion des Gewerbevereines, einiger Repräsentanten des Handelsstandes und den Bittstellern abzuhalten und das Resultat mit dem gutächtlichen Antrage dem Handelsminister vorzulegen26.

IX. Verhältnis des neues Justizministeriums zu den alten Justizstrukturen

Der Justizminister lenkte nun die Aufmerksamkeit des Ministerrates auf die von ihm beabsichtigte Erlassung einer provisorischen Vorschrift über das künftige Verhältnis des Justizministeriums zu der obersten Justizstelle und der Hofkommission in Justizgesetzsachen27.

Daß die Oberste Justizstelle bei der gegenwärtigen Einrichtung als administrierende Behörde nicht existieren kann, sei klar. Ebenso wenig kann künftig die Justizgesetzge-bungshofkommission bestehen, deren Aufhebung auch keinem Anstande unterliegt, weil sie meistens nur aus Hofräten der Obersten Justizstelle besteht, die als solche nun ausschließend bei der Obersten Justizstelle verwendet werden. Die Oberste Justizstelle wird als oberstes Gericht, als höchste Judikatur fortbestehen, und die gegenwärtige Vorschrift hat die Grenzen zwischen dem Justizministerium und diesem obersten Gerichte festzustellen.

Der Justizminister hat sich diesfalls mit dem Präsidenten des Obersten Gerichtshofes, Grafen Taaffe, geeiniget. Die administrative Gewalt geht hiernach an das Justizministerium über und die Judikatur bleibt bei dem Obersten Gerichtshofe. Die Besetzungen der Justizstellen hätten nach dem Prinzipe von dem Justizminister auszugehen. Da indessen die Besetzung aller Justizstellen für den Minister eine große Last und er auch nicht das geeignetste Organ für die Besetzung der minderen Stellen wäre, so wird provisorisch dem obersten Gerichte die Besetzung aller jener Stellen überlassen, welche er bisher besetzen konnte, und dem Minister die Einleitung zur Besetzung der übrigen Stellen vorbehalten. Diese Einrichtung wird dem Publikum in angemessener Art zur Kenntnis gebracht.

Der Ministerrat erklärte sich damit einverstanden28.

X. Durchführung von mündlichen und öffentlichen Strafverfahren

Ferner bemerkte dieser Minister, der Vorsteher des hiesigen Kriminalgerichtes, Philipp, und die Räte desselben hätten sich es seit der Erlassung der Konstitution zur Pflicht gemacht, etwas in Vorschlag zu bringen, wie das mündliche und öffentliche Verfahren, wenigstens bei großen und wichtigen Verbrechen, erzielt werden könnte, ohne noch die Geschwornengerichte zu besitzen und ohne an den bestehenden Gesetzen und an dem bisherigen Verfahren wesentliche Änderungen vorzunehmen. Es wurde zu diesem Ende bei dem Kriminalgerichte eine Kommission zusammengesetzt und von derselben eine sehr zweckmäßige und entsprechende Ausarbeitung den vorgesetzten Behörden vorgelegt. Das Kriminalgericht trägt an, schon itzt ein öffentliches und mündliches Schlußverfahren mit Zulassung von Sachwaltern vornehmen zu dürfen.

Der Oberste Gerichtshof legt diesen Gegenstand mit der Anfrage vor, ob man nicht provisorisch einen Versuch damit machen könne.

Der Justizminister und mit ihm der Ministerrat erklären sich für die Gestattung dieses Verfahrens29.

XI. Militärische Beförderungen

Der Minister des Kriegswesens Graf Latour stellte die Frage, was mit den zwei früher beim Staatsrate30 verwendeten Feldmarschalleutnants, Baron Prochaska und Baron Schön, die in dieser Lage nicht bleiben können, zu geschehen habe. Er bemerkte, der Hofkriegsrat habe schon im November 1847 einen Vorschlag wegen Beförderung der Generale Baron Odelga und Baron Prochaska zu Feldzeugmeistern erstattet. Dieser Vortrag ist bis jetzt noch nicht erledigt. Baron Odelga ist mittlerweile pensioniert worden31. Würde dieser Vortrag erledigt, so ließe sich dann die oberwähnte Frage leichter lösen.

Es wäre nachzusehen, wo der gedachte Vortrag haftet32.

XII. Eigenständige Beförderungen durch Radetzky

Ferner brachte dieser Minister in Antrag, dem Feldmarschall Grafen Radetzky zu gestatten, die Majore und Oberstleutnante seiner Armee gegen nachträgliche Ah. Genehmigung selbst zu ernennen, was in dringenden Fällen und zur schnelleren, daher || S. 260 PDF || wirksameren Belohnung nach dem Erachten des Ministerrates keinem Anstande unterliegen dürfte33.

XIII. Denunziation August Dehnes

Derselbe Minister setzte den Ministerrat von einer erhaltenen anonymen Denunziation34 in Kenntnis, nach welcher der Zuckerbäcker Dehne, derselbe, der sich erst vor kurzem durch ein Geschenk von 10.000f. zur Uniformierung der Nationalgarde die Gunst dieser Garde im hohen Grade erwarb35, für den Fall, wenn die Burg in Brand gesteckt und die Republik ausgerufen wird, sein Haus angeboten haben soll.

Es wurde beschlossen, von dieser anonymen Anzeige keinen Gebrauch zu machen, übrigens aber auch bemerkt, daß bei den Demonstrationen gegen den Grafen v. Ficquelmont Dehne, wie es bekannt sei, seine Hände im Spiele hatte36.

XIV. Erscheinen eines umstrittenen Blattes in Verona

Nach einem Schreiben des Feldmarschalls Grafen Radetzky hat der Delegat von Verona, Greller, von dem Hofkommissär Grafen Hartig den Auftrag erhalten, ein gewisses Blatt dort zu verbreiten37. Da er dies in Verona, einer Festung, ohne Zustimmung des Kommandanten nicht tun durfte, so ist dieses Blatt zur Kenntnis des Feldmarschalls gekommen. Dieser stellt die Frage, ob es das Werk der Pazifikation befördern werde, ein Blatt zu verbreiten, in welchem die Bandieras38 als Märtyrer der Freiheit geschildert werden, und wünscht das Einwirken des Ministeriums, damit zwischen ihm und dem Grafen Hartig keine Zwietracht entstehe.

Der Kriegsminister wird diese Zuschrift des Grafen Radetzky nach dem Beschlusse des Ministerrates an den Minister des Inneren zur weiteren angemessenen Verfügung leiten39.

XV. Auszeichnungen für Vinzenz Freiherr v. Augustin und Berhard v. Weckbecker

Mit dem hier vorliegenden au. Vortrage vom 19. Mai d. J., Z. 195440, bringt der Kriegsminister infolge der Ah. Entschließung vom 8. Mai d. J., KZ. 539/515, Ah. Anerkennungen an den FML. Baron Augustin und an den Hofrat v. Weckbecker (1954/1848, 734 MR.) in Rücksicht jener Verdienste in Antrag, welche sich beide um die Armeebewaffnung mit Perkussionsgewehren erworben haben41, und zwar für den || S. 261 PDF || FML. Augustin die taxfreie Verleihung der geheimen Ratswürde und für den Hofrat v. Weckbecker, den auch er, wie früher der Hofkriegsrat, der Auszeichnung mit dem Ritterkreuze des k. k. Leopoldordens vollkommen würdig erkennt, aus Rücksicht auf seine ökonomischen Verhältnisse und seine sehr zahlreiche Familie, auf eine Ag. Remuneration, welche der Kriegsminister in seinem Vortrage mit 2000f., nach brevi manu gepflogener Rücksprache mit dem Finanzminister dagegen in der Sitzung nur mit 1500f. in Antrag brachte.

Mit diesen Anträgen erklärte sich der Ministerrat einverstanden42.

XVI. Pensionierung von Constantin Freiherrn v. Münch-Bellinghausen

Der Minister des Inneren brachte nun auch das Gesuch des Hofrates der gewesenen vereinten Hofkanzlei Baron v. Münch um Versetzung in den Ruhestand zur Sprache43.

Dieser Hofrat dient 37 Jahre, ist im Alter vorgerückt, und seine Dienstunfähigkeit ist nachgewiesen; seine normalmäßige Pensionierung dürfte daher keinem Anstande unterliegen. Der Minister des Inneren trägt gleichzeitig auf die huldreiche Verleihung eines Merkmales der Ah. Gnade an diesen in jeder Beziehung schätzbaren Mann und Beamten, und zwar des Kleinkreuzes des österreichischen Leopoldordens an.

Gegen diese Anträge fand der Ministerrat nichts zu erinnern44.

XVII. Robotaufhebung in Kärnten

Derselbe Minister unterstützt die von den kärntnerischen Ständen angesuchte Regulierung der dortigen Robotangelegenheit45. So wie in den meisten übrigen Provinzen, so sollen auch in Kärnten die Roboten, Zehente und andere Urbarialschuldigkeiten mit dem 1. Jänner 1849 gegen eine angemessene Entschädigung der Berechtigten aufgehoben werden46. Die dabei zu beobachtenden Grundsätze stimmen mit jenen überein, welche für Steiermark und Niederösterreich in Anwendung zu kommen haben47.

Der Minister las hierauf den bezüglichen Patentsentwurf vor, womit der Ministerrat sich einverstanden erklärte, und den Ew. Majestät nunmehr die Ah. Genehmigung zu erteilen au. gebeten werden48.

XVIII. Maßnahmen zur Erfassung unerwünschter Elemente in Wien

Mit Beziehung auf die gestern von dem Ministerrate getroffene Einleitung wegen Überwachung der sich hier aufhaltenden Fremden und Ausweisung derjenigen, welche sich nicht mit den gehörigen Dokumenten auszuweisen vermögen49, und mit || S. 262 PDF || Rücksicht auf den Umstand, daß sich viele der hierher nicht Gehörigen teils in die Nationalgarde, teils in die Akademische Legion mögen haben einreihen lassen, um ihren Aufenthalt hier damit zu decken, hat der Ministerrat beschlossen, im Wege des Ministers des Inneren, dem Regierungspräsidenten und dem Kommandanten der Nationalgarde und der Akademischen Legion den Auftrag zukommen zu lassen, daß sich der erstere ein Verzeichnis der hierorts gesetzlich immatrikulierten und eingeschriebenen Studierenden aller Gattungen, insbesondere auch der Techniker, der letztere ein Verzeichnis der in die Akademische Legion Aufgenommenen verschaffe; aus der Vergleichung dieser Verzeichnisse werde es sich ergeben, wie viele unbefugt sich in diesem Körper befinden, wo dann die notwendige Epuration der Akademischen Legion wird vorgenommen werden können50.

XIX. Anlegen von Depositen

Der Finanzminister Freiherr v. Krauß brachte nun die seit mehreren Jahren schon verhandelte Frage wegen fruchtbringender Anlegung der Depositen51 zur Sprache. Er meint, daß eine solche Maßregel sowohl für die Eigentümer als auch für den Staat nützlich wäre. Den ersteren würde ihr Gut Zinsen tragen (3%) und der Staat würde sich nicht unbeträchtliche Geldmittel gegen eine mäßige Verzinsung verschaffen. Die oberste Justizstelle habe sich früher gegen eine solche Anlegung erklärt, weil dadurch in die Privatrechte eingegriffen würde52. Seitdem haben sich aber die Umstände geändert; die öffentlichen Blätter machen selbst auf eine solche Benützung der Depositen aufmerksam53, unter dem alten Regime mögen allerdings Bedenken dagegen obgewaltet haben, die aber jetzt unter der Konstitution und bei der Öffentlichkeit des Verfahrens nicht mehr bestehen, es sei kein Gewaltstreich und die Maßregel dem allgemeinen nützlich.

Der Finanzminister meint, daß alle Depositen, welche 14 Tage oder ein Monat lang unverwendet liegen, an die Staatskasse abzugeben wären; sie wären gegen eine dreimonatliche Aufkündigung rückzahlbar.

Der Ministerrat erklärte sich mit dieser Maßregel, wenn die Währung und Spezies garantiert und der Kommune Wien (welche früher schon ein gleiches Ansuchen stellte, || S. 263 PDF || das aber nicht gewährt wurde54) in Ansehung der Depositen der Stadt Wien dasselbe Recht eingeräumt wird, einverstanden, obgleich von Seite des Ministers des Handels die Schwierigkeit nicht verkannt wurde, bei der Lage unserer Finanzen eine vollkommene Garantie zu gewähren55.

XX. Beantwortung der galizischen Petition

Schließlich trug der Minister des Inneren dem Ministerrate die Antwort vor, welche der sogenannten galizischen Deputation auf ihre Petition56 seiner Meinung nach zu erteilen wäre.

Über diese in zwölf Punkten zusammengefaßte Petition, welche teils Wünsche, teils Beschwerden ausspreche, wurde vor allem der Gouverneur vernommen. Dieser hat eine artikulierte Beantwortung in Antrag gebracht57, welche Baron Pillersdorf im allgemeinen zweckmäßig und nur in einzelnen Punkten zu mildern fand. Die meisten dieser Petitionspunkte erhalten durch die mittlerweile erlassene Konstitutionsurkunde ihre Erledigung, so die Organisierung einer Nationalgarde, Zulassung von Vereinen und Assoziationen, öffentliches und mündliches Verfahren und Schwurgerichte, Gleichstellung aller Bürger vor dem Gesetze, Sicherstellung der persönlichen Freiheit.

Die Bitte wegen Aufstellung eines nationalen Kriegsheeres im Lande wurde als mit der Verfassung unvereinbar erklärt.

Dem Gesuchspunkte, daß der Gnadenakt vom 20. März58 auch auf den Militärstand ausgedehnt werde, sei mit gewissen Beschränkungen bereits entsprochen59.

Mit der Aufhebung der Beschränkungen des Besitzes werde sich der neue galizische Landtag zu befassen haben. Die Entwerfung von Gemeindeverfassungen sei den Reichsständen vorbehalten.

Wegen Aufhebung der Robot und der Untertansschuldigkeiten sei mittlerweile ein Ah. Patent erlassen worden60.

Aber die Bitten wegen Entfernung einiger fremder Beamten (deren sie bei 100 und darunter den Gouverneur bezeichnen), Besetzung der Stellen mit Eingeborenen und Gebrauch der polnischen Sprache in der Schule und im Amte wird der Deputation erwidert, daß man die entsprechend dienenden Beamten behalten, bei Besetzung der Stellen aber auch Eingeborne, wenn sie die nötigen Eigenschaften besitzen, und darauf Rücksicht nehmen werde, daß die Anzustellenden nebst der deutschen auch die || S. 264 PDF || polnische und ruthenische Sprache verstehen; daß die ämtlichen Erledigungen in jener Sprache erfolgen werden, in welcher die Eingabe geschrieben, und daß sich in den Volksschulen nach der Sprache der überwiegenden Mehrzahl werde gerichtet werden. Der Ministerrat fand gegen diese Erwiderung keine Erinnerung zu machen61.

Pillersdorf, den 20. Mai 1848. Ges. 24. Mai, Franz Karl. Vidi. Ferdinand. Innsbruck, am 25. Mai 1848.