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Nr. 133 Ministerkonferenz, Wien, 29. März 1860 - Retrodigitalisat (PDF)

  • RS.; P. Marherr; VS. Rechberg; BdE. und anw. (Rechberg 29. 3.), Bruck 30. 3.; anw. a Thun, Nádasdy, Gołuchowski, Thierry, FML. Schmerling.

MRZ. – KZ. 1036 –

[Tagesordnungspunkte]

Protokoll der zu Wien am 29. März 1860 abgehaltenen Ministerkonferenz unter dem Vorsitze des Ministerpräsidenten, Ministers des kaiserlichen Hauses etc. Grafen v. Rechberg.

[I.] Abhaltung von Handelstagen

In der gestern beim Reichsrate gehaltenen Beratung ist der von der Konferenz unterm 13. d. M., MCZ. 390, einstimmig befürwortete Vorschlag des Finanzministers wegen Abhaltung von Handelstagen ablehnend vergutachtet worden, weil weder die Notwendigkeit, noch die Nützlichkeit, noch die Opportunität dieses Vorschlags dargetan sei: nicht die Notwendigkeit, indem sich keine Stimme in der Handelswelt dafür erhoben, ja selbst die Auflösung des Handelsministeriums keinen wahrnehmbaren Eindruck gemacht habe; nicht die Nützlichkeit, indem alle jene Gründe dagegen sprechen, die der Finanzminister selbst einst gegen einen ähnlichen Vorschlag des vormaligen Minister des Inneren wegen Gründung eines landwirtschaftlichen Zentralvereins geltend gemacht habe1; nicht die Opportunität, indem die sukzessive Aktivierung anderer Versammlungen, der Landtage nämlich, bevorstehe.

Der Finanzminister machte dagegen bemerklich, daß die Auflösung des Handelsministeriums den Handelsstand so empfindlich getroffen habe, daß man schon zu Vorstellungen dagegen bei Sr. Majestät entschlossen gewesen und nur auf Anraten des Finanzministers selbst davon abgestanden sei; daß, wenn bis jetzt noch keine Stimme nach Abhaltung von Handelstagen laut geworden, doch darum das Bedürfnis darnach nicht minder fühlbar geworden sei und sich, wenn die Regierung ihm nicht zuvorkäme, bald gegen ihren Willen geltend machen würde; daß zwischen dem besagten landwirtschaftlichen Zentralverein und den Handelstagen der wesentliche Unterschied bestehe, daß jener eine organische Verbindung und Gliederung mit den bestehenden landwirtschaftlichen Provinzvereinen und Instituten mit weitläufiger Korrespondenz etc. bezielte, während die Handelstage bestimmt sein sollen, die Ideen, Ansichten und Bedürfnisse der isoliert stehenden Handelskammern auf dem kürzesten Wege der persönlichen Besprechung auszutauschen, zu erläutern und zu für die Regierung geeigneten Vorschlägen zu bearbeiten; daß endlich die Landtage wohl eher alles andere als Fragen des allgemeinen Handels, des Verkehrs, der Post- und Schiffahrtsverbindungen zum Gegenstande ihre Beratungen machen, also mit jenen der Handelstage nicht kollidieren werden.

|| S. 84 PDF || Unter diesen Umständen glaubte der Finanzminister, sich die wiederholte Zustimmung der Konferenz zu seinem Vorschlage erbitten zu können, welche Zustimmung sofort auch einhellig erteilt wurde2.

Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Franz Joseph. Wien, 1. April 1860.