Nr. 1 Ministerrat, Olmütz, 5. Dezember 1848 - Retrodigitalisat (PDF)
- RS.Reinschrift; P.Protokoll Marherr; VS.Vorsitz Kaiser; anw.anwesend Schwarzenberg, Stadion, Krauß, Bach, Bruck, Cordon, Thinnfeld, Kulmer; BdE.Bestätigung der Einsicht (Schwarzenberg 6. 12.), Stadion, Krauß 8. 4., Bach 8. 4., Bruck, Cordon, Thinnfeld, Kulmer.
MRZ. 2815 – KZ. fehlt –
- I. Ernennung Carl Ferdinand Grafen Buol zum Gesandten in St. Petersburg
- II. Pensionierung des oberösterreichischen Regierungspräsidenten Philipp Freiherrn v. Skrbensky und Ernennung Aloys Fischers an seiner Stelle
- III. Auflösung der Theresianischen Ritterakademie
- IV. Provisorische Konskriptions- und Rekrutierungsvorschrift
- V. Versetzung des galizischen Kameralgefällenverwalters Franz Pöcher Edler v. Millsee nach Wien
- VI. Entschädigungsvorschlag für die aufgehobenen Urbarialleistungen im Reichstag
- VII. Einverleibung des Büros der administrativen Statistik in das Handelsministerium
- VIII. Reformentwurf für das Justizwesen
- IX. Aufhebung der politischen und Kameralrepräsentanten in privatrechtlichen Streitigkeiten
- X. Strafrestnachsicht für mehrere Kriminalsträflingen
- XI. Strafrestnachsicht für vier Verurteilte
- XII. Todesstrafeabänderung für Katharina Zyta
- XIII. Zulassung Joseph Neumanns zur Advokatur
- XIV. Organisierung des Justizministeriums
- XV. Antrag zur Pensionierung des FZM. Laval Grafen Nugent
- XVI. Militärbauten zur Unterbringung der Artilleriegüter in Wien und anderen Städten
- XVII. Maßnahmen zur Verstärkung der Kriegsmarine
- XVIII. Gesetzentwurf über Offiziersbeförderungen
- XIX. Stellung der Minister zum Kaiser; Behandlung der laufenden Geschäfte
- XX. Kaiserliches Geldgeschenk für die Armen Wiens; Zivilliste des regierenden und des abgetretenen Kaisers
Protokoll der Sitzung des Ministerrates gehalten zu Olmütz am 5. Dezember 1848 in Ah. Anwesenheit Sr. Majestät.
I. Ernennung Carl Ferdinand Grafen Buol zum Gesandten in St. Petersburg
Vortrag des Ministerpräsidenten Ministers des Äußern wegen Besetzung der Stelle eines k.k. Gesandten und bevollmächtigten Ministers zu [St.] Petersburg durch den sowohl wegen seiner staatsmännischen Eigenschaften als wegen seiner günstigen Vermögensverhältnisse und Beliebtheit am kaiserlich russischen Hofe hierzu ganz geeigneten Grafen v. Buol.
Einstimmig angenommen1.
II. Pensionierung des oberösterreichischen Regierungspräsidenten Philipp Freiherrn v. Skrbensky und Ernennung Aloys Fischers an seiner Stelle
Vortrag des Ministers des Inneren wegen Enthebung des den Forderungen des Ah. Dienstes nicht mehr ganz entsprechenden Präsidenten der obderennsischen Regierung Freiherrn v. Skrbensky von seinem Posten und Ersetzung desselben durch den hierzu vollkommen geeigneten Ministerialrat Dr. Aloys Fischer, welcher jedoch mit Rücksicht auf die in der Verwaltung des Inneren bevorstehenden Änderungen und Reformen nicht mehr den Titel eines Regierungspräsidenten zu erhalten, sondern in seiner dermaligen Eigenschaft und seinen dermaligen Genüssen, die durch eine Funktionszulage von 4000 fr. jährlich zu vermehren wären, die Leitung der Landesstelle zu führen hätte.
|| S. 4 PDF || Angenommen, mit dem vom Finanzminister beantragten Zusatze, daß Baron Skrbensky mit Rücksicht auf frühere vorzügliche Dienste in den „wohlverdienten“ Ruhestand versetzt werde2.
III. Auflösung der Theresianischen Ritterakademie
Vortrag des Ministers Grafen Stadion mit dem Antrage, daß die Auflassung der Theresianischen Ritterakademie im Grundsatze ausgesprochen, wegen Verteilung der Stiftungen auf Handstipendien und zum Behufe der endlichen Realisierung dieser beabsichtigten Maßregel die Anträge wegen deren Ausführung im Detail, wegen Behandlung der dadurch entbehrlich werdenden Professoren, Beamten und Diener, endlich wegen Verwendung des Akademiegebäudes, das, wie Graf Stadion beiläufig bemerkte, ein Hofgebäude ist und, so wie bisher, auch künftig für Zwecke des Unterrichts gewidmet bleiben dürfte, die näheren Vorschläge abgefordert werden.
Angenommen3.
IV. Provisorische Konskriptions- und Rekrutierungsvorschrift
Vortrag desselben Ministers wegen Erlassung eines Ah. Patents als provisorische Vorschrift zur Behebung einiger der auffallendsten Gebrechen des gegenwärtigen Konskriptions- und Rekrutierungssystems in den sogenannten altkonskribierten Provinzen. Als solche Gebrechen werden bezeichnet 1. die Befreiung des Adels vom Militär, 2. die Stellung der Rekruten durch willkürliche Vorführung der Militärpflichtigen, 3. die zu große Ausdehnung der Stellungsbezirke, welche viele Unbequemlichkeit und Kosten verursacht. Der Antrag geht also dahin, 1. die Befreiung des Adels aufzuheben, 2. die Stellung der Rekruten durch das Los anzuordnen und 3. ambulierende Assentierungskommissionen zu bestellen4.
Einstimmig angenommen in der Hauptsache.
Bei der Vorlesung der einzelnen Paragraphen der Vorschrift ergaben sich folgende Bemerkungen: Zu § 1 kam die Frage zur Sprache, ob nicht bei der Aufhebung der Befreiung des Adels von der Militärpflicht auf die den mediatisierten gräflichen und fürstlichen Häusern durch den Art. XIV der deutschen Bundesakte garantierte Militärbefreiung Rücksicht zu nehmen sei5. Nach Erörterung der dafür und dagegen sprechenden Gründe vereinigte man sich in dem Beschlusse, es nach der Ansicht des Finanzministers bei der einfachen Bestimmung des § 1, wodurch die Befreiung des Adels überhaupt aufgehoben wird, unverändert zu belassen, weil derselbe das auf Staatsverträge || S. 5 PDF || sich gründende Recht der Mediatisierten unbeirrt läßt, es demselben immer vorbehalten bleibt, dasselbe in den etwa vorkommenden Fällen geltend zu machen und es alsdann zum Gegenstande einer besonderen Verhandlung gemacht werden kann.
Zum § 27 wurde nach dem Wunsche des Kriegsministers die Assentierungskommission aus einer gleichen Anzahl von Mitgliedern sowohl des Zivil- als des Militärstands zusammengesetzt zu sehen, damit bei dem der Kommission eingeräumten Entscheidungsrechte nach Stimmenmehrheit die Interessen des Militärs wie des Zivils gleich vertreten seien, beschlossen, für ersteres nebst dem Stabs- oder Oberoffizier noch den Konskriptionsoffizier und einen kommissariatischen Beamten beizugeben und von den ursprünglich beantragten drei Vertrauensmännern aus der Gemeinde nur einem, dem Ortsvorsteher, eine Stimme einzuräumen, die beiden andern aber nur als Zeugen intervenieren zu lassen.
In die vom Finanzminister gewünschte nähere Bestimmung, aus und von welcher Gemeinde jene Vertrauensmänner zu wählen seien, glaubte man, auf die Bemerkung des Ministers des Inneren, daß dies wesentlich von der demnächst einzuleitenden Organisierung der Gemeindeverfassung abhänge6, dermalen noch nicht eingehen zu sollen, und man beschränkte sich auf den allgemeinen Ausdruck „aus dem politischen Bezirke zu wählende Vertrauensmänner“.
Dagegen ward über Vorschlag des Ministers der Landeskultur beschlossen, den der Assentierungskommission mit Stimmrecht zuzuweisenden Ortsvorsteher jedenfalls aus dem Orte, wo die Assentierung stattfindet, zu nehmen, indem damit eine wesentliche Vereinfachung erzielt würde.
In Ansehung der Frage, ob die Haftungsfrist für einen untauglichen Abgestellten vom Tage der Assentierung oder erst vom Tage des Einrückens bei der Truppe zu laufen habe, wurde sich – obwohl Graf Stadion die erstere Modalität billiger gefunden hätte – doch nach der Bemerkung des Finanzministers für die letztere entschieden, weil sonst, um der Haftung zu entgehen, der Untaugliche dennoch behalten und so das Ärar in jeder Beziehung beeinträchtigt werden würde.
Zum Schlusse brachte der Handelsminister im Interesse unserer Kriegs- und Handelsmarine die Exemtion der Bevölkerung der Seeküstenbezirke vom Landtruppendienste und bezüglich von der Rekrutierung nach dem allgemeinen Gesetze in Antrag.
Graf Stadion glaubte dagegen, dies einem besondern Gesetze vorbehalten zu sollen, verstand sich jedoch auf den Wunsch des Handelsministers dazu, zur Beruhigung der dem Landdienste so abgeneigten Küstenbevölkerung hierwegen in einem eigenen Schlußparagraphen dieser Vorschrift die Zusicherung einer abgesonderten Verordnung zu erteilen7.
V. Versetzung des galizischen Kameralgefällenverwalters Franz Pöcher Edler v. Millsee nach Wien
Vortrag des Finanzministers vom 4. Dezember 1848 wegen Übersetzung des galizischen Kameralgefällenverwalters Pöcher in gleicher Eigenschaft nach Wien.|| S. 6 PDF || Angenommen8.
VI. Entschädigungsvorschlag für die aufgehobenen Urbarialleistungen im Reichstag
Der Finanzminister erbat sich die Ah. Ermächtigung Sr. Majestät zur Einbringung eines Vorschlags beim Reichstage bezüglich der Entschädigung für die durch das Gesetz vom 7. September 1848 aufgehobene Urbarial- und Zehntenleistungen9.
Zur Ausmittlung dieser Entschädigung hat zwar der Reichstag bereits die Verhandlung durch Abforderung der Vorschläge der sämtlichen Länderstellen eingeleitet10. Inzwischen werden bis zu dem – sehr entfernten – Zeitpunkte, wann diese Verhandlung zu einem Resultate führt, die bisherigen Besitzer von Urbarialbezügen dieselben entbehren, und die Verpflichteten, welche jedenfalls einen Teil jener Entschädigung zu tragen haben, durch das Anwachsen der diesfälligen Quoten benachteiligt. In Tirol ist bereits eine Ausgleichung zur Zufriedenheit der Interessenten vom Lande selbst vermittelt worden11. Um nun auch in den andern Provinzen für das Interesse der Berechtigten etwas zu tun, würde Baron Krauß als provisorische, bis zur definitiven Entschädigung geltende Maßregel vorschlagen, daß ein Drittel des Werts der jährlichen Schuldigkeit von den Verpflichteten, das zweite Drittel aus Provinzialmitteln oder, wo diese nicht vorhanden oder nicht zureichend sind, aus dem Staatsschatze bezahlt, das dritte aber vorderhand unberücksichtigt bleiben solle.
Se. Majestät geruhten auf Antrag des Ministerrates die Ermächtigung zur Einbringung eines solchen Vorschlags beim Reichstage zu erteilen12.
VII. Einverleibung des Büros der administrativen Statistik in das Handelsministerium
Der Handelsminister machte den Antrag, das Büro der administrativen Statistik, gegenwärtig dem Generalrechnungsdirektorium untergeordnet, als der Hauptsache nach in das Ressort des Handelsministeriums gehörig sofort auch diesem Ministerium einzuverleiben. – Im Grundsatze hierüber bereits einig mit dem Präsidenten des Direktoriums, wird der Handelsminister – über Vorschlag des Finanzministers – behufs der Ausführung der Maßregel mit dem gedachten Präsidenten das Einvernehmen pflegen.
Diesem Antrage gemäß sind auch sogleich die Ah. Kabinettschreiben an den Handelsminister und an Grafen Wilczek ausgefertigt und von Sr. Majestät unterzeichnet worden13.
VIII. Reformentwurf für das Justizwesen
Der Justizminister überreichte Sr. Majestät eine statistische Darstellung der bisherigen Justizverwaltung und den Entwurf der Grundzüge der beabsichtigten Reform des gesamten Justizwesens14.
Dann übergab er folgende Vorträge:
IX. Aufhebung der politischen und Kameralrepräsentanten in privatrechtlichen Streitigkeiten
vom 2. Dezember 1848 über einen durch das Veto des politischen Repräsentanten sistierten Beschluß des lombardisch-venezianischen Senats der obersten Justizstelle in dem Prozesse des Spitals von Vicenza gegen den Fiskus – mit dem Antrage, nicht nur in diesem Falle, sondern auch für immer der den Grundsätzen der Gerechtigkeit nicht entsprechenden Interzession des politischen oder Kameralrepräsentanten bei privatrechtlichen Streitigkeiten keine Folge zu geben.
Auf die Bemerkung des Finanzministers , daß solche Prozeßverhandlungen häufig Verwaltungsprinzipien in Frage stellen und daß darum zur Wahrung der öffentlichen Interessen eine – bisher in dem Institute der Repräsentanten gefundene – anderweitige Fürsorge getroffen werden müsse, erklärte der Justizminister , daß dieselbe in dem Institute des Staatsanwalts gefunden werden dürfte15.
X. Strafrestnachsicht für mehrere Kriminalsträflingen
Vortrag des Justizministers vom 2. Dezember 1848 wegen Nachsicht des Strafrests für mehrere aus dem Kerker (der Cholera wegen) entlassene Kriminalsträflinge in Stanislau16;
XI. Strafrestnachsicht für vier Verurteilte
vom 2. Dezember 1848 desgleichen für vier wegen Verwundung Verurteilte (Putz Anton, Hofstetter Andreas, Kopp Bernhard und Hausstetter Carl17);
XII. Todesstrafeabänderung für Katharina Zyta
vom 2. Dezember 1848 wegen Nachsicht der Todesstrafe für die wegen Kindesmordes verurteilte Katharina Zyta18;
XIII. Zulassung Joseph Neumanns zur Advokatur
vom 2. Dezember 1848 wegen Zulassung des Doktors und Professors der Rechte am Theresiano Jos[eph] Neumann zur Advokatur mit Nachsicht der Advokatenprüfung19;
XIV. Organisierung des Justizministeriums
vom 2. Dezember 1848 wegen Organisierung des Justizministeriums20.
XV. Antrag zur Pensionierung des FZM. Laval Grafen Nugent
Der Kriegsminister erbat sich die Ah. Ermächtigung Ew. Majestät wegen Versetzung des FZM. Kommandierenden in Innerösterreich Grafen Nugent21 in den ehrenvollen Ruhestand mit dem Feldmarschall Fürsten Windischgrätz das Einvernehmen pflegen zu dürfen.
Se. Majestät geruhten diese Ermächtigung zu erteilen22.
XVI. Militärbauten zur Unterbringung der Artilleriegüter in Wien und anderen Städten
Der Kriegsminister teilte mit, daß der Feldmarschall Fürst Windischgrätz wegen Errichtung einer Befestigung zur sichern Unterbringung der Artilleriegüter in Wien eine Kommission unter Leitung Baron Weldens niedergesetzt und die Ansicht ausgesprochen habe, daß auch in Prag, Brünn, Gratz, Salzburg, Laibach und Lemberg ähnliche feste Punkte einzurichten notwendig sein dürfte.
Graf Stadion bestätigte dies bezüglich Lembergs aus eigener Erfahrung23.
XVII. Maßnahmen zur Verstärkung der Kriegsmarine
Der Kriegsminister referierte über die Maßregeln zur Hebung der k.k. Kriegsmarine; solche bestehen a) in dem bereits bewilligten Ankaufe eines englischen Dampfschiffes „Caledonia“24, b) in dem Ankaufe zweier Dampfmaschinen und dem Bau zweier Schiffe dazu in Triest, wozu außer den ad a) schon disponiblen 360.000 f. noch etwa 993.000 f. erfordert würden, c) in dem Ankaufe von Schiffen in Ägypten, wo die Flotte reduziert wird, und selbst in Konstantinopel. In Anhoffung der Genehmigung Sr. Majestät ist der Marineoberkommandant ermächtigt worden, den Major Gyujto zur Besichtigung der Schiffe nach Ägypten abzusenden25; derselbe wird über den Befund zu berichten haben, und es wird sofort die weitere Verfügung veranlaßt werden; d) in der Gewinnung tüchtiger Maschinisten, besonders deutscher, aus England, in welcher Absicht die Anordnung getroffen wird, daß die zur Überführung der „Caledonia“ abgehenden Maschinisten mittelst Kontrakts auf längere Zeit für den österreichischen Dienst anzuwerben gestrebt werde.
Inwiefern es möglich sein sollte, tüchtige englische Seeoffiziere für unsere Marine zu gewinnen, wird der Ministerpräsident, bei der Vergeblichkeit einer solchen Unterhandlung || S. 9 PDF || mit dem englischen Ministerium, indirecte durch den Herzog v. Wellington den Versuch machen.
Auch wird die Verfügung getroffen, daß das Infanterieregiment Erzherzog Leopold im Marinedienste Aushilfe leiste26.
XVIII. Gesetzentwurf über Offiziersbeförderungen
Der Kriegsminister las einen Entwurf zu einem Gesetze über das Offiziersavancement .
Derselbe, ohnehin einer näheren Ausarbeitung vorbehalten, wurde im ganzen beifällig aufgenommen, nachdem nur bezüglich einiger Bestimmungen Bedenken angeregt worden, als: gegen die Bestimmung der zur Offiziersprüfung zu berufenden Komiteeglieder durch Wahl, indem Fürst v. Schwarzenberg sich überhaupt gegen Wahlen in der Armee erklärte; wegen Beseitigung einiger die Privatrechtsgesetze berührenden Bestimmungen; wegen einer Vorsorge, daß durch Beseitigung der Sanktionen der Eifer der Offiziere, sich mehrere Sprachen anzueignen, angeregt werde (wie Se. Majestät bemerkten), ob die Notwendigkeit vorhanden sei, den zu Offiziers geeignet erkannten Kadetten einen anderen Namen, „Aspiranten“, zu geben; desgleichen, ob es nötig sei, daß auch der Hauptmann noch einer Prüfung unterzogen werde, nachdem, wie Se. Majestät erinnerten, in anderem Wege die Überzeugung von dessen Tüchtigkeit zum Stabsoffizier erlangt werden kann; endlich wegen Regelung
der Bestimmungen über Pensionsansprüche im Zusammenhange mit einem neuen Offizierspensionsnormale27.
XIX. Stellung der Minister zum Kaiser; Behandlung der laufenden Geschäfte
Graf Stadion machte Vorschläge in Ansehung der Stellung der Minister zu Sr. Majestät und der Geschäftsbehandlung sowohl überhaupt als in Ansehung der gegenwärtigen besonderen Verhältnisse hier in Olmütz und in Kremsier. Nach diesen sollte ein Minister stets am Ah. Hoflager anwesend sein; für die in Ah. Anwesenheit Sr. Majestät zu haltenden Ministerratssitzungen mögen Allerhöchstdieselben einen Tag festzusetzen geruhen; an diesem wären die der Ah. Resolution bedürfenden, im Ministerrate vorkommenden Vorträge mit den zur Ah. Genehmigung vorbereiteten Resolutionsentwürfen der Ah. Schlußfassung zu unterziehen, die übrigen kurrenten Vorträge der einzelnen Minister aber nicht mehr, wie bisher, durch den Ministerpräsidenten, sondern durch den Vortrag erstattenden Minister selbst Sr. Majestät vorzulegen. Die Beamten des Kabinetts (welche Benennung, da die Minister das Kabinett bilden, zu entfallen hätte) hätten die Vorträge kurz samt den darüber erflossenen Resolutionen in ein Protokoll || S. 10 PDF || einzutragen und, nachdem die mundierten Resolutionen mit der Ah. Unterschrift versehen worden, selbe an die betreffenden Minister zu expedieren28.
Der Finanzminister glaubte dagegen erinnern zu müssen, daß es im Interesse des Ah. Dienstes liege, das bisher beobachtete Verfahren beizubehalten, wornach von den einzelnen Vorträgen gehörige Auszüge verfaßt und durch den Ministerpräsidenten der Schlußfassung Sr. Majestät unterzogen werden. Denn es scheint ihm wesentlich notwendig, daß der Ministerpräsident von allen Verhandlungen, die Sr. Majestät vorgelegt werden, in Kenntnis sei, und daß Extrakte davon und die darauf entworfenen Resolutionen in einer Zentralkanzlei gesammelt und aufbewahrt werden, um bei einer etwaigen Nachfrage sogleich benützt werden zu können. Geschähe dieses nicht, so würde von solchen Verhandlungen, die nicht im Ministerrate vorgekommen sind, nur bei dem betreffenden Minister die Spur zu finden sein, und es wäre der unsichere und unbequeme Weg einzuschlagen, daß immer erst von dem betreffenden Ministerium die Akten oder Auskünfte abverlangt werden müßten, während dies viel einfacher und leichter mittelst der – besonders bei häufigerem Wechsel der Minister – seines Erachtens auch für diese selbst unentbehrlichen Zentralkanzlei geschehen könnte. Bloße Protokollsextrakte, welche bloß das Rubrum eines oft viele und verwickelten Detailvorschläge enthaltenden Vortrags geben, dürften für den angegebenen Zweck nicht genügen. Darum war bereits unter weiland Sr. Majestät dem Kaiser Franz, in Anerkennung dieses Bedürfnisses, die gleiche Anordnung getroffen und von bloßen Protokollen, welche nur die Rubra der Vorträge enthielten, auf förmliche Extrakte der Verhandlungen übergegangen worden.
Allein, es wurde erwidert, daß die frühern Verhältnisse, wo der Kaiser selbst arbeitete und die Anträge der Hofstellen änderte, hieher keinen Bezug nehmen, nachdem Se. Majestät gegenwärtig ohne Minister nichts entscheiden; daß für bloße Auskunftserteilung auch einfache Protokollsextrakte genügen, im erforderlichen Falle aber der Minister selbst zur Erteilung näherer Aufschlüsse zu Sr. Majestät berufen werden kann29.
Weiters brachte Graf Stadion in Vorschlag, die bisherigen Kabinettspersonen, Staatsrat Pipitz und Hofrat Erb auf eine ehrenvolle, ihren bisherigen Diensten angemessene Art anderweitig unterzubringen. Erb würde einem Ministerio zuzuweisen sein; für Pipitz würde der Ministerpräsident in der Übertragung der Regelung der Angelegenheit des kaiserlichen Familienvermögens, für Erb etwa in künftiger Zuweisung der Leitung des Geheimen Haus-, Hof- und Staatsarchivs die angemessenste Verwendung gefunden zu haben glauben.
Fürst Schwarzenberg behielt sich vor, hiernach den entsprechenden Vortrag an Se. Majestät zu erstatten30.
XX. Kaiserliches Geldgeschenk für die Armen Wiens; Zivilliste des regierenden und des abgetretenen Kaisers
Endlich trug Graf Stadion darauf an, daß Se. Majestät aus Anlaß Allerhöchstihrer Thronbesteigung einen Gnadenakt zugunsten der Haupt- und Residenzstadt Wien durch Bewilligung einer Summe von 200.000 fr. für die infolge [der] letzten Ereignisse Verarmten zu bewilligen geruhen mögen.
Bei der Frage, ob diese Summe aus der Ah. Privatkasse oder aus dem Staatsschatze anzuweisen sei, auf welche erstere die Minister aus Mangel an Auskünften über deren Stand bestimmt anzutragen nicht in der Lage waren, kam auch die künftige Feststellung der Zivilliste für Se. Majestät den regierenden, sowie der Dotation für Se. Majestät den abgetretenen Kaiser zur Sprache, in welcher Beziehung die Anträge vorbehalten werden31.
Vorderhand könnten, nach dem Erachten des Finanzministers, die erforderlichen Summen mittelst einer außerordentlichen Dotation für das Obersthofmeisteramt beschafft werden32.
Auch wurden Se. Majestät gebeten, einer eben anwesenden Deputation des Gemeinderates der Stadt Wien in der ihr zu erteilenden Antwort auch die beglückende Kunde von dem angeführten Gnadenakte mitzuteilen33.