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Nr. 507 Ministerkonferenz, Wien, 30. April 1859 - Retrodigitalisat (PDF)

  • ℹ️ anwesend:
  • RS.; P. Marherr; VS. Buol-Schauenstein; BdE. und anw. (Buol 30. 4./1. 5.), gesehen Bach 1. 5., Thun, Toggenburg, Bruck 1. 5., Nádasdy 1. 5., Für Se. Exzellenz den Herrn Ersten Generaladjutanten Sr. Majestät Kellner; abw. Kempen.

MRZ. – KZ. 1511 –

Protokoll der zu Wien am 30. April 1859 abgehaltenen Ministerkonferenz unter dem Vorsitze des Ministers des kaiserlichen Hauses und des Äußern Grafen v. Buol-Schauenstein.

[I.] Emission von 100 Millionen Gulden Assegni del Monte lombardo-veneto im lombardisch-venezianischen Königreiche

Infolge der in der Konferenz vom 14. April 1859 gegen die Ausführbarkeit mehrerer Finanzmaßregeln im lombardisch-venezianischen Königreiche erhobenen Bedenken hat der Finanzminister unterm 16. nämlichen Monats den Ministerialrat v. Vesteneck nach Mailand abgeordnet, um sich an Ort und Stelle über die Verhältnisse genau zu informieren und die Anträge der lombardisch-venezianischen Landes- und Finanzautoritäten zu vernehmen1. Wegen Abwesenheit Sr. k. k. Hoheit des Herrn Erzherzogs Generalgouverneurs war die hierwegen zusammengesetzte Kommission von dem Statthalter Baron Burger präsidiert, und es wohnten derselben nebst dem gedachten Ministerialrate die beiden Finanzpräfekten und der Polizeipräsident der Giunta del censimento bei.

Die Kommission beriet über die Ausführbarkeit der in den Konferenzen vom 7., 9., 14., und 19. April d. J. besprochenen Maßregeln im lombardisch-venezianischen Königreiche, und zwar: a) über ein Zwangsanleihen im Betrage der dreifachen Steuerjahresschuldigkeit mit 5 % verzinslich und in 24 Monatsraten zahlbar; b) über eine außerordentliche Steuer im Betrage einer Jahrsquote in zwölf Monatsraten zahlbar; c) über die Einführung von (vermeintlich à 5 % verzinslichen) Schatzscheinen mit Zwangskurs im Königreiche. Sie erklärte einstimmig die Ausführung der Anträge ad a) und b) derzeit für unmöglich, weil der Grundbesitz verschuldet, Handel und Industrie gelähmt, die Stimmung schwierig, selbst die kurrente Steuerschuldigkeit schwer einbringlich, also auf die Einbringung des Zwangsanleihens oder der außerordentlichen Steuer im Exekutionswege bei der voraussichtlichen Weigerung der Bevölkerung, sich an den exekutiven Lizitationen zu beteiligen, schlechterdings nicht zu rechnen sei. Ebenso entschieden sprach sich die Kommission gegen den Antrag ad c) aus, weil derselbe gegen die Zusicherung der Verordnung vom 25. November 1850, das Land mit keinem Papiergelde mehr heimzusuchen2, verstoßen und unberechenbare ökonomische und politische Nachteile (Steigerung der Preise aller Lebensbedürfnisse und Preisgebung der Beamten etc. den Versuchungen zur Untreue || S. 309 PDF || etc.) mit sich bringen würde. Muß das Land für die gegenwärtigen außerordentlichen Bedürfnisse ins Mitleiden gezogen werden, so erübrigt nach der Ansicht der Kommission nichts als die Emission 5%iger, auf den Monte lombardo-veneto inskribierter, in 25 Jahren zu amortisierender Obligationen mit Rücksicht auf den gegenwärtigen Stand der Montepapiere im Kurse von 70 %, im Gesamtbelaufe von 70 Millionen Gulden, wornach also nach dem obigen Kurse 49 Millionen Gulden effektiv eingehen würden.

Es ist jedoch unter den gegenwärtigen Verhältnissen nicht zu erwarten, daß dieses Anlehen im In- oder Auslande Abnehmer finden werde. Im Königreiche selbst ist dies nach einer über telegrafische Anfrage des Finanzministers eingelaufenen Äußerung der Landesbehörden ebenfalls nicht zu hoffen3. Nachdem nun aber gerechterweise das lombardisch-venezianische Königreich von der auf die übrigen Kronländer mit der kaiserlichen Verordnung vom 29. April 1859, RGBl. 68, gelegten Last4 nicht dispensiert werden kann, so erübrigt nach dem Erachten des Finanzministers nichts anderes, als auch dort mit einer ähnlichen Maßregel vorzugehen. Zu diesem Behufe schlug er die Erlassung einer kaiserlichen Verordnung gültig für dieses Königreich vor, wornach daselbst, gegen Deponierung von 100 Millionen Gulden österreichischer Währung in 5%igen Obligationen beim Monte lombardo-veneto, welche seinerzeit zu verwerten sein würden, Tresorscheine, Assegni del Monte lombardo-veneto zu 1, 5, 10, 100 und 1000 fr. österreichischer Währung mit Zwangskurs im Belaufe von zwei Drittel des Nennwerts jener Obligationen ausgegeben und nach Maß der sukzessiven Verwertung jener Obligationen, die denselben – gleich den von der Bank auszugebenden 5 fr. Noten – zu gesonderter Deckung zu dienen haben, wieder eingezogen werden sollen.

Die Konferenz erklärte sich mit diesem Antrage einverstanden5, und machte der Minister des Inneren den Finanzminister dabei auf das itzt merkbar werdende Verschwinden der Scheidemünze zur geeigneten Verfügung aufmerksam6.

Ah. E. Ich nehme den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis. Franz Joseph. Wien, 3. Mai 1859.