Nr. 184 Ministerrat, Wien, 12. Oktober 1849 - Retrodigitalisat (PDF)
- RS.Reinschrift; P.Protokoll Marherr; VS.Vorsitz Schwarzenberg; anw.anwesend Krauß, Bach, Gyulai, Schmerling, Bruck, Thinnfeld, Thun, Kulmer; BdE.Bestätigung der Einsicht (Schwarzenberg 13. 10.), Krauß 15.10., Bach 15.10., Gyulai, Schmerling 15.10., Bruck, Thinnfeld 15.10., Thun, Kulmer 15.10.; abw.abwesend Stadion.
MRZ. 3649 – KZ. 3166 –
Protokoll der Sitzung des Ministerrates gehalten zu Wien am 12. Oktober 1849 unter dem Vorsitze des Ministerpäsidenten, Ministers des Äußern und des Hauses, FML. Fürsten v. Schwarzenberg.
[I.] Organisierung der Verwaltung in Ungarn
Gegenstand der Beratung war der vom Minister des Inneren vorgelesene neue Entwurf des Sr. Majestät vom Ministerrate zu erstattenden Vortrages über die Organisierung der Verwaltung in Ungern1.
Derselbe wurde nach Vornahme einiger Modifikationen in der Textierung mit dem Vorbehalte der definitiven Redaktion nach einigen bei der Lesung vorgebrachten Bemerkungen von der Mehrheit des Ministerrates angenommen. Eine wesentliche Differenz ergab sich nur in betreff des 4., 6., 7., 8. und 9. Absatzes des Vortrages, worin wegen der Territorialfrage Ungerns auf die Reichsverfassung gewiesen2, die Entscheidung der Kronlandsfrage dem Zeitpunkte der vollkommen hergestellten Ruhe und Ordnung vorbehalten, die ehemalige Landesverfassung Ungerns als aufgehoben erklärt und die Entwerfung eines neuen Verfassungsstatuts vom Ministerium mit dem Beirate von Vertrauensmännern aus allen Teilen des Landes in Aussicht gestellt wird. Der Finanzminister glaubte nämlich, die Hinweglassung dieser Absätze beantragen zu müssen, weil es ihm nicht angemessen erschien, bei dem gegenwärtigen Anlasse, wo es sich bloß um eine noch dazu vorübergehende administrative Einrichtung handelt, in so wichtige staatsrechtliche Fragen, wie die dort berührten sind, sich einzulassen, welche mit der für jetzt beabsichtigten administrativen Maßregel in keinem notwendigen Zusammenhange stehen. Weil diese Fragen ihre Lösung ohnehin finden werden, sobald zur Beratung über die Verfassung selbst geschritten wird, ein vorzeitiges Eingehen aber der Regierung die Hände binden würde und weil, was insbesondre die Kronlandsfrage betrifft, nach der angenommenen Textierung dieselbe auf einen, wie auch der Minister v. Thinnfeld bemerkte, gar zu unbestimmten Zeitraum hinausgeschoben wird, was leicht zu Mißdeutungen und Besorgnissen Anlaß geben könnte.
Dagegen beharrte der Minister des Inneren und mit ihm die mehreren Stimmen auf der Beibehaltung der besprochenen Absätze, weil es angemessen und notwendig erscheint, daß die Regierung klar und offen sich über ihre Grundsätze und Absichten ausspreche, weil ferner die Absätze 4., 6., und 7. unbestreitbare Tatsachen anführen,|| S. 750 PDF || deren Berufung den Gang rechtfertigt, welchen die Regierung in Ansehung der sukzessiven Ordnung der Verhältnisse Ungerns einzuschlagen gedenkt3.
Wien, am 13. Oktober 1849. Schwarzenberg.
Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolles zur Kenntnis genommen. Franz Joseph. Schönbrunn, den 20. Oktober 1849.