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Nr. 308 Ministerrat, Wien, 5. Jänner 1863 – Protokoll II - Retrodigitalisat (PDF)

  • ℹ️ anwesend:
  • RS.; P. Schurda; VS. Erzherzog Rainer; BdE. und anw. (Erzherzog Rainer 5. 1.), Rechberg, Mecséry, Nádasdy, Degenfeld, Schmerling, Lasser, Plener, Wickenburg, Lichtenfels, Forgách (18. 1.), Esterházy, (19. 1.), Burger, Hein; BdR. 24. 1.

MRZ. 1112 – KZ. 213 –

Protokoll II des zu Wien am 5. Jänner 1863 abgehaltenen Ministerrates unter dem Vorsitze Sr. k. k. Hoheit des durchlauchtigsten Herrn Erzherzogs Rainer.

I. Aufhebung der Ausnahmsmaßregel gegen Rekrutierungsflüchtlinge in Lombardo-Venetien und Südtirol

Der Minister Ritter v. Lasser referierte über die Motive, welche das Staatsministerium im Einverständnisse mit dem Kriegsministerium zu dem Antrage bestimmen, die bisher angewendete Maßregel gegen Rekrutierungsflüchtlinge der italienischen Städte bei der nächsten Rekrutierung aufzulassen1.

Diese Maßregel sei nämlich an dem Mangel der Durchführbarkeit gescheitert. Es mußten vielfache Begünstigungen und Erleichterungen in Anspruch genommen [werden], wie z. B. Bewilligung von Zahlungsfristen, Zahlung der Taxgebühren durch Banknoten im Nennwerte, Reduzierung der Haftungspflicht der Gemeinde auf etwa 2/5 durch Abschreibung der Taxen der als nichttauglich angenommenen Flüchtlinge, Einstellung der zwangsweisen Eintreibung der Rückstände und Gestattung, dieselben im Kompensationswege in Abzug bringen zu dürfen usw. Es sei daher anläßlich der bevorstehenden Rekrutierung die Frage entstanden, ob die Haftungspflicht der italienischen Gemeinden für die uneinbringlichen Stellvertretungstaxen der Rekrutierungsflüchtigen noch weiter hier Platz greifen soll. Die hierüber vernommenen Delegaten2 seien geteilter Ansicht, denn während die lombardischen für die Beibehaltung dieser Maßregel stimmen, sprechen sich die venezianischen dagegen aus. Bei der hierwegen mit dem Kriegsministerium gepflogenen Verhandlung habe sich dieses mit dem Staatsministerium in der Ansicht geeinigt, daß diese Maßregel für die heurige Rekrutierung nicht in Anwendung gebracht werden soll. Es lasse sich zwar nicht verkennen, daß einige Gründe für die Beibehaltung dieser Maßregel sprechen. So gewähre dieselbe fürs erste doch einen Schutz der treu gebliebenen Bevölkerung, und sei weiter zu bedenken, daß für das Jahr 1863 außer dem gewöhnlichen Kontingente noch ein Superplus, nämlich ein Nachtrag aus dem Jahre 1861 abzustellen ist, wodurch, und da auch noch Nachmänner für die jetzt Flüchtigen dazukommen, die Rekrutierung sehr erschwert wird, indem man wahrscheinlich in die || S. 155 PDF || höheren Altersklassen wird greifen müssen und hiedurch Renitenzen hervorrufen wird. Endlich sei auch nicht unbeachtet zu lassen, daß, wenn einmal diese Maßregel aufgehoben ist, dieselbe nicht leicht wieder eingeführt werden kann. Dagegen sprechen aber für die Auflassung dieser Maßregel 1. daß sie eigentlich nicht im Gesetze begründet ist und nur durch die in Italien obwaltenden außerordentlichen Verhältnisse gerechtfertigt werden kann, 2. daß sie bisher eigentlich nichts genützt und sich daher als unfruchtbar erwiesen hat, und endlich 3. daß sie sich wegen des Widerstandes von Seite der Gemeinden und auch wegen der Unerschwinglichkeit der den Gemeinden auferlegten Last als unausführbar gezeigt hat und es daher ratsam ist, eine solche Maßregel lieber nicht anzuwenden, wenn man nicht hiebei mit der äußersten Strenge vorgehen will. Referent glaube daher, den gemeinsamen Antrag des Staatsund Kriegsministeriums unterstützen zu sollen. Der Kriegsminister fügte nur bei, daß diese Maßregel nicht nur nichts genützt habe, sondern auch durch die vielen gewährten Ausnahmen nur dem Ansehen der Regierung abträglich war.

Dem Ministerrate ergab sich hierwegen keine Erinnerung3.

II. Bittschrift des Inner-Szolnoker Komitatsausschusses um Aufhebung der provisorischen Munizipalverfassung in Siebenbürgen

Der Minister Graf Nádasdy referierte in betreff der von dem Ausschusse des Inner-Szolnoker Komitates an Se. Majestät gerichteten Repräsentationa um Aufhebung des Provisoriums über die Regelung der Munizipalverfassung in Siebenbürgen4.

Nach einem einleitenden Vortrage, in welchem Referent die Haltung und das Resultat der ersten Ausschußversammlungen, welche aufgrund der erlassenen Vorschriften in den Komitaten und Szeklerstühlen zusammentraten, auseinandersetzte, kam er zu der beiliegenden Repräsentation des Inner-Szolnoker Komitatsausschusses und bemerkte, daß das siebenbürgische Gubernium sich in eine eingehende Behandlung derselben nicht eingelassen, sondern [sie] bloß mit dem Bemerken vorgelegt habe, „daß diese Repräsentation sowie auch die in einigen anderen Jurisdiktionen beantragten, aber nicht zum Beschluß erhobenen Vorstellungen jenem kindlichen Vertrauen und der homagialen Untertänigkeit der Unterfertigten Ausdruck verleihen, aus welcher sie sich die Freiheit nehmen, die Herstellung ihrer früheren Gesetze zu || S. 156 PDF || erflehen“. Die siebenbürgische Hofkanzlei habe aber die Frage, welche Ah. Beantwortung auf die in Rede stehende Repräsentation au. in Antrag gebracht werden soll, der Beratung unterzogen, und es ergaben sich hiebei Meinungsverschiedenheiten5. Hofrat v. Kabos glaubte bezüglich des Inhaltes der diesfälligen Ah. Entschließung beantragen zu sollen, „daß darin nur der Ah. Wunsch ausgedrückt werde, daß Se. k. k. apost. Majestät sobald als möglich in die Lage gesetzt werde, die jetzt bestehende provisorische Maßregel betreffs der Regelung der Munizipalverfassung aufzuheben, da die Notwendigkeit der Einführung derselben nur durch die zur allgemeinen Anarchie führende Haltung der Munizipien im vergangenen Jahre herbeigeführt wurde“. Die Majorität der Hofkanzlei beantrage die vorliegende, den Mitgliedern der Konferenz bereits mitgeteilte Fassung der Erledigung der gedachten Repräsentationb, 6.

Im Staatsrate haben sich verschiedene Ansichten gebildet, welche der Staatsratspräsident durch Verlesung des Auszuges aus der staatsrätlichen Beratung zur Kenntnis der Konferenz brachte7. Hiernach ist die Majorität des Staatsrates der Ansicht, daß die vorliegende formwidrige und unzulässige Repräsentation8 gar nicht hätte angenommen werden sollen und daß sich vom Ah. Throne aus in eine detaillierte Erörterung dieses Aktenstückes keineswegs einzulassen wäre, und beantragt eine Ah. Entschließung, wornach der Inhalt des Vortrages der Hofkanzlei lediglich zur Kenntnis genommen, zugleich aber die Erwartung ausgesprochen wird, daß die Hofkanzlei bezüglich der Annahme und der Unterfertigung der nach Inhalt und Form gleich unstatthaften Repräsentation des Inner-Szolnoker Komitates durch den Administrator und den Obernotär entweder im eigenen Wirkungskreise das Amt handeln oder nach Umständen die weitere Ah. Schlußfassung einholen wird. Der vortragende Präsident, im Wesen die Ansicht der staatsrätlichen Majorität teilend, würde auch die von derselben vorgeschlagene Erledigungsart für die zweckmäßigste und völlig ausreichende halten, wenn nicht durch die ausgestreuten mannigfachen Gerüchte über das Streben der Regierung nach einer Pazifikation dem öffentlichen Geiste sehr nachteilige Zweifel über die Fortdauer des gegenwärtigen Systems entstanden wären und öffentlichen Blättern zufolge namentlich über die vorliegende Repräsentation einer Kundgebung der Regierung mit Spannung entgegengesehen würde, daher, wenn eine solche nicht in bestimmter Weise erfolgen sollte, daraus Folgerungen auf eine fortwährende Unschlüssigkeit der Regierung über den einzuschlagenden Weg zu besorgen stünden. Diesem zu begegnen müsse der Hofkanzlei || S. 157 PDF || nach dem Erachten des Baron Lichtenfels allerdings daran gelegen sein, daß die von ihr aufgestellten Grundsätze genehmigt und eine bestimmte Erklärung über den für die Zukunft zu beobachtenden Gang erlassen werde, und er erlaube sich daher folgende Ah. Entschließung in Antrag zu bringen: „Indem Ich den Inhalt dieses Vortrages zur Kenntnis nehme und die darin dargelegten Grundsätze genehmige, trage Ich Meiner Hofkanzlei auf, nicht nur bezüglich der Annahme und der Unterfertigung der nach Inhalt und Form gleich unstatthaften Repräsentation des Inner-Szolnoker Komitates durch den Administrator und den Obernotär das Amt zu handeln, sondern auch für die genaue Handhabung der in Verfolg Meines Diplomes vom 26. Oktober 1860 und des Staatsgrundgesetzes vom 26. Februar 1861 erlassenen Verfügungen, insbesondere für die strenge Befolgung der mit Meiner Entschließung vom 12. Dezember 1861 c genehmigten provisorischen Vorschrift über die Regelung der Munizipalverfassung sowie für die Beschleunigung der Vorbereitungen zur Einberufung des Landtages zu sorgen.“ Diesem gemäß, fährt Baron Lichtenfels fort, sei er in der Sache mit dem Minister Grafen Nádasdy einverstanden, und die Differenz beziehe sich nur auf die Form, indem sie bloß darin bestehe, daß er eine solche punktweise Erörterung der Repräsentation – wie die vorgeschlagene – von Seite der Ah. Krone nicht passend findet, gleichwohl es aber für zweckmäßig und notwendig erachtet, daß diese Repräsentation beantwortet und hiebei die Wirksamkeit der Hofkanzlei Ah. genehmiget, zugleich aber der Auftrag erlassen wird, die bisherigen Maßregeln strenge zu handhaben und für die genaue Befolgung der erlassenen Vorschriften zu sorgen.

Hierauf ergriff wieder Graf Nádasdy das Wort, um vorerst zu bemerken, daß seines Erachtens die Frage, ob der Inner-Szolnoker Komitatsausschuß zu der fraglichen Repräsentation berechtigt war oder nicht, nicht klar entschieden sein dürfte. Nach § 15 der Vorschrift über die provisorische Regelung der Munizipalverfassung ist der Ausschuß wohl nur zur Verhandlung und Beschlußfassung der inneren Angelegenheiten des Komitates, Distriktes usw. berufen; der § 18 gibt aber dem Ausschusse das Recht, Bitten und Vorstellungen hinsichtlich wahrgenommener Gebrechen in der politischen Verwaltung und Rechtspflege oder in Angelegenheiten, welche das allgemeine Wohl aller Komitats-, Distrikts- [und] Stuhlsangehörigen betreffen, an das Gubernium oder an Se. Majestät zu richten. Mit dieser Bestimmung wollte man diesen Ausschüssen das Petitionsrecht wahren, indem man es als eine Art Ventil betrachtet, wo sie ihren Schmerzen und ihren Wünschen nach oben Ausdruck geben können. Apodiktisch könne man daher nicht sagen, daß der Szolnoker Ausschuß kein Recht zu der gedachten Repräsentation hatte. Belangend die Aufschrift, mit welcher die Repräsentation an Se. Majestät gerichtet ist – „Allerdurchlauchtigster (Felséges) König“ –, so scheine diese Mangelhaftigkeit mehr aus einem Versehen als aus einer absichtlichen Verletzung der Würde der Ah. Krone herzurühren, und nachdem bei dem bisher ganz unbescholtenen Charakter des Administrators Pataki kaum bezweifelt werden kann, daß er diese Ungebührlichkeit nur übersehen hat, so wie sie auch dem Gubernium nicht aufgefallen ist, so dürfte vielleicht hierüber || S. 158 PDF || in der Erledigung der Repräsentation umso mehr hinwegzugehen sein, als sonst die diesbezügliche Rüge auch das Gubernium mittreffen würde. Übergehend auf die Sache selbst äußerte Graf Nádasdy, daß er die Ansicht des Staatsratspräsidenten für sehr triftig halte und derselben sich auch anschließen würde, wenn nicht die obwaltenden Verhältnisse es dringend erheischen möchten, daß auf die gedachte Repräsentation eine bestimmte Antwort gegeben [werde], und zwar nicht die Kanzlei, sondern Se. Majestät selbst den Ah. Willen kundgeben. Denn es sei leider kein Geheimnis, daß in Siebenbürgen allgemein die Meinung verbreitet ist, daß die bisherigen Maßregeln nur von den Räten der Ah. Krone rücksichtlich von der Hofkanzlei ausgehen, ohne daß Se. Majestät Allerhöchstselbst davon wissen, oder gar der eingeschlagene Weg den Ah. Absichten nicht entspreche. Hiezu komme, daß der Landtag vor der Türe steht9 und die Zeit zur schnellen Konstituierung und Zusammentretung der Munizipien drängt, was wieder hinausgeschoben würde, wenn bei dieser Gelegenheit eine Kundgebung der Regierung nicht in bestimmter Weise erfolgen sollte. Referent glaubt daher, die Konferenz um die Zustimmung bitten zu sollen, daß diese Angelegenheit in der von der Hofkanzlei vorgeschlagenen Weise erledigt werde. Freiherr v. Lichtenfels wiederholte, daß seine Differenz nur in der Form liege, indem er es nur festhalten möchte, daß Se. Majestät die Grundsätze der Hofkanzlei genehmige, aber nicht Allerhöchstselbst zu dem Komitate spreche. Belangend die Kompetenz des Szolnoker Komitatsausschusses zu der fraglichen Repräsentation, so hob dieser Stimmführer hervor, daß diese Repräsentation staatsrechtliche Fragen behandle, welche doch nach § 17 der provisorischen Vorschrift für die Munizipalverfassung Siebenbürgens von der Verhandlung des Ausschusses vollkommen ausgeschlossen seien. Der Meinung des Grafen Nádasdy aber, daß die Mangelhaftigkeit der Aufschrift als ein bloßes Übersehen anzusehen und darüber hinwegzugehen wäre, glaubte Baron Lichtenfels nicht entgegentreten zu sollen.

Der ungarische Hofkanzler , von der Ansicht ausgehend, daß man über politische Grundsätze niemanden belehren wird, so wie überhaupt Vernunftgründe gegen Parteimeinungen nicht ausreichen, würde eine so detaillierte Erörterung der Repräsentation vom Ah. Throne aus nicht zweckmäßig finden und sich daher dem Einraten der Mehrheit des Staatsrates oder in zweiter Linie jenem des Staatsratspräsidenten anschließen. Ein besonderes Gewicht würde aber Votant auf die Unrichtigkeit der Aufschrift legen, die ihm keineswegs ein bloßes Versehen zu sein scheint, sondern vielmehr seines Ermessens ein Leugnen des rechtmäßigen Titels Sr. k.k. apost. Majestät involviere, und da noch der sehr bedauerliche Umstand dazutritt, daß der Administrator selbst diese Petition unterschrieben hat, so könnte Votant nicht dafür stimmen, daß man darüber einfach hinweggehe, sondern vielmehr nur darauf antragen, daß diese ungesetzliche Form streng gerügt werde. Der Minister Graf Esterházy erklärte sich mit der Majorität des Staatsrates einverstanden. Der Minister des Äußern erachtete, daß Se. Majestät so wenig als nur möglich in diese Angelegenheit hineingezogen werden und daß, wenn Allerhöchstdieselben in diesem Falle schon sprechen sollen, dies nur mit der größten Bündigkeit und || S. 159 PDF || Präzision geschehen soll. Belangend die Aufschrift, so halte Votant auch das Gubernium für mitschuldig und würde es in der Ordnung finden, daß es demselben vorgehalten rücksichtlich dasselbe gewarnt werde, in Hinkunft aufmerksamer zu sein. Der Polizeiminister äußerte, insoferne die vorliegende Repräsentation als berechtigt anzusehen und an Se. Majestät gerichtet ist, so könne es sich nur um die Frage handeln, ob dieselbe einfach durch Ah. Kenntnisnahme des au. Vortrages oder mit einer ins einzelne eingehenden Beantwortung erledigt werden soll. In gewöhnlicher Zeit und unter gewöhnlichen Umständen würde sich Votant ohne Bedenken jener Auffassung anschließen, die eine ganz einfache Erledigung bezielt, allein bei den gegenwärtigen Verhältnissen könne er es nur als zweckmäßig, ja angesichts der Bedeutung, welche man der fraglichen Repräsentation in der Öffentlichkeit gibt, als sehr notwendig erachten, wenn in eine detaillierte Erörterung dieses Aktenstückes eingegangen wird. Se. Majestät hätten in vielen anderen und minder wichtigen Fällen Aussprüche getan, die dort, wo man es wünscht, sehr gut ausgebeutet wurden. Warum sollte es also hier mit der Würde des Ah. Thrones unvereinbar sein, da es sich hauptsächlich darum handelt, hiermit die entstandenen Zweifel über den Ah. Willen bezüglich der Fortdauer des gegenwärtigen Systemes zu entfernen. Freiherr v. Mecséry stimme daher für die Erledigung in der vom Grafen Nádasdy vorgeschlagenen Weise vorbehaltlich einiger Modifikationen des vorliegenden Entwurfes. Hinsichtlich des unstatthaften Titels müsse er auf die Aussage des Grafen Nádasdy kompromittieren, da ihm die Persönlichkeit des Pataki gänzlich unbekannt ist. Der Staatsminister war in Ansehung des Titels der Meinung, daß man gerade diesen Punkt mit aller Schärfe behandeln sollte, ohne zu unterscheiden, ob es ein bloßes Übersehen oder eine absichtliche Verletzung sei, und würde daher beantragen, daß hierwegen eine strenge Rüge erlassen werde. Was die Sache selbst betrifft, so trat dieser Stimmführer vollkommen der Anschauung des Polizeiministers bei und machte insbesondere auf die Stelle der Repräsentation (Seite 9) aufmerksam, wo es wörtlich heißt, „damit Ew. Majestät übersehen können, was die im Namen Ew. Majestät verfügende Regierung aus der Vergangenheit alles bloß darum über den Haufen wirft, damit sie für die Zukunft freien Spielraum für ihre bedenklichen Experimente gewinne“. Mit diesem Passus sei doch entschieden gesagt, es gebe eine Regierung neben Sr. Majestät, die alles selbständig tut, und einer solchen vermessenen Sprache gegenüber sei es gewiß notwendig, daß Se. Majestät Allerhöchstselbst darüber antworte. Auch dürfe man nicht übersehen, daß diese Repräsentation des Inner-Szolnoker Komitatsausschusses nur gleichsam ein Fühler sei, indem auch die übrigen Ausschüsse auf demselben Standpunkte stehen und mit großer Spannung auf die Erledigung dieser Repräsentation warten. Derselben Meinung war auch der Minister Ritter v. Lasser , welcher in der vom Grafen Nádasdy vorgeschlagenen Beantwortung gleichsam eine Demonstration gegen die in den Ländern jenseits der Leitha herrschende Idee, daß es bloß die Räte Sr. Majestät sind, welche das gegenwärtige System wollen, erblickt. Mit dieser Erledigung gebe man aber zugleich nicht allein eine bestimmte Antwort einer großen Partei in Siebenbürgen, sondern auch eine offizielle Kundgebung, die für die weitere Durchführung des Staatsgrundgesetzes vielleicht von entscheidender Wirkung sein wird. Die Frage der Berechtigung des Ausschusses zu dieser Repräsentation scheine ihm wohl nicht entschieden || S. 160 PDF || zu sein, gleichwohl würde er sich wegen dieser Inkompetenz nicht getrauen, die Zurückweisung zu befürworten, sondern würde sich in dieser Beziehung vorbehalten, bei der etwaigen Detailberatung des vorliegenden Entwurfes zu dem zweiten Absatze einige entsprechende Modifikationen zu beantragen. Der Finanzminister und der Handelsminister schlossen sich den beiden Vorstimmen an, der letztere jedoch mit dem Wunsche, daß die vorliegende Beantwortung etwas kürzer abgefaßt werde. Der Kriegsminister stimmte in der Sache der Majorität bei, indem er es ebenfalls für notwendig erachtet, daß in diesem Falle Se. Majestät selbst, und zwar in eingehender Weise antworte, damit das Publikum endlich wisse, daß Se. Majestät und die Regierung bezüglich des eingeschlagenen Weges gleich denken. Was die Frage der Berechtigung des Ausschusses zu dieser Repräsentation betrifft, so müsse Votant auf die Auslegung des Grafen Nádasdy kompromittieren. Die Mangelhaftigkeit des Titels würde er aber nicht beanstanden, indem diese Aufschrift, wenngleich nicht ganz der gesetzlichen Form entsprechend, doch an den „König“ lautet. Der Marineminister erachtete dem Antrage des Staatsratspräsidenten beitreten zu sollen. Der Minister Dr. Hein meinte, man könne bei der gegenwärtigen Lage der Dinge nur darauf einraten, daß diese Repräsentation eingehend vom Ah. Throne aus beantwortet werde und schloß sich daher der Auffassung der mehreren Stimmen an.

Nachdem dem Vorausgelassenen gemäß die Mehrheit der Konferenz im Prinzipe mit dem Antrage des Grafen Nádasdy einverstanden war, wurde zur näheren Prüfung des vorliegenden Entwurfes der beantragten Erledigung der Repräsentation geschritten, wobei sich im wesentlichen folgende Bemerkungen ergaben.

Zu dem Eingange wurde von mehreren Stimmen die Notwendigkeit betont, darin die Ungebührlichkeit der Aufschrift etwas schärfer zu rügen und namentlich das Ah. Mißfallen bezüglich aller jener auszusprechen, welche an dem Zustandekommen und der Ausfertigung der Repräsentation Anteil genommen und dieselbe unterfertigt haben.

Zu dem Absatz 2 brachte Minister v. Lasser mit Beziehung auf sein in der Generaldiskussion abgegebenes Votum in Antrag, anstatt der Worte „bei der ehrfurchtsvollen Fassung dieser au. Repräsentation“ zu sagen, daß, „obwohl diese Repräsentation sich inkompetenterweise in Angelegenheiten und Fragen einläßt, die außer dem Wirkungskreise des Komitatsausschusses gelegen sind und daher von ihm gar nicht zum Gegenstand einer Erörterung und Schlußfassung hätten gemacht werden sollen, doch Se. Majestät in der Hoffnung etc.“, sowie dieser Stimmführer, um den von einigen Stimmen erhobenen Bedenken zu begegnen, daß diese detaillierte Beantwortung für eine unmittelbar zu erteilende Ah. Entschließung nicht passend sei, den Vorschlag machte, den Schluß dieses Absatzes derart zu modifizieren, daß nicht Se. Majestät Allerhöchstselbst die gedachte Repräsentation geprüft haben, sondern dieselbe durch die Hofkanzlei einer eingehenden Prüfung unterziehen ließen und die Kanzlei zu ermächtigen geruht haben, durch das königliche Gubernium dem Ausschusse folgende Antwort zu erteilen.

Beide Anträge wurden von der Konferenz angenommen und der Minister Graf Nádasdy eingeladen, in diesem Sinne die Textänderungen zu veranlassen.

Zum vorletzten Absatze, wo von der Union gesprochen wird, war der ungarische || S. 161 PDF || Hofkanzler der Ansicht, daß dieser Absatz mit den Worten „befohlen worden“ zu schließen wäre, weil ihm die folgende Argumentation überflüssig und auch unpassend scheint10. dEs wäre über die Union nicht mehr und nicht weniger zu sagen, als was hierüber im Ah. Reskript dem ungarischen Landtag gesagt wurded, 11. Ein ganz besonderes Gewicht müßte er aber auf die Weglassung der Berufung des Ah. Handschreibens Sr. Majestät Kaiser Ferdinands legen, indem es nicht angemessen sei, zu sagen, daß Kaiser Ferdinand die Unione aufgehoben hat, fweil es implizite ausspricht, daß sie früher gesetzlich sanktioniert wurdef, sowie es überhaupt bedenklich sei, ein solches Zitat zu gebrauchen, zumal es nur zur unliebsamen Polemik führen kann. Über diesen Antrag ergab sich eine längere Diskussion, bei welcher die Gründe für und wider eingehend geprüft wurden. Graf Nádasdy meinte, daß diese Argumentation allerdings diejenige Partei, welche sich auf den Standpunkt der Union stellt, sehr unangenehm berühren wird, aber dieses sei eben ein Grund mehr, sich bezüglich dieses Punktes mit aller Entschiedenheit auszusprechen. Er nehme hier Anlaß, auf die mannigfachen Pazifikationsgelüste hinzuweisen und zu bemerken, daß, solange von der einen Seite die drei Punkte, nämlich Integrität, Unabhängigkeit und gungarisches Ministeriumg festgehalten werden, Se. Majestät nicht pazifizieren können, zumal Allerhöchstdieselben nicht allein König von Ungarn, sondern Kaiser von Österreich sind und als solcher gelobten, die für das Gesamtreich gegebene Verfassung aufrechtzuhalten und selbe auch mit allen zu Gebote stehenden Mitteln zu verwirklichen. Auf dieses Ende der Diskussion glaubte Graf Forgách der Vorstimme nicht folgen und sich heute in dieser Beziehung nur auf die Hoffnung beschränken zu können, daß sich endlich doch ein Weg finden wird, auf dem sich die Ansprüche der ungarischen Völker mit den Bedingungen des Bestandes der Monarchie vermitteln lassen. Seinen Antrag auf Weglassung des fraglichen Passus müsse er aus den bereits angeführten Gründen umso mehr festhalten, als durch das in diesem Absatze Vorhergesagte der Nichtbestand der Union hinreichend betont erscheine. Graf Esterházy erinnert, daß allen diesen Schwierigkeiten durch die || S. 162 PDF || Annahme des staatsrätlichen Majoritätsantrages begegnet werden möchte, und erklärt, bei seinem früheren Votum zu verbleiben. Der Polizeiminister und der Staatsminister sprechen für die unveränderte Belassung des Absatzes, indem sie nichts Unpassendes darin finden, daß ein Regierungsakt zitiert wird, der notorisch ist. Graf Rechberg, dem sich Baron Burger anschließt, glaubt den Antrag des ungarischen Hofkanzlers unterstützen zu sollen, indem er es nicht angezeigt findet, ein Ah. Handschreiben, welches ein früheres aufhebt, hier zu beziehen. Der Minister Ritter v. Lasser , der Finanzminister , der Handelsminister und der Minister Dr. Hein halten das Zitat des gedachten Ah. Handschreibens nicht für so wichtig, um nicht hier weggelassen werden zu können, zumal der andere Wortlaut dieses Absatzes weit essentieller ist und zum Zwecke hinreicht. Schließlich wurde sich dahin geeinigt, aus dem Absatze den Zwischensatz „durch das Ah. Handschreiben“ bis „hergestellt wurde“ wegzustreichen.

Der hierauf folgende Vorschlag des ungarischen Hofkanzlers , auf der fünften Seite den Satz „namentlich aus der früher allein mit politischen Rechten ausgerüsteten Klasse“ [wegzulassen], wurde ohne eine Erinnerung angenommen. Ebenso wurde der von den Ministern Ritter v. Lasser und Dr. Hein gestellte Antrag, im letzten Absatze anstatt der Worte „auf Grundlage der Bestimmungen des kaiserlichen Diplomes vom 20. Oktober etc. festzustellen“ zu setzen „nach den Bestimmungen vom 20. Oktober 1860 und 26. Februar 1861 zu ordnen“, von der Konferenz einhellig angenommen.

Im übrigen ergab sich keine Erinnerung, und kommt nur noch schließlich zu bemerken, daß Minister Graf Nádasdy den beiliegenden, nach den Beschlüssen der Konferenz rektifizierten und mit sonst noch einigen wünschenswerten Textverbesserungen versehenen Entwurf nachträglich zum Beischlusse in dieses Protokoll übergeben hath, 12.

III. Gesuch des Cziker Stuhlausschusses um Erhöhung der Anzahl der Vertreter der Landgemeinden im Ausschusse

Der Staatsratspräsident referierte über den im Staatsrate begutachteten au. Vortrag des Ministers Grafen Nádasdy vom 15. Dezember v. J. Z. 606/Präs. betreffend das Gesuch des Cziker Stuhlausschusses um Erhöhung der Anzahl der Mitglieder der Gemeindevertreter im Ausschusse von 12 auf 24.13.

Durch die Erhöhung würde sich die Gesamtzahl der Ausschußmitglieder von 28 auf 40 vermehren. Das königliche siebenbürgische Gubernium und die Majorität der Hofkanzlei stimmen im Prinzipe dieser Vermehrung von 28 auf 40 Mitglieder zwar bei, glauben jedoch, daß diese Vermehrung nicht bloß den Gemeindevertretern zugutekommen, || S. 163 PDF || sondern daß hiernach auch die anderen Kategorien14 nach Verhältnis vermehrt werden. Hofrat v. Horváth tragt aber auf die Ag. Gewährung der vom Cziker Ausschusse erbetenen Vermehrung der Gemeindevertretung von 12 auf 24 an, weil bei der Identität der Interessen aller Klassen im Szeklerlande eine Vermehrung der Vertretung der Landgemeinden auch eine größere Vertretung der übrigen Klassen in sich fassen würde. Graf Nádasdy unterstützte diesen Antrag, und es wurde sich auch im Staatsrate einstimmig dafür ausgesprochen.

Dem Ministerrate ergab dagegen keine Erinnerung15.

IV. Erhebung des Marktes Sächsisch-Regen zur königlichen Freistadt

Der Staatsratspräsident referierte über den im Staatsrate begutachteten au. Vortrag der siebenbürgischen Hofkanzlei vom 22. November 1862, Z. 3418, betreffend das Ah. bezeichnete Gesuch des privilegierten freien Marktes Sächsisch-Regen um Erhebung in die Reihe der königlichen Freistädte und um Einfügung in den Verwaltungsverband der sächsischen Nation16.

Der diesfällige au. Antrag der Hofkanzlei erscheine in dem nachstehenden Resolutionsentwurfe formuliert: „Aus Gnade finde Ich die Marktgemeinde Sächsisch-Regen in die Reihe der Städte zu erheben, indem Ich zugleich den dortigen Magistrat mit Enthebung von der Unterordnung unter den Obergespan des Thordaer Komitates unmittelbar dem Landesgubernium unterordne und zugleich bestimme, daß nicht nur in bürgerlichen Rechtstreiten, sondern auch in Straffällen provisorisch die Berufung vom Sächsisch-Regner Magistrate an das Hermannstädter Obergericht stattfinde. Das weitere Begehren wegen Einverleibung in den Verwaltungsverband der sächsischen Nation wird in dem von den Gesuchstellern vorausgesetzten Fall einer neuen Landeseinteilung in Erwägung gezogen werden.“ Im Staatsrate befürwortete die überwiegende Stimmenmehrheit das Einraten der Hofkanzlei, welchem auch der vortragende Präsident beizutreten erklärte.

Der Ministerrat fand hierwegen nichts zu bemerken17.

V. Provisorische Einführung einiger Ah. sanktionierter Gesetze in Siebenbürgen

Der Minister Graf Nádasdy brachte zur Kenntnis der Konferenz, daß, nachdem ihm von Seite des Ministers Ritter v. Lasser mehrere auf verfassungsmäßigem Wege zustande gekommene und Ah. sanktionierte Gesetze, als das Gesetz vom 17. Dezember 1862 zur Einführung eines Handelsgesetzbuches, Gesetz vom 27. Oktober 1862 zum Schutze der persönlichen Freiheit, Gesetz vom 17. Dezember 1862 über das Ausgleichsverfahren und dergleichen mitgeteilt worden sind, er nunmehr die Einleitung treffen werde, daß diese Gesetze in Siebenbürgen ex autoritate regia provisorisch eingeführt werden, wobei es sich von selbst verstehe, daß sie seinerzeit als Regierungsvorlagen an den Landtag gebracht werden. Als jedoch vom ungarischen || S. 164 PDF || Hofkanzler mehrere Bedenken gegen die Berechtigung zu einem solchen Vorgehen erhoben wurden und auch von Seite des Staatsministers dieser Weg entschieden widerraten wurde, indem so etwas nur den Schein geben würde, daß man bei jeder Gelegenheit über das Oktoberdiplom hinauswolle, erklärte Graf Nádasdy , daß er vorderhand mit dieser Maßregel zurückhalten und hierwegen von Fall zu Fall au. Vortrag erstatten wolle, wo dann die hohe Konferenz in die Lage gesetzt sein werde, den Gegenstand einer eingehenden Erörterung zu unterziehen.

Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Franz Joseph. Wien, am 23. Jänner 1863. Empfangen 24. Jänner 1863. Erzherzog Rainer.