Nr. 39 Ministerrat, Wien, 6. März 1915
RS.Reinschrift fehlt; Abschrift von Tagesordnungspunkten I und XII; Wortlaut der Ah. Entschließung: Hhsta., Kabinettskanzlei, Protokoll 1915.
P. Ehrhart; VS.Vorsitz Stürgkh; anw. Georgi, Hochenburger, Heinold, Forster, Hussarek, Trnka, Schuster, Zenker, Engel, Morawski; außerdem anw.anwesend Streit.
- I. Versorgung der Militärinvaliden und ihrer Angehörigen.
- II. Einholung der Ah. Genehmigung für eine neue Geschäftsordnung des Reichsgerichtes.
- III. Erwirkung einer kaiserlichen Verordnung aufgrund des § 14 Staatsgrundgesetz über die Verwendung von Teilen der Gebarungsüberschüsse der gemeinschaftlichen Waisenkassen.
- IV. Erwirkung der Ah. Sanktion für den vom mährischen Landtage beschlossenen Gesetzentwurf betreffend die Einleitung des Wassers aus der Gemeindewasserleitung in die Häuser in der Gemeinde Rossitz und die Einhebung von Gebühren für das bezogene Wasser.
- V. Erwirkung der Ah. Sanktion für den vom oberösterreichischen Landtage beschlossenen Gesetzentwurf, mittels welchem das Gesetz vom 4. Jänner 1908, LGBl. Nr. 6, womit die Bestimmungen in Betreff der Kanalisierung der Straßen der Stadt Schärding erlassen wurden, ergänzt wird.
- VI. Erwirkung der Ah. Sanktion für den vom Tiroler Landtage beschlossenen Gesetzentwurf, womit Bestimmungen betreffend Kanalisation und Kanalgebühren für das Gebiet der Stadtgemeinde Brixen getroffen werden.
- VII. Erwirkung der Ah. Sanktion für den vom galizischen Landtage beschlossenen Gesetzentwurf betreffend die Ausscheidung der Attinenz Wyglanowice aus dem Verbande der Gemeinde Chochorowice im Bezirke Neu-Sandec und Einverleibung derselben in die Gemeinde Stadło.
- VIII. Erwirkung der Ah. Sanktion für den vom mährischen Landtage beschlossenen Gesetzentwurf betreffend die Einhebung einer Mietzinsauflage in der Stadtgemeinde Königsfeld.
- IX. Erwirkung der Ah. Sanktion für den vom mährischen Landtage beschlossenen Gesetzentwurf betreffend die Einhebung einer Landesmusikabgabe.
- X. Erwirkung der Ah. Sanktion für den vom oberösterreichischen Landtage beschlossenen Gesetzentwurf, womit Bestimmungen betreffend die Kanalisierung in den Ortschaften Neuschönau, Jägerberg und Ramingsteg der Ortsgemeinde St. Ulrich bei Steyr erlassen werden.
- XI. Erklärung des Baues der Teilstrecke Orlau–Oderberg der k. k. priv. Kaschau–Oderberger Eisenbahn als begünstigten Bau im Sinne der kaiserlichen Verordnung vom 16. Oktober 1914, RGBl. Nr. 284.
- XII. Vorgang bei Erwirkung von Ah. Auszeichnungen für Zivilpersonen, die sich militärische Verdienste erworben haben.
- XIII. Erklärung des Projektes für die Regulierung der Eger oberhalb Twerschitz als begünstigen Bau im Sinne der kaiserlichen Verordnung vom 16. Oktober 1914, RGBl. Nr. 284.
- XIV. Erklärung des Projektes zur Regulierung des Eger-Flusses in der 900 m langen Strecke oberhalb des Wehres in Libochowitz als begünstigen Bau im Sinne der kaiserlichen Verordnung vom 16. Oktober 1914, RGBl. Nr. 284.
- XV. Erklärung des Projektes für die Auparegulierung in Bausnitz unterhalb Trautenau und zwar zwischen Kilometer 30,25 und 31,68 als begünstigen Bau im Sinne der kaiserlichen Verordnung vom 16. Oktober 1914, RGBl. Nr. 284.
- XVI. Erklärung des Projektes für die Regulierung des Goldbaches in Dobritschan km 1,7–1,9 als begünstigen Bau im Sinne der kaiserlichen Verordnung vom 16. Oktober 1914, RGBl. Nr. 284.
- XVII. Erklärung des Projektes der zwischen dem Zentralschlachthause und der Genossenschaftsbrauerei in Pilsen zu führenden Bezirksstraße als begünstigten Bau im Sinne der kaiserlichen Verordnung vom 16. Oktober 1914, RGBl. Nr. 284.
- I. Versorgung der Militärinvaliden und ihrer Angehörigen
- II. Einholung der Ah. Genehmigung für eine neue Geschäftsordnung des Reichsgerichtes
- XII. Vorgang bei Erwirkung von Ah. Auszeichnungen für Zivilpersonen, die sich militärische Verdienste erworben haben
- XIII. Erklärung des Projektes für die Regulierung der Eger oberhalb Twerschitz als begünstigen Bau im Sinne der kaiserlichen Verordnung vom 16. Oktober 1914, RGBl. Nr. 284
I. Versorgung der Militärinvaliden und ihrer Angehörigen
I. ℹ️ Quelle: Abschrift in Ava., Ministerratsprotokolle, Karton 44 (Aus dem Nachlasse Alexy ).
Der Minister für Landesverteidigung erinnert daran, dass die Versorgung der Militärinvaliden und ihrer Angehörigen nach den bisherigen Vorschriften1 und aufgrund deren ganz veralteter Ansätze eine durchaus unzulängliche sei.
Es bestehe daher die Notwendigkeit, seinerzeit ein neues Militärversorgungsgesetz zu schaffen, für welches der Entwurf auch bereits fertiggestellt sei2. Es müsse aber auch für die Zwischenzeit einigermaßen vorgesorgt werden, und zwar umso mehr, als die Angehörigen der Mobilisierten bisher reichliche Unterstützungen erhalten und der Wegfall dieser letzteren eine schwere Erschütterung ihrer wirtschaftlichen Existenz bedeuten würde, die gewiss auch für die Stimmung der Bevölkerung von den nachteiligsten Folgen wäre. Über die Unerlässlichkeit eines solchen Provisoriums seien alle beteiligten Faktoren grundsätzlich einig. Es ergebe sich nun zunächst die Frage, ob dasselbe im Wege der Gesetzgebung oder durch Erwirkung eines generellen Ah. Gnadenaktes ins Leben zu rufen sei. Weiters handle es sich um den meritorischen Inhalt. Über diesen seien bereits sehr eingehende Verhandlungen geführt worden und es stünden sich nunmehr zwei Vorschläge gegenüber, deren einer vom österreichischen Ministerium für Landesverteidigung gemeinsam mit dem Kriegsministerium, der andere aber von der ungarischen Regierung vertreten werde. Letzterer schließe sich in der Konstruktion im Wesentlichen den bisherigen Versorgungsvorschriften an und bezwecke lediglich deren Ergänzung und Erweiterung. Der Vorschlag des Ministeriums für Landesverteidigung und des Kriegsministeriums nehme die bisher gewährten Unterhaltsbeiträge für Angehörige von Mobilisierten zum Ausgangspunkte und sehe nur dort Zuschüsse zu den militärischen Versorgungsgebühren vor, wo Unterhaltsbeiträge nach den gesetzlichen Bestimmungen überhaupt nicht in Betracht kommen; er enthalte allerdings gegenüber letzteren wesentlich verminderte Ansätze, biete aber nichtsdestoweniger reichlichere Zuwendungen als der ungarische Vorschlag. Weiters unterscheide er sich von letzterem dadurch, dass er auch eine teilweise Berücksichtigung der Gagisten ins Auge fasse, während jener sich ausschließlich auf die Personen des Mannschaftsstandes erstreckt. Überdies werde es notwendig sein, bis zum Inslebentreten dieses Provisoriums interimistische Verfügungen im Erlasswege zu treffen, wodurch einstweilen die Weiterzahlung der Unterhaltsbeiträge an die Familien der als invalid aus dem Felde Zurückgekehrten und an die Hinterbliebenen der Gefallenen auch über den gesetzlichen Erlöschungstag hinaus ermöglicht wird. Nach einer längeren Erörterung, an welcher sich außer dem sprechenden Minister auch der Ministerpräsident, der Eisenbahnminister, der Minister für Kultus und Unterricht und der Finanzminister beteiligen, und in deren Verlauf Sektionsrat Baron Streit sachliche Aufklärungen erteilt, spricht der Ministerrat seine Anschauung im folgenden Sinne aus:
1. Für die Schaffung des Provisoriums sei der Weg der Gesetzgebung nicht unerlässlich, es empfehle sich daher die Erwirkung eines generellen Ah. Gnadenaktes3.
2. Was das Meritum anbelangt, so sei der Vorschlag des Ministeriums für Landesverteidigung und des Kriegsministeriums als Grundlage der weiteren Verhandlungen anzunehmen; doch wäre es angebracht, die Ansätze noch einigermaßen zu reduzieren, um sie jenen des künftigen Versorgungsgesetzes zu nähern, sodass der Übergang zur definitiven Ordnung dann kein allzu schroffer wäre.
3. Die interimistische Verfügung wegen der Weiterzahlung der Unterhaltsbeiträge nach dem dem Ministerrate vorgelegten Erlassentwurfe sei jedenfalls mit Beschleunigung zu treffen4.
II. Einholung der Ah. Genehmigung für eine neue Geschäftsordnung des Reichsgerichtes
[II. bis XI. fehlt.]
XII. Vorgang bei Erwirkung von Ah. Auszeichnungen für Zivilpersonen, die sich militärische Verdienste erworben haben
XII. ℹ️ Quelle: Abschrift in Ava., Ministerratsprotokolle, Karton 44 (Aus dem Nachlasse Alexy ).
Der Eisenbahnminister teilt mit, das Armeeoberkommando habe mit ihm in Angelegenheit der Erwirkung Ah. Auszeichnungen für staatliche Eisenbahnfunktionäre, die sich militärische Verdienste erworben haben, ein Einvernehmen gesucht5.
Da diese Angelegenheit neben ihrer meritorischen Seite insoferne eine prinzipielle Bedeutung habe, als hier die Einhaltung der richtigen Kompetenzabgrenzung infrage kommt, erscheine es ihm angebracht, sie im Ministerrate zur Sprache zu bringen. Der Ministerpräsident führt aus, es bestehe im Allgemeinen kein Zweifel, dass die Erwirkung Ah. Auszeichnungen für Zivilpersonen auch dann, wenn ihre Verdienste ganz oder vorwiegend auf militärischem Gebiete liegen, in die Kompetenz der k. k. Regierung falle, welche es sich selbstverständlich nach wie vor zur Pflicht mache, alle einschlägigen Anregungen der militärischen Faktoren der eingehendsten Würdigung zu unterziehen und nach Tunlichkeit zu berücksichtigen. Immerhin wäre es möglich für die Kriegsdauer speziell dem Armeeoberkommando ein weitergehendes Entgegenkommen in folgender Richtung zu zeigen: Falls es sich um die Erwirkung von Ah. Auszeichnungen handelt, die ihrer Ah. Stiftung nach oder wegen der besonderen Embleme, die im Ah. Gnadenakte mit erbeten werden, den Charakter einer rein militärischen Auszeichnung haben, wäre es genügend, wenn das Armeeoberkommando im Gegenstande ein Einvernehmen mit dem zuständigen Ressortministerium erzielen würde, und es könnte ihm auf Basis dieses Einvernehmens die Erwirkung überlassen bleiben. Bei Ah. Auszeichnungen, denen der Ah. Stiftung oder den Emblemen nach ein streng militärischer Charakter nicht zukommt, müsste die Erwirkung über Anregung des Armeeoberkommandos den kompetenten Zivilressorts zustehen. Diese Begünstigung wäre natürlich streng zu interpretieren, sodass im Übrigen auch während der Kriegsdauer die grundsätzlichen Kompetenzabgrenzungen fortbestünden und diese nach Beendigung des Krieges und des dadurch bedingten Aufhörens des vorerwähnten Ausnahmeverhältnisses wiederum auf der ganzen Linie uneingeschränkt zur Geltung kämen. Falls der Ministerrat diesen Standpunkt billigen sollte, würde es der Ministerpräsident übernehmen, ihn im Wege eines Notenwechsels mit dem Armeeoberkommando zu formalisieren und sohin die Ah. Genehmigung hiefür zu erwirken.
Der Ministerrat stimmt diesem Vorschlage des Ministerpräsidenten zu6.
Wien, am 6. März 1915.
Ah. E.Allerhöchste Entschließung Ich habe den Inhalt dieses Protokolles zur Kenntnis genommen. [Franz Joseph.] Wien, 6. Juni 1915.