Nr. 46 Ministerrat, Wien, 20. Jänner 1866 - Retrodigitalisat (PDF)
- ℹ️ anwesend:
- RS.Reinschrift; P.Protokoll Meyer; VS.Vorsitz Kaiser; BdE.Bestätigung der Einsicht und anw.anwesend (Belcredi 20. 1.), Mensdorff 23. 1., Esterházy 24. 1., Franck, Mailáth 25. 1., Kussevich 26. 1.
MRZ. 46 – KZ. 1470 –
Protokoll der zu Wien am 20. Jänner 1866 abgehaltenen Ministerkonferenz unter dem Ah. Vorsitze Sr. Majestät des Kaisers.
I. Die dem kroatisch-slawonischen Landtag vorgeschlagenen Adreßentwürfe
Der Staatsminister Graf Belcredi gab Kenntnis von den im kroatischen Landtage vorliegenden Entwürfen zu einer Adresse an Se. Majestät als Antwort auf das königliche Eröffnungsreskript1. Die eine hat zum angeblichen Verfasser den Domherrn Račky, zu welcher ein von dem Abgeordneten Cepulić verfaßtes, in einigen Punkten abweichendes Minoritätsgutachten vorliegt. In diesem wird namentlich die Notwendigkeit der Niedersetzung einer aus Abgeordneten des ungarischen und kroatischen Landtages niedergesetzten Kommission betont, welche die Aufgabe hätte, die staatsrechtlichen Fragen zu erörtern. Ein zweiter Entwurf hat den Abgeordneten Stojanović zum Verfasser, zu welcher Baron v. Hellenbach einige Änderungen in Antrag brachte2.
Nach erfolgter Verlesung dieser Entwürfe bemerkte hierauf Se. Majestät , daß es sich nun um die Frage handle, ob es nicht notwendig sei, Instruktionen an den Banus gelangen zu lassen, wodurch er angewiesen wird, seinen Einfluß für Erzielung einer annehmbaren Adresse anzuwenden. Insbesondere habe er sich mit aller Energie gegen die Annahme der Račkyschen Adresse auszusprechen. Der kroatische Hofkanzler Freiherr v. Kussevich sprach die Hoffnung aus, daß es gelingen werde, eine Mehrheit für eine annehmbare Adresse zu erzielen. Es existieren auf dem Landtage vier Parteien, von welchen die Partei Račky oder eigentlich Strossmayer 45, die sogenannte Beamtenpartei etwa 30 und die Grenzdeputierten etwa 50 Köpfe zählen. Alle Anwesenden sprachen sich bezüglich des Račkyschen Adreßentwurfes dahin aus, daß, wenn es gelingen sollte, für diese Adresse im Landtage eine Mehrheit zu erhalten, auf eine solche von der Regierung nur mit einer Auflösung des Landtages geantwortet werden könnte. Graf Belcredi glaubte, daß der Entwurf von Stojanović zur Grundlage der Adreßberatung genommen werden könnte, daß aber in diesem Falle mit aller Entschiedenheit darauf gedrungen werden müßte, daß in diese Adresse eine Stelle aufgenommen werde, welche die gemeinsamen Angelegenheiten im Sinne des § 2 des Oktoberdiploms3 genau präzisiert. Graf Esterházy deutete darauf hin, daß es ebenfalls im Interesse der Regierung liege, aus dem Minoritätsantrage || S. 277 PDF || von Cepulić denjenigen Antrag, welcher von der Niedersetzung einer gemeinsamen Kommission beider Landtage zur Beratung der staatsrechtlichen Fragen handelt, in die Adresse aufgenommen zu sehen, was von dem ungarischen Hofkanzler v. Mailáth lebhaft unterstützt und von allen Anwesenden gebilligt wurde.
Man einigte sich hierauf über folgende an den Banus zu erlassende telegraphische Depesche, welcher sofort Se. Majestät die Ah. Genehmigung erteilte: Auf Ah. Befehl Sr. Majestät des Kaisers: Die Annahme der Račkyschen Adresse würde die Auflösung des Landtages nach sich ziehen. In der Stojanovićschen Adresse wären die gemeinschaftlichen Angelegenheiten im Sinne des Oktoberdiploms, Art. 2, jedenfalls genauer zu präzisieren und in dieselbe aus dem Amendement Cepulić die sofortige Aktivierung einer gemischten Kommission mit Ungarn aufzunehmen. Wirken Sie, daß hiefür die Majorität erzielt und die Grenzer in diesem Sinne stimmen4.
Wien, am 20. Jänner 1866. Belcredi.
Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Wien, den 28. Jänner 1866. Franz Joseph.