Nr. 64 Ministerrat, Wien, 28. März 1872
RS.Reinschrift und bA.; P. Weber; VS.Vorsitz Auersperg; BdE.Bestätigung der Einsicht und anw.anwesend (Auersperg 28. 3.); Lasser 31. 3, Banhans 8. 4., Stremayr, Glaser 18. 4., Unger, Horst; abw.abwesend Chlumecký, Pretis.
- I. Antrag auf Nichtsanktionierung der vom dalmatinischen Landtage beschlossenen Gesetzentwürfe: a) betreffend die Abänderung der §§ 109 und 110 der dalmatinischen Gemeindeordnung vom 30. Juli 1864; b) betreffend die Abänderung der §§ 2, 4, 15, 17, 20, 21, 22, 24, 25, 28, 41, 42, 44, 48, 53, 65, 67, 68, 73, 74, 104, 108 derselben Gemeindeordnung.
- II. Antrag auf Nichtsanktionierung der vom Salzburger Landtag beschlossenen Bauordnung für die Stadt Salzburg.
- III. Beantwortung einer Note des Ministeriums des Äußern betreffend den Abschluss eines Zoll- und Handelsbündnisses mit den Donaufürstentümern.
- IV. Antrag auf Verleihung des Ritterkreuzes vom Franz-Joseph-Orden an den kgl. italienischen Hafenkapitän Cavaliere Mario Corrao.
- I. Antrag auf Nichtsanktionierung der vom dalmatinischen Landtage beschlossenen Gesetzentwürfe: a) betreffend die Abänderung der §§ 109 und 110 der dalmatinischen Gemeindeordnung vom 30. Juli 1864; b) betreffend die Abänderung der §§ 2, 4, 15, 17, 20, 21, 22, 24, 25, 28, 41, 42, 44, 48, 53, 65, 67, 68, 73, 74, 104, 108 derselben Gemeindeordnung
- II. Antrag auf Nichtsanktionierung der vom Salzburger Landtag beschlossenen Bauordnung für die Stadt Salzburg
- III. Beantwortung einer Note des Ministeriums des Äußern betreffend den Abschluss eines Zoll- und Handelsbündnisses mit den Donaufürstentümern
- IV. Antrag auf Verleihung des Ritterkreuzes vom Franz-Joseph-Orden an den kgl. italienischen Hafenkapitän Cavaliere Mario Corrao
|| || Protokoll des zu Wien am 28. März 1872 abgehaltenen Ministerrates unter dem Vorsitze Sr. Durchlaucht des Herrn Ministerpräsidenten Fürsten Auersperg.
I. Antrag auf Nichtsanktionierung der vom dalmatinischen Landtage beschlossenen Gesetzentwürfe: a) betreffend die Abänderung der §§ 109 und 110 der dalmatinischen Gemeindeordnung vom 30. Juli 1864; b) betreffend die Abänderung der §§ 2, 4, 15, 17, 20, 21, 22, 24, 25, 28, 41, 42, 44, 48, 53, 65, 67, 68, 73, 74, 104, 108 derselben Gemeindeordnung
I. ℹ️ Der Minister des Innern stellt, auf eine frühere Besprechung über dieselbe Angelegenheit zurückkommend, nunmehr den formellen Antrag, Sr. Majestät auf die Nichtsanktio|| || nierung der beiden vom dalmatinischen Landtage beschlossenen Gesetzentwürfe: a) betreffend die Abänderung der §§ 109 und 110 der dalmatinischen Gemeindeordnung vom 30. Juli 1864; b) betreffend die Abänderung der §§ 2, 4, 15, 17, 20, 21, 22, 24, 25, 28, 41, 42, 44, 48, 53, 65, 67, 68, 73, 74, 104 und 108 der erwähnten Gemeindeordnung au. einzuraten.1
Das wesentlichste der Motive, welche den Minister des Innern zu diesem Antrage veranlassen, und welche in dem bezüglichen au. Vortrage ausführlich dargelegt werden, beruht darin, dass die Frage, wem das Recht der Auflösung einer Gemeindevertretung und der Entsetzung eines Gemeindevorstehers zustehen soll, in einem Sinne normiert wird, welcher dem bisher in allen Gemeindeordnungen diesfalls eingehaltenen Grundsatz widerstrebt. Während nämlich alle anderen Gemeindeordnungen dieses Recht nur || || [der] Regierung zugestehen, [die] in solchen Fällen, wo das Einschreiten gegen die Gemeindevertretung durch ihre Haltung in Angelegenheiten des selbstständigen Wirkungskreises veranlasst wird, im Einvernehmen mit dem Landesausschusse vorzugehen hat, soll nach der beschlossenen Änderung dem Landesausschusse das Recht zukommen, in Fällen, wo eine Gemeindevertretung oder ein Gemeindevorsteher in Angelegenheiten des autonomen Wirkungskreises ihre Pflichten vernachlässigen, ohne Rücksprache mit dem Landeschef die Auflösung der Gemeindevertretung oder die Entfernung des Gemeindevorstehers zu verfügen. Der Statthalter2 hat in Betreff beider Gesetzentwürfe die Nichtgenehmigung beantragt. Der Minister des Innern bemerkt, die dalmatinischen Abgeordneten seien bei den mit ihnen gepflogenen Besprechungen darauf aufmerksam gemacht worden, dass es aus den erwähnten Gründen untunlich || || ist, die Ah. Sanktionierung dieser Gesetzentwürfe zu erbitten, und dass wenn Se. Majestät den ablehnenden Antrag des Ministeriums zu genehmigen geruhen, der Landesvertretung die Motive der Ablehnung werden mitgeteilt werden, um sie in die Lage zu setzten, die Angelegenheit in der nächsten Session der entsprechenden Lösung zuzuführen.
Die Konferenz tritt dem Antrage des Ministers des Innern einhellig bei.3
II. Antrag auf Nichtsanktionierung der vom Salzburger Landtag beschlossenen Bauordnung für die Stadt Salzburg
II. ℹ️ Der Minister des Innern bringt ferner die gleichfalls bereits einer früheren Besprechung unterzogenen Bauordnung für die Landeshauptstadt Salzburg zum Vortrag.4
Dieser aus der Initiative des Landesausschusses hervorgegangene, vom Landtage des Herzogtums Salzburg in der Sitzung vom 9. Oktober 1871 || || beschlossene Gesetzentwurf gibt neben einigen geringern Anständen, über welche sich leichter hinausgesetzt werden könnte, insbesondere zu einem wesentlichen Bedenken Anlass. Es wird nämlich im § 88 bezüglich jener Bauten, welche das Land, oder ein unter der Verwaltung des Landes stehender Fonds führt, die Kompetenz der Baubehörde, das ist die Kompetenz zur Prüfung und Genehmigung des Bauplanes, Erteilung des Bewohnungs- und Benützungskonsenses, sowie zur Vornahme der Baukommission dem Landesausschuss eingeräumt.5 Hiedurch wird den Parteien der Rekurszug entzogen, und der Landesausschuss zum Richter in eigener Sache gemacht, somit gewissermaßen vom Gesetz eximiert. Es ist dies umso auffallender, als Bauten, welche der Ah. Hof oder der Staat führt, gleich den Privatbauten der Entscheidung [der] nach dem Gesetzentwurfe unter dem Vorsitz || || des Landeschefs oder dessen Stellvertreter zu bestellenden Baukommission (Baurates) zu unterziehen sind, und nur die Landesbauten hievon ausgenommen sein sollen. Der Minister des Innern bemerkt, dass dem Landesausschusse, nachdem der Gesetzentwurf vorher dem Ministerium eingesendet worden war, seitens des Ministeriums im Wege des Landeschefs die geeigneten Bemerkungen zur Bedachtnahme bekannt gegeben wurden. Die in Rede stehende Bestimmung über die Kompetenz des Landesausschusses als Baubehörde war in dem eingesendeten Entwurfe nicht enthalten, sondern fand erst später Aufnahme darin. Die Landesvertretung habe es sich daher nur selbst zuzuschreiben, wenn aus der Nichtberücksichtigung der ihr vom Ministerium erteilten Nachschläge die Unmöglichkeit resultiert den Gesetzentwurf Sr. Majestät zur Ah. Sank[tion] zu unterbreiten. || || Der Minister des Innern [ge]denkt den au. Antrag zu stellen, [Seine] Majestät geruhe dem vom Salzburger Landtag beschlossenen Entwurf einer Bauordnung für die Landeshauptstadt Salzburg die Ah. Sanktion nicht zu erteilen und den Minister zur Mitteilung der Motive der Nichtsanktionierung an die Landesvertretung Ag. zu ermächtigen.
III. Beantwortung einer Note des Ministeriums des Äußern betreffend den Abschluss eines Zoll- und Handelsbündnisses mit den Donaufürstentümern
III. ℹ️ Dem Handelsminister ist im Wege des Ministerratspräsidiums eine Note des Ministers des Äußern vom 15. März 1872 zugekommen, worin das langjährige Bestreben der k. u. k. Regierung mit den vereinigten Donaufürstentümern ein direktes Handelsübereinkommen abzu[schliess]en besprochen und die || || Bereitwilligkeit des Ministeriums des Äußern erklärt wird, ein solches herbeizuführen.
Insoweit jedoch hiebei das Aufgeben unserer traktatmäßigen Ansprüche hinsichtlich der Zollbehandlung in Frage steht, wünscht Graf Andrássy die bezügliche Ansicht der k. k. Gesamtregierung kennen zu lernen. Der Ministerpräsident hat daher den Handelsminister aufgefordert, diese Angelegenheit vor den Ministerrat zu bringen, indem er sich vorbehielt, die Zuschrift des Ministers des Äußern, welcher sich gleichzeitig auch an den ungarischen Ministerpräsidenten gewendet hat, im Namen des Gesamtministeriums zu beantworten. Das beiliegende Exposéa, welches der Handelsminister der Konferenz vorträgt, enthält eine historische Darstellung der bezüglich der Ein- und Ausfuhrgebühren zwischen Österreich und Rumänien bestehenden Vertrages und []ächtlichen Verhältnisse und || || auch den Antrag des Handelsministers, in welchem Sinne die Anfrage des Ministeriums des Äußern zu beantworten wäre.
Die Konferenz genehmigt einhellig den Antrag des Handelsministers.7
IV. Antrag auf Verleihung des Ritterkreuzes vom Franz-Joseph-Orden an den kgl. italienischen Hafenkapitän Cavaliere Mario Corrao
IV. ℹ️ Dem Handelsminister liegt ein Bericht der Seebehörde [in] Triest vor, worin die Erwirkung einer Ah. Auszeichnung für den kgl. italienischen Hafenkapitän in Palermo, Cavaliere Mario Corrao, befürwortet wird.
Dieser Antrag wurde durch den Verweser des österreichischen Generalkonsulats in Palermo8 angeregt, welcher die wiederholten ersprießlichen Leistungen des Corrao, sowie die eifrige Tätigkeit hervorhebt, die derselbe in den Jahren 1863–1866 im Interesse der österreichischen Schifffahrt an den Tag gelegt hat. Auch die k. u. k. Gesandt|| || schaft in Italien bestätigt die ersprießliche Tätigkeit des genannten Kapitäns im Interesse der österreichischen Handelsmarine, und der Präsident der Seebehörde beantragt für denselben die Verleihung des Ritterkreuzes vom Franz-Joseph-Orden, indem er beifügt, dass der Hafen von Palermo für unsere Schifffahrt nicht unwichtig ist und die Auszeichnung auswärtiger Funktionäre überhaupt unseren Interessen nur Vorteil bringt. Der Handelsminister teilt diese Ansicht, und beabsichtigt im Falle der Zustimmung der Konferenz an den Minister des Äußern das Ersuchen zu stellen, für den Kapitän Cavalliere Corrao das Ritterkreuz vom Franz-Joseph-Orden au. in Antrag bringen zu wollen.
Wien, am 28. März 1872. Auersperg.
Ah. E.Allerhöchste Entschließung Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Wien, 20. April 1872. Franz Joseph.