Nr. 280 Ministerrat, Wien, 8. November 1862 - Retrodigitalisat (PDF)
- ℹ️ anwesend:
- RS.Reinschrift; P.Protokoll Ransonnet; VS.Vorsitz Erzherzog Rainer; BdE.Bestätigung der Einsicht und anw.anwesend (Erzherzog Rainer 11. 11.), Rechberg, Mecséry, Nádasdy, Degenfeld, Schmerling, Lasser, Plener, Wickenburg, Lichtenfels, Forgách, Esterházy, Burger; abw.abwesend Pratobevera; BdR.Bestätigung des Rückempfangs Erzherzog Rainer 25. 11.
MRZ. 1084 – KZ. 3687 –
Protokoll des zu Wien am 8. November 1862 abgehaltenen Ministerrates unter dem Vorsitze Sr. k. k. Hoheit des durchlauchtigsten Herrn Erzherzogs Rainer.
I. Amnestie für die siebenbürgischen Rekrutierungsflüchtlinge und Präventivmaßregeln gegen die Stellungsflucht
Der Präsident des Staatsrates referierte über den Vortrag der siebenbürgischen Hofkanzlei vom 25. September d. J., Z. 3631, womit für die siebenbürgischen Militärflüchtlinge eine Amnestie beantragt wird mit gleichzeitiger Anzeige der Maßregeln, welche zur Heimbringung der Flüchtlinge und zur künftigen Verhütung der Stellungsflucht erlassen werden wollen1. Im allgemeinen war der Staatsrat mit dem au. Antrage auf Amnestierung einverstanden, glaubte jedoch, daß die weiters beantragten || S. 21 PDF || Exekutivmaßregeln nicht im selbständigen Wirkungskreise der Zivil- und Militärgewalten liegen, sondern deren Anordnung nur mit Ah. Genehmigung Sr. Majestät erfolgen könne. Dies vorausgeschickt, wandte sich der Staatsratspräsident zur Beleuchtung der in Absicht auf die speziellen Anträge zwischen der siebenbürgischen Hofkanzlei und dem Staatsrate bestehenden Meinungsverschiedenheiten.
1. Während die Hofkanzlei für die Amnestie einen Termin von zwei Monaten vom Tage der Ah. Entschließung beantragt, glaubt der Staatsrat, daß er deutlich auf einen bestimmten Tag festzusetzen und mit Rücksicht auf die weiten Entfernungen etwas länger, und zwar bis Ende Jänner 1863 zu bemessen wäre. Der Kriegsminister und Minister Graf Nádasdy erklärten sich mit dieser Modifikation einverstanden.
2.a) Was die Kosten der periodischen Assentierungskommissionen zu Bukarest, Jassy und Rustschuk betrifft, beantragt die siebenbürgische Hofkanzlei, den Kriegsminister Ah. zu ermächtigen, wegen nachträglicher Bedeckung der aus dem siebenbürgischen Landesfonds vorzuschießenden Kosten aus dem Staatsschatze die verfassungsmäßigen Schritte zu veranlassen. Der Staatsrat glaubt dagegen, daß der Landesfonds verpflichtet sei, diese durch besondere Landesverhältnisse veranlaßten Kosten gleich anderen Rekrutenstellungsauslagen definitiv selbst zu tragen, und beantragt daher, die Hofkanzlei wäre Ah. anzuweisen, die Kosten dieser Kommissionen aus dem Landesfonds zu bestreiten, ohne dabei einer Vorschußleistung Allerhöchstenortes zu erwähnen. Sollte seinerzeit die Landesvertretung die Zahlung ablehnen, wäre die Sache im verfassungsmäßigen Wege auszutragen. Minister Graf Nádasdy äußerte, er wolle die Zahlungspflicht des Landesfonds nicht absolut ablehnen, wünschte jedoch die Austragung dieser Angelegenheit einer besonderen Verhandlung vorbehalten zu sehen. Der Minister beantragte daher folgende Modifikation des Resolutionsentwurfes: „… und ermächtige Meinen Kriegsminister, die Kosten für die gemischten Stellungskommissionen in … einstweilen vorzuschießen; wegen der definitiven Bestreitung dieser Kosten aber wird Mir von Meiner siebenbürgischen Hofkanzlei und Meinen Ministern des Kriegs und der Finanzen ein wohlerwogenes Gutachten zu erstatten sein.“ Der Finanzminister war mit dieser neuen Textierung einverstanden, und von anderer Seite wurde nichts dagegen erinnert.
2.b) Um die Assentkommissionen ihre Geschäfte in einer mindestauffälligen Weise besorgen zu lassen, so daß die moldowlachischen Behörden daran keinen Anstand nähmen, ist im Staatsrate die Modalität plausibel befunden worden, statt auszusendender Oberoffiziers die bei den dortigen Agentien und Konsulaten stabil verwendeten k. k. Unteroffiziers, dann dort domizilierende österreichische Zivilärzte statt der Militärärzte zu verwenden. Ferner habe man geglaubt, daß auch in Krajowa eine ähnliche Kommission zusammenzusetzen wäre, welcher Ort den Aufenthaltsorten vieler österreichischer Viehhirten (Mokonen) weit näher gelegen sei als Bukarest.
Der Minister des Äußern – welcher überhaupt gegen derlei, den Abfall vom österreichischen Staatsverbande im Orient begünstigende Maßregeln ist – machte aufmerksam, daß bei solchen aus lokalen Elementen gebildeten Assentkommissionen Bestechungen und die größten Unterschleife vorkommen dürften. Das Absenden militärischer Kommissionen aus dem Inlande würde aber in der Walachei scheel angesehen || S. 22 PDF || werden. Der Kriegsminister erinnerte, daß ähnliche militärische Kommissionen an mehreren Orten im Auslande bereits anstandslos fungieren, um die dort befindlichen österreichischen Studierenden zu assentieren. Die walachische Regierung dürfte sich daher auch bestimmen lassen, dagegen keine Hindernisse zu bereiten. Allein gegen die vom Staatsrat proponierte Verwendung von Unteroffiziers und Zivilärzten müsse sich Graf Degenfeld als absolut unzulässig erklären mit dem Beisatz, daß es besser wäre, gar keine als solche Assentkommissionen zu bestellen. Die übrigen Stimmführer traten der Meinung des Kriegsministers bei, wobei die meisten bemerkten, daß sie sich überhaupt von der Tätigkeit der Assentkommissionen keinen großen Erfolg versprächen. Minister Graf Nádasdy erwiderte, man müsse diese Maßregel als einen Versuch betrachten. Das Resultat des ersten Jahres werde über die Fortsetzung entscheiden. Jedenfalls sei es wünschenswert, dem Mokonen im Ausland die Möglichkeit zu gewähren, seine Tauglichkeit für den Militärdienst prüfen zu lassen.
3. Gegen die Anwendung der Militärexekution gegen Mitschuldige findet der Staatsrat als strenge Maßregel, um den Widerstand gegen die Militärpflicht zu brechen, nichts zu erinnern, beantragt jedoch zum Art. III der Hofkanzleianträge einen Passus in der Ah. Resolution, wonach die Exekution nicht bloß gegen mitschuldige nächste Angehörige, sondern gegen Mitschuldige überhaupt geführt werden soll. Die ratio legis sei dieselbe und kein Grund vorhanden, mitschuldige Eltern des Flüchtlings strenger zu strafen als fremde Personen. Minister Graf Nádasdy erklärte sich mit diesem wohlbegründeten Antrage einverstanden.
4. Der Staatsrat vermochte dem Antrage IV der Hofkanzlei, gemäß welchem nach fruchtloser Anwendung der Exekutivmaßregel III von den exequierten Bewohnern jedes Stellungsbezirkes so viele Befreiungstaxen à 1200 fl. eingebracht werden sollen, als nach dem Schluß der Periode III noch Rekruten im Bezirk ausständig blieben, nicht beizutreten. Diese Maßregel sei nämlich sehr hart, aufsehenerregend, die Verarmung des walachischen Landvolkes beschleunigend, und werde auch an vielen Orten wegen Mangel an Käufern der ausgebotenen Wirtschaften erfolglos bleiben, was nur zu einer Kompromittierung der Regierung führt. Die Verteilung der Taxen auf die ad hoc zu bildenden Unterrekrutierungsbezirke würde sich nach den mehreren Stimmen im Staatsrate eher bevorworten lassen, während die Minorität dafür hielt, auch diese Umlage sei nach den in Italien gemachten Erfahrungen keineswegs empfehlenswert2. Graf Nádasdy äußerte, er verkenne nicht das Gewicht dieser Bedenken gegen einen Antrag, zu dem sich die siebenbürgische Hofkanzlei nur durch den Wunsch gedrängt fühlte, die romanische Bevölkerung zu hindern, daß sie ihre Militärpflicht auf die Ungarn und Sachsen überwälze. Der Kriegsminister teilte die Ansicht des Staatsrates über die Härte und voraussichtliche Erfolglosigkeit dieser von der siebenbürgischen Hofkanzlei vorgeschlagenen exekutiven Einbringung. Doch trägt er auch Bedenken gegen die bereits in Italien mit ungünstigem Erfolge versuchten Umlagen der vom Flüchtigen selbst uneinbringlichen Militärbefreiungstaxen.
|| S. 23 PDF || Die übrigen Stimmführer sprachen sich im gleichen Sinn aus, wobei Minister Ritter v. Lasser bemerkte, er werde demnächst einen Antrag wegen Abstellung der Gemeindeumlagen in Venetien stellen3.
5. Gegen den Punkt V des Hofkanzleiantrages fand der Staatsrat im wesentlichen nichts zu erinnern, doch glaubte Freiherr v. Lichtenfels in Anregung bringen zu sollen, ob es nicht angezeigt wäre, den Termin zur Auswechslung der abgestellten Nachmänner gegen die eingebrachten Rekruten – nämlich Ende Februar – angemessen zu verlängern, weil sonst der indebite abgestellte Nachmann ohne eigene Schuld der Befreiung in vielen Fällen gar nicht mehr teilhaftig werden dürfte. Minister Graf Nádasdy fand eine Verlängerung bis Ende März umso billiger, als auch der Termin der Amnestie bis Ende Jänner verlängert worden sei und die Rekruten aus der Walachei im Winter nicht so schnell eintreffen werden. Minister Graf Degenfeld erwiderte, daß er gegen eine kurze Terminverlängerung nichts erinnern wolle, gegen längere Termine aber streite das Interesse des Militärärars, welches bei dem Austritt eines Nachmannes die nicht unbedeutenden Auslagen für dessen Montur, Verpflegung und für die Reise zur Truppe und zurück verliert – von der Mühe der Abrichtung des Rekruten zu geschweigen!
Die übrigen Stimmen traten dem Minister Grafen Nádasdy bei, und nur Ritter v. Lasser erinnerte, daß diesfalls bereits ein Termin im Gesetze festgesetzt sei.
6. Bezüglich der von der siebenbürgischen Hofkanzlei unter I vorgeschlagenen Verhütungsmaßregel des Kautionserlages machte der Staatsrat aufmerksam, daß es dort heißt: „Reisedokumente dürfen an Individuen zwischen 12 und 23 Jahren nur dann erfolgt werden, wenn für dieselben unter rechtskräftiger Bürgschaft einer zweiten Person und ihrer Zuständigkeitsgemeinde eine Kaution in Barem, … Staatspapieren oder mittels Hypothek niedergelegt wird …“ Hiernach würde also jedesmal eine persönliche Bürgschaft und eine materielle Kaution gefordert, während es sich offenbar nur alternativ um Bürgschaft einer Person und ihrer Gemeinde oder um den Kautionserlag handeln kann, widrigens die Sicherheitsmaßregeln unnötig kumuliert würden. Zur Berichtigung dieses Textierungsfehlers im au. Vortrage beantragte der Staatsrat einen Zusatz in der Ah. Entschließung. Minister Graf Nádasdy war hiemit einverstanden.
Im übrigen ergab sich gegen die Anträge der siebenbürgischen Hofkanzlei keine Erinnerung4.
II. Änderung der Statuten der galizisch-ständischen Credit-Anstalt
Der Präsident des Staatsrates referierte über den Vortrag des Staatsministeriums vom 4. Juli 1862 die Änderung der Statuten der galizisch-ständischen Credit-Anstalt betreffend5.
|| S. 24 PDF || Minister Ritter v. Lasser habe beantragt, daß die von den 1861 einberufenen landtäflichen Gutsbesitzern Galiziens und der Bukowina in Antrag gebrachten Statutenänderungen der gedachten Anstalt sowie die Bestimmungen über die Wahl der Abgeordneten zur Generalversammlung mit gewissen Modifikationen und Zusätzen Ah. genehmigt würden. Nachdem Freiherr v. Lichtenfels die Motive dieses Antrags kurz dargestellt hatte, entwickelte er umständlich die Meinung des Staatsrates, daß vom Rechtsstandpunkte aus die Mitwirkung der Landesvertretungen Galiziens mit Krakau und der Bukowina im Sinne des § 90 der Statuten zur Abänderung der Statuten der galizisch-ständischen Credit-Anstalt nötig sei. Das Staatsministerium wäre daher vor allem anzuweisen, die in Antrag gebrachten Änderungen der Statuten der genannten Anstalt und die beantragte Ausdehnung der Wirksamkeit derselben auf das Krakauer Gebiet im Sinne des § 90 der bestehenden Statuten den Landtagen von Galizien und Krakau, dann der Bukowina zur Beschlußfassung mitzuteilen und sodann mit diesen Beschlüssen Allerhöchstenortes vorzulegen. Die gegenwärtigen Landtage von Galizien, Krakau und der Bukowina sind nämlich die Rechtsnachfolger des früheren galizischen ständischen Landtages. Der galizische Landtag habe auch bereits den Beschluß gefaßt, daß der Landesausschuß die im § 29 des Landesstatuts bezeichneten Angelegenheiten zu übernehmen und einstweilen die demselben durch die Statuten der galizisch-ständischen Credit-Anstalt zugewiesenen Geschäfte zu besorgen habe. Der Landtag habe aber auch den ständischen Domestikalfonds und somit die darauf haftenden Verpflichtungen übernommen, wozu die Haftung für die Zinszahlungen der Pfandbriefe und die statutenmäßige Einlösung der letzteren gehört. Die Übertragung dieser Garantie auf die einzelnen landtäflichen Güter könne nur mittels eines verfassungsmäßig zustandegebrachten Gesetzes geschehen. Die Mitwirkung des Bukowinaer Landtages ist gleichfalls erforderlich, weil die dortigen landtäflichen Güter zur Zeit der Vereinigung mit Galizien zum galizischen Domestikalfonds kontribuiert haben und die Bukowinaer Gutsbesitzer bei einer Änderung der Statuten der Credit-Anstalt gleichfalls beteiligt sind. Die 1861 stattgefundene Ah. Genehmigung der Wahl des Präsidenten und Vizepräsidenten der galizisch-ständischen Credit-Anstalt präjudiziere nicht die obige Hauptfrage, indem es sich bei jenen Wahlen bloß um eine dringend gewordene ausnahmsweise Maßregel, nicht aber um eine meritale und bleibende Änderung der Statuten handelte. Was schließlich die Ausdehnung der Wirksamkeit der Credit-Anstalt auf das Gebiet von Krakau betrifft, so wäre solche nach dem Gutachten des Staatsrates zur Ah. Genehmigung überhaupt noch nicht reif. Im Gebiete von Krakau gibt es nämlich keine Landtafel und somit keine landtäflichen Güter. Weiters ruft die Garantiefrage hinsichtlich des Domestikalfonds, welcher in Krakau nicht besteht, Bedenken hervor. Die Frage der Ausdehnung der Credit-Anstalt auf dieses Gebiet kann daher nur vereint mit der Reorganisierung und der Abänderung der Statuten derselben zur Lösung gebracht werden.
Minister Ritter v. Lasser bemerkte im Lauf seiner längeren Erwiderung vor allem, daß er über diesen heiklen und auch mit Verfassungsfragen zusammenhängenden Gegenstand mit dem Staatsminister eine eindringliche Beratung gepflogen habe und man sich dabei zu den Anträgen einigte, welche in dem au. Vortrage dargelegt und umständlich motiviert wurden. Nebst diesen Motiven machte der Minister || S. 25 PDF || noch insbesondere geltend, daß, wenn bis jetzt die in den Statuten §§ 81, 87 und 88 festgesetzte Wirksamkeit der galizischen Stände und des ständischen Ausschusses eine sehr nützliche war, jetzt zu besorgen wäre, daß politische und andere Rücksichten im Landesausschusse über die geschäftlichen Interessen das Übergewicht bekommen und somit die Verwaltung der Anstalt beirren werden. Überdies habe der Landesausschuß selbst um Bestätigung des vorliegenden Statutenentwurfs gebeten, und im Lande glaubt niemand an die Kompetenz des dermaligen Landtages, in die Angelegenheiten des durch freien Beitritt von Gutsbesitzern gebildeten Vereins einzugreifen. Zwischen der Garantie für die Pfandbriefe und den Landesschulden bestehe ein wesentlicher Unterschied, sowohl objektiv als subjektiv; auch werde der galizischständische Domestikalfonds ganz getrennt vom Landesfonds verwaltet. Der erstere betrage nur etwa 35.000 fl. – eine kleine Garantie der Summe der Pfandbriefe gegenüber! Anderseits habe jeder Pfandbriefinhaber andere, weit ergiebigere und beruhigendere Garantien: 1. an dem bezüglichen landtäflichen Gute; 2. an dem bereits auf eine Million gestiegenen Reservefonds der Credit-Anstalt; 3. an den Gütern der übrigen Kreditvereinsmitglieder. Der Pfandgläubiger leidet daher durch die Genehmigung der vorliegenden Statuten weder merital noch formal. Allerdings könne nach § 90 der Statuten eine Änderung derselben nur mit Zustimmung des Landtages erfolgen. Aber sind die jetzigen Landesvertretungen Galiziens und der Bukowina mit dem alten galizischen Landtage identisch? Und – selbst dieses zugegeben – zu welchen Komplikationen kommt man durch Einholung der Zustimmung von zwei Landtagen? Und wie wäre eine Generalversammlung jetzt noch statutenmäßig möglich, wo die sämtlichen Vereinsmitglieder (nach § 89) samt den Landständen beider Kronländer dieselben zu bilden hätten? Wo aber keine statutenmäßige Generalversammlung möglich, fehlt es an einem legalen Organ zur Beantragung von Statutenänderungen. Ganz korrekt läßt sich’s nicht lösen!
Der Präsident des Staatsrates erwiderte, daß die jetzigen Landesvertretungen allenthalben mehr oder weniger von den alten Ständen verschieden seien, ohne daß dieses die Involution der Landesschulden oder sonstigen Verpflichtungen beirre. Der Pfandbriefeigentümer könne nicht einseitig seines statutenmäßigen Rechts auf die ständische Garantie verlustig erklärt werden, und die Credit-Anstalt würde dadurch verlieren, daß sie aufhört, eine Landesanstalt zu sein, worauf Minister Ritter v. Lasser erwiderte, sie sei niemals eine Landesanstalt, sondern nur ein freiwilliger Privatverein ader landtäflichen Gutsbesitzera gewesen. bDie Anstalt sei ursprünglich unter die Garantie der Landstände gestellt und diese Garantie darin gefunden worden, daß im Falle der Nichterfüllung einer Zahlungsverbindlichkeit der Domestikalfonds hafte. Landstände als solche gibt es nicht mehr, sondern nur die landtäflichen Gutsbesitzer, die zugleich die Vereinsinteressenten sind; der Domestikalfonds als solcher mit einer perpetuierlichen Haftungsmöglichkeit besteht nicht mehr; und so wie er bisher nur aus Besteuerung der landtäflichen Güter jährlich entstand, so wolle auch künftig die praktisch ohnedies nicht denkbare Garantie des Domestikalfonds durch eine Umlage auf den landtäflichen Besitz unmittelbar, nämlich ohne Vermittlung des Domestikalfonds geleistet werden, der ja früher auch nichts anderes tat, als Umlagen vom landtäflichen Besitz einheben und an die etwa Garantie Fordernden hinauszahlen. Die diesfalls durch die geänderten Verhältnisse nötig gewordenen Modifikationen der Statuten belasten also den landtäflichen Besitz mit keiner neuen Verpflichtung; sie entziehen den Gläubigern der Anstalt keinen Schuldner oder Garanten, sie belasten auch das Land und den Landesfonds nicht und lassen die Anstalt in der Disposition derer, für die sie errichtet wurde, nämlich der landtäflichen Gutsbesitzer. Zugestehen, daß die Statutenänderung der Zustimmung des Landtags bedürfe, heißt auch zugestehen, daß auch in allen übrigen Beziehungen der Landtag von heute alle Rechte des früheren ständischen Landtags gegenüber der Credit-Anstalt habe. Damit sei die Anstalt so tief eingreifend für die galizischen Zustände der Verfügung des jetzigen Landtags überliefert, der nach seiner Zusammensetzung der Mehrheit nach kein Interesse daran habe und die Anstalt leicht zu einem gewaltigen Agitationsmittel mißbrauchen könnte. Bequemer und minder verantwortlich sei der Antrag des Staatsrates, politisch geratener aber und juridisch zu verteidigen möglich der Antrag des Staatsministeriumsb Die Anstalt sei ursprünglich unter die Garantie der Landstände gestellt und diese Garantie darin gefunden worden, daß im Falle der Nichterfüllung einer Zahlungsverbindlichkeit der Domestikalfonds hafte. Landstände als solche gibt es nicht mehr, sondern nur die landtäflichen Gutsbesitzer, die zugleich die Vereinsinteressenten sind; der Domestikalfonds als solcher mit einer perpetuierlichen Haftungsmöglichkeit besteht nicht mehr; und so wie er bisher nur aus Besteuerung der landtäflichen Güter jährlich entstand, so wolle auch künftig die praktisch ohnedies nicht denkbare Garantie des Domestikalfonds durch eine Umlage auf den landtäflichen Besitz unmittelbar, nämlich || S. 26 PDF || ohne Vermittlung des Domestikalfonds geleistet werden, der ja früher auch nichts anderes tat, als Umlagen vom landtäflichen Besitz einheben und an die etwa Garantie Fordernden hinauszahlen. Die diesfalls durch die geänderten Verhältnisse nötig gewordenen Modifikationen der Statuten belasten also den landtäflichen Besitz mit keiner neuen Verpflichtung; sie entziehen den Gläubigern der Anstalt keinen Schuldner oder Garanten, sie belasten auch das Land und den Landesfonds nicht und lassen die Anstalt in der Disposition derer, für die sie errichtet wurde, nämlich der landtäflichen Gutsbesitzer. Zugestehen, daß die Statutenänderung der Zustimmung des Landtags bedürfe, heißt auch zugestehen, daß auch in allen übrigen Beziehungen der Landtag von heute alle Rechte des früheren ständischen Landtags gegenüber der Credit-Anstalt habe. Damit sei die Anstalt so tief eingreifend für die galizischen Zustände der Verfügung des jetzigen Landtags überliefert, der nach seiner Zusammensetzung der Mehrheit nach kein Interesse daran habe und die Anstalt leicht zu einem gewaltigen Agitationsmittel mißbrauchen könnte. Bequemer und minder verantwortlich sei der Antrag des Staatsrates, politisch geratener aber und juridisch zu verteidigen möglich der Antrag des Staatsministeriums. Der Staatsminister glaubte auf dem angenommenen Standpunkt ebenfalls beharren zu sollen, zumal alle Konservativen Galiziens, mit denen er darüber gesprochen, dringend gebeten haben, die Credit-Anstalt der Aktion des Landtags und Landesausschusses zu entziehen, von der nichts Gedeihliches zu hoffen sei. Schließlich machte dieser Stimmführer auf die Distinktion zwischen dem alten galizischen Landtag, in dem alle landtäflichen Gutsbesitzer, und zwar ausschließend vertreten waren, und dem jetzigen aufmerksam, der noch so viele andere Elemente in sich aufgenommen hat.
Die übrigen Minister vereinigten sich mit dem Antrage des Staatsrates, wobei Minister Graf Nádasdy äußerte, daß schon wegen der als gewiß vorauszusehenden und schwer zu widerlegenden Reklamationen die Mitwirkung der zwei Landtage bei der Statutenänderung einzuholen wäre, der Polizeiminister erklärte, nicht abzusehen, was von der Ingerenz der Landtage zu fürchten sei, die sich der palpablen Notwendigkeit einer Statutenänderung nicht verschließen können, der Finanzminister an der Rechtskontinuität mit dem bestandenen galizischen Landtag festhielt und der Marineminister es bedenklich fände, sich in einem zweifelhaften Fall über die Kompetenz des Landtages gegen den Wortlaut der Statuten zu benehmen6.
Wien, am 11. November 1862. Erzherzog Rainer.
Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Franz Joseph. Schönbrunn, 25. November 1862. Empfangen 25. November 1862. Erzherzog Rainer.