Nr. 462 Ministerrat, Wien, 3. März 1851 – Protokoll II - Retrodigitalisat (PDF)
- ℹ️ anwesend:
- RS.Reinschrift; P.Protokoll Ransonnet; VS.Vorsitz Schwarzenberg; BdE.Bestätigung der Einsicht und anw.anwesend (Schwarzenberg 6. 3.), P. Krauß 7. 3., Bach 10. 3., Bruck, K. Krauß, Thinnfeld 7. 3., Thun, Csorich 7. 3., Kulmer 7. 3.; abw.abwesend Stadion.
MRZ. – KZ. 618 –
- I. Jurisdiktion über die Finanzwache im lombardisch-venezianischen Königreiche
- II. Verfügung bezüglich der aufgegriffenen Kossuthschen Pretiosen
- III. Drei Todesurteile, dann Strafmilderung für die Familie Schwalbl
- IV. Todesurteil gegen Joseph Polyak
- V. Ernennung des Anton Ritter v. Schmerling zum Senatspräsidenten beim Obersten Gerichtshofe
- VI. Straßenbenützung auf der türkischen Halbinsel Klek
- VII. Stempelfreiheit der Giros der Bankanweisungen
- VIII. Nobilitierung des Martin Mayer
- IX. Franz Joseph-Ordensverleihung an Franz Freiherr v. Schloissnigg
- X. Auszeichnung für Theodor Bauer
Protokoll II des am 3. März 1851 abgehaltenen Ministerrates unter dem Vorsitze des Ministerpräsidenten, Ministers des Äußern und des Hauses Fürsten v. Schwarzenberg.
I. Jurisdiktion über die Finanzwache im lombardisch-venezianischen Königreiche
Der Finanzminister erhielt die Zustimmung des Ministerrates zu der dem Ministerialrate v. Schwind zu gebenden Weisung, daß alle faktisch zum Grenzpostendienste gegen Piemont verwendeten Individuen der Finanzwache im lombardisch-venezianischen Königreiche der Militärjurisdiktion zu unterziehen seien, während die zum innern Dienste verwendeten Finanzwachen der Ziviljurisdiktion unterworfen bleiben1.
II. Verfügung bezüglich der aufgegriffenen Kossuthschen Pretiosen
Der Finanzminister referierte im Nachhang zu der Beratung des Ministerrates am 7. Jänner l. J. (57)2, daß von den Pretiosen etc., welche den Kindern Kossuths abgenommen worden sind, nichts als ein Lorbeerkranz und eine silberne Feder – als dem Agitator gebrachte Huldigungen der Rebellen – zurückzubehalten und einzuschmelzen wären; die übrigen unverfänglichen und nicht wertvollen Gegenstände, awelche ihrer Beschaffenheit nach kaum einen Zweifel darüber zulassen, daß dieselben den Kindern gehören (kleine Messer und ein unbedeutendes Kollier)a, aber den Kindern zurückgestellt werden dürften.
Gegen diesen Antrag ergab sich keine Erinnerung3.
III. Drei Todesurteile, dann Strafmilderung für die Familie Schwalbl
Der Justizminister erhielt die Zustimmung des Ministerrates zu den au. Anträgen auf Ah. Begnadigung folgender zum Tode verurteilter Verbrecher: a) der Juliana Bot und|| S. 298 PDF || Elise Ivolka wegen Raubmordes4, und b) des Stephan Komáromy wegen Gattenmordes5, dann auf Strafmilderung (bezüglich Strafnachsicht) für die der Banknotenverfälschung mitschuldigen Theodor und Peter, dann Theresia Schwalbl6.
IV. Todesurteil gegen Joseph Polyak
Die mehreren Stimmen vereinigten sich in dem Antrage des Justizministers, daß die über Joseph Polyak wegen Mord, Raub etc. verfügte Todesstrafe in Vollzug zu bringen sei, während der Minister des Inneren glaubte, daß hier eine Begnadigung eintreten dürfte, da seit Verübung der letzten Tat bereits vier Jahre verflossen sind und die Hinrichtung des Verbrechers gegenwärtig einen ganz anderen Eindruck hervorbringen würde als nach frischer Tat7.
V. Ernennung des Anton Ritter v. Schmerling zum Senatspräsidenten beim Obersten Gerichtshofe
Der Justizminister erwirkte die allseitige Zustimmung zu dem Antrage auf Ag. Verleihung einer Senatspräsidentenstelle bei dem Obersten Gerichtshofe an den gewesenen Justizminister Ritter v. Schmerling, der für diesen Posten in jeder Beziehung vorzugsweise geeignet ist. Die beiden Hofräte v. Rath und Ressig, welche nach dem Senium auf diese Präsidentenstelle den nächsten Anspruch hätten und ihrer ersprießlichen Dienstleistung wegen angerühmt werden müßten, wären durch Ag. Verleihung des Leopold-Ordens auszuzeichnen, und dürfte außerdem noch dem ersteren die Vorrückung in den Gehalt von 6000 fl. Ag. bewilligt werden8.
VI. Straßenbenützung auf der türkischen Halbinsel Klek
Der Kriegsminister beleuchtete einen vom FML. Reiche gemachten Vorschlag, die türkische Halbinsel Klek mittels einer Straße auf österreichischem Territorium zu umgehen9.
Es wurde einstimmig anerkannt, daß auf diesen Vorschlag wegen dessen Kostspieligkeit nicht einzugehen sei und man vielmehr von dem Recht der Straßenbenützung auf dem türkischen Territorium Gebrauch machen sollte.
VII. Stempelfreiheit der Giros der Bankanweisungen
Der Finanzminister schlug vor, die den Anweisungen der Nationalbank privilegiumgemäß zustehende Stempelfreiheit auch auf die Giros dieser Anweisungen auszudehnen, weil deren nachträgliche Stempelung mit bvielen Nachteilen für den Verkehr verbunden wäreb .10
VIII. Nobilitierung des Martin Mayer
Derselbe Minister schlug vor, daß für den cGubernialrat bei der galizischen Finanzlandesdirektionc Mayer die verdiente Auszeichnung für seine langen und guten Dienste durch Verleihung des österreichischen Adelsstandes bei Sr. Majestät zu erbitten wäre11, so wie
IX. Franz Joseph-Ordensverleihung an Franz Freiherr v. Schloissnigg
die Ag. Verleihung des Franz-Joseph-Ordens für den nach langjährigen eifrigen und ganz unentgeltlichen Diensten austretenden Sektionsrat Freiherrn Franz Schloissnigg12.
X. Auszeichnung für Theodor Bauer
Der Handelsminister erinnerte, er habe in der Sitzung vom 22. Jänner l. J. die Zustimmung des Ministerrates zu dem au. Antrage erhalten, daß der Fabrikant zu Brünn Theodor Bauer durch Ag. Verleihung des Franz-Joseph-Ordens für seine um Anknüpfung von Handelsverbindungen mit Transkaukasien erworbenen Verdienste belohnt werde13. In einem mittlerweilen eingelangten Berichte habe nun der Gouverneur von Mähren in Berücksichtigung der vielseitigen patriotischen Tätigkeit Bauers darauf hingedeutet, daß hier die Verleihung des Ordens der Eisernen Krone angezeigt sein dürfte und daß sich Bauer durch die damit verbundene taxfreie Verleihung des Ritterstandes für seine Familie hochbeglückt halten würde14. Baron Bruck und mit ihm die mehreren Stimmen glaubten, daß der Antrag des Grafen Lažanský Allerhöchstenortes zu unterstützen wäre, während die Minister Dr. Bach, Graf Thun und Baron Kulmer erklärten, daß gerade der Franz-Josephs-Orden durch seine Statuten ausdrücklich bestimmt sei, Verdienste wie jene des Fabrikanten Bauer zu lohnen. Werde er in solchen Fällen nicht verliehen, sondern zu höheren Auszeichnungen mit erblicher Standeserhöhung geschritten, so müsse dieser neukreierte Orden an seinem Ansehen in der öffentlichen Meinung wesentlich verlieren. Diese drei Stimmen blieben daher bei dem früheren Antrage des Ministerrates15.
Wien, 6. März 1851. Schwarzenberg.
Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolles zur Wissenschaft genommen. Franz Joseph. Wien, den 12. März 1851.