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Nr. 15 Ministerrat, Wien, 27. August 1914

RS.; P. Ehrhart; VS. Stürgkh; BdE. und anw. (Stürgkh 27. 8.), Georgi, Hochenburger, Heinold, Forster, Hussarek, Trnka, Schuster, Zenker, Engel, Morawski.

[Tagesordnungspunkte]
KZ. 66 – MRZ. 44

Protokoll des zu Wien am 27. August 1914 abgehaltenen Ministerrates unter dem Vorsitze Sr. Exzellenz des Herrn Ministerpräsidenten Grafen Stürgkh.

I. Ausdehnung der Einstellung der Wirksamkeit der Geschwornengerichte auf alle im Reichsrate vertretenen Königreiche und Länder

I. ℹ️ Der Justizminister erbittet und erhält die Zustimmung des Ministerrates zur Erlassung einer Gesamtministerialverordnung wegen Einstellung der Wirksamkeit der Geschwornengerichte im ganzen Gebiete der im Reichsrate vertretenen Königreiche und Länder.

Bisher sei durch die Verordnungen vom 25. Juli und 31. Juli 1914, RGBl. Nr. 163 und 189, die Wirksamkeit der Geschwornengerichte im Aufmarschraum, nämlich in Dalmatien, Galizien, der Bukowina und in den Sprengeln der Kreisgerichte Teschen und Neutitschein eingestellt worden1. Seitdem habe die äußere Lage durch die Kriegserklärungen Frankreichs und Englands eine Änderung erfahren. ℹ️Die feindlichen Flotten könnten im Adriatischen Meere Unternehmungen ausführen, ℹ️durch die das Küstenland (Görz, Gradiska, Istrien, das Gebiet von Triest) und auch das benachbarte Krain berührt werden. Dieselben Gesichtspunkte, die zur Einstellung der Wirksamkeit der Geschwornengerichte im Aufmarschraum führten, sprächen dafür, ihre Tätigkeit auch in diesen Gebieten einzustellen. Die fortschreitenden Ereignisse nötigen aber auch in den übrigen Gebieten des Reiches zur gleichen Maßnahme. Das Aufgebot der älteren Jahrgänge des Landsturms und die Verpflichtung zu Kriegsleistungen, die sich auf Männer bis zum 50. Lebensjahre erstrecke, entziehen zahlreiche Personen dem Geschwornendienste. An manchen Orten werde die Bildung der Geschwornenbank im einzelnen Falle überhaupt nicht mehr stattfinden können. Aber auch dort, wo dies vielleicht noch geschehen könne, sei die Annahme mehr als gerechtfertigt, dass die Geschwornen im Drange der Zeit den mächtiger als je auf sie einstürmenden äußeren Eindrücken nachgeben und Verhältnisse und Ereignisse in den Kreis ihrer Erwägungen ziehen und berücksichtigen, die mit der verhandelten einzelnen Strafsache in keinem Zusammenhange stehen und auf sie nicht zurückwirken sollten. Die Geschwornen würden nicht mehr die innere Ruhe und Überlegung besitzen, um die in der Verhandlung vorgebrachten Tatsachen für sich allein zu würdigen und, wie es ihr Eid verlangt, nur nach den für und wider den Beschuldigten vorgebrachten Beweismitteln und ihrer darauf begründeten Überzeugung zu urteilen. Trotz des guten Willens und Eifers des Einzelnen fehle die Ruhe und Besonnenheit und die leidenschaftslose Beurteilung, welche die wesentlichen Bürgschaften für eine unparteiische und unabhängige Rechtsprechung bilden.

Zu diesen Gründen träten noch zwei Erwägungen, die nach dem Wortlaute des Gesetzes vom 23. Mai 1873, RGBl. Nr. 120, zwar nicht ausschlaggebend sein können, aber doch eine nicht zu unterschätzende Bedeutung besitzen. Durch die kriegerischen Ereignisse sei das wirtschaftliche Leben vielfach gestört und unterbunden. Der Staat könne sich nach außen nur durchsetzen, wenn er alle Kräfte zusammenfasst und verwendet. Das Geschwornengericht halte nun durch eine geraume Zeit – es könne sich nicht nur um Tage und Wochen, sondern auch um Monate handeln – eine ganz erhebliche Zahl von Männern, die mitten im erwerbenden Leben stehen, ferne von ihrem Wohnorte am Gerichtsorte fest, da die Geschwornen zumeist täglich wenigstens zur Bildung der Geschwornenbank erscheinen müssen. Im Frieden könne diese Last von der Bevölkerung getragen werden, ohne dass Nachteile für die Gesamtheit oder den Einzelnen besorgt werden müssten. In der gegenwärtigen Zeit hieße dies aber wirtschaftliche Kräfte vergeuden und der Bevölkerung eine Bürde auferlegen, die zu tragen sie kaum imstande wäre. Die Ereignisse hätten es mit sich gebracht, dass eine erhebliche Zahl von verhafteten Personen aus Dalmatien in das Innere des Reiches, insbesondere nach Steiermark geschafft werden musste, die sich wegen strafbarer Handlungen zu verantworten haben, die sie vor dem Eintritte der Militärgerichtsbarkeit (kaiserliche Verordnung vom 25. Juli 1914, RGBl. Nr. 156) begangen haben2. Die Zivilgerichte, bei denen sie jetzt in Haft sich befinden, werden zur Durchführung des Verfahrens und zur Verhandlung delegiert werden müssen. Würde bei diesen Gerichten das Geschwornengericht weiterbestehen, so würde, soweit die Sachen vor das Geschwornengericht gehören, ein durch nichts gerechtfertigter Wechsel in der Gerichtsbarkeit eintreten. Die Anklagen müssten vor dem Geschwornengerichte verhandelt werden, während in Dalmatien die Verhandlung vor sechs Richtern vorzunehmen gewesen wäre3.

II. Erwirkung der Erlassung einer kaiserlichen Verordnung über den Einfluss kriegerischer Ereignisse auf den Lauf von Fristen

II. ℹ️ Der Justizminister erbittet und erhält die Zustimmung des Ministerrates zur Erwirkung einer kaiserlichen Verordnung aufgrund des § 14 über den Einfluss kriegerischer Ereignisse auf den Lauf von Fristen4.

Da an die Einhaltung der im Privat- und öffentlichen Rechte vielfach normierten Fristen wichtige Rechtsfolgen geknüpft erscheinen und infolge der kriegerischen Ereignisse die Parteien häufig nicht in der Lage sind, diese Fristen einzuhalten, ergebe sich die Notwendigkeit, Vorsorge zu treffen, dass der Fristenlauf unterbrochen oder gehemmt wird, oder dass die für die Partei aus der Fristversäumnis sonst entstehenden Rechtsnachteile beseitigt oder wenigstens gemildert werden. Um nicht in jedem einzelnen Falle eine kaiserliche Verordnung einholen zu müssen, empfehle sich die Erwirkung einer allgemeinen Ah. Ermächtigung, welche die einzelnen Ministerien in den Stand setzt, innerhalb ihres Verwaltungszweiges die erforderlichen Verfügungen durch Ministerialverordnung zu treffen. Die in der Konferenz vom 17. August 1914 erörterte Erwirkung einer kaiserlichen Verordnung betreffend Ausnahmsbestimmungen für das Verfahren, die Fristen und Termine in Angelegenheiten des öffentlichen Rechtes zugunsten von Militärpersonen können sohin entfallen, da dieser Gegenstand aufgrund der erhofften Ah. Ermächtigung im Wege der Ministerialverordnung zu regeln sein werde5.

III. Erwirkung der Ah. Sanktion für den vom oberösterreichischen Landtage beschlossenen Gesetzentwurf betreffend die Einhebung einer Mietzinsauflage im Gemeindegebiete der Landeshauptstadt Linz

III. ℹ️ Der Minister des Innern erbittet und erhält die Zustimmung des Ministerrates zur Erwirkung der Ah. Sanktion für den vom oberösterreichischen Landtage beschlossenen Entwurf eines Gesetzes betreffend die Einhebung einer Mietzinsauflage im Gemeindegebiete der Landeshauptstadt Linz6.

IV. Erwirkung der Ah. Sanktion für den vom Tiroler Landtage beschlossenen Gesetzentwurf betreffend die Bewilligung einer Totenbeschaugebühr im Gebiete der Stadtgemeinde Rovereto

IV. ℹ️ Der Minister des Innern erbittet und erhält die Zustimmung des Ministerrates zur Erwirkung der Ah. Sanktion für den vom Tiroler Landtag beschlossenen Entwurf eines Gesetzes betreffend die Bewilligung einer Totenbeschaugebühr im Gebiete der Stadtgemeinde Rovereto7.

V. Erwirkung der Ah. Sanktion für die vom oberösterreichischen Landtage beschlossenen Gesetzentwürfe, womit der Stadtgemeinde Steyr die Aufnahme eines Darlehens zum Behufe der Deckung der Baukosten eines Arbeiterwohnhauses und womit ebendieser Stadtgemeinde die Aufnahme eines Darlehens zum Zwecke der Deckung der Kosten des Ankaufes von Prioritätsaktien der bürgerlichen Aktienbrauerei in Steyr bewilligt wird

V. ℹ️ Der Minister des Innern erbittet und erhält die Zustimmung des Ministerrates zur Erwirkung der Ah. Sanktion für die vom oberösterreichischen Landtage beschlossenen Gesetzentwürfe, womit der Stadtgemeinde Steyr die Aufnahme eines Darlehens von 100.000 K zum Behufe der Deckung der Baukosten eines Arbeiterwohnhauses und womit ebendieser Stadtgemeinde die Aufnahme eines Darlehens in gleicher Höhe zum Zwecke der Deckung der Kosten des Ankaufes von Prioritätsaktien der bürgerlichen Aktienbrauerei in Steyr bewilligt wird8.

VI. Erwirkung der Ah. Sanktion für den vom niederösterreichischen Landtage beschlossenen Gesetzentwurf betreffend die zeitliche Umlagebefreiung von Wohngebäuden in Wiener Neustadt

VI. ℹ️ Der Minister des Innern erbittet und erhält die Zustimmung des Ministerrates zur Erwirkung der Ah. Sanktion für den vom niederösterreichischen Landtage beschlossenen Entwurf eines Gesetzes betreffend die zeitliche Umlagebefreiung von Wohngebäuden in Wiener Neustadt9.

VII. Erwirkung der Ah. Sanktion für den vom galizischen Landtage beschlossenen Gesetzentwurf betreffend die Ausscheidung der Attinenz Kropiwiszcze aus dem Verbande der Gemeinde Kornicz im Bezirke Kolomea und Konstituierung derselben als selbstständige Ortsgemeinde

VII. ℹ️ Der Minister des Innern erbittet und erhält die Zustimmung des Ministerrates zur Erwirkung der Ah. Sanktion für den vom galizischen Landtage beschlossenen Entwurf eines Gesetzes betreffend die Ausscheidung der Attinenz Kropiwiszcze aus dem Verbande der Gemeinde Kornicz im Bezirke Kolomea und Konstituierung derselben als selbstständige Ortsgemeinde10.

VIII. Erwirkung der Ah. Sanktion für den vom mährischen Landtage beschlossenen Gesetzentwurf betreffend die Übertragung der Schuberkenntnisfällung an die Gemeinde Triesch

VIII. ℹ️ Der Minister des Innern erbittet und erhält die Zustimmung des Ministerrates zur Erwirkung der Ah. Sanktion für den vom mährischen Landtage beschlossenen Entwurf eines Gesetzes betreffend die Übertragung der Schuberkenntnisfällung an die Gemeinde Triesch11.

IX. Erwirkung der Ah. Sanktion für den vom mährischen Landtage beschlossenen Gesetzentwurf betreffend die Einhebung einer Mietzinsauflage in der Stadtgemeinde Sternberg

IX. ℹ️ Der Minister des Innern erbittet und erhält die Zustimmung des Ministerrates zur Erwirkung der Ah. Sanktion für den vom mährischen Landtage beschlossenen Entwurf eines Gesetzes, wirksam für die Markgrafschaft Mähren, betreffend die Einhebung einer Mietzinsauflage in der Stadtgemeinde Sternberg12.

X. Erwirkung der Ah. Sanktion für den vom mährischen Landtage beschlossenen Gesetzentwurf betreffend die Einhebung einer Mietzinsauflage in der Stadtgemeinde Römerstadt

X. ℹ️ Der Minister des Innern erbittet und erhält die Zustimmung des Ministerrates zur Erwirkung der Ah. Sanktion für den vom mährischen Landtage beschlossenen Entwurf eines Gesetzes, wirksam für die Markgrafschaft Mähren, betreffend die Einhebung einer Mietzinsauflage in der Stadtgemeinde Römerstadt13.

XI. Mitteilung des Eisenbahnministers über die Verwendung der Eisenbahnen für volkswirtschaftliche Zwecke

XI. ℹ️ Der Eisenbahnminister erinnert daran, dass er im Ministerrat vom 24. August auf die Notwendigkeit hingewiesen habe, die Eisenbahnen nunmehr wiederum in einem größeren Ausmaße für wirtschaftliche Zwecke dienstbar zu machen, damit die Stockung des Verkehrs nicht bei verschiedenen industriellen Unternehmungen zur Betriebseinstellung führe14. Er freue sich konstatieren zu können, dass die einschlägigen Verhandlungen mit der Kriegsverwaltung ein dankenswertes Entgegenkommen dieser letzteren gezeitigt haben, und hoffe, in steter Fühlung mit den betreffenden militärischen Stellen neben der selbstverständlichen Wahrung der primär ins Gewicht fallenden Transportinteressen der Wehrmacht, auch die volkswirtschaftlichen Bedürfnisse einer sukzessiven Befriedigung zuführen zu können.

Der Ministerrat nimmt diese Mitteilung mit Befriedigung zur Kenntnis15.

XII. Erwirkung einer kaiserlichen Verordnung betreffend die Ergänzung der Gewerbeordnung durch Einführung von Interimslegitimationen anstelle der Arbeitsbücher für infolge von Betriebseinstellung entlassene Hilfsarbeiter

XII. ℹ️ Der Handelsminister erbittet die Zustimmung des Ministerrates zur Erwirkung einer kaiserlichen Verordnung aufgrund des § 14 betreffend die Ergänzung der §§ 79–81 der Gewerbeordnung16 durch Einführung von Interimslegitimationen anstelle der Arbeitsbücher für infolge von Betriebseinstellung entlassene Hilfsarbeiter.

Es sei ein Wunsch sowohl der Arbeitgeber als der Arbeitnehmer, dass in jenen Fällen, wo Betriebe nur infolge der kriegerischen Verwicklungen vorübergehend ganz oder teilweise zur Einstellung gelangen, das Band zwischen den Arbeitgebern und ihren alten Arbeitern nicht vollständig gelöst werde und dass zu diesem Ende das Arbeitsbuch bei dem ursprünglichen Arbeitgeber verbleiben dürfe und der Arbeiter eine Interimslegitimation erhalte, die ihn in die Lage versetzt, zwischenzeitig anderwärts Arbeit zu suchen17. Diesem durchaus zu billigenden Wunsche könne aber nur im Wege einer Ergänzung der Gewerbeordnung Rechnung getragen werden. Der Ministerpräsident betont, dass die Frage der Abschaffung der Arbeitsbücher eine außerordentlich umstrittene sei und dass sich in dieser Hinsicht die Auffassungen verschiedener Parteien diametral entgegenstünden. Die vom Handelsminister vorgeschlagene Maßnahme sei im Sinne einer streng provisorischen gewiss zu akzeptieren, es müsse aber alles vermieden werden, was der künftigen definitiven Austragung der Frage des Arbeitsbuches vorgreife. Es erscheine daher sehr wünschenswert, den Charakter der in Verhandlung stehenden kaiserlichen Verordnung als reinen Provisoriums auch dadurch zum Ausdrucke zu bringen, dass die seinerzeitige Aufhebung nicht wieder durch ein Gesetz oder durch eine kaiserliche Verordnung zu erfolgen hätte, sondern dass schon jetzt die Regierung zur Aufhebung der neuen Bestimmungen im Wege bloßer Ministerialverordnung ermächtigt werde. Der Handelsminister erklärt sich mit dieser Anregung völlig einverstanden und erhält sohin die erbetene Zustimmung18.

XIII. Mitteilung des Ackerbauministers über das Eingreifen des Kriegsüberwachungsamtes in die Kompetenz der Ressorts

XIII. ℹ️ Der Ackerbauminister glaubt die Aufmerksamkeit des Ministerrates auf zwei typische Fälle hinlenken zu sollen, wo das Kriegsüberwachungsamt in die Kompetenz der Ressorts eingegriffen habe19.

Es seien dies Fälle der Bewilligung von Ausnahmen gegenüber den Ausfuhrverboten20, deren einer die Ausfuhr von Eiern und Kleie, der andere die Ausfuhr einer größeren Anzahl von Mastochsen nach Deutschland betreffe. In beiden Fällen habe das Kriegsüberwachungsamt sich für kompetent gehalten, diese Ausnahmen selbst zu bewilligen und die zuständigen Ressorts seien erst nachträglich in Kenntnis dieser Verfügungen gelangt. Es sei einstweilen gelungen, die Durchführung aufzuhalten, es erscheine aber auch notwendig, pro futuro derartigen Kompetenzverkennungen vorzubeugen. Was die Rechtslage anbelangt, so sei sich der sprechende Minister natürlich vollkommen im Klaren, dass die Ausfuhrverbote zunächst im militärischen Interesse erlassen wurden und dass daher Ausnahmen von den Ausfuhrverboten in erster Linie unter dem Gesichtspunkte ihrer Rückwirkung auf die militärischen Interessen, daher auch von den militärischen Stellen zu prüfen seien. Es gebe also natürlich keine Ausnahme von den Ausfuhrverboten gegen das militärische Interesse oder ohne Zustimmung der militärischen Faktoren. Mit der Wahrnehmung dieses Gesichtspunktes sei aber in concreto das Problem nicht ausgeschöpft. Es müsste vielmehr vielfach auch dort, wo vielleicht vom militärischen Standpunkte eine Ausnahme gestattet werden könnte, die bezügliche Bewilligung doch verweigert werden, weil ernste volkswirtschaftliche Interessen entgegenstehen. Zur Würdigung dieser Seite der Frage seien aber jedenfalls die ressortmäßig kompetenten Ministerien berufen und das Kriegsüberwachungsamt sei, wenn es im Gegenstande ganz selbstständig verfügt und überdies eine Fühlungnahme mit den beteiligten Ressorts unterlassen habe, sowohl formell als meritorisch zweifellos über seine Kompetenz hinausgegangen. Dazu komme auch noch der Umstand, dass wir vielfach auf Ausfuhrsbewilligungen des Deutschen Reiches angewiesen seien und dass man daher die Ausfuhrsbewilligungen unsererseits als Kompensationsobjekte zu verwenden trachten müsse.

Der Handelsminister und der Leiter des Finanzministeriums sprechen sich in analogem Sinne aus und Letzterer betont, dass er sich in den vorliegenden konkreten Fällen nicht in der Lage sehe, vor Austragung der Fragen die Zollämter zur Abfertigung der gegenständlichen Sendungen zu ermächtigen. In einer längeren Debatte, an welcher sich auch der Ministerpräsident und die Mehrzahl der Mitglieder des Kabinetts beteiligen, wird der Anschauung Ausdruck gegeben, dass es notwendig sei, in dieser Richtung eine prinzipielle Auseinandersetzung mit den kompetenten militärischen Stellen herbeizuführen, um rechtzeitig die Wahrung der verschiedenen Kompetenzen zu sichern. Der Ministerpräsident übernimmt es, aufgrund einer ihm vom Handelsminister im Einvernehmen mit den mitbeteiligten Ressorts zu liefernden Vorlage im Gegenstande an das Kriegsministerium und an das Armee-Oberkommando heranzutreten21.

XIV. Erwirkung der Erlassung einer kaiserlichen Verordnung betreffend die Verwendbarkeit der von der Gemeinde Wien aufgrund des ihr mit dem Landesgesetz vom 18. Juli 1914, LGBl. Nr. 97, bewilligten Anlehens auszugebenden Teilschuldverschreibungen zur fruchtbringenden Anlegung von Stiftungs-, Pupillar- und ähnlichen Kapitalien

XIV. ℹ️ Der Leiter des Finanzministeriums erbittet und erhält die Zustimmung des Ministerrates zur Erwirkung einer kaiserlichen Verordnung aufgrund des § 14 betreffend die Verwendbarkeit der von der Gemeinde Wien aufgrund des ihr mit dem Landesgesetze vom 18. Juli 1914, LGBl. Nr. 97, bewilligten Anlehens auszugebenden Teilschuldverschreibungen zur fruchtbringenden Anlegung von Stiftungs-, Pupillar- und ähnlichen Kapitalien. Die Zuerkennung der Pupillarsicherheit für das Anlehen der Gemeinde Wien begegne sachlich keinerlei Bedenken. Unter den gegenwärtigen Umständen könne hiefür der Weg des § 14 betreten werden. Die Dringlichkeit erscheine insoferne gegeben, als die Gemeinde eine Aktion wegen Vornahme größerer Investitionen behufs Beschäftigung Arbeitsloser plane, wozu sie größerer Mittel bedürfe. Durch die Zuerkennung der Pupillarsicherheit würde der Gemeinde die Verwertung ihres Anlehens sehr erleichtert22.

Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolles zur Kenntnis genommen. Wien, 13. Dezember 1914. Franz Joseph.