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Nr. 512 Ministerrat, Wien, 13. Juni 1851 - Retrodigitalisat (PDF)

  • ℹ️ anwesend:
  • RS.; P. Wacek; VS. Schwarzenberg; BdE. und anw. (Schwarzenberg 14. 6.), P. Krauß 18. 6., Bach 18. 6., Thinnfeld 16. 6., Thun, K. Krauß, Baumgartner 18. 6., Kulmer 17. 6.; abw. Stadion, Csorich.

MRZ. 2040 – KZ. 2001 –

Protokoll der am 13. Juni 1851 in Wien abgehaltenen Ministerratssitzung unter dem Vorsitze des Ministerpräsidenten, dann Ministers des Äußern und des Hauses Fürsten Felix v. Schwarzenberg.

I. Waffengesetz (3. Beratung)

Der Minister des Inneren Dr. Bach setzte den Vortrag über das Waffengesetz und zwar über den IV. Abschnitt desselben (die allgemeinen Bestimmungen betreffend) fort1.

§ 37. Bei der Besprechung über diesen Paragraphen haben die Minister v. Thinnfeld und Freiherr v. Kulmer die Ansicht geäußert, daß das in diesem Paragraphe den Bezirkshauptmännern (Kreisvorständen, Präfekten) und den Polizeidirektionen eingeräumte Befugnis nur auf die Kreispräsidenten und dort, wo die Kreispräsidenten zugleich Statthalter sind, auf diese zu beschränken wäre, weil es ihnen nicht angemessen schiene, zumal bei den gegenwärtig so vervielfältigten und erleichterten Kommunikationen, den Bezirkshauptmännern etc. ein solches wichtiges Recht in die Hände zu legen. Die anderen Stimmführer meinten dagegen, daß es bei der Bestimmung und Textierung dieses Paragraphes mit der Modifikation zu verbleiben hätte, daß (5. und 6. Zeile) statt der Worte „nicht nur berechtiget, sondern vielmehr verpflichtet sind“ folgende gesetzt werden dürften: „so steht es ihnen zu“, wornach dieser Paragraph im wesentlichen so zu lauten hätte: „Wenn die öffentliche Sicherheit in höherem Grade bedroht ist, so steht den Bezirkshauptmännern (Komitatsvorständen, Präfekten) und Polizeidirektionen zu, die in Anwendung dieses Patentes zugestandenen Rechte usw.“ Nach der Ansicht dieser Stimmführer dürfte es keinem Anstande unterliegen, den Bezirkshauptmännern etc., denen in anderen Beziehungen, wie z. B. beim Standrecht, gleichfalls wichtige Befugnisse eingeräumt sind, auch das erwähnte zukommen zu machen.

Gegen die übrigen Paragraphe des vorliegenden Patentsentwurfes ergab sich keine Erinnerung.

Am Schlusse des Vortrages über diesen Entwurf glaubte der Minister Graf Thun , welcher sich übrigens mit allen darin enthaltenen Bestimmungen in Ansehung der verbotenen Waffen, Anhäufung von Waffen, der Berechtigung der politischen Behörden, Waffen abzunehmen etc. etc. einverstanden erklärte, nur hinsichtlich der (§ 20 und die folgenden) besprochenen Erteilung von Waffenpässen, die sich jeder gegen die Zahlung einer Stempelgebühr von 30 Kreuzern verschaffen könnte, Einwendungen erheben zu|| S. 26 PDF || sollen. Dem Minister Grafen Thun schiene es nicht notwendig, Dinge, die bisher erlaubt waren, und soweit sie es waren, zu verbieten und durch Bestimmungen über die nach dem obigen so leicht zu erwerbenden Waffenpässe die Bauern und Landleute gleichsam aufzufordern, sich Gewehre zu verschaffen, mit welchen sie dann, den Waffenpaß in der Tasche, Wälder und Felder ungehindert durchstreichen und so die persönliche und Eigentumssicherheit gefährden könnten. Wenn ein zweckmäßiges Jagdgesetz erscheinen wird (welches, wie der Minister des Inneren bemerkte, demnächst zur Sprache kommen dürfte2), so wird sich faktisch der Waffenbesitz wohl wieder nur auf die Jagdberechtigten beschränken, und es könne keinem Zweifel unterliegen, daß das Jagdgesetz einen wesentlichen Einfluß auf die Bestimmungen des Waffengesetzes, insbesondere in den hier erwähnten Beziehungen, nehmen werde3. Diesem nach würde es Graf Thun angemessen finden, die Bestimmungen des Waffengesetzes mit jenen des Jagdgesetzes zu vergleichen und in Übereinstimmung zu bringen.

Da diese Ansicht auch von mehreren andern Stimmführern (v. Thinnfeld, Freiherr v. Kulmer und Ministerpräsident) geteilt wurde, so fand sich der Minister des Inneren in Berücksichtigung der erwähnten, auch von ihm nicht verkannten Gründe bestimmt, das Waffengesetz einstweilen bis zu dem Zeitpunkte, wo das Jagdgesetz vorliegen wird, zurückzuziehen, um es dann hinsichtlich der hier beanständeten Punkte neuerdings in Erwägung zu ziehen4.

II. Gesuch des Fat Allah Elian um Unterstützung und Entschädigung

Der Minister des Inneren Dr. Bach bemerkte weiter, es sei ihm ein Gesuch von Fat Allah Elian, einem Kaufmanne und österreichischen Untertan in Aleppo, dem bei dem letzten Krawalle daselbst alles zerstört und dadurch ein Schaden von 30.000 f. verursacht wurde, übergeben worden, worin derselbe um eine Unterstützung zur Heimreise und um die Verwendung bei der Pforte bittet, daß ihm der erwähnte Schaden ersetzt werde5.

Der Ministerpräsident behielt sich vor jeder anderen Verfügung über das vorliegende Gesuch vor, die aus Syrien eingelangten Konsulatsberichte über die gedachte Begebenheit in Aleppo und über die Persönlichkeit des Bittstellers einzusehen, worauf dann das weitere veranlaßt werden wird6.

III. Bezüge des Reichsratspräsidenten und der Reichsräte

Der Ministerpräsident teilte hierauf dem Ministerrate den Inhalt eines Ah. Kabinettschreibens und der Beilage desselben mit, worin Bestimmungen über die Gehalte und Quartiergelder des Reichsratspräsidenten und der Reichsräte getroffen worden. Hiernach|| S. 27 PDF || werden normalmäßig die Bezüge der Reichsräte mit 6000 f. an Gehalt und 1000 f. an Quartiergeld festgesetzt. Bei der gegenwärtigen Zusammensetzung des Reichsrates werden für die Mitglieder desselben (und zwar die Gehalte vom Ernennungstage und die Quartiergelder vom nächsten Termine) in folgender Art Ah. bestimmt:

Für den Reichsratspräsidenten Freiherrn v. Kübeck 16.000 f. Gehalt und 2000 f. Quartiergeld, für den Reichsrat Freiherrn v. Krieg 12.000 f. Gehalt und 1000 f. Quartiergeld, für den Reichsrat v. Purkhart 10.000 f. Gehalt und 1000 f. Quartiergeld, für den Reichsrat v. Szőgyény 6.000 f. Gehalt und 1000 f. Quartiergeld, für den Reichsrat Grafen Zichy 6.000 f. Gehalt und 1000 f. Quartiergeld, für den Reichsrat Salvotti 6.000 f. Gehalt und 1000 f. Quartiergeld, für den Reichsrat Baron Buol 8.000 f. Gehalt und 1000 f. Quartiergeld, für den Reichsrat Fürsten Salm 6.000 f. Gehalt und 1000 f. Quartiergeld7.

IV. Österreichisch-bayerischer Eisenbahnbau

Der Minister für Handel, Gewerbe und öffentliche Bauten Ritter v. Baumgartner besprach sodann die zwischen Österreich und Bayern in betreff des Baues einiger Eisenbahnen und des gegenseitigen Anschlusses derselben gepflogenen Verhandlungen und vorläufigena Verabredungen8. Derselbe bemerkte vor allem, daß, nachdem der Finanzminister in Ansehung der Zollmaßregeln und der Minister des Inneren in Ansehung der Paßvorschriften ihr Einverständnis erklärten, in finanzieller und politischer Beziehung demnach keine Anstände bestehen, in Ansehung der Anknüpfung der beiderseitigen Bahnen auch keine wesentlichen Hindernisse in den Weg treten werden9.

Der Minister v. Baumgartner hat die in Antrag genommenen Trassen, ihre Länge, den Aufwand im ganzen, welchen der Bau der österreichischen Trassen erfordern würde, dann, was auf den Bau der diesfälligen Trassen jährlich zu verwenden wäre, im allgemeinen angedeutet.

Dem vorläufigen Übereinkommen zufolge würde die bayerische Regierung eine Eisenbahn von München nach Rosenheim und von Rosenheim in zwei Zweigen a) nach Kufstein und b) nach Klesheim in der Richtung gegen Salzburg bauen.

Dieser Verpflichtung gegenüber würde Österreich von Klesheim nach Salzburg und von Salzburg nach Bruck an der Mur, dann von Kufstein oder beinem Punkte inb dessen Nähe nach Innsbruck bauen. Durch diesen letzteren Bau würde jedoch die Bahn noch nicht geschlossen sein, und es stehe im Antrage, die italienische Bahn von Verona nach Bozen und in der weiteren Fortsetzung von Bozen nach Innsbruck zu bauen.|| S. 28 PDF ||

Bayern würde weiter die Verpflichtung übernehmen, die Eisenbahn von Frankfurt nach Regensburg und von da weiter bis an die oberösterreichische Grenze fortzusetzen, von wo sie dann weiter nach Linz und Wien zu führen wäre.

Für die zwei Bahnen a) von Kufstein nach Innsbruck und b) von Klesheim nach Salzburg ist der Termin bis März 1856, und für die Bahn von Salzburg nach Bruck der Termin bis Ende 1858 festgesetzt worden.

Die Länge der Bahn von Innsbruck nach Kufstein beträgt neun Meilen und die Baukosten sind auf fünfeinhalb Millionen und die nötige Bauzeit auf zweieinhalb Jahre veranschlagt. Hiernach wäre es nicht notwendig, mit diesem Baue gleich zu beginnen oder, wenn man dieses wollte, könnte der Bau langsam betrieben werden, weil die Bahn erst im März 1856 zu beendigen sein würde. Der hiezu jährlich zu verwendende Kostenbetrag würde über zwei Millionen betragen.

Die andere Bahn von Klesheim nach Salzburg, für welche gleichfalls der Termin bis März 1856 verabredet ist, ist nur eine halbe Meile lang, und der Kostenbetrag, dieser Länge entsprechend, daher nicht bedeutend.

Die große Aufgabe bleibe der Bau der Eisenbahn von Salzburg nach Bruck c(über den Paß Lueg)c, welche Bahn, 22 ½ Meilen lang, einen Kostenaufwand von 18 ⅓ Millionen in Anspruch nehmen würde. Hiezu würden, wenn sie etwas später begonnen würde, jährlich bei drei Millionen Gulden erforderlich sein.

In Bezug auf den Betrieb, bemerkte der Handelsminister, sei alles geordnet. Der Unterbau soll für ein doppeltes Geleise eingerichtet werden, obgleich vorderhand nur ein Geleise zu bestehen haben wird. Die Spurweite ist beiderseits gleich, sodaß man von österreichischen Bahnen auf die bayerischen und umgekehrt mit denselben Wägen wird gelangen können.

Bahnhöfe sollen in Kufstein und in Salzburg erbaut werden, und der letztere soll für beide gemeinschaftlich sein. Bayern würde für die Benützung dieses letzteren Bahnhofes an Österreich einen bestimmten Zins (2 % des Anlagskapitals) entrichten. Rücksichtlich des Bahnhofes in Kufstein, das nahe an der Grenze liegt, wo nämlich derselbe zu bauen wäre und in welcher Verbindung mit der Stadt er zu stehen hätte, wurde alles offen gelassen, weil hierüber noch vorläufig eine Rücksprache mit dem Kriegsminister erforderlich sein dürfte.

Alle polizeilichen Maßregeln sollen nach dem Übereinkommen in den Händen der österreichischen Regierung verbleiben.

Zum Schlusse seines Vortrages hob der Handelsminister die Notwendigkeit hervor, in dieser Sache bald und ernstlich vorzugehen, um nicht anderen Regierungen Zeit zu lassen, andere, mit den gegenwärtigen kollidierende Eisenbahnen früher zu erbauen,

Der Finanzminister Freiherr v. Krauß bemerkte, daß hier vorzüglich finanzielle Rücksichten zu beachten sein dürften. Nach einer Ah. Entschließung sollen für Eisenbahnen überhaupt jährlich nicht mehr als zehn Millionen Gulden verwendet werden10.

Die in der Rede stehenden Bahnen sollen im Jahre 1856 und 1858 vollendet sein, und|| S. 29 PDF || zu deren Baue die ersten drei Jahre fünf Millionen und die letzten zwei Jahre drei Millionen verwendet werden. Hiernach würde die erstere Zeit für diese Bahnen allein die Hälfte der ganzen für die Eisenbahnen bestimmen Dotation erschöpft, und für die sämtlichen übrigen Bahnen (in Ungarn, Kroatien, Galizien etc.) bliebe nur die Hälfte der gedachten Dotation übrig.

Auch würde der Finanzminister wünschen, daß man sich in Ansehung dessen, wieviel man auf Eisenbahnen überhaupt jährlichd wird verwenden können, die Hände nicht binden und diesfalls für das Innere des Landes vielmehr volle Freiheit wahren sollte. Werden die Umstände gestatten, das Angetragene zu tun, so werde es geschehen. Hier wurde die Sitzung aufgehoben und die weitere Besprechung über diesen Gegenstand der nächsten Sitzung vorbehalten11.

Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolles zur Kenntnis genommen. Franz Joseph. Schönbrunn, 19. Juni 1851.