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Nr. 225 Ministerkonferenz, Wien, 3. Juni 1854 - Retrodigitalisat (PDF)

  • ℹ️ anwesend:
  • RS.; P. Wacek; VS. Buol-Schauenstein; BdE. und anw. (Buol 5. 6.), Bach 7. 6., Thun, K. Krauß, Baumgartner.

MRZ. – KZ. 2176 –

Protokoll der am 3. Juni 1854 in Wien abgehaltenen Ministerkonferenz unter dem Vorsitze des Ministers der auswärtigen Angelegenheiten und des kaiserlichen Hauses Grafen v. Buol-Schauenstein.

I. Gesuch des Grafen Johann Baptist Serbelloni-Sfondrati um Legitimierung seines unehelichen Sohnes

Der Justizminister Freiherr v. Krauß brachte eine Meinungsdifferenz zwischen seinem und dem Ministerium des Inneren über das Gesuch des Grafen Johann Baptist Serbelloni-Sfondrati aus Mailand um Legitimierung per rescriptum principis seines mit Franziska Ekerlin gezeugten und unter dem Namen Johann Maria Consolo getauften Sohnes mit den im § 162 des ABGB. verstatteten rechtlichen Folgen — das ist Teilhaftmachung an den Standesvorzügen und des Rechtes an dem frei vererblichen Vermögen — zum Vortrage.

Die Differenz besteht darin, daß der Justizminister aus den in seinem au. Vortrage vom 23. Mai 1854, MCZ. 1637, KZ. 2034, näher angeführten Gründen auf die Ah. Gewährung des von dem Zivilgerichte und dem Oberlandesgerichte in Mailand unterstützten Gesuches des Grafen Serbelloni-Sfondrati anträgt, während sich das Ministerium des Inneren aus den eben dort entwickelten Motiven für die || S. 253 PDF || Abweisung des Gesuches aussprach1. Bei der Besprechung hierüber in der Ministerkonferenz beharrte der Justizminister bei seinem Antrage, und der Minister des Inneren erklärte sich im Grundsatze dagegen, daß uneheliche Kinder legitimiert werden. Für die Gewährung der hier angesuchten Gnade insbesondere sprächen weder hervorragende Verdienste des Vaters noch irgendeine Verdienstlichkeit des Sohnes, welcher, statt sich durch Tapferkeit und ausgezeichnete Dienstleistung Ansprüche auf Anerkennung zu erwerben, im Jahre 1848 als k. k. Leutnant den Dienst quittierte und auf Reisen ging. Für die strengere Behandlung spreche auch die Wahrung des sittlichen und religiösen Prinzips der Ehe. Der Ansicht des Ministers des Inneren für die Abweisung des in der Rede stehenden Gesuches sind die übrigen Stimmführer der Konferenz, somit die Mehrheit, mit der Bemerkung beigetreten, daß auf eine so große, mit der Legitimation verbundenen Gnade, wie im gegebenen Falle der Grafenstand ist, nur dann angetragen werden dürfte, wo ganz besondere Verdienste vorhanden sind, daß in diesem Falle für das zuviel Begehrte zuwenig Verdienste nachgewiesen sind, daß durch leichte Gewährung ähnlicher Gesuche das Adelsinstitut in Verfall kommen könnte und daß es von bösen Folgen sein würde, wenn man dem Übel des Aussterbens einer Familie auf eine solche Weise begegnen wollte2.

II. Todesurteil gegen Hans Kudlich

Der Justizminister brachte weiter die Frage in Anregung, ob ein gegen einen entwichenen Hochverräter in contumaciam gefälltes Todesurteil jetzt nach sechs Jahren noch publiziert werden soll. Der vom österreichischen Reichstage des Jahres 1848 her wohl bekannte Hans Kudlich hat sich mit mehreren anderen Konsorten im Jahre 1849 geflüchtet. Der gegen ihn eingeleitete Prozeß wurde nicht fortgesetzt und erst, als in neuerer Zeit ein verdächtiger Briefwechsel des Kudlich mit seinem Bruder in Schlesien aufkam, wiederaufgenommen und zu Ende geführt3.

Das gegen ihn geschöpfte Todesurteil muß nun Sr. Majestät vorgelegt werden. Einige meinen, daß es in diesem Falle zweckmäßig sein dürfte, von der Publikation des Urteils Umgang zu nehmen, um den Böswilligen den Anlaß zu der Deutung zu nehmen, als ob die Verurteilung des Kudlich wegen der von ihm in Antrag gebrachten Robotaufhebung geschehen wäre4. Der Justizminister meint, daß die Publizierung des Urteils gegen Kudlich zu suspendieren wäre. Wird man einst seiner oder seiner Konsorten (Füster, aVioland, Goldmarka etc.) habhaft, so werden ihnen die Urteile kundgemacht werden. In diesem Sinne gedenkt der Justizminister den au. Vortrag an Se. Majestät zu stellen, womit sich || S. 254 PDF || die Ministerkonferenz um so mehr einverstanden erklärte, als nach der neuen Prozeßordnung der Prozeß gegen Kudlich, wenn man seiner habhaft werden sollte, wieder neu aufgenommen werden müßte, die Publikation des Urteils jetzt ganz ohne Zweck wäre und mit Rücksicht auf die Aufhebung der Belagerungszustände solche Publikationen nun ganz vermieden werden sollten5.

III. Sendung von zwei Abgeordneten zur Eröffnung des Glaspalastes in London

Der Handelsminister Ritter v. Baumgartner eröffnete zur Kenntnis der Konferenz, daß der Glaspalast bzu Sydenham beib London die Bestimmung erhalten habe, zur konstanten Ausstellung der Industrieerzeugnisse zu dienen, und daß am 10. d. M. die Eröffnung dieser Ausstellung stattfinden werde. Es wird gewünscht, daß einige Abgeordnete von uns zu dieser Feierlichkeit nach London gesendet werden. Preußen schickt zwei Abgeordnete hin, einen vom Handelsministerium und einen vom Unterrichtsministerium für die Technischen Anstalten, vom technischen Lehrstande und gibt denselben zwei Individuen von dem dortigen Generalkonsulate bei. Nach der Ansicht des referierenden Ministers sollte Österreich etwas Ähnliches tun, um die gedachte wichtige industrielle Angelegenheit zu ehren. Der Handelsminister wird ein Individuum des Handelsministeriums zu dem gedachten Zwecke dahin abordnen und ersuchte den Minister des Kultus und Unterrichtes, ihm mit aller Beschleunigung einen Mann vom technischen Lehrstande zu bezeichnen, welcher sich ebenfalls zu der gedachten Feierlichkeit nach London zu begeben hätte, was dieser zu tun versprach. Gegen diese Einleitung wurde nichts zu erinnern gefunden6.

IV. Einvernehmung der Ordinariate bei Auszeichnungen für Geistliche

Dem von dem Minister des Kultus und Unterrichtes Grafen Thun an Se. Majestät unterm 1. Juni 1854, MCZ. 1741, KZ. 2162, gestellten au. Antrage, daß er Ah. ermächtigt werden wolle, an sämtliche Länderchefs die Weisung zu erlassen, Auszeichnungen für katholische Geistliche niemals in Antrag zu bringen, ohne vorher das Urteil des betreffenden Ordinariates über ihr Benehmen in kirchlicher Beziehung eingeholt zu haben, hat die Ministerkonferenz mit Ausnahme des Ministers des Inneren beigestimmt. Dieser Minister meint, daß eine solche Vorschrift als Norm für alle Fälle nicht hinauszugeben wäre. Von dieser Anfrage soll die Ah. Verleihung von Auszeichnungen an katholische Geistliche nicht abhängig und Se. Majestät nicht dadurch beengt sein. Es dürften die diesfälligen Anträge und Gutachten der Länderchefs genügen, ohne daß dadurch in einzelnen Fällen die Einholung der Ansichten des Ordinariates ausgeschlossen wäre, nur wäre sie nicht als unverbrüchliche Regel vorzuschreiben7.

V. Dienstverwendung des vormaligen Polizeidirektors in Kaschau Ignaz Kankoffer

Der Minister des Kultus und Unterrichtes referierte weiter über die künftige Dienstesverwendung des ehemaligen Polizeidirektors zu Kaschau Ignaz Kankoffer. Kankoffer wurde, wie der Minister Graf Thun in seinem au. Vortrage vom 27. Mai 1854 darstellt, früher bei dem Bücherrevisionsamte in Lemberg verwendet und später zum Polizeidirektor in Kaschau ernannt. Mit Ah. Entschließung vom 1. Oktober 1852 erhielt der Chef der Obersten Polizeibehörde den Auftrag, ihn der letzteren Dienstleistung zu entheben und dem Kultus- und Unterrichtsminister zur angemessenen Verwendung zur Verfügung zu stellen8. Der Minister Graf Thun hat den Kankoffer der Landesschulbehörde für die Woiwodschaft Serbien und das Temescher Banat zur aushilfsweisen Dienstleistung zugewiesen, welche Verwendung nun mit Aufhebung der Landesschulbehörde und Übertragung ihrer Geschäfte an die Statthalterei von selbst aufgehört hat. Der referierende Minister bringt diesen Sachverhalt zur Ah. Kenntnis Sr. Majestät mit der Bemerkung, daß Kankoffer in geregelten Verhältnissen als Gymnasial- oder Volksschulinspektor nicht angestellt werden könnte, weil er kein praktisch erfahrener Schulmann sei, und erlaubt sich den au. Antrag, Se. Majestät wollen Ag. zu gestatten geruhen, daß derselbe, da er als gewesener Polizeidirektor mit dem politischen Dienste in mehreren Beziehungen vertraut sein muß, da er sonst schätzbare Kenntnisse und einen ganz verläßlichen und erprobten politischen Charakter besitzt, als überzähliger Statthaltereisekretär mit seinen gegenwärtigen Bezügen (1400 f. Gehalt und 200 f. Funktionszulage) bis zu seiner Unterbringung auf einer systemisierten Stelle verwendet bzw. von Sr. Majestät dazu ernannt und dem Minister des Inneren zur Dienstesverwendung zugewiesen werde.

Die Ministerkonferenz, insbesondere der dabei näher beteiligte Minister des Inneren, erklärte sich mit diesem Antrage einverstanden9.

VI. Beratung der lombardisch-venezianischen Bischöfe über Regelung des Religionsunterrichts an den lombardisch-venezianischen Gymnasien

Der Minister Graf Thun bemerkte, daß der Religionsunterricht auf den Gymnasien in den deutsch-slawischen Ländern und nachträglich auch in Ungarn usw. nach den Anträgen der hierorts stattgehabten bischöflichen Versammlung geregelt worden sei10. In Italien bestehen bereits auch achtklassige Gymnasien. Der referierende Minister habe daher den Militär- und Zivilgouverneur des lombardisch-venezianischen Königreiches aufgefordert, um den Religionsunterricht auch auf den italienischen Gymnasien in Ordnung zu bringen, die diesfällige für die übrigen Kronländer erlassene Verordnung einigen Bischöfen aus der Lombardei und aus dem Venetianischen zu dem Ende mitzuteilen, damit sie, || S. 256 PDF || wenn sie damit einverstanden sind, darnach einen Plan für den Religionsunterricht auf den italienischen Gymnasien ausarbeiten und dann hierüber mit den übrigen Bischöfen des lombardisch-venezianischen Königreiches Beratung pflegen. Der Generalgouverneur nimmt Anstand, eine Zusammentretung der dortigen Bischöfe zu gestatten, in der Besorgnis, daß nicht [sic!] auf dieser Versammlung auch andere der Regierung nicht erwünschte Gegenstände zur Sprache kommen, während Graf Rechberg kein Bedenken tragen würde, die Bischöfe zusammentreten zu lassen, da von einer Versammlung der Männer, die jetzt dortlands die Bischofssitze innehaben, nicht wohl ein Nachteil zu besorgen sei. Der Minister Graf Thun glaubt, auf der Einleitung dieser Zusammentretung beharren zu sollen, weil man sonst, ohne die Bischöfe vernommen zu haben, mit der Ordnung des Religionsunterrichtes auf den italienischen Gymnasien gar nicht zu Ende kommen würde. Die Konferenz erklärte sich damit einverstanden11.

VII. Rehabilitierung des gewesenen Professors Alexius Dosa

Der Kultus- und Unterrichtsminister Graf Thun referierte weiter über die Rehabilitierung des Professors an der evangelisch reformierten Lehranstalt zu Maros-Vásárhely Dosa zur Wiedereinstellung im Staatsdienste. Derselbe wurde von der revolutionären Regierung zum Regierungskommissär ernannt und hat diese Stelle bis zur Beendigung der Revolution bekleidet. Er hat sich zur Untersuchung gestellt, wurde zwar verurteilt, es wurde ihm aber bald darauf die Strafe gemildert und später ganz nachgesehen12. Der Generalgouverneur von Siebenbürgen13 und der Chef der Obersten Polizeibehörde Freiherr v. Kempen tragen auf dessen Rehabilitierung, d. i. Befähigung zur Wiederanstellung, an, jedoch außer dem Schulfache.

Der Minister Graf Thun glaubt, diesen Antrag unterstützen zu sollen. Dosa habe zwar von der revolutionären Regierung eine Anstellung angenommen, dieselbe jedoch, wie ihm bezeugt wird, in dem besten Sinne gehandhabt, um nämlich soviel [als] möglich extreme Maßregeln fernzuhalten, sei ein anerkannt wackerer Mann und sein Charakter schätzenswert. Die Ministerkonferenz stimmte diesem Antrage vollkommen bei14.

VIII. Künftige Stellung der Schulräte als Gymnasial- und Volksschulinspektoren

Der Kultus- und Unterrichtsminister Graf Thun bringt aus Anlaß der nun erfolgten und seit dem 29. Mai d. J.15 ins Leben getretenen Reorganisierung der || S. 257 PDF || politischen Länderstellen16 mit seinem au. Vortrage vom 23. Mai 1854 17 die künftige Stellung der Schulräte als Gymnasial- und Volksschulinspektoren, und zwar 1. die Funktionen derselben, 2. ihre Kategorien und Zahl und 3. ihre Diätenklasse und Gehälter zum Vortrage.

Ad 1. Was die Funktionen der Schulräte anbelangt, so soll an der Stellung derselben, die sie jetzt einnehmen, nur insoweit eine Änderung vorgenommen werden, als es die Reorganisierung der politischen Landesbehörden und die statthabende Gremialverfassung erfordern. Die Schulräte bleiben demnach jetzt, wie zuvor, inspizierende Organe der politischen Landesbehörde. Sie haben regelmäßige Bereisungen des Landes vorzunehmen, um den jeweiligen Zustand der ihrer Aufsicht anvertrauten Schulen nach allen Beziehungen zu erforschen; sie haben ferner die aktenmäßige Erledigung derjenigen Geschäftsstücke, welche wissenschaftliche, didaktische und pädagogische Fragen und Angelegenheiten betreffen, zu entwerfen und die Berichte darüber zu verfassen. Es können ihnen auch solche Geschäfte zur Bearbeitung übertragen werden, welche wegen des Zusammenhanges der inneren Schulangelegenheiten mit den äußeren sowohl die einen als auch die andern betreffen. Die Zuweisung solcher Geschäfte steht dem Landeschef zu. Lediglich administrative Geschäftsstücke sind nach ihrer Erledigung dem betreffenden Schulrate zur Einsicht oder nach Umständen vor der Erledigung zur Meinungsäußerung mitzuteilen. Der für die gesamte ordnungsmäßige Führung und Erledigung der Geschäfte im Unterrichtsdepartement verantwortliche Unterrichtsreferent hat von allen Arbeiten der Schulräte nicht nur Einsicht zu nehmen, sondern es steht ihm auch zu, diesen Arbeiten seine eigenen Bemerkungen vor der Approbation beizufügen. Der Landeschef kann die Schulräte den Ratssitzungen zum Vortrage ihrer Arbeiten oder zur Aufklärung anderer Angelegenheiten beiziehen u. dgl.

Ad 2. Bezüglich der Kategorien und der Zahl der Schulräte trägt der Minister Graf Thun auf die Ah. Genehmigung folgender Bestimmungen an: Mit Rücksicht auf die verschiedenen Schulen und die Bedürfnisse der einzelnen Kronländer wirken die Schulräte entweder als Gymnasial- oder als Volksschulinspektoren, oder sie vereinigen die Funktionen beider. Die Inspizierung der Realschulen wird vorderhand je nach der individuellen Eignung entweder dem Gymnasial- oder dem Volksschulinspektor des betreffenden Kronlandes übertragen.

Der Zahl nach werden Schulräte bestellt: für Böhmen 4, für Mähren 2, für Galizien, Bukowina und Krakau 5, für Niederösterreich 2, für Tirol 2, für Steiermark 2, für Kroatien und Slawonien 2, für Schlesien, Oberösterreich, Salzburg, Kärnten, Krain je einer — [sind] fünf, für Dalmatien und Küstenland 3, zusammen 27. Der jedem Schulrate anzuweisende Inspektionskreis sowie die Gattung der von ihm zu inspizierenden Schulen wird von Fall zu Fall bestimmt werden. Bezüglich der Zahl der bei den Statthaltereiabteilungen in Ungarn, wo besondere || S. 258 PDF || konfessionelle Verhältnisse bestehen, zu bestellenden Schulräte hat der Minister Graf Thun einen besonderen au. Vortrag unterm 25. Mai 1854 erstattet18. Nach seinem darin enthaltenen, mit den Ansichten Sr. kaiserlichen Hoheit des Herrn Militär- und Zivilgouverneurs von Ungarn19 übereinstimmenden Antrage wären für Ungarn der Zahl und Funktionskategorie nach folgende Schulräte als Inspektoren für Gymnasien, Volksschulen und Gymnasien und Volksschulen zugleich zu bestellen:

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Hiernach entfallen für jede Statthaltereiabteilung in Ungarn drei und im ganzen 15 Schulräte.

Ad 3. Diätenklasse und Gehälter der Schulräte. Diesfalls trägt der Minister Graf Thun auf folgende Ah. Bestimmungen an, welche für alle Kronländer Giltigkeit zu erhalten hätten:

a) Die Schulräte werden in die 7. Diätenklasse eingereiht, und es kommt ihnen der Rang des jüngsten Rates der betreffenden politischen Landesstelle zu.

b) Sämtliche definitiv angestellte Schulräte bilden einen Konkretalstatus20 mit zwei Besoldungsstufen von 1600 f. und 1800 f.; die Vorrückung in die höhere Gehaltsstufe ist eine graduelle. Die Schulräte in Wien erhalten ein Quartiergeld von jährlichen 300 f.

c) Wenn Geistliche, welche schon ein höheres geistliches Benefizium genießen, zu Schulräten ernannt werden, so haben sie nicht auf das volle Gehalt, sondern auf einen von Fall zu Fall zu bestimmenden Funktionsgenuß Anspruch.

d) Als Vergütung der Reisekosten innerhalb ihres Amtskreises beziehen die Schulräte ein Taggeld von 4 f. und dort, wo keine Eisenbahnen und keine Dampfschifffahrt zu benützen sind, das postmäßige Rittgeld ihrer Kategorie gemäß ohne die Nebengebühren.

|| S. 259 PDF || Mit den vorstehenden Anträgen des Ministers Grafen Thun zu 1. und 2. erklärte sich die Konferenz einverstanden.

Zu 3. fand der Minister des Inneren zu bemerken, daß den Schulräten, welche übrigens den Rang der jüngsten oder letzten Räte einzunehmen hätten, nach der Analogie der Landesmedizinalräte bei gleicher Stellung zu der Landesstelle und gleichen Funktionen nur bei den Statthaltereien die VII., bei den Landesregierungen21 dagegen nur die VIII. Diätenklasse einzuräumen wäre. Dieser Ansicht stimmten die Ministerkonferenz und der Minister Graf Thun mit der Beschränkung bei, daß den Schulräten bei den kleineren Regierungen nur dann die VIII. Diätenklasse zuzukommen hätte, wenn dieselben bloß das Amt eines Volksschulinspektors und nicht zugleich auch das eines Gymnasialinspektors verwalten, in welch letzterem Falle allen die VII. Diätenklasse zuzugestehen wäre22.

IX. Leitung der evangelischen Kirchenangelegenheiten in Ungarn, in der serbischen Woiwodschaft und im Temescher Banat

Der Minister des Kultus und Unterrichtes Graf v. Thun brachte schließlich noch eine Gesetzgebungssache, nämlich die Leitung der kirchlichen Angelegenheiten bei den Evangelischen beider Konfessionen im Königreiche Ungarn und in der Woiwodschaft Serbien mit dem Temescher Banate, zum Vortrage.

Er bemerkte, daß der Feldzeugmeister Freiherr v. Haynau während des Belagerungszustandes in den genannten Ländern, und zwar unterm 10. Februar 1850, verordnet hat, daß von den genannten Konfessionen keine Konvente, es sei denn mit obrigkeitlicher Bewilligung und im Beisein eines lf. Kommissärs, abgehalten werden dürfen23 und daß die erledigten Superintendentenstellen nicht weiter verliehen, sondern bloß Administratoren bestellt werden sollen. Gegenwärtig bestehen demnach in den erwähnten Ländern einige Superintendenten aus der früheren Zeit und die neu bestellten Administratoren. Diese Verfügung des Baron Haynau habe wohl im Belagerungszustande gepaßt, könne aber gegenwärtig, nachdem Se. Majestät durch die Ah. Entschließung vom 9. April 1854 den Belagerungszustand in Ungarn, der serbischen Woiwodschaft und dem Temescher Banate aufzuheben geruht haben24, nicht mehr aufrechterhalten werden. Diese Verordnung wäre demnach aufzuheben und für die Zwischenzeit bis zur bevorstehenden Regelung der kirchlichen Angelegenheiten der genannten Bekenntnisse (nach § 4 im Artikel 26 vom Jahre 1791 eine provisorische Verordnung zu erlassen, welche auf der darüber erwarteten Ah. Entschließung beruhen und vom Tage ihrer Bekanntmachung in dem Landesgesetzblatte in Wirksamkeit treten würde25). Die diesfälligen mit den Ansichten Sr. kaiserlichen Hoheit des Herrn Militär- und Zivilgouverneurs Erzherzog Albrecht im wesentlichen übereinstimmenden Anträge des referierenden Ministers sind aus dessen elf Paragraphen enthaltenden, hier wörtlich aufgenommenen Verordnungsentwurfe zu entnehmen:

§ 1. Die Presbyterien versammeln sich auf Einladung und unter dem Vorsitze des Pfarrers, ohne daß hierzu eine Anzeige bei der politischen Behörde und die Anwesenheit eines lf. Kommissärs erforderlich ist.

|| S. 261 PDF || § 2. Versammlungen der Gesamtgemeinde (große Lokalkonvente) können nur im Beisein eines lf. Kommissärs abgehalten werden. In Städten, welche unmittelbar einer Statthaltereiabteilung unterstehen, wird der Kommissär von dem Bürgermeister, sonst von dem Vorstande der Komitatsbehörde ernannt.

§ 3. Die Senioratskonvente hat der zum Vorsitze berufene Senior in Anwesenheit eines lf. Kommissärs, welchen über ämtliches Einschreiten des Seniors der Vorstand der betreffenden Komitatsbehörde zu ernennen hat, zu versammeln und abzuhalten.

§ 4. Die Superintendentialkonvente sind unter dem Vorsitze des Superintendenten oder Superintendentialadministrators in Gegenwart eines lf. Kommissärs, welchen über ämtliches Einschreiten der Vorstand der betreffenden Statthaltereiabteilung zu ernennen hat, abzuhalten.

§ 5. Die lf. Kommissäre haben, ohne die Freiheit der Beratung zu beirren, bloß darüber zu wachen, daß sich die Verhandlung und Beschlußfassung auf kirchliche Gegenstände beschränke; bei Abschweifung auf das politische Gebiet oder bei Störung der Ordnung haben sie, wenn nach vorausgegangener Ermahnung von dem Vorsitzenden nicht Abhilfe geschafft wird, die Auflösung der Versammlung auszusprechen.

§ 6. Die Abhaltung einer Versammlung, zu welcher ein Kommissär erforderlich ist, ohne Beisein eines solchen wird nach dem bestehenden Strafgesetze geahndet.

§ 7. Die kirchliche Gerichtsbarkeit wird innerhalb der Schranken ihrer bisherigen Kompetenz von Senioral- und Superintendentialkonsistorien unter dem Vorsitze des betreffenden Seniors, Superintendenten oder Superintendentialstellvertreters ausgeübt.

§ 8. Bis zur definitiven Feststellung der Modalität der Superintendentialwahlen fungieren die derzeit bestehenden Superintendenten oder Administratoren und im Erledigungsfalle ihre Stellvertreter nach bisheriger Übung.

§ 9. Die Funktionen des Generalinspektors und der Distriktualinspektoren bei dem Evangelischen Augsburgischen Bekenntnisse und ebenso jene der Kuratoren bei der Evangelischen Helvetischen Konfession bleiben außer Wirksamkeit.

§ 10. Wenn es sich darum handelt, einen im ordnungsmäßigen Wege berufenen Pfarrer oder Schullehrer in sein Amt oder seinen Dienst einzuführen, so ist jederzeit vorher im Wege des betreffenden Superintendenten oder Superintendentialverwesers an die betreffende Statthaltereiabteilung Anzeige zu erstatten. Die Statthaltereiabteilung hat lediglich die politische Unbescholtenheit des zur Seelsorge oder zum Schullehrerdienste Berufenen zu prüfen und muß binnen sechs Wochen, vom Tage der erhaltenen Anzeige gerechnet, sich aussprechen, ob der Einführung des Gewählten in das Pfarramt oder in den Schullehrerdienst politische Bedenken im Wege stehen oder nicht. Erhebt die Statthaltereiabteilung keine Einwendung, so ist der Betreffende in sein Amt oder seinen Dienst einzuführen. Im entgegengesetzten Falle ist zu einer neuen Besetzung zu schreiten.

|| S. 262 PDF || § 11. Infolge Ah. Entschließung werden die Evangelischen beider Bekenntnisse in Ungarn nach Maßgabe des § 4 im 26. Artikel vom Jahre 1791 zum Zwecke der definitiven Ah. Entscheidung über ihre kirchlichen Angelegenheiten noch im Laufe des Jahres 1854 gehört werden. Gegen die Entscheidung der Statthaltereiabteilung kann Rekurs an das k. k. Ministerium für Kultus und Unterricht ergriffen werden.

Gegen diese Anträge ergab sich von Seite der Konferenz keine Erinnerung26.

A[h]. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Franz Joseph. Wien, 19. Juni 1854.