Nr. 118 Ministerkonferenz, Wien, 2. auf 3. März 1860 – Protokoll I - Retrodigitalisat (PDF)
- ℹ️ anwesend:
- RS.Reinschrift; P.Protokoll Marherr; VS.Vorsitz Rechberg; BdE.Bestätigung der Einsicht und anw.anwesend (Rechberg 3. 3.), Thun 7. 3., Bruck 7. 3., Nádasdy 7. 3., Gołuchowski 7. 3., Thierry 8. 3., Schmerling 8. 3. Teildruck (I): WALTER, Zentralverwaltung III/4, Nr. 26.
MRZ. – KZ. 799 –
Protokoll I der zu Wien in der Nacht vom 2. auf 3. März 1860 abgehaltenen Ministerkonferenz unter dem Vorsitze des Ministerpräsidenten, Ministers des kaiserlichen Hauses etc. Grafen v. Rechberg.
I. Zeitungsartikel über den verstärkten Reichsrat
Zufolge Konferenzbeschlusses soll das Ah. Patent über die Wirksamkeit des verstärkten Reichsrates in der Wiener Zeitung mit einem offiziellen Artikel über die Bedeutung dieses Instituts begleitet werden1.
Es wurden drei Entwürfe dazu vorgelegt und vorgelesen, einer durch den Minister des Inneren, einer vom Finanzminister verfaßt und vorgetragen, einer von Eduard Warrens dem Polizeiminister übergeben. Nach längerer Beratung und wiederholter Prüfung der Aufsätze entschied sich die Mehrheit der Konferenz für jenen des Finanzministers mit einigen wenigen stilistischen Modifikationen, die von ihm selbst sogleich vorgenommen wurden2.
Der Minister des Inneren würde zwar den von ihm vorgetragenen Aufsatz für genügend halten, weil darin die Bedeutung des verstärkten Reichsrates und dessen, was die Regierung damit beabsichtigt, auseinandergesetzt und hiermit für das richtige Verständnis der Maßregel zur Zeit ihres Erscheinens gesorgt ist. Insofern indessen die Majorität der Konferenz sich für den Aufsatz des Finanzministers ausgesprochen hat, erklärte auch der Minister des Inneren, denselben jedenfalls jenem des Warrens vorziehen zu sollen.
Der Kultusminister endlich hätte die Verschmelzung beziehungsweise Umarbeitung dieser beiden Aufsätze für angemessen gehalten, da der Warrenssche, nebst manchem Bedenklichen und nicht zur Sache Gehörigen, unzweifelhaft viel Schätzbares enthält. Auch hat sich Warrens, nach der Bemerkung des Polizeiministers, zur Umarbeitung seines Aufsatzes nach den ihm zu machenden Andeutungen bereit erklärt. Für einen das Patent unmittelbar begleitenden Artikel nun schien der Konferenzmehrheit ein derartiger verschmolzener Artikel zu lang; dagegen erkannte sie es für zweckmäßig, einen auf Grundlage des angenommenen Entwurfs von Warrens auszuarbeitenden Aufsatz einige Zeit nach dem Erscheinen des Patents veröffentlichen zu lassen. Hierwegen würde der Polizeiminister sich mit Warrens ins Einvernehmen setzen3.
II. Pferdeausfuhr nach Serbien
Der Vorstand der Zentralkanzlei des Armeeoberkommandos FML. Ritter v. Schmerling brachte mit Bezug auf die Konferenzverhandlung vom 21. v. M. ad I. den || S. 475 PDF || abermaligen Antrag des k. k. Generalkonsuls in Serbien wegen Verbots der Ausfuhr der vom Fürsten Milosch in Ungern angekauften 80 Stück Pferde in der Rücksicht zur Sprache, weil dieselben für die serbische Artillerie bestimmt sein sollen4.
Die Konferenz ging jedoch auf diesen Antrag, wie schon damals so auch jetzt, umso weniger ein, als, wie der Minister des Äußern bemerkte, Fürst Milosch im Sterben liegt und von dem Nachfolger kriegerische Demonstrationen nicht zu besorgen wären5.
Wien, am 3. März 1860. Rechberg.
Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Franz Joseph. Wien, den 11. März 1860.