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Nr. 109 Ministerrat, Wien, 13. November 1866 - Retrodigitalisat (PDF)

  • ℹ️ anwesend:
  • RS.; P. Hueber; VS. Belcredi; BdE. und anw. (Belcredi 13. 11.), Beust, Mailáth 26. 11., Larisch 23. 11., Wüllerstorf 23. 11., John 24. 11., Mercandin für V 24. 11., Haller für VI 24. 11., Geringer für V–VI 25. 11.; außerdem anw. Becke; abw. Komers.

MRZ. 109 – KZ. 3905 –

Protokoll des zu Wien am 13. November 1866 abgehaltenen Ministerrates unter dem Vorsitze Sr. Exzellenz des Herrn Staatsministers Grafen Belcredi.

I. Ärarialvorschuß für die Kronprinz-Rudolf-Bahn

Vortrag des Finanzministers wegen Bewilligung eines Ärarialvorschusses von 5 Millionen fr. für die Unternehmung der Kronprinz-Rudolf-Bahn.

Der Sektionschef Freiherr v. Becke stellte den Sachverhalt mit dem Beifügen dar, daß der Ministerrat bereits in der Sitzung vom 8. Oktober l. J. die Gewährung des Vorschusses von 5 Millionen fr. an diese Unternehmung im Prinzipe beschlossen habe1 und daß der Gegenstand nur infolge des damals von dem ungarischen Hofkanzler ausgesprochenen Wunsches neuerdings in der Konferenz zum Vortrage gebracht werde, einerseits um nachzuweisen, daß für diesen Vorschuß eine genügende Garantie geboten sei, andererseits aber, um das Übereinkommen mit den Konzessionären über die Bedingungen und Modalitäten dieser Vorschußverleihung zur Kenntnis des Ministerrates zu bringen. Nachdem Baron Becke in beiden Beziehungen die Aufklärungen gegeben hatte, welche in dem bereits vorbereiteten au. Vortrage des Finanzministers vollinhaltlich aufgenommen sind, und nachdem er weiters beruhigende Aufschlüsse über die Sicherheit der Beschaffung des zum gänzlichen Ausbau der konzessionierten Bahn über diese 5 Millionen noch weiters erforderlichen Anlagekapitals erteilt hatte, nachdem endlich der Handelsminister wiederholt die hohe Wichtigkeit des Zustandekommens dieser Bahn in nationalökonomischer und militärischer Beziehung betont hatte, sprach sich die Konferenz stimmeneinhellig für die Gewährung des Ärarialvorschusses von 5 Millionen fr. an die Unternehmung der Kronprinz-Rudolf-Bahn und für die Genehmigung des diesfalls mit derselben vereinbarten Übereinkommens aus2. Baron Becke hatte vorher noch erläuternd beigefügt, daß in dem Finanzgesetze vom 25. August 1866 auf die Gewährung dieses Vorschusses an die genannte Unternehmung pro foro interno bereits vorgedacht worden sei.

II. Notstandsfonds für Dalmatien

Der vorsitzende Staatsminister gab der Konferenz sein Vorhaben kund, über Anregung von Seite des Statthalters für Dalmatien den au. Antrag stellen zu wollen, Se. Majestät mögen, um dem Königreiche Dalmatien einen neuen || S. 300 PDF || Beweis der Ah. landesväterlichen Liebe und Fürsorge zu geben und die Möglichkeit einer Linderung des leider häufig wiederkehrenden Notstandes ohne jedesmalige Inanspruchnahme des Staatsschatzes anzubahnen, Ag. zu gestatten geruhen, daß vorbehaltlich der künftigen definitiven Regelung aus dem mit Ah. Entschließung vom 7. Jänner l. J. dem dalmatinischen Landesfonds für Notstandszwecke gewährten Ärarialvorschusse von 250.000 fr. ein Notstandsfonds für das Königreich Dalmatien gebildet und die Verwaltung desselben der dalmatinischen Statthalterei im Einvernehmen mit dem Landesausschusse übertragen werde3.

Nachdem Graf Belcredi die Motive für diesen Antrag und für die gewählte Form der Ah. Entschließung näher dargestellt hatte, erklärte sich die Konferenz mit dem Vorhaben des Staatsministers einhellig einverstanden4.

III. Urgenz der Vorlagen für den Jahresvoranschlag 1867

Der Finanzminister ersuchte die Minister und die Chefs der Zentralstellen, bei dem herannahenden Ende des Verwaltungsjahres 1866 die Übergabe der Voranschläge für ihre Ressorts pro 1867 an das Finanzministerium ehetunlichst zu veranlassen.

IV. Eintreffen der französischen Bevollmächtigten zum Abschluß des Handelsvertrages

Der Handelsminister eröffnete vorläufig der Konferenz, daß am 20. 1. M. drei Vertreter der französischen Regierung zum Abschlusse des Handelsvertrages mit Frankreich in Wien eintreffen werden und daß einer derselben, Monsieur Ausin, neben dem französischen Botschafter Duc de Gramont hiezu mit besonderer Vollmacht versehen sein wird5.

V. Verordnung über die Beamtenpensionierungen

Der Finanzminister setzte die Konferenz in Kenntnis, er habe mit dem au. Vortrage vom 9. v. M., Z. 55806, Sr. Majestät die im Ministerrate vom 28. September l. J. vereinbarte Verordnung über die Pensionsbehandlung der aus Anlaß von Umgestaltungen im Organismus der Behörden oder von Personalstandsreduzierungen als entbehrlich erkannten Beamten und Diener (Beilagea ) mit der Bitte um Ag. Genehmigung unterbreitet. Se. Majestät haben hierüber den Staatsrat zu vernehmen geruht, welcher sein Gutachten mit dem au. Vortrage vom 25. v. M., Z. 532/St., erstattet habe7.

Der Leiter des Staatsrates stellte das in diesem au. Vortrage niedergelegte Ergebnis der staatsrätlichen Beratung in eingehender Weise mit dem Schlußbemerken || S. 301 PDF || dar, daß sich zwei Stimmen, wenngleich nur bedingt durch Rücksichten der Ökonomie und der Opportunität, für die ministeriellen Anträge, vier Stimmen aber dagegen erklärt haben, daß weiters alle Stimmen die Bewilligung wenigstens eines Begünstigungsjahres befürwortet, darunter drei Stimmen aber auch die Beibehaltung und angemessene Verwendung aller verwendbaren Beamten beantragt haben. Baron Geringer stellte sohin die Gründe des Rechtes und der Verwaltungspolitik sowie die finanziellen Motive dar, welche auch nach seinem Dafürhalten für die Ausdehnung der vorgeschlagenen neuen Pensionsskala auf alle von nun an eintretenden Versetzungen in den Ruhestand, und zwar auch der bei königlichen Justiz- und Verwaltungsbehörden in Ungarn, Kroatien und Siebenbürgen dienenden Beamten, das Wort führen, und erwähnte, daß nach seinem Vermittlungsantrage die mit allgemeiner und dauernder Wirksamkeit kundzumachende Norm in Form einer kaiserlichen Verordnung zu erlassen wäre, daß dagegen die Anordnungen über die jetzt verfügbar werdenden Beamten, da sie nur auf eine vorübergehende Veranlassung berechnet sind, den geeigneten Platz in der Ah. Entschließung finden dürften, für die er nachstehenden Entwurf au. in Vorlage gebracht habe: „Die hier vorgeschlagenen Bestimmungen über das Pensionsausmaß und die Abfertigung finde Ich durch die beiliegende kaiserliche Verordnung als allgemeine Norm für die Behandlung der von nun an außer Aktivität tretenden Staatsdiener vorzuzeichnen. Diese Norm findet demnach auch auf jene Beamten und Diener Anwendung, welche aus Anlaß der bevorstehenden Auflösungen oder organischen Umgestaltungen von Behörden oder bei Reduzierungen des Personalstandes entbehrlich und nach vorläufiger genauer Sichtung durch Beschluß der berufenen Behörde für die weitere Verwendung im Staatsdienste nicht vollkommen geeignet erkannt werden. Jene Beamten und Diener dagegen, welche hiebei für eine entsprechende Verwendung im Staatsdienste noch vollkommen geeignet erkannt werden, sind gemäß den mit Meiner Entschließung vom 15. Juni 1861 genehmigten Bestimmungen auf erledigte systemmäßige Dienstposten unterzubringen oder sonst in angemessener Weise im aktiven Dienste zu verwenden und, insoferne dies nicht tunlich wäre, nach Ablauf der mit jener Entschließung gewährten Begünstigungsfrist ebenfalls nach der jetzt von mir genehmigten allgemeinen Norm zu behandeln. Diese Bestimmungen haben auch auf die Beamten und Diener aus dem lombardisch-venezianischen Königreiche Anwendung zu finden8.“

Der Präsident der Obersten Rechnungskontrollsbehörde bemerkte, daß er schon bei der ersten Beratung dieses Gegenstandes im Ministerrate vom 28. September l. J. die Gründe entwickelt habe, welche nach seiner Meinung der Verallgemeinung dieser Verordnung das Wort sprächen, die finanziellen Rücksichten haben jedoch im Ministerrate den Ausschlag gegeben und dazu geführt, daß die neue Verordnung bloß für die aus Anlaß der durch Umgestaltungen im Organismus der Behörden als entbehrlich erkannten Beamten als annehmbar befunden wurde9. Gegen die Gewährung eines Begünstigungsjahres, worauf || S. 302 PDF || der Staatsrat angetragen habe, müsse sich Votant mit aller Entschiedenheit aussprechen, die Erfahrung habe sattsam gelehrt, daß hierin ein arger Krebsschaden der Staatsfinanzen liege. Die Begünstigungsfrist, die ursprünglich nur für ein Jahr zugestanden war, sei aus Kommiserationsrücksichten auf ein zweites und drittes Jahr verlängert worden; die Finanzlage habe die unbedingte Notwendigkeit mit sich gebracht, den Verwaltungsaufwand durch Umgestaltungen im Organismus und implizite durch Personalstandsreduzierungen zu erleichtern, die Finanznot dränge aber nach einer sofortigen solchen Erleichterung, die aber nicht eintreten könnte, wenn der Staat allen den Beamten, die er nicht mehr braucht und deren Stellen nie mehr wieder besetzt werden sollen, noch durch ein volles Jahr und wahrscheinlich dann noch weiter die vollen Aktivitätsbezüge auszahlen müßte. Daß im Jahre 1861 den aus Ungarn rückkehrenden Beamten das Begünstigungsjahr zugestanden wurde10, sei wegen des alten ungünstigen Pensionsnormales gerechtfertigt gewesen, jetzt aber, wo eben mit Rücksicht auf den Umstand, daß Staatsdiener ohne ihr Verschulden außer dienstliche Verwendung gesetzt werden sollen, für diese ein so günstiges Pensionsschema gewährt werden will, wie es nirgends in Europa besteht, wäre eine Daraufgabe des Begünstigungsjahres nicht zu rechtfertigen. Freiherr v. Becke wendete sich vor allem gegen das in der staatsrätlichen Beratung vorgebrachte Argument, daß im Hinblicke auf den allgemeinen Rechtsstandpunkt, nach welchem mit dem Antritte eines Staatsamtes ein Nahrungsstand begründet wird, und da der Staatsbeamte durch seine Bereitwilligkeit zur ferneren Dienstleistung alle Bedingungen, von welchen sein Nahrungsstand abhängt, erfüllt, seine vermögensrechtlichen Ansprüche auch dann geachtet werden müssen, wenn der Staat sich des Rechtes, Dienste zu fordern, nicht bedient, und meinte, daß sich über diese Analogie viel streiten ließe, weil man hierin auch ein Mandats- oder ein gemischtes Verhältnis erblicken könne. Jeder Beamte kenne die Pensionsnormen und wisse, daß er, im Falle der Staat seine Dienste nicht mehr in Anspruch nimmt, die Quieszierung oder Pensionierung zu gewärtigen hat. Von einer Begünstigungsfrist komme im allgemeinen Pensionsnormale schon gar nichts vor, und vor dem Jahre 1848 habe man von dem System der Disponibilität bei den Staatsbeamten nichts gewußt. Es bestehe diesfalls zwischen dem Jahre 1861 und jetzt ein großer Unterschied. Damals mußte es für billig angesehen werden, bei der großen Überstürzung, mit welcher die deutschen Beamten zur Rückkehr aus Ungarn genötigt wurden, ihnen zum Behufe der Wiederanstellung eine Begünstigungsfrist zuzugestehen, während jetzt mit aller Ruhe und Überlegung die zur Pension Reifsten ausgesucht werden können und überhaupt ein anderer Titel zur Pensionierung dermal obwaltet. Das finanzielle Moment sei auch nicht von so geringer Bedeutung, als der Staatsrat glaube, der sich von den Personalreduzierungen keine besondere Erleichterung der Verwaltungsauslagen verspreche, weil zugleich der Pensionsetat werde steigen müssen, denn bei einer größeren Anzahl von Funktionären, die der Pensionierung zugeführt werden, werde die effektive Ersparnis, wenn statt des vollen Gehaltes nur vier, fünf oder || S. 303 PDF || sechs Achtel als Pension geleistet zu werden brauchen, nicht unbeträchtlich ausfallen. Und wenn auch bei einer allgemeinen Anwendung der neuen Pensionsskala auf alle, auch auf die aktiv fortdienenden Beamten, eine bedeutende Erhöhung der Staatslast eben nicht zu besorgen wäre, so würde doch immerhin eine solche Erhöhung eintreten, die bei der dermaligen Finanzlage vermieden werden müsse. Ob es ferner jetzt, wo überall so große Umwandlungen bevorstehen und hiezu alles im Flusse sei, angezeigt wäre, ein neues allgemeines Pensionsnormale so ganz incidenter einzuführen und eine so wichtige Frage, über die noch viele Studien von mancherlei Standpunkten, auch von dem der Lebensversicherungswissenschaft, angestellt werden müssen, so einfach, wie der Staatsrat meine, abzutun, müsse Votant bezweifeln. Baron Becke machte noch darauf aufmerksam, daß bei der ersten Ministerberatung über diesen Gegenstand der Handelsminister ein Vermittlungsamendement bezüglich der Beamten, die über 30 Jahre dienen, dahin gestellt habe, daß diese Beamten, im Falle sie dienstuntauglich werden, nach der in Rede stehenden neuen Pensionsnorm behandelt werden sollen. Hierin könnte vielleicht ein Ausweg aus den Meinungsverschiedenheiten gefunden werden, obgleich Votant vom Standpunkte der Finanzverwaltung nur darauf einraten zu sollen glaube, der Ministerrat möge bei seinem am 28. September gefaßten Beschlusse beharren und sonach Se. Majestät au. um die Ah. Genehmigung der hienach redigierten, dem au. Vortrage des Finanzministeriums zuliegenden Verordnung gebeten werden. Der Handelsminister meinte, daß die Behauptung des Barons Becke von erhöhten Auslagen bei Anwendung des neuen Pensionsschemas für alle Beamten erst eines Beweises bedürfe, denn man könne es bei allen Ministerien täglich sehen, daß ältere Beamte immer mit Begünstigung pensioniert werden. Wenn aber das neue System nur auf die Reorganisierungen angewendet werden soll, werden sich große finanzielle und dienstliche Schwierigkeiten ergeben. Der Staatsminister gab zu, daß die Ungleichmäßigkeit der Behandlung ein Übelstand sei.

Entscheidend sei übrigens die Frage, ob denn die Regierung überhaupt berechtigt sei, eine so totale Reform des Pensionswesens ohne dringende und zwingende Gründe vorzunehmen. Diese Frage glaube er verneinen zu müssen. Über das alte Pensionssystem werde schon seit vielen, vielen Jahren geklagt, im Zustande des Provisoriums könne man daher nicht mit einem Federzuge dieses System ganz beseitigen und ein neues einführen, welches die Finanzen mehr belastet, noch dazu in einem Augenblicke, wo man alles tun sollte, um die Finanzen zu sublevieren. Leichter könne man noch die Übelstände aus diesem dualistischen System ertragen. Namentlich aus finanziellen Gründen schreite man zur Auflassung von Behörden und zu Personalreduzierungen, die günstigeren Pensionsbehandlungen können daher auch nur bezüglich jener Beamten gerechtfertigt werden, die sofort ohne ihr Verschulden außer Verwendung gesetzt werden. Die Rechtsfrage, daß es der Staatsverwaltung freistehe, Beamte, deren Dienste sie nicht mehr in Anspruch nimmt, zu pensionieren, sei schon lange klargestellt, bei der massenhaften Rückkehr der deutschen Beamten aus Ungarn sei man auch danach vorgegangen und habe das Verfahren nur durch das Zugeständnis eines Begünstigungsjahres gemildert. Dermal sei es aber aus finanziellen Rücksichten || S. 304 PDF || unmöglich, den betreffenden Beamten eine Begünstigungsfrist zu bewilligen.

Bei der nach dieser Debatte von dem Vorsitzenden gehaltenen Umfrage sprachen sich sämtliche Konferenzmitglieder gegen den Antrag des Staatsrates in betreff der Bewilligung eines Begünstigungsjahres aus. Der ungarische Hofkanzler , der Handelsminister und der Kriegsminister stimmten für die Anwendung der neuen Pensionsskala auch auf die im aktiven Dienste verbleibenden Beamten, während der Staatsminister , der Minister des Äußern und der Finanzminister sich für die unveränderte Beibehaltung der im Ministerrate vom 28. September l. J. beschlossenen Verordnung aussprachen11.

VI. Einführung der Grundbücher in Siebenbürgen

Der Leiter der siebenbürgischen Hofkanzlei Graf Haller setzte die Konferenz in Kenntnis, daß die siebenbürgische Hofkanzlei über Andringen des Gouverneurs von Siebenbürgen Grafen Crenneville mit dem au. Vortrage vom 21. September 1. J., Z. 4003, Sr. Majestät den Entwurf eines Ah. Reskriptes an das königlich siebenbürgische Gubernium wegen Einführung der Grundbücher in Siebenbürgen auf Grund der diesfällig im Königreiche Ungarn geltenden Bestimmungen zur Ah. Genehmigung unterbreitet habe12. Wohl sei diese Einführung ein Gegenstand der ordentlichen Legislative, die Hofkanzlei sei jedoch der Meinung, daß unter den gegebenen Verhältnissen die triftigsten Gründe dafür sprechen, den Zeitpunkt, bis die Legislative über die zur Schaffung des in Siebenbürgen fast ganz mangelnden Realkredits unumgänglich erforderlichen Grundbücher verhandeln könnte, nicht weiterhin abzuwarten, sondern schon jetzt die betreffenden, in anderen Ländern erprobten Bestimmungen auch in Siebenbürgen ins Leben treten zu lassen. Dies würde im Lande mit der größten Dankbarkeit aufgenommen werden, und etwaige Bedenken hinsichtlich der Form der Einführung würden nicht hindernd entgegentreten, was auch das Gubernium und dessen Präsidium bestätigen. Übereinstimmend mit dessen Gutachten habe die siebenbürgische Hofkanzlei geglaubt, daß bei der wesentlichen Gleichheit der Besitz- und anderen Verhältnisse die bezüglichen in Ungarn erlassenen Verordnungen mit wenig Abweichungen auch für Siebenbürgen passen. Sie habe sonach zur Ah. Genehmigung den Entwurf eines Ah. Reskriptes an das siebenbürgische Gubernium vorgelegt, welches mehrere Bestimmungen über die Anlegung der Grundbücher enthält, im übrigen aber verordnet, daß auch für Siebenbürgen jene Vorschriften Geltung erhalten sollen, welche in Ungarn rücksichtlich des Vorganges bei der Verlautbarung und Berichtigung der neu anzulegenden Grundbücher, dann rücksichtlich der Fortführung derselben kundgemacht worden sind, das ist sowohl die für Ungarn am 15. Dezember 1855 erlassene Grundbuchsordnung13 mit den darauf Bezug nehmenden Nachtragsverordnungen als auch die hieher gehörigen Beschlüsse der Judex-Curial-Konferenz, || S. 305 PDF || sofern durch diese nachträglichen Verordnungen und Gesetze die in Siebenbürgen derzeit bestehenden allgemeinen Rechtsbestimmungen nicht berührt werden.

Der Leiter des Staatsrates erwähnte, daß dieser Gegenstand über Ah. Befehl einer Beratung im Staatsrate unterzogen worden sei und daß die im Staatsrate diesfalls ausgesprochenen Meinungen in dessen hierüber erstatteten au. Vortrage vom 27. Oktober 1. J., Z. 501/St., enthalten seien14. Nachdem Baron Geringer den Inhalt dieses au. Vortrages zur Kenntnis der Konferenz gebracht hatte, reassumierte er das Ergebnis der staatsrätlichen Beratung dahin: der Staatsrat habe sich aus formellen Gründen gegen die Oktroyierung ausgesprochen, für den Fall aber, als über die dagegen angeregten Bedenken hinausgegangen werden wollte, darauf eingeraten, daß die siebenbürgische Hofkanzlei beauftragt werde, auf Grund des von dem Justizministerium im Jahre 1863 gemachten Entwurfes eines Gesetzes über die Anlegung der Grundbücher15 und unter Adaptierung desselben für siebenbürgische Verhältnisse eine neue Vorlage zur Einführung der Grundbücher in Siebenbürgen durch den obersten Gerichtshof des Landes ausarbeiten zu lassen. Baron Geringer bemerkte weiters, daß er bezüglich der formellen Frage in die von dem Gubernium und der Hofkanzlei übereinstimmend abgegebene Meinung kompromittieren zu sollen erachtet und aus den von ihm im au. Vortrage des Staatsrates entwickelten Gründen sich für die Einführung der Grundbücher in Siebenbürgen im Wege der Oktroyierung, jedoch mit Zugrundelegung des Entwurfes des Justizministeriums vom Jahre 1863 ausgesprochen habe und daß seine weiteren diesbezüglichen Anträge in dem von ihm vorgeschlagenen Resolutionsentwurfe enthalten seien (Beilage 2b ).

Graf Haller verkannte nicht, daß das justizministerielle Elaborat vollkommener sei, wenn man aber in der Sache etwas, was nicht schon von vorhinein auf Widerstreben und Anstände stoßen soll, tun wolle, könne es nach seinem Dafürhalten nur in der Art geschehen, daß man die durch Ah. Sanktion für Ungarn als Gesetz genehmigte Grundbuchsordnung vom Jahre 1855 einfach auf Siebenbürgen überträgt. Auch Graf Belcredi war der Ansicht, daß, wenn schon mit einer Oktroyierung vorgegangen werden sollte, der Antrag des Grafen Haller akzeptabler erscheinen dürfte, weil er bloß die Ausdehnung eines schon bestehenden Gesetzes für Siebenbürgen bezweckt. Zudem habe der von dem Justizministerium verfaßte Entwurf der Grundbuchsordnung in den Ausschüssen der Landtage, denen er zur Begutachtung übergeben worden, zu großen Bedenken Anlaß gegeben, die, weil bereits ins Publikum gedrungen, demselben in Siebenbürgen keinen Vorschub leisten würden. Baron Geringer erachtete der Bemerkung des Grafen Haller, daß man im Lande die Einführung der Grundbücher sehnlich wünsche, entgegenhalten zu sollen, daß aktenmäßig dieser Wunsch bloß aus dem Berichte des Gubernialvizepräsidenten Groisz hervorgehe, || S. 306 PDF || daß jedoch der staatsrechtliche Teil der Frage ein so wichtiger sei, daß nur der Gouverneur allein als kompetent angesehen werden sollte, sich hierüber auszusprechen. Auch sei die finanzielle Frage noch gar nicht angeregt und ein Einvernehmen mit dem Finanzministerium gar nicht gepflogen worden. Diese noch vorläufig zu pflegenden Verhandlungen dürften der Hofkanzlei nach Maßgabe der Umstände Gelegenheit bieten, das eine oder das andere zu benützen. Der ungarische Hofkanzler war gleichfalls der Ansicht, daß es rätlicher sein dürfte, die Einführung der Grundbücher in Siebenbürgen im Oktroyierungswege vorläufig zu unterlassen. Die agrarischen Zustände in Siebenbürgen seien mit jenen in Ungarn doch mehr homogen, als aber in Ungarn zur Einführung der Grundbücher geschritten wurde, sei die Kommassation in Ungarn noch nicht durchgeführt und deshalb die Arbeit eine doppelte gewesen; in Siebenbürgen befände man sich diesfalls in demselben Falle, und hieraus müsse ein Grund mehr gefolgert werden, die Grundbuchseinführung in Siebenbürgen momentan nicht zu präzipitieren. Der Minister des Äußern erklärte, daß auch er der Ansicht sei, daß jede Oktroyierung, solange es ohne offenbare Gefahr und Nachteil nur immer möglich, zu vermeiden sei. Zudem müßte es auch Bedenken unterliegen, gerade die ungarische Hypothekenordnung in Siebenbürgen einzuführen, die anerkannt doch nur lückenhaft sei und in manchen Punkten die Wünsche des Landes nicht befriedigen, csich übrigens auch nicht an die dort bestehende Prozeßordnung anschließenc würde. Der Kriegsminister glaubte dem Antrage des Grafen Haller beistimmen zu sollen, wenn letzterer hoffen könne, die Sache mit dem Gouverneur Grafen Crenneville in Gang zu bringen. Nach seinem Dafürhalten sollte man dem Lande eine Sache, die es wünscht, aus bloß formellen Gründen nicht vorenthalten. Graf Belcredi entgegnete auf die letzte Bemerkung, daß man nicht sagen könne, das Land wünsche diese Sache, denn das Land hat dermal kein Organ, welches einen solchen Wunsch kompetent auszusprechen in der Lage wäre. Der Finanzminister erklärte, daß er vom finanziellen Standpunkte dem Antrage der Hofkanzlei gerne beistimmen möchte, weil dadurch der Realkredit in Siebenbürgen unverkennbar eine Erhöhung erfahren würde. Aus politischen Gründen erachte jedoch auch er, daß mit der Maßregel im Oktroyierungswege nicht vorgegangen werden, daß jedoch hiemit die Sache nicht als abgeschlossen betrachtet werden sollte, sondern daß die noch erforderlichen Einvernehmungen und Ausarbeitungen inzwischen vorzunehmen wären, um im geeigneten Momente die geeigneten Anträge neuerdings erstatten zu können. Der Ansicht der Vorstimme schloß sich auch der Handelsminister an, welcher noch darauf aufmerksam zu machen fand, daß es noch andere Länder gebe, wie Dalmatien und Galizien, welche des dem Realkredite so fördersamen Institutes der Grundbücher entbehren, für welche Länder diesfalls ebenso eine Vorsorge zu treffen wäre. Graf Belcredi meinte, daß die Einführung der Grundbücher in Siebenbürgen im Wege königlicher Reskripte in zweifacher Hinsicht bedenklich wäre, und zwar 1. als Oktroyierung an und für sich und || S. 307 PDF || 2. weil die Annahme der diesfälligen ungarischen Bestimmungen für Siebenbürgen als Antizipation der Union Siebenbürgens mit Ungarn aufgefaßt werden könnte.

Graf Belcredi reassumierte sohin das Abstimmungsergebnis dahin: Es habe sich die Majorität des Ministerrates, vier gegen zwei Stimmen, bezüglich der Vorfrage gegen die Oktroyierung, mithin gegen die Ah. Genehmigung des beantragten Reskriptes, ausgesprochen; die mehreren Stimmen seien aber auch dafür gewesen, daß Graf Haller ersucht werde, alle Schritte zu tun, um die noch fehlende Vereinbarung mit dem Finanzministerium bezüglich der Geldfrage, dann die Ausarbeitung der Lokalisierungs- und Grundbuchsdirektionsinstruktion vorzubereiten, um im geeigneten Momente die betreffenden Anträge erstatten zu können16.

dStante concluso erklärte der Leiter der siebenbürgischen Hofkanzlei, daß er seinen Antrag bezüglich der Einführung der Grundbücher vorläufig zurückziehe und sich vorbehalte, denselben im geeigneten Momente zu erneuern.d Stante concluso erklärte der Leiter der siebenbürgischen Hofkanzlei , daß er seinen Antrag bezüglich der Einführung der Grundbücher vorläufig zurückziehe und sich vorbehalte, denselben im geeigneten Momente zu erneuern.

Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen.