Nr. 633 Ministerrat, Wien, 27. Februar 1852 - Retrodigitalisat (PDF)
- ℹ️ anwesend: Schwarzenberg keine BdE.
- RS.Reinschrift; P.Protokoll Wacek; VS.Vorsitz Schwarzenberg; BdE.Bestätigung der Einsicht und anw.anwesend (Schwarzenberg, BdE.Bestätigung der Einsicht fehlt), Bach 1. 3., Thinnfeld 1. 3., Thun (bei IV abw.abwesend), Csorich (bei I abw.abwesend), Krauß, Baumgartner; abw.abwesend Stadion.
MRZ. 599 – KZ. 642 –
Protokoll der am 28. [sic !] Februar 1852 in Wien abgehaltenen Ministerratssitzung unter dem Vorsitze des Ministerpräsidenten, dann Ministers des Äußern und des kaiserlichen Hauses Fürsten Felix v. Schwarzenberg.
I. Auszeichnung für Josef Leeb
Dem Antrage des Kultus- und Unterrichtsministers Grafen Thun , für den hiesigen alten verdienstvollen Universitätsprofessora Leeb, welcher nach einer mehr als 40jährigen, in Prag und hier zur Zufriedenheit zurückgelegten Dienstleistung in den Ruhestand treten will und für den das Professorenkollegium selbst eine Auszeichnung befürwortet, den Titel eines Regierungsrates von Sr. Majestät zu erbitten, wurde von dem Ministerrate beigestimmt1.b
II. Begnadigungsgesuch des Thomas v. Návay
Ebenso ist der Ministerrat der Ansicht des Justizministers Ritters v. Krauß beigetreten, daß über das Ah. bezeichnete Gesuch der Theresia v. Návay, Gemahlin des gewesenen Obergespans des Csanáder Komitates Thomas v. Návay, welcher im Jahre 1848 zur Opposition gehörte und sich an der ungarischen Revolution, wenn auch nicht hervorragend, beteiligte und deshalb nur zu zwei Jahren Kerker verurteilt wurde, welche Strafe er erst am 7. Oktober 1851 angetreten hat, übereinstimmend mit dem Gutachten Sr. kaiserlichen Hoheit des Herrn Erzherzogs Albrecht, Militär- und Zivilgouverneurs von Ungarn, auf eine Begnadigung oder teilweise Nachsicht der Strafe für denselben bei Sr. Majestät dermal noch nicht anzutragen wäre, weil Návay für sein Verhalten in der ungarischen Revolution erst seit kurzem büßt, die Zeit daher noch nicht gekommen sein dürfte, schon jetzt eine Gnade anzusprechen2.
III. Verhinderung des Schmuggels in Istrien
Der Minister für die Finanzen, dann für Handel, Gewerbe und öffentliche Bauten Ritter v. Baumgartner referierte über die Mittel zur Hintanhaltung des Schmuggels, namentlich in Istrien, über welchen von den Handelsleuten und den|| S. 579 PDF || Industriellen seit langem wesentliche und nicht ungegründete Klagen geführt worden sind3.
Der Minister bemerkte, daß lange Verhandlungen wegen Beseitigung dieses Schmuggels geführt worden sind und daß zuletzt eine aus vielen Gliedern und Interessenten zusammengesetzte Kommission bestellt wurde, um ihre Anträge in der gedachten Beziehung zu erstatten4.
Das Resultat dieser Kommission war die Einigung in der Ansicht, daß, wenn man den Schmuggel beseitigen oder tunlichst beschränken will, eine Beschränkung oder Einengung des Freihafengebietes von Triest und der anderen österreichischen Freihäfen sich als unabweislich notwendig darstelle. Die Kommission legte ein besonderes Gewicht darauf, daß das bisher ausgeschlossene Istrien in das österreichische Zollgebiet einbezogen werde und dessen Zwitterstellung zwischen Zollfreiheit und Beschränkung für die Zukunft aufhöre.
Dasselbe soll auch bei den Quarnerischen Inseln stattfinden, welche von Istrien abgetrennt sind und unter der Finanzverwaltung von Dalmatien stehen.
Die Bewohner Istriens und der Quarnerischen Inseln und auch die Triestiner wünschen diese Einbeziehung in das österreichische Zollgebiet, die ersteren, weil es ihnen Vorteile beim Absatze ihrer Erzeugnisse und beim Bezuge ihrer Erfordernisse bringen wird, von dem Verbande mit Österreich nicht ausgeschlossen zu sein und nicht als Ausländer betrachtet zu werden, die letzteren aus Besorgnis, damit ihnen bei dem Bestande des unleidlichen Schmuggels nicht etwa ihre sonstigen Freiheiten entzogen werden. Die Schwärzer von Triest haben bei dem gegenwärtigen Zustande ein leichtes Geschäft, weil sie es auf einer ausgedehnten Linie betreiben können und im Falle einer Gefahr es ihnen leicht ist, sich in das freie Gebiet wieder zurückzuziehen.
Hinsichtlich der Freihäfen von Buccari, Fiume, Porto Re, Carlopago etc., worüber noch Verhandlungen im Zuge sind, werden die diesfälligen Bestimmungen nachfolgen.
Bei der Annahme des erwähnten Kommissionsantrages, nämlich der Einbeziehung Istriens und der Quarnerischen Inseln in den österreichischen Zollverband, werden einige Rücksichten für die Bewohner der letzteren zu beobachten sein.
Die Bewohner der Quarnerischen Inseln bezogen nämlich das Salz um billigere Preise. Diese Begünstigung soll ihnen vorderhand in dem neuen Zustande nicht entzogen und ihnen die nämliche Quantität Salzes um limitierte Preise abgelassen werden, welche Quantitäten die Gemeinden, so wie es anderwärts besteht, unter ihnen zu verteilen haben werden.
Ferner wird es notwendig sein, eine Inventur über steuerpflichtige Gegenstände (bei Kaufleuten, welche Vorräte haben, nicht aber bei Privaten) über Branntwein, Wein u. dgl. vorzunehmen, worüber sich in der Ausführung keine Schwierigkeiten ergeben werden.|| S. 580 PDF ||
Der referierende Minister erklärte sich in Ansehung des in der Rede stehenden Gegenstandes, wodurch wieder ein Schritt weiter zu der angestrebten endlichen Gleichheit gemacht wird, mit den Ansichten der Kommission vollkommen einverstanden, und der Ministerrat trat ihm diesfalls einstimmig bei5.
IV. Verordnung über die Rechte und Pflichten der Handelsagenten
c Der Finanz- und Handelsminister Ritter v. Baumgartner brachte schließlich die beiliegende Verordnungd über die Rechte und Pflichten der Handelsagenten zum Vortrage.
Die Erlassung dieser Verordnung wird durch die Betrachtung begründet, daß Handelsagenten sich an gewinnbringenden Orten niedergelassen haben und oft in große Summen gehende Geschäfte getrieben haben, ohne auch nur das geringste zu den Lasten des Staates beizutragen, dann, daß die bisherige Gesetzgebung nähere Bestimmungen hinsichtlich der Rechte und Pflichten der Handelsagenten als erwünschlich erscheinen lasse. Es wurde eine Kommission niedergesetzt, um Anträge diesfalls zu erstatten, nachdem die Statthalter und die Handelskammern vernommen worden sind. Das Resultat derselben ist der vorliegende Verordnungsentwurf6.
Zu dem ersten Absatze des § 3 wurde folgender Zusatz beliebt: „Will ein Agent sein Geschäft auf mehrere Kronländer ausdehnen, so hat er die Bewilligung dazu bei dem Handelsministerium anzusuchen.“
In dem zweiten Absatze dieses Paragraphes, 4. Zeile, ist statt des Wortes „Inländer“ das Wort „Ausländer“ zu setzen.
§ 8 wurde beschlossen, den letzten Satz dieses Paragraphes: „Der Agent ist ferner verpflichtet, jede Veränderung in dem Stande seiner Vollmachtgeber alsogleich anzuzeigen“, mit Rücksicht auf die im § 5 enthaltene Bestimmung, wodurch dieser Satz als nicht notwendig erscheint, wegzulassen.|| S. 581 PDF ||
Der übrige Inhalt dieser Verordnung gab zu keiner Bemerkung Anlaß7.
Wien, am 29. Februar 1852.
Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolles zur Kenntnis genommen. Franz Joseph. Wien, den 11. März 1852.