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Nr. 113 Ministerrat, Wien, 8. Juli 1849 - Retrodigitalisat (PDF)

  • RS.; P. Marherr; VS. Schwarzenberg; anw. Krauß, Bach, Gyulai, Kulmer; BdE. (Schwarzenberg 9. 7.), Krauß 10. 7., Bach 10. 7., Gyulai 13. 7., Kulmer 10. 7.; abw. Stadion, Bruck, Thinnfeld.

MRZ. 2264 – KZ. 2016 –

Protokoll der Sitzung des Ministerrats gehalten zu Wien am 8. Julius 1849 unter dem Vorsitze des Ministerpräsidenten, Ministers des Äußern und des Hauses FML. Fürsten Schwarzenberg.

I. Entwurf des Friedensvertrages mit Sardinien

Der Ministerpräsident teilte mit einen Bericht des Ministers v. Bruck vom 3. d. [M.] mit dem Entwurfe des Friedenstraktats mit Sardinien1. Derselbe gab nur bezüglich des Artikels VI zu einer Bemerkung Anlaß. Dieser Artikel setzt nämlich fest, daß von der Kriegsentschädigung per 80 Millionen Francs 20 Millionen bar und der Rest in fünfprozentigen Schuldverschreibungen der österreichischen Regierung im August d.J. übergeben, die Papiere aber vom September an in zwölf Monatsraten à 5 Millionen bar eingelöst werden sollen, und daß, falls auch nur mit einer Rate nicht zugehalten würde, die k.k. Regierung berechtigt sei, alle übrigen Papiere zu verkaufen und sich wegen der etwaigen Kursdifferenz an Sardinien schadlos zu halten2.

Der Justizminister erhob nun hier den Zweifel, ob denn auch die Ausführung dieser Stipulation hinlänglich garantiert sei, nachdem die sardinische Regierung dabei an die Zustimmung ihrer Kammern gebunden sein dürfte, und die Räumung des von den k.k. Truppen besetzten Gebietes schon beim Erlage der 20 Millionen und der Papiere erfolgen zu sollen scheinet. In der letzten Beziehung gibt zwar der Bericht des Ministers zu erkennen, daß die Besetzung des sardinischen Gebietes durch unsere Truppen die Bürgschaft für die Erfüllung der Stipulation gebe; allein, da hierwegen eine klare und deutliche Bestimmung im Traktatsentwurfe selbst vermißt wird, so behält sich der Ministerpräsident infolge dieser Bemerkungen vor, in der dem Minister v. Bruck zu erteilenden Antwort sowohl bezüglich des Zeitpunktes der Räumung des sardinischen Gebietes als auch bezüglich der Zustimmung der sardinischen Kammern den Zweifel anzuregen3.

II. Einstellung der Verhandlungen mit Venedig

Nach dem weiteren Berichte dieses Ministers sind die Unterhandlungen mit Venedig (infolge eines von der dortigen Assamblea mit 105 unter 118 Stimmen gefaßten Beschlusses) abgebrochen worden4.

III. Nachrücken der Reserven aus Galizien nach Ungarn

Über eine Anfrage des Kommandierenden FZM. Baron Hammerstein bezüglich des Nachrückens der in der Aufstellung begriffenen Bataillone aus Galizien nach Ungern wird der Ministerpräsident über Vorschlag des Kriegsministers die Antwort dahin erteilen, daß dieses Nachrücken nach Maßgabe der Formierung zu erfolgen habe5.

Der Vertreter des Ministers des Inneren kündigte die Erstattung seiner Vorträge an

IV. Militärische Organisierung der serbischen Woiwodschaft

über die einstweilige militärische Organisierung der serbischen Woiwodschaft, und6

V. Militärische Organisierung Siebenbürgens

Siebenbürgens, wobei sich vorläufig über den Grundsatz vereinigt wurde, bei ersterer des Namens der Woiwodschaft keine Erwähnung zu machen, da selbes der definitiven Organisierung vorbehalten bleibt, dann es dem Ermessen des Banus anheimzustellen, ob der General Mayerhofer in seiner dortigen Anstellung, versteht sich in dem Verhältnisse der Unterordnung unter den Ban, zu belassen sei. Bei letzterem (Siebenbürgen) den FML. Wohlgemuth unabhängig vom FML. Baron Haynau als Oberkommandierenden, dann einen Zivilkommissär mit gleichen Vollmachten wie jene, so Baron Geringer für Ungern erhielt, abzusenden.

Die Detailanträge und Bestimmungen samt dem hierwegen an den Banus, Haynau etc. zu erlassenden Erledigungen wurden der nächsten Beratung vorbehalten7.

VI. Modifikation der Gendarmerieadjustierung in Ungarn

Der Kriegsminister referierte über eine Anfrage des Oberkommandanten in Ungern FZM. Baron Haynau, ob nicht in der Adjustierung der für die Gesamtmonarchie Ah. genehmigten Gendarmerie im Kronlande Ungern einige, die nationalen Gewohnheiten berücksichtigende Modifikationen eintreten dürfen, welche dem Minister wirklich in einem lebendigen Exemplare eines solchen, mit ungrischen Schnüren etc. gezierten Gendarms vorgestellt wurden8.

Nach der Bemerkung des Ministers Bach wäre, wie einstimmig erkannt wurde, einem solchen, die Gleichförmigkeit des ganzen militärischen Korps störenden Ansinnen|| S. 475 PDF || keine Folge zu geben und dem Kriegsminister zu überlassen, wegen der gleichförmigen Adjustierung des gesamten Korps seine Anträge zu machen9.

VII. Aufnahme der Bologneser Verurteilten in k.k. Regimenter

Der päpstliche Legat in Bologna hat dem General der Kavallerie Gorzkowski die Proposition gemacht, die dortigen Malviventi in österreichische Regimenter, wo strenge Disziplin gehandhabt wird, oder in österreichische Deportationsanstalten aufzunehmen. Feldmarschall Graf Radetzky erklärte sich nicht für ermächtigt, diesem Begehren zu entsprechen, und legte den Akt dem Kriegsministerium mit dem Bemerken vor, daß er sich jedenfalls gegen eine solche Maßregel verwahren müsse10.

Der Kriegsminister sowie der Ministerrat findet dieses ganz natürlich, aber ebenso auffallend, daß Graf Radetzky das Begehren nicht gleich rundweg abgeschlagen und erst beim Ministerio angefragt habe11.

VIII. Aufruf an das ungarische Volk zur Rückkehr unter seinen legitimen Herrscher

Ein Aufruf an das ungrische Volk zur Rückkehr unter seinen legitimen Herrscher als Entgegnung auf den im österreichischen Lloyd abgedruckten Aufruf von Seite der revolutionären Regierung (welcher hier nicht ohne Eindruck geblieben12) wurde vom Minister Bach vorgetragen und sofort nach dessen Antrage zur Übersetzung ins Ungrische und Einschaltung in die Zeitschrift „Figyelmező“ bestimmt13.

Am 9. Julius 1849. Schwarzenberg. Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Franz Joseph. Schönbrunn, den 15. Juli 1849.