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Nr. 8 Ministerrat, Wien, 9. April 1848 - Retrodigitalisat (PDF)

  • RS.; P. Ransonnet; VS. Ficquelmont; anw. Taaffe, Pillersdorf, Sommaruga, Zanini; außerdem anw. Mayer-Gravenegg; BdE. Ficquelmont (10. 4.), Franz Karl (11. 4.).

MRZ. 106 – KZ. –

Protokoll des Ministerrates am 9. April 1848.

I. Anleiheverhandlungen mit der Nationalbank

Vizepräsident v. Mayer erstattete weiteren Bericht über seine Unterhandlungen mit der Nationalbank in betreff des Anlehens (vide Protokoll vom 7. April 1848)1. Die Nationalbank hat in der letzten Zusammentretung noch weitere Forderungen gestellt; nämlich a) Garantie des Staates für die in England zur Vergrößerung des Bankschatzes anzukaufenden Silberbarren im Wert von 2,000.000 Pfund Sterling unter Verpfändung der Staatseisenbahnen; b) Verpfändung der ehemals toskanischen Herrschaften in Böhmen; c) Verzinsung des Anlehens per 30 Millionen à 4% des Jahres, und d) Ergänzung der durch den gesunkenen Wert der Metalliques nicht mehr hinlänglichen Hypothek für das alte Darlehen der Nationalbank an den Staat per 81 Millionen2.

Es wurde einstimmig beschlossen, die Garantie zu a) zuzugestehen, b) die Verpfändung der ein Privateigentum Sr. Majestät bildenden extoskanischen Herrschaften, wo nur immer möglich, abzulehnen oder dieselbe doch erst in letzter Linie nach den übrigen reichlichen Hypotheken gegen vorläufige Ah. Genehmigung zuzugestehen, c) den Zinsfuß von 4% auf 3% herabzustimmen und d) auf eine Ergänzung der vorhandenen Hypothek in Metalliques nicht einzugehen.

Dieser Instruktion gemäß wird Vizepräsident v. Mayer die weitere Unterhandlung pflegen3.

II. Anstellungsgesuch Jakob Baumgartners

Einen weiteren Gegenstand der Beratung bildete die in dem Vortrage des Hofkammerpräsidiums vom 2. l. M., KZ. 1262/18484, beleuchtete Frage wegen der Anstellung des ehemaligen Landammans zu St. Gallen, Dr. Jakob Baumgartner, im österreichischen Staatsdienste.

Es wurde einerseits anerkannt, daß die Anstellung eines Ausländers im österreichischen Staatsdienste überhaupt gar nicht an der Zeit sei, da demnächst so viele aktive k. k.

|| S. 47 PDF || Beamte in Quieszenz verfallen dürften, und daß insbesondere auch gar keine Notwendigkeit zur Bestellung eines zweiten Sekretärs bei der Eisenbahngeneraldirektion vorhanden sei. Da andererseits dem Dr. Baumgartner bereits auf Ah. Befehl eröffnet worden sei, daß [er] die erwähnte Stelle mit den damit verbundenen Genüssen provisorisch erhalten werde5, so vereinigte man sich zu dem Mittelwege, den Obgenannten so zu behandeln, als ob er ein infolge administrativer Maßregeln disponibel werdender Staatsbeamter wäre, und ihm sonach seine einjährigen Gebühren per 1400f. Gehalt und 240f. Quartiergeld als Abfertigung anzuweisen6.

III. Pensionshöhe für Joachim Eduard Graf v. Münch-Bellinghausen

Der Vortrag des Ministers der auswärtigen Angelegenheiten d. dto. 4. April 1848, KZ. 12617, behandelt das Ruhegehalt für den gewesenen Bundestagspräsidenten Grafen Münch8 und die Bemessung der Bezüge seines Nachfolgers Grafen Colloredo9. Über den zweiten Punkt wurde kein Beschluß gefaßt, nachdem Graf Colloredo bereits die Abberufung von seinem Posten angesucht hat10.

Bezüglich des Ruhegehalts für Graf Münch lagen zweierlei Anträge vor: jener des Hofkammerpräsidiums, welches sich für 6000f.11, und jener des Ministers des Äußern, welcher sich für 10.000f.12 jährlich ausgesprochen hatte. Der Ministerrat glaubte nicht die Verantwortlichkeit auf sich nehmen zu können, einen höheren Betrag als 6000f. au. in Antrag zu bringen, da einerseits die traurige Lage der Staatsfinanzen es zur gebieterischen Notwendigkeit macht, die möglichste Sparsamkeit zu beobachten, Diplomaten systemmäßig auf Pension gar keinen Anspruch haben und Graf Münch, welcher für keine Familie zu sorgen hat, sich notorisch in sehr günstigen Vermögensverhältnissen befindet13.

IV. Unterstützung für das deutsche Hospital in London und den deutschen Hilfsverein in Paris

In dem Vortrage vom 3. April 1848, KZ. 1290 (MR. 29)14, hat sich das Hofkammerpräsidium gegen die von der Staatskanzlei in Antrag gebrachte Beitragsleistung15 aus dem Staatsschatze zu dem deutschen Hospital in London16 und dem deutschen Hilfsverein in Paris17 erklärt. Nachdem der Minister das Äußern gegenwärtig die Erklärung abgab, daß er gleichfalls unter den jetzigen Verhältnissen die in Rede stehenden Unterstützungen nicht angezeigt halte, erklärten sich sämtliche Minister für die Ablehnung18.

V. Rekrutierungsausschreibung für 1848

Über die im Vortrage des Ministers des Inneren vom 26. März 1848, StRZ. 1433/104419 zur Sprache gebrachte Frage, ob für dieses Jahr die Rekrutierung auszuschreiben sei, wurde einstimmig anerkannt, daß in dem gegenwärtigen Zeitpunkte, wo die Monarchie mit äußern und inneren Feinden zu kämpfen hat, während die Reihen der Armee teils von Ungarn nicht gehörig ergänzt, teils durch Defektion der italienischen Truppen gelichtet wurden, die Ergänzung des österreichischen Heeres mittelst Rekrutierung eine unerläßliche Maßregel sei. Der Kriegsminister gab bei diesem Anlaß die beruhigende Versicherung, daß die Rekrutierung auch bereits beinahe überall mit dem besten Erfolge begonnen habe20.

VI. Verstärkung der deutsch-erbländischen Infanterieregimenter

Aus denselben Gründen und mit Rücksicht auf die vorhandene Notwendigkeit, dem Feldmarschall Grafen Radetzky ohne Verzug Verstärkungen zuzuführen, wurde der vom Kriegsminister gemachte Antrag wegen Aufstellung der 3. Divisionen bei den 3. Bataillons der deutschen Infanterieregimenter wie bei den 1. Landwehrbataillons – ungeachtet des dadurch verursachten Mehraufwandes – einstimmig genehmigt21.

VII. Ankauf von Bespannungspferden

Der Ministerrat beschloß ebenfalls über Antrag des Kriegsministers, der Militärverwaltung zu dem wegen Mangels an Transportmitteln äußerst dringend gewordenen Ankaufe von Bespannungen, eine vorläufige Summe von 200.000f. aus den Finanzen erfolgen zu lassen22.

VIII. Suspendierung der Steuerausschreibung für 1849

Nach gepflogener Beratung über die Frage, ob die direkten Steuern für 1849 schon jetzt nach der früher üblichen Weise auszuschreiben seien, vereinigte sich der Ministerrat zu dem Beschlusse, daß, nachdem das Recht, die Steuern zu bewilligen, zu den konstitutionellen Befugnissen der Reichsstände gehören dürfte, eine Steuerausschreibung für 1849 derzeit noch nicht einzutreten hätte, sondern dieser Gegenstand seinerzeit mit Rücksicht auf die den vereinigten Reichsständen zu machenden Vorlagen in Erwägung zu ziehen sein werde23.

IX. Instruktionen für Franz Graf v. Hartig

Der Minister des Äußern trug hierauf die dem Staats- und Konferenzminister Grafen Hartig aus Anlaß seiner Sendung zur Pazifizierung des lombardisch-venezianischen Königreiches zu gebende Instruktion vor, mit deren Fassung und Ausfertigung der Ministerrat völlig einverstanden war24.

X. Herabsetzung des Salzpreises in Tirol

Ein weiterer Gegenstand der Beratung war das Gesuch der Tiroler Landesdeputierten um allgemeine Herabsetzung des Salzpreises in jener Provinz ohne Beschränkung auf ein Limitoquantum, und zwar von 5f. 58 Kreuzer auf 3f. 30 Kreuzer vom Zentner25. Nachdem bereits das Limitoquantum durch den Gouverneur Grafen Brandis provisorisch auf 142.000 Zentner erhöht worden ist26, so würde die allgemeine Preisherabsetzung nur einen Ausfall von etwa 45.000f. verursachen. Bei den gegenwärtigen Zeitverhältnissen, wo auf der günstigen Stimmung des Landes Tirol so wichtige Interessen beruhen, und da Se. kaiserliche Hoheit der durchlauchtigste Herr Erzherzog Johann erklärten, sich nur dann von seiner Reise in dieses Land einen günstigen Erfolg versprechen zu können, wenn er Überbringer dieser Zugeständnisse wäre, glaubte sich der Ministerrat einstimmig für die angesuchte allgemeine Salzpreisherabsetzung erklären zu sollen. Die hierüber entworfenen Ah. Handbillets an den durchlauchtigsten Herrn Erzherzog Johann und den Finanzminister wurden bereits zur Gewinnung an Zeit abgesondert der Ah. Schlußfassung unterzogen27, so daß es hier nur mehr die dem || S. 50 PDF || Gouverneur Grafen Brandis über die von ihm getroffenen Verfügungen zu gebende Erledigung beigeschlossen wird28.

XI. Zuweisung Thaddäus Peithners Freiherrn v. Lichtenfels zum Justizministerium

Schließlich äußerte der Justizminister , daß es ihm wünschenswert wäre, so bald als möglich den beim Staatsrate in Verwendung stehenden Hofrat v. Lichtenfels29 für die Bearbeitung der Ministerialgeschäfte zugewiesen zu erhalten, und bat um huldvolle Erlassung eines Ah. Auftrages zu diesem Ende30.

Die den vorstehenden Beschlüssen des tg. Ministerrates entsprechenden Entwürfe der Ah. Erlässe werden nachfolgend der Ah. Sanktion in Ehrfurcht unterzogen.

Am 10. April 1848. Ficquelmont. Ges. 11. April. Franz Karl. Vidi. Ferdinand. Preßburg, am 11. April 1848.