Nr. 121 Ministerrat, Wien, 20. Juli 1849 - Retrodigitalisat (PDF)
- RS.Reinschrift; P.Protokoll Marherr; VS.Vorsitz Schwarzenberg; anw.anwesend Krauß, Bach, Gyulai, Thinnfeld, Kulmer; BdE.Bestätigung der Einsicht (Schwarzenberg 21. 7.), Krauß 8. 8., Bach 10. 8., Gyulai 8. 8., Thinnfeld 8. 8., Kulmer 8. 8.; abw.abwesend Stadion, Bruck.
MRZ. 2415 – KZ. 2291 –
- I. Postvertrag mit der Schweiz
- II. Gesuch der Familie Stahlberg
- III. Gesuch des Gabriel Freiherr v. Blagoevich
- IV. Berichte vom Kriegsschauplatz
- V. Beförderung des Obersten Alois Hawliczek zum General
- VI. Rückkehr der Genieoffiziere nach Rastatt
- VII. Aussagen des Adolf Tunes
- VIII. Beförderung Alexander Rajačić’ zum Stabsauditor
- IX. Auslieferung Karl Tausenaus
- X. Paßerteilung an einen ungarischen Unterhändler
- XI. Antwort auf die Petition der Rumänen
- XII. Instruktion für den Zivil- und Militärgouverneur von Siebenbürgen
Protokoll der Sitzung des Ministerrates gehalten zu Wien am 20. Julius 1849 unter dem Vorsitze des Ministerpräsidenten, Ministers des Äußern und des Hauses FML. Fürsten v. Schwarzenberg.
I. Postvertrag mit der Schweiz
Der Ministerpräsident übergab den Entwurf eines mit der Schweiz abzuschließenden Postvertrages dem Finanzminister zur Durchsicht1;
II. Gesuch der Familie Stahlberg
beantragte er ein Gesuch der Geschwister Stahlberg wegen Begnadigung ihres Vaters, dann
III. Gesuch des Gabriel Freiherr v. Blagoevich
des gewesenen Waldmeisters Blagoevich um Beschleunigung der kriegsrechtlichen Untersuchung wider seinen Bruder den FML. Blagoevich als zu keiner Verfügung geeignet ad acta zu legen, wogegen nichts erinnert wurde2.
Sodann folgten
IV. Berichte vom Kriegsschauplatz
Mitteilungen vom Kriegsschauplatze, und zwar des Generals Parrot vom 18. d.[M.] über die Operationen bei Waitzen3, weiters ein Bericht aus Steinamanger über die dort gegen den Landsturm eingeleiteten Maßregeln, zu deren Unterstützung ein Bataillon von Neustadt dahin disponiert ward4; dann eine dem Kriegsminister im Privatwege, dem Minister Freiherrn v. Kulmer aber durch die Agramer Oberpostverwaltung zugekommene Nachricht von einem Vorteile der ungrischen Insurgenten über die Armee des Ban, infolgedessen dieser sein Korps im Czaikistendistrikte zu konzentrieren genötiget|| S. 502 PDF || gewesen; ferner, daß Baron Haynau in Ungern eine Rekrutierung von 50.000 Mann eingeleitet habe5, endlich daß nach einer einem russischen Offiziere im vertraulichen Gespräche entschlüpften Äußerung die unseren Truppen eingeschärfte Vorsicht in Bewahrung des Geheimnisses der Raketenerzeugung nicht überflüssig war6.
V. Beförderung des Obersten Alois Hawliczek zum General
Die Anfrage des Kriegsministers , ob gegen die Beförderung des als Katastraldirektor angestellten Obersten Hawliczek zum General ein Anstand obwalte, beantwortete der Finanzminister dahin, daß er konsequent seinen immer geäußerten Ansichten nur dann gegen ein derlei Avancement nichts einzuwenden habe, wenn der neu ernannte General sofort bei der Truppe einrückt und in seiner Verwaltungsanstellung durch einen Niederern ersetzt wird7.
VI. Rückkehr der Genieoffiziere nach Rastatt
Das Einschreiten der Generalgeniedirektion um die Ermächtigung, die in der Bundesfestung Rastatt angestellt gewesenen k.k. Genieoffiziere und Beamten nach dort hergestellter Ordnung wieder dahin abgehen zu lassen, ward als keinem Anstande unterliegend zur Genehmigung geeignet gefunden, wobei der Ministerpräsident auf die Wichtigkeit des Österreich bundesmäßig mit ein Drittel zustehenden Besatzungsrechts in dem gegenwärtigen Augenblicke aufmerksam gemacht hatte, wo Baden die anderen zwei Drittel wegen Mangel einer Armee nicht abgeben, also wahrscheinlich die Besetzung an Preußen überlassen dürfte8.
VII. Aussagen des Adolf Tunes
Der Kriegsminister teilte einige von dem in Untersuchung befindlichen Adolf Tunes gemachte Eröffnungen über die Oktoberereignisse mit9 und referierte weiters
VIII. Beförderung Alexander Rajačić’ zum Stabsauditor
über eine warme Verwendung des Patriarchen Rajačić und des Ban Jellačić um Beförderung des Bruders des ersteren zum Stabsauditor, gegen welche kein Anstand obwalten dürfte, wenn, wie der Ministerpräsident bemerkte, dessen Entfernung aus der serbischen Umgebung damit verbunden würde, in welcher Beziehung der Kriegsminister den Rajačić, falls er der welschen Sprache mächtig wäre, bei der Kriegsmarine anzustellen gedächte10.
IX. Auslieferung Karl Tausenaus
Mit Beziehung auf die im Ministerrate vom 14. d.[M.] sub Nr. IX besprochene Requisition wegen Auslieferung Tausenaus eröffnete der Ministerpräsident , daß selbe laut Mitteilung der hiesigen französischen Botschaft keinem Anstande unterliegen|| S. 503 PDF || würde, wenn er eines gemeinen Verbrechens überwiesen werden könnte, in welcher Beziehung der Finanzminister bemerkte, daß Tausenau bei Brotverteilungen Unterschleife soll begangen haben, wornach sofort der Vertreter des Minister des Inneren sich näher hierwegen informieren wird11.
X. Paßerteilung an einen ungarischen Unterhändler
Dieser Minister zeigte weiters an, daß der k.k. Geschäftsträger in Paris einem als Agent der ungrischen Revolution tätigen Individuum einen Paß nach Wien zu verweigern sich nicht für ermächtigt gehalten habe12. Der Ministerpräsident wird den k.k. Geschäftsträger hierwegen belehren, das Ministerium des Inneren aber das Nötige vorkehren, damit jener Reisende seinerzeit ausgewiesen werde13.
XI. Antwort auf die Petition der Rumänen
Der Vertreter des Ministers des Inneren las den Entwurf der Antwort auf die von einigen Romänen namens ihrer Nation bei Sr. Majestät eingebrachte Petition14, dann
XII. Instruktion für den Zivil- und Militärgouverneur von Siebenbürgen
die Instruktion für den Zivil- und Militärgouverneur, dann den politischen Kommissär für Siebenbürgen samt einem Memoire über die nähere Ausführung der Instruktion, endlich die diesfälligen Patents- und Reskriptsentwürfe (letzteres bloß für die sächsische Nation), wobei im wesentlichen nichts zu erinnern gefunden wurde, als daß bezüglich der Feststellung des Wirkungskreises der neuen Organe bei Verwaltungsentscheidungen das Gutachten abverlangt werde15. Einige vom Minister Baron Kulmer für bedenklich gehaltene Bevorzugung der sächsischen Nation rechtfertigte der vortragende Minister in Übereinstimmung mit dem Ministerpräsidenten durch die bewiesene Treue und Aufopferung der gedachten Nation gegenüber den Szeklern und Ungern, dann ihre höhere Bildung gegenüber den Walachen16.