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Nr. 51 Ministerrat, Wien, 24. Februar 1872

RS. und bA.; P. Weber; VS. Auersperg; BdE. und anw. (Auersperg 24. 2.) Lasser 29. 2., Banhans 1. 3., Stremayr, Glaser, Unger, Chlumecký, Pretis (nur bei XII und XIII anw.), Horst (bei I bis XI) 8. 3.

KZ. 391 – MRZ. 36

|| || Protokoll des zu Wien am 24. Februar 1872 abgehaltenen Ministerrates unter dem Vorsitze Sr. Durchlaucht des Herrn Ministerpräsidenten Fürsten Auersperg.

I. Gesetzentwurf über Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften

I.a ℹ️ Der Minister des Innern bringt den beiliegenden Gesetzentwurf über Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften, für dessen Einbringung im Reichsrate er die Ah|| || . Ermächtigung zu erbitten beabsichtigt, zum Vortrage.b

Im Jänner 1869 wurde dem Abgeordnetenhause ein Gesetzentwurf über Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaften auf Aktien, dann Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften vorgelegt, welcher zum Zwecke hatte, das Konzessionssystem, sowie das Vereinsgesetz vom 26. November 1852 aufzuheben, und die Verhältnisse der erwähnten Gesellschaften in zeitgemäßer Weise zu regeln.1 Dieser umfangreiche Gesetzentwurf ist jedoch vom Abgeordnetenhause in jener Session nicht in Beratung genommen worden. Seither wurden die legislativen Studien und Arbeiten auf diesem Gebiete fortgesetzt und ausgedehnt, wobei sich ergab, dass es zweckmäßiger wäre, die verschiedenen Materien, welche den Gegenstand der beabsichtigten gesetz|| || lichen [] bilden, zu trennen, [und] in abgesonderten Gesetz[entwürfen] zu behandeln. [] einigte sich darin, [dass] es sich empfehle, vor allem [] dringendste ein Gesetz [über] die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften zu entwerfen, und zum Gegenstand der verfassungsmäßigen Behandlung zu machen. Diese Genossenschaften sind Vereine, welche vorzugsweise für die Verhältnisse und Bedürfnisse des kleineren Gewerbe- und Arbeiterstandes berechnet sind. Der Fonds dieser Vereine wird meistens durch sogenannte Geschäftsanteile gebildet, welche von den Mitgliedern in kleinen wöchentlichen oder monatlichen Raten allmählig eingezahlt werden. Die wohltätige Wirkung derselben besteht darin, dass den Mitgliedern, welche alleinstehend meist auf ihren Arbeitslohn angewiesen sind, und keinen Kredit genießen, durch die Assoziation die Teilnahme am Kapitals- und Unternehmungsgewinn, sowie am Kredite || || der Gesamtheit ermöglicht, und dadurch die Gelegenheit geboten wird, zu einer wirtschaftlich unabhängigen Existenz zu gelangen. Diesen Vereinen ist übrigens auch eine nicht zu unterschätzende sozialpolitische Bedeutung beizumessen, indem die Genossenschaften das Prinzip der Selbsthilfe im Gegensatze zu der von der sozialdemokratischen Partei geforderten Staatshilfe vertreten. So wie das Genossenschaftswesen daher von jener Partei vielfach angefeindet wird, so ist jede Maßregel, durch welche die Entwicklung des Genossenschaftswesens gefördert wird, als ein heilsames Gegengewicht gegen die bedrohlichen Tendenzen der Sozialdemokratie zu betrachten. Der vorliegende Gesetzentwurf ist daher nicht bloß vom Standpunkte des Vereinswesens, sondern auch als ein Schritt zur teilweisen Lösung jener schwerwiegenden Fragen ins Auge zu fassen, die man im || || [] mit dem Namen [„soziale] Frage“ zu bezeichnen [pflegt.] Der Minister bemerkt schließlich, dass eine Prüfung des Gesetzentwurfes durch ein vom Ministerrate bestelltes Subkomitee bestehend aus dem Minister des Innern, der Justiz, des Ackerbauministers und Handelsministers vorangegangen ist, und den übrigen Mitgliedern der Konferenz Exemplare des Gesetzentwurfes und Motivenberichtes zur vorherigen Einsicht zugesendet worden sind. Er ersucht um die Zustimmung des Ministerrats zur Erstattung des bezüglichen au. Vortrags.

Diese Zustimmung wird einhellig erteilt.2

II. Sanktionierung eines Bukowinaer Landesgesetzes, betreffend die Einreihung einiger Straßenzüge in die Kategorie von Bezirkskonkurrenzstraßen

II. ℹ️ Der Minister des Innern wird ermächtigt, ein von dem Bukowinaer Landtage beschlossenes Gesetz, wodurch vier Straßen|| || züge aufgrund des dort bestehenden Straßenkonkurrenzgesetzes in die Kategorie der Bezirkskonkurrenzstraßen aufgenommen und der Bemautung unterzogen werden, Sr. Majestät zur Ah. Sanktionierung zu unterbreiten.3

III. Auszeichnungsantrag für den k. k. Militärgrenzagenten Alois Grohmann

III. ℹ️ Nach einer dem Minister des Innern vorliegenden Note des Reichskriegsministers verwendet sich letzterer für eine dem k. k. Militärgrenzagenten Alois Grohmann aus Anlass des Aufhörens seiner Funktionen in Folge des geänderten Organismus der Grenzverwaltung zu verleihende Ah. Auszeichnung.4

Grohmann, im Jahre 1851 von Sr. Majestät zum Militärgrenzagenten ernannt, wurde bereits im Jahre 1861 mit dem Ritterkreuz des Franz-Joseph-Ordens ausgezeichnet.5 Der Reichskriegsminister || || [] dass Grohmann seit 1861 [durch sein] gemeinnütziges Wirken [an der] Militärgrenze sich ein[] von Verdiensten erworben hat, die über sein pflichtmäßiges Ressort hinausragen. Der Minister des Innern ist des Erachtens, dass mit Rücksicht auf die sonstige Stellung Grohmanns und da derselbe den Franz-Joseph-Orden bereits besitzt, dem Antrage des Reichskriegsministers gemäß auf das Ritterkreuz der Eisernen Krone III. Klasse bei Sr. Majestät au. das Einraten zu stellen wäre. Zwar habe der Reichskriegsminister in der Meinung, es sei seine Sache, den Auszeichnungsvortrag zu erstatten, nur die Zustimmung des Ministeriums einholen wollen. Der Minister des Innern glaubt aber, dass auf Grund der bestehenden Bestimmungen über Auszeichnungen von Zivilpersonen der au. Vor|| || trag mit Berufung auf das Einschreiten des Reichskriegsministers und auf die Zustimmung des Ministerrates Sr. Majestät vom Minister des Innern zu unterbreiten, und der Reichskriegsminister von der erfolgten Ah. Entschließung zu verständigen ist.

Die Konferenz erklärt sich einhellig einverstanden.6

IV. Auszeichnungsantrag betreffend den Med. Dr. Alois Sindici

IV. ℹ️ In einer weiter an den Minister des Innern gerichteten Zuschrift verwendet sich der Reichskriegsminister um Erwirkung des Ritterkreuzes vom Franz-Joseph-Orden für den ehemaligen Oberarzt der aufgelösten Territorialmiliz, nunmehrigen Bezirksarzt zu Prosecco, Med. Dr. Alois Sindici.7

Derselbe hat für seine Verdienste um die Territorialmiliz im Jahre 1868 das goldene Verdienstkreuz erhalten. || || Gegenwärtig wird für [ihn geltend] gemacht, dass er [bei den] zu Scheibenschießübungen [nach] Prosecco kommandierten Militärabteilungen den Sanitätsdienst unentgeltlich geleistet hat. Wie sich aus den Belegen ergibt, hat sich in diesen drei Jahren, jährlich durch acht Tage eine Kompagnie in Prosecco befunden. Dass die Zahl der dabei Erkrankten, von Dr. Sindici unentgeltlich Behandelten, nicht sehr groß gewesen sein mag, geht schon daraus hervor, dass über die Anzahl nichts gesagt wird. Nach dem bestehenden Normale vom Jahre 1859 sind alle angestellten Zivilärzte verpflichtet, wo ein Militärarzt nicht besteht, sich der Aufforderung des Militärkommandanten zur Behandlung erkrankter Soldaten nicht zu entziehen.8 Allerdings hätte er den tarifmäßigen Betrag von 18 Kreuzern aufrechnen können. Der Minister des Innern kann aber nicht glauben, dass das Opfer von || || 18 Kreuzer durch je acht Tage in drei Jahren gebracht, so schwer wiegt, dass damit der Antrag auf das Ritterkreuz des Franz-Joseph-Ordens begründet werden könnte. Er beabsichtigt daher dem Reichskriegsminister zu erwidern, das Ministerium wolle zwar die Verdienste des Dr. Sindici nicht in Abrede stellen, erachte aber ein solches Maß derselben nicht nachgewiesen, um schon dermal auf die angedeutete Auszeichnung bei Sr. Majestät einraten zu können.

Die Konferenz stimmt dem Minister des Innern einhellig bei.9

V. Auszeichnungsantrag für den Oberingenieur der Odessaer Bahn Max Schmid von Schmidsfelden

V. ℹ️ Dem Minister des Innern liegt ferner ein Ansuchen des Ministeriums des Äußern vor, dahingehend, dass für den von der kaiserlichen Gesandtschaft in Petersburg zu einer Ah. Auszeichnung || || [für den] Oberingenieur der Odessaer Bahn Max Schmid von Schmidsfelden das Ritterkreuz des Franz-Joseph-Ordens erwirkt werden möge.10

Schmid, ein geborener Niederösterreicher, und noch gegenwärtig österreichischer Staatsbürger, stand bis 1854 als Ingenieur im Dienste der Staatsbahngesellschaft, und folgte dann einem glänzenden Anerbieten nach Odessa, wo er mit einem Jahresgehalte von 8.000 fr. angestellt ist, und rücksichtlich seiner Befähigung im Bahnfache als eine hervorragende Persönlichkeit gilt. Die eingeholten Auskünfte über seine moralische und staatsbürgerliche Haltung sind vollkommen zufriedenstellend. Die besonderen Verdienste aber, welche das Einschreiten veranlassten, bestehen darin, dass dem Oberingenieur Schmid, abgesehen davon, dass er viele Bestellungen aus Österreich für die russischen Bahnen vermittelte, bei den Erhebungen, die für || || militärische Zwecke über das russische Eisenbahnwesen gepflogen wurden, sehr wesentliche und nützliche Andeutungen zu danken sind. Aufgrund dessen ersucht der Minister des Innern um die Zustimmung der Konferenz, dass über den Wunsch der Militärorgane und des Ministeriums des Äußern für den Oberingenieur von Schmid das Ritterkreuz des Franz-Joseph-Ordens von Sr. Majestät au. erbeten werde.

Die Konferenz erteilt einhellig ihre Zustimmung.11

VI. Auszeichnungsantrag für den Großgrundbesitzer Wilhelm Grafen Pourtalès

VI. ℹ️ Der Statthalter in Böhmen hat auf das vielseitige gemeinnützige und patriotische Wirken des Besitzers von Tloskau und anderer Güter in Böhmen Wilhelm Grafen Pourtalès aufmerksam gemacht.12

Graf Pourtalès habe zur Beförderung von Straßen-, Kirchen- und Schulbauten hervorragend || || [] namentlich in dem [] als man bei dem [] Grundbesitze und den Gemein[den] [] Opposition gegen das [] Schulsystem durch Verweigerung der Umlagen zu nähren bestrebt war, in der Achtung der Gesetze mit gutem Beispiele durch vorschussweise Verabfolgung von Geldmitteln an die Schulbezirke vorangegangen, und habe ferner keine Gelegenheit versäumt, bei die Ah. Familie betreffenden Gedenktagen durch Wohltätigkeitsakte seiner loyalen Gesinnung Ausdruck zu geben. Dazu komme, dass er sich stets als ein treuer Anhänger der Verfassung bewährt hat. Alles dies bestimmt den Statthalter, für den Grafen Pourtalès die Erwirkung des Großkreuzes vom Franz-Joseph-Orden zu erbitten. Der an den Ministerpräsidenten gerichtete Bericht ist dem Minister des Innern zur Besprechung im Ministerrate mit dem Beifügen zugesendet worden, dass nach den Sr. Durchlaucht persönlich bekannten Ver|| || hältnissen eine Berücksichtigung des Grafen Pourtalès sich aus höheren politischen Rücksichten sehr empfehlen würde. Mit Rücksicht auf diese Empfehlung glaubt der Minister des Innern Sr. apost. Majestät den au. Antrag auf Verleihung des Großkreuzes vom Franz-Joseph-Orden an den Grafen Wilhelm Pourtalès unterbreiten zu sollen. Der Ministerpräsident bemerkt, dass er sich einen sehr guten und aufmunternden Eindruck davon versprechen würde, wenn auch einem jener Herren, die im Auslande lebend, sich durch patriotisches Wirken auf ihren Besitzungen, durch loyale Kundgebungen und Anhänglichkeit an die Verfassung hervortun, eine Ah. Auszeichnung zu Teil würde. Der Handelsminister fügt bei, dass Graf Pourtalès jedes Jahr eine Zeit auf seinen Besitzungen in Böhmen zuzubringen []

|| || Die Konferenz tritt dem Antrage einhellig bei.13

VII. Auszeichnungsantrag für den Salzburger Regierungsrat Adolf Steinhauser

VII. ℹ️ Die Salzburger Landesregierung hat über den Abschluss des Grundlastenablösungs- und Regulierungsgeschäftes einen umfassenden Schlussbericht erstattet, welcher auch dem Landtage mitgeteilt wurde.14 Letzterer fand sich veranlasst, der Landesregierung für die Durchführung dieses schwierigen Werkes seinen tiefgefühlten Dank auszudrücken. Bei Vorlage dieses Berichtes an das Ministerium stellt das Landespräsidium den Antrag auf Erwirkung einer Ah. Auszeichnung für den dortigen Regierungsrat Adolf Steinhauser, der als Referent der Grundlastenablösungskommission sich die hervorragendsten Verdienste um die Lösung dieser Aufgabe erworben hat.

|| || Dem Minister des Innern ist die Persönlichkeit des Adolf Steinhauser seit langen Jahren bekannt. Im Jahre 1848 habe sich, während die Salzburger Studenten in Wien in den März-, Mai- und Oktobertagen eine sehr prononcierte und ins Revolutionäre übergehende Rolle spielten, der damalige Jurist Steinhauser so gemäßigt benommen, dass er schon damals die Aufmerksamkeit des jetzigen Ministers des Innern auf sich lenkte. Derselbe trat dann bei der damaligen Salzburger Statthalterei ein, wurde bei der Grundentlastung und späterhin durch mehrere Jahre beim Ministerium des Innern verwendet, wo er sich durch Fleiß und Geschicklichkeit besonders bemerkbar machte.

Als die Servitutenfrage in Oberösterreich und namentlich im Salzkammergut so bedrohliche Erscheinungen zu Tage förderte, dass man eine ernstliche Störung der öffentlichen Ruhe zu besorgen Ursache hatte, und aus diesem Anlass eine || || [] Kommission vom Innenministerium entsendet, []ward Steinhauser dem [Ministerial]kommissär Baron [Bu]schmann beigegeben, und es ist keine Übertreibung, wenn behauptet wird, dass die glückliche Lösung der Frage Steinhausers Verdienst ist. Später trat Steinhauser als Referent in die Servitutenablösungs- und Regulierungskommission.15 Wenn man weiß, mit welchen Schwierigkeiten solche Funktionäre in den Gebirgsländern zu kämpfen hatten, einerseits mit der Unersättlichkeit der Eingeforsteten, welche aus der Zeit der Wertlosigkeit des Holzes nur die Tradition der Holzverschwendung kannten, andererseits mit den fiskalischen Anschauungen der Finanzverwaltung, deren Grundsatz es war, auch nicht die kleinste Parzelle zum Ausgleiche zu opfern, sondern sich bis zum Extrem nur in die Regulierung einzulassen, werde man begreifen, dass alle diese Fragen nur mit großer Umsicht || || und Gewandtheit der Lösung zugeführt werden konnten.

In Würdigung dieser Leistungen Steinhausers, die auch vom Ackerbauminister bei Einsicht des Schlussberichtes als vorzüglich anerkannt worden sind, glaubt der Minister des Innern für den genannten Beamten die Ag. Verleihung der Eisernen Krone III. Klasse von Sr. Majestät au. erbitten zu dürfen. Der Minister des Innern fügt noch bei, dass Steinhauser durch mehrere Jahre Mitglied des Salzburger Landtages war, allgemein in Ansehen steht, und entschieden zu den besten, fleißigsten und geschicktesten der dem Minister bekannt gewordenen Beamten gehört. Der Ministerpräsident befürwortet den Antrag auf das Wärmste. Er bestätigt auf Grund persönlicher Erfahrungen, was der Minister des Innern über die Schwierigkeit der Aufgabe unter den obwaltenden || || [Ver]hältnissen und bei den [] den Anschauungen der [] [Or]gane erwähnt hat. Regierungsrat Steinhauser, zu[gleich] Vizepräses der landwirtschaftlichen Gesellschaft sei ein sehr tüchtiger und geachteter Beamter, eine Kapazität in allem, was Forstfragen anbelangt, und der Ministerpräsident könnte sich nur freuen, wenn Steinhauser für die Durchführung dieses mühe- und sorgenvollen Geschäftes durch die beantragte Ah. Auszeichnung belohnt würde.

Nachdem noch der Ackerbauminister die Gediegenheit des Schlussberichtes über die Grundlastenverhandlung hervorgehoben, bei dessen Lösung er einen Einblick in die Verhältnisse genommen, wie ihn vielleicht jahrelanges Studium nicht gewähren würde, spricht sich die Konferenz einhellig für die Erwirkung der beantragten Ah. Auszeichnung aus.16

VIII. Auszeichnungsantrag für den Salzburger Landesausschussbeisitzer Dr. Ignaz Harrer

|| || VIII. ℹ️ Ein weiterer an den Minister des Innern gerichteter Auszeichnungsantrag der Salzburger Landesregierung betrifft das Mitglied des dortigen Landtages und Landesausschusses Notar Dr. Ignaz Harrer.

Derselbe gehört zu den gemäßigten Anhängern der liberalen Partei, und zu den fleißigsten Mitgliedern des Landtages und Landesauschusses. Als sein wesentlichstes Verdienst wird seine Tätigkeit im Schulwesen hervorgehoben. Seiner Einwirkung sei es zu danken, dass im Landesschulrate sowohl als in den legislativen Arbeiten des Landtages stets jene richtige Mitte getroffen wurde, welche es ermöglichte, den Schulangelegenheiten ohne Konflikt mit dem Klerus eine gedeihliche Richtung zu geben.

Harrer sei eine sehr geachtete, und durch seine nahen Beziehungen zu den in Gemeinde- und Landesangelegenheiten sehr maßgebenden alten Patrizierfamilien Salzburgs sehr einflussreiche Persönlichkeit, und || || [sein] Einfluss sei es, durch welchen ein so ersprießliches [] zu entwickeln in der [Lage] war. Der Stellvertreter des Landeschefs beantragt für Dr. Harrer den Orden der Eisernen Krone III. Klasse. Der Minister bemerkt, er sei eine Zeit lang der Meinung gewesen, dass die Verleihung des Franz-Joseph-Ordens als erste Auszeichnung genügen würde, durch die Erwägung jedoch, dass in mehreren anderen Ländern hervorragende Mitglieder des Landesauschusses mit der höheren Dekoration der Eisernen Krone begnadet worden sind, sei er von seinen Bedenken abgekommen, und schließe sich dem Antrage des Landeschefsstellvertreters um so mehr an, als auch seine Durchlaucht der Ministerpräsident das verdienstliche Wirken Harrers im Landesschulrate auf Grund unmittelbarer Anschauung anempfohlen hat. Der Ministerpräsident || || fügt bei, Dr. Harrer sei sich in seiner Richtung, die eine liberal-konservative ist, stets gleichgeblieben. Als die liberale Strömung sehr hoch ging, setzte er alles daran, dass die Schulgesetze im Landtage auf Grund eines mit dem Erzbischofe getroffenen Kompromisses in einer Weise, die nur eine segensreiche genannt werden kann, und zwar, wie es in keinem Lande der Fall war, einhellig – unter Beitritt des Erzbischofes – zur Annahme gelangten.

Was den Landesschulrat betrifft, so gab es dort Momente, wo es nur der Ruhe und dem Takte Harrers zuzuschreiben war, wenn es trotz der durch die Taktlosigkeit des Landesschulinspektors Laukotzky17 hervorgerufenen Stürme zu keinen Zerwürfnissen kam. Er habe sich als Landespräsident vergeblich bemüht, sich von dem Landesschulinspektor von Laukotzky zu befreien, einem Manne, der nach allen Seiten verletzte, und es verstand, nicht jeder Partei ge|| || []dern jeder Partei un[] zu werden.

Außer dem Wirken Harrers [auf dem] Gebiete der Schule sei auch noch seine Tätigkeit im Gemeinderate hervorzuheben. Das große Projekt der Fürstenbrunner Wasserleitung sei vorzugsweise sein Werk, und sein Verdienst werde es sein, wenn dieses Projekt in kürzester Zeit, sobald die Stadtgemeinde das Anlehen negoziert haben wird, ins Leben treten kann.18

Einen Antrag auf die Verleihung des Franz-Joseph-Ordens hätte er nicht beitreten können, weil in anderen Ländern nicht bloß Landesausschussmitlgieder, sondern auch Ersatzmänner mit der Eisernen Krone dekoriert worden sind. Den Antrag auf die Verleihung der Eisernen Krone III. Klasse können er nur warm unterstützen. Der Unterrichtsminister ist in der Lage, aus den stenografischen Landtagsberichten die wirksame vermittelnde Tätig|| || keit Harrers in Betreff der Schulgesetze zu bestätigen. Auch seine gegenwärtige Tätigkeit im Landesschulrate sei eine sehr fruchtbare. Was den Landesschulinspektor Laukotzky anbelangt, so teilt der Unterrichtsminister vollkommen die Ansichten seiner Durchlaucht und könne eröffnen, dass die Pensionierung Laukotskys bereits im Zuge ist.

Der Antrag des Ministers des Innern wird einhellig angenommen.19

IX. Aufhebung des dem Friedrich Eduard Hofmann verliehenen Ziegelöfenprivilegiums

IX. ℹ️ Die vom Handelsminister in Vortrag gebrachte Angelegenheit, betreffend die Aufhebung eines dem Friedrich Eduard Hofmann aus Berlin im Jahre 1858 erteilten, im Jahre 1860 als erloschen erklärten, und am 23. April 1868 reaktivierten Privilegiums auf die Erfindung ringförmiger Öfen zur Erzeugung von Ziegeln, Kalk und Gips wird vor der Schlussfassung des Ministerrates einem Komitee, bestehend || || [aus dem] Justizminister, Minister [des Innern] und dem Handelsminister [zur] Vorprüfung und Antrag[stellung] überwiesen.20

X. Zeitpunkt der Einbringung des Pferdekonskriptionsgesetzes

X. ℹ️ Über die vom Leiter des Landesverteidigungsministeriums angeregte Frage, ob der gegenwärtige Zeitpunkt nicht als der geeignete zur Einbringung des Pferdekonskriptionsgesetzes befunden wird, spricht sich der Ministerpräsident nachstehend aus:21

Im Abgeordnetenhause dürfte das Gesetz nicht auf viele Schwierigkeiten stoßen. Was das Herrenhaus betrifft, so sei nicht zu verkennen, dass dieses Gesetz in die materiellen Interessen des Großgrundbesitzes etwas empfindlich eingreift, und wenn es auch in Folge eines Appells an den Patriotismus der Herren zur Annahme gelangt wird, doch gewiss nicht als ein dem Herrenhaus angenehmes Gesetz angesehen werden kann. Er gebe zu bedenken, dass wahrscheinlich noch ein zweiter || || Gegenstand im Herrenhause durchzubringen sein wird, der auf große Schwierigkeiten zu rechnen hat, d. i. der galizische Ausgleich.22 Zwei Dinge solcher Art zugleich oder in kurzer Zeit nacheinander zur Verhandlung zu bringen, schiene ihm doch etwas bedenklich. Der Minister des Innern möchte empfehlen, vor allem den Regierungseinfluss zu benützen, um den Widerstand zu überwinden, auf welchen das Kavalleriegesetz23 stoßen dürfte. Er habe heute selbst in regierungsfreundlichen Blättern es sehr stark betont gefunden, dass es denn eigentlich doch nur wieder der vorjährige Gesetzentwurf ist, den die Regierung nun eingebracht hat.24 Man dürfe den Häusern nicht gar zu viel auf einmal zumuten. Das Schicksal eines großen und wichtigen Gesetzes werde durch nichts leichter in Frage gestellt, als durch die Außerachtlassung des richtigen Zeitpunktes. Aus dem Siege, den die Regierung eben || || [] könne nicht schon auf [die Ge]neigtheit des Abgeordnetenhauses zur Annahme von [] geschlossen werden, [] viele Elemente eine harte Überwindung kostet. Im günstigen Falle werde das Pferdekonskriptionsgesetz im Abgeordnetenhause liegen bleiben. Die Zeit, die bis zur Vertagung des Reichsrates erübriget, sei auch schon ziemlich beschränkt. Es handle sich noch um das Budget, und andere anhängige Gegenstände, die der Einflussnahme der Regierung bedürfen. Er sehe nicht ab, wie das Pferdekonskriptionsgesetz in den nächsten zwei Wochen durch das Abgeordnetenhaus gebracht werden könnte. Das Hängenbleiben zwischen Abgeordnetenhaus und Herrenhaus aber sei das aller Bedenklichste für ein solches Gesetz. Er könnte daher nicht darauf einraten, dasselbe jetzt einzubringen.

Der Leiter des Landesverteidigungsministeriums will || || die Opportunität der baldigen Einbringung des Pferdekonskriptionsgesetzes weniger mit der gegenwärtigen Stimmung des Abgeordnetenhauses, als mit der Hinweisung auf die Resolution der österreichischen Delegation motivieren, mit welcher die Wichtigkeit des Gesetzes anerkannt, und der Kriegsminister zur ehebaldigsten Ermöglichung einer diesfälligen Vorlage aufgefordert wurde. In der Tat liege darin eine der wesentlichsten Bedingungen der Wehrfähigkeit der Monarchie und der durch die Kriegführung der Neuzeit bedingten raschen Mobilisierung der Armee. Deshalb fühle er sich von seinem Standpunkt verpflichtet, die Wichtigkeit und Dringlichkeit des Gegenstandes neuerlich hervorzuheben. Der Ministerpräsident erwähnt einer Äußerung des Dr. Herbst, dass es sehr zweckdienlich wäre, wenn derlei Gesetzvorlagen, die mit Ungarn vereinbart wurden, immer || || [in beiden] Reichshälften gleich[zeitig] eingebracht und Schritt [für] Schritt durchberaten würden. [Es] schiene dem Ministerpräsidenten erwünscht, Kenntnis zu erhalten, ob das Gesetz in Ungarn, und im bejahenden Falle, ob mit der Perspektive auf dessen Durchbringung eingebracht wird.

Da auch die Konferenz dieser Ansicht ist, so ersucht der Ministerpräsident den Leiter des Landesverteidigungsministeriums sich darüber mit dem Chef der Militärzentralkanzlei Sr. Majestät ins Einvernehmen zu setzen. Der Leiter des Landesverteidigungsministeriums erklärt sich bereit, an den Chef der Militärzentralkanzlei zu schreiben, und um telegrafische Antwort zu ersuchen.25

XI. Neuerliche Betreibung der ungarischen Regierung in Betreff der Hofstaatsdotation

XI. ℹ️ Da laut Mitteilung des Ministerpräsidenten auf das || || gestern nach Ungarn abgesendete Telegramm in Betreff der Hofstaatsdotation keine Antwort eingelangt ist, so wird die Wiederholung der telegrafischen Betreibung beschlossen.c 26

XII. Resolution des Abgeordnetenhauses wegen Vorlage eines Organisationsstatus über die Bestellung forsttechnischer Organe bei den politischen Behörden

XII. ℹ️ Im vorigen Jahre wurde bei Votierung des Finanzgesetzes im Abgeordnetenhause die Resolution gefasst, die Regierung zur Vorlage eines Organisationsstatuts über die Bestellung der forsttechnischen Organe bei den politischen Verwaltungsbehörden aufzufordern.d 27

Infolgedessen hat man sich im Ackerbauministerium veranlasst gefunden, einen förmlichen Gesetzentwurf in dieser Richtung vorzubereiten. Der Ackerbauminister ist aber der Ansicht, dass der Zeitpunkt der legislativen Regelung dieser Frage noch nicht gekommen ist, und dass es genügt, wenn im Finanzgesetze die entsprechenden Dotationen, || || [] und die nötigen []ungen vorgenommen werden. [Vor]läufig sei die Suche im [Stadium] des Versuches und der Einholung von Erfahrungen. Die Verhältnisse der einzelnen Länder seien so verschiedenartig, dass er Bestimmungen nicht billigen könnte, welche darauf abzielen würden, alles über einen Leisten zu schlagen. Er könne sonach der oberwähnten Resolution nur die Ausfassung und Folge geben, dass die Motive, aus welchen bisher in der bezeichneten Weise vorgegangen worden, in einer Denkschrift zusammengefasst werden, und letztere dem Abgeordnetenhause unter Anschluss des Besoldungsschemas über die schon angestellten und die noch anzustellenden Organe mitgeteilt wird. Dies sei im Grund auch ein Organisationsstatut, jedoch nicht in Form eines Gesetzes, wie es vorbereitet ist. Bei der Votierung der diesfälligen Positionen im Finanzausschusse sei übrigens von einem || || solchen Organisationsstatut keine Erwähnung mehr gemacht worden. Ihm scheint kein Bedürfnis vorzuliegen, auf die Resolution, auf welche im Ausschuss niemand zurückkam, seitens der Regierung zurückzukommen. Er habe daher die Absicht, die vorbereitete Gesetzesvorlage nicht einzubringen, und falls er erinnert werden sollte, darauf hinzuweisen, dass dem Wunsche des Abgeordnetenhauses durch die Erläuterungen zum Budget bereits entsprochen worden ist.

Die Konferenz teilt diese Ansicht.28

XIII. Verbesserung der materiellen Lage des niederen Klerus

XIII. ℹ️ Der Kultus- und Unterrichtsminister referiert, anknüpfend an den Konferenzbeschluss vom 21. l. M., über die – analog mit den Teuerungszulagen für die Beamten – zu treffende provisorische Maßregel zur Verbesserung der materiellen Lage des niederen Klerus.29

Er wiederholt die in der || || [Sitzung] vom 21. bereits ge[machten] Bemerkungen über [] durch den Zusammenhang [mit den] konfessionellen Gesetzen [be]dingten Schwierigkeiten einer systematischen Regelung der Dotationsfrage. Durch die Beratungen, die er über den Modus einer provisorischen Maßregel eingeleitet, sei er zu folgender Ansicht gekommen: Es besteht in den Religionsfonds, und zwar für jeden abgesondert, eine Post unter dem Titel „Dotations- und Kongruaergänzungen“ welche zugleich mit jenen Beträgen verbunden ist, die auf Remunerationen, Unterstützungen und Aushilfen bestimmt sind. Diese Post, welche in allgemeinen Zügen jenem wirklichen Bedürfnis entspricht, das sich hinsichtlich der Bezüge des Klerus in jeder einzelnen Provinz geltend macht, habe er zur Grundlage seiner Berechnung genommen. Da sich darin aber alle Kongruaergänzungen, auch jene der Bistümer, höhere || || Pfründen und Kanonikate befinden, so habe er diese in Abzug gebracht, wornach tatsächlich nur jene Beträge erübrigen, die dem niederen Klerus zur Ergänzung der ihnen aus anderen Quellen zufließenden Bezüge gegeben werden. Der so erübrigende Rest scheine ihm eine richtige Grundlage zur Bestimmung des Verhältnisses zu sein, nach welchem die auf die einzelnen Länder entfallenden Teilbeträge des zu bewilligenden Gesamtbetrages in das Extraordinarium der betreffenden Religionsfonds einzustellen wären. Indem er einen Gesamtbetrag von einer halben Million Gulden zu Grunde legte, kam er auf die Bezifferung der einzelnen Posten, wornach beispielsweise auf Niederösterreich 51.900 fr.; Oberösterreich 13.900 fr.; Mähren 53.000 fr.; Schlesien 14.600 fr.; Galizien 131.600 fr. usw. entfallen würden.

Er sehe sich aber verpflichtet || || [darauf] aufmerksam zu machen, [dass] in der Durchführung [] Bewilligung des Betrages, [] die Durchbringung [im] Reichsrate nicht ohne Schwierigkeiten bleiben wird. Denn es sei nicht zu leugnen, dass bis zu einem gewissen Grade diese im Religionsfonds eingesetzten Summen den Charakter eines Dispositionsfonds haben, und dass es nicht möglich ist, über die Verteilung an die einzelnen Personen des Klerus ins Detail gehende Bestimmungen zu treffen. Letzteres sei allerdings auch nicht notwendig, vielmehr sei es besser, wenn es dem Beteilten klar wird, dass die Regierung es ist, von welcher die Verteilung abhängt. Er könne nicht verkennen, dass die Vertretungskörper, wenn sie die angesprochenen Mittel gewähren, selbe eigentlich nur im Vertrauen auf die Regierung gewähren, welche davon in einer ganz bestimmten Richtung nach dem Maße der Würdigkeit Gebrauch machen wird. Die Erwägung, dass || || die Forderung den Charakter eines Dispositionsfonds hat, werde ihn aber an der Einbringung nicht hindern, und er wolle bei der Vertretung den Standpunkt festhalten, dass die Beurteilung der Würdigkeit zur Empfangnahme einer Aushilfe der Regierung überlassen werden müsse. Wenn der Ministerrat beistimmt, werde er au. Vortrag an Se. Majestät erstatten, und sich die Ah. Bewilligung erbitten, eine Nachtragsforderung von 500.000 fr. unter Anschluss eines Motivenberichtes – analog mit jenem bezüglich der Beamten30 – einbringen zu dürfen. Der Gesamtbetrag von 500.000 fr., geteilt nach den einzelnen Provinzen, wäre als ein Vorschuss für die Religionsfonds einzustellen, und die künftige Behandlung dieses Vorschusses in Absicht auf dessen Rückzahlung der seinerzeitigen Regelung der Kongruaverhältnisse vorzubehalten.

|| || Der Justizminister ist der [Ansicht], dass der vom Kultusmi[nister] vorgeschlagene Modus in [] das einzige und Nütz[lichste] ist, was in der Sache momentan geschehen kann. Was die weiteren Bemerkungen des Unterrichtsministers anbelangt, so sei er in dieser Beziehung vollkommen ruhig. Wie die ultramontane Partei gegenwärtig in Europa steht, so gebe es keine Regierung, die belgische nicht ausgenommen, welche imstande wäre, die weitgehenden Ansprüche dieser Partei zu befriedigen, und mit ihr gleichen Schritt zu gehen. Jede Regierung werde das Bedürfnis haben, sich auf jene Elemente im Klerus zu stützen, welche nicht dieser extremen Richtung folgen. Der Finanzminister findet die Summe nicht so groß, dass er einen Anstand dagegen erheben könnte. Auch glaubt er, dass die Bedeckung für dieses Jahr innerhalb des || || Rahmens des Finanzgesetzes möglich sein wird.

Die Konferenz tritt dem Antrage des Kultusministers einhellig bei.31

Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Ofen, 10. März 1872. Franz Joseph.