Nr. 98 Ministerrat, Wien, 26. Juli 1861 — Protokoll I - Retrodigitalisat (PDF)
- ℹ️ anwesend:
- RS.Reinschrift; P.Protokoll Ransonnet; VS.Vorsitz Rechberg; BdE.Bestätigung der Einsicht und anw.anwesend (Rechberg 27. 7.), Mecséry, Degenfeld, Schmerling, Lasser, Plener, Wickenburg, Forgách, Esterházy, Lichtenfels, Kemény; außerdem anw.anwesend Geringer; abw.abwesend Pratobevera; BdR.Bestätigung des Rückempfangs Rechberg 5. 8.
MRZ. 892 – KZ. 2474 –
Protokoll I des zu Wien am 26. Juli 1861 abgehaltenen Ministerrates unter dem Vorsitze des Ministers des kaiserlichen Hauses und des Äußern Grafen v. Rechberg
[I.] Regelung der Besitzverhältnisse im Gebiet der ehemaligen siebenbürgischen Romanengrenzregimenter
Staatsrat Baron Geringer referierte das Ergebnis der infolge Ministerratsbeschlusses vom 14. Mai d. J.1 gepflogenen Komiteeberatungen über die Feststellung der Grundsätze zur definitiven Regulierung des Grundbesitzes und der Nutzungsrechte der Privaten und Gemeinden in den Bezirken der bestandenen zwei siebenbürgischen Romanengrenzregimenter. An dieser Beratung haben nebst dem Referenten Minister Ritter v. Lasser die Präsidenten Baron Lichtenfels und Baron Keményi, Sektionschef v. Rosenfeld und Sektionsrat Conrad teilgenommen. Baron Geringer las den nach den Majoritätsbeschlüssen neuredigierten Entwurf eines diesfalls Allerhöchstenorts zu erlassenden Handschreibens, zeigte, wo und inwiefern derselbe von dem längeren ersten Entwurfe des Finanzministers abweicht, und erwähnte auch die im Komitee vorgekommenen || S. 245 PDF || abweichenden Meinungen2. Der Referent hob insbesondere bezüglich der sogenannten revindizierten Gebirge3 hervor, daß die Majorität bei ihren Anträgen von dem Wunsche geleitet gewesen sei, allen für die Staatsfinanzen unfruchtbaren, gleichwohl aber Zeit- und Kostenaufwand verursachenden und die Bevölkerung aufregenden Verhandlungen, so weit es tunlich ist, ein Ende zu machen.
Präsident Baron Kemény äußerte, daß er aus den im Protokoll des Komitees4 niedergelegten Gründen für vorsichtiger gehalten hätte, wenn in dem gegenwärtig erfließenden Ah. Erlasse über die revindizierten Gebirge noch nicht entschieden würde. Dieser Meinung sei er noch jetzt. Der Finanzminister bemerkte, er sei ursprünglich auch dieser Meinung gewesen, aber nach genommener Kenntnis von den im Protokoll angeführten Gründen des Majoritätsantrages habe er sich gleichfalls demselben angeschlossen. Minister Ritter v. Lasser erinnerte, er sei selbst geneigt gewesen, in dieser Beziehung noch weiter zu gehen als das Komitee, habe sich aber, um den schwebenden Verhandlungen nicht vorzugreifen, mit dem Majoritätsantrag vereinigt, daß bezüglich jener Gebirge, auf welche privatrechtliche Ansprüche dritter Personen erhoben wurden, bis zu deren Austragung der Status quo aufrechtzuerhalten sei. Der Staatsratspräsident reassumierte kurz die Gründe, die es untunlich erscheinen lassen, daß die Frage wegen der revindizierten Gebirge nach zehnjähriger Verhandlung in der bevorstehenden Ah. Entscheidung noch ungelöst bleibe.
Die übrigen Stimmführer nahmen keinen Anstand, sich den Anträgen des Komitees anzuschließen. Über die Bemerkung des Handelsministers , daß es gut wäre, im Ah. Handschreiben durch einen eigenen Passus den möglichen Prozessen über die Wälder vorzubeugen, klärte Staatsrat Baron Geringer auf, daß solchen Prozessen durch den Ablauf der Präklusivfrist bereits ein Ziel gesetzt wurde5.
II. Einberufung des siebenbürgischen Landtags
Der Minister des Äußern erinnerte, die Einberufung des siebenbürgischen Landtages sei bereits im Monate März d. J. der Gegenstand wiederholter Konferenzberatungen gewesen6. Da jedoch bis jetzt diesfalls noch nichts verlautet, || S. 246 PDF || ersuche er den Präsidenten der siebenbürgischen Hofkanzlei um Mitteilungen über den gegenwärtigen Stand der Sache.
Baron Kemény erwiderte, es sei mittlerweilen mittels Ah. Entschließung vom 24. März über seinen au. Antrag7 der 11. Artikel des Landtages von 1791 über die Organisierung des Landtages aufrechterhalten und bezüglich der Wahlen aus der bisher ausgeschlossenen Volksklasse ein Zensus von 8 fl. öW. direkter Steuer ohne Zuschlag festgesetzt worden, mit dem Beisatze, daß aus dieser Volksklasse auch vollkommen geeignete Männer als Regalisten vorzuschlagen sein werden. Zur Vornahme der Einleitungen für den Landtag müsse der Präsident der siebenbürgischen Hofkanzlei nach der vieljährigen ordnungsmäßigen Übung einen Ah. Befehl erhalten. Sobald dieser erfolgt ist, werde Baron Kemény ohne Verzug das Nötige, insbesondere auch wegen Wahl der Regalisten, an das Gubernium erlassen und die königlichen Propositionen ausarbeiten. Bei gehöriger Tätigkeit würde der siebenbürgische Landtag schon sechs bis acht Wochen nach dem Erfließen des Ah. Befehles zusammentreten können.
Minister Ritter v. Lasser hob heraus, daß das baldigste Zusammentreten des siebenbürgischen Landtages überhaupt, und namentlich wegen des Verhältnisses mit dem Reichsrate, wünschenswert sei. Der Staatsminister , diese Ansicht vollkommen teilend, glaubte, der Ministerrat dürfte sich zur au. Bitte vereinigen, daß Se. k. k. apost. Majestät dem Präsidenten der siebenbürgischen Hofkanzlei den Ah. Auftrag zu erteilen geruhen, daß derselbe die Einleitungen treffe, damit der siebenbürgische Landtag in der kürzesten Zeitfrist zusammentreten könne. Der ungarische Hofkanzler schloß sich diesem der hergebrachten Form entsprechenden au. Antrage an, welcher durch den Beitritt der übrigen Stimmführer zu einem einstimmigen wurde.
Der Staatsratspräsident bemerkte schließlich, daß insbesondere auch bei Berufung der Regalisten auf eine angemessene Vertretung der Romanen Rücksicht zu nehmen sein werde8.
|| S. 247 PDF || Wien, am 27. Julius 1861. Rechberg.
Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Franz Joseph. Wien, den 4. August 1861. Praes[entatum] 5. August 1861. Rechberg.