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Nr. 103 Ministerrat, Wien, 3. August 1861 - Retrodigitalisat (PDF)

  • ℹ️ anwesend:
  • RS.; P. Ransonnet; VS. Rechberg; BdE. und anw. (Rechberg 4. 8.), Mecséry, Degenfeld, Schmerling, Lasser, Plener, Wickenburg, Forgách, Lichtenfels; abw. Pratobevera, Esterházy; BdR. Rechberg.

MRZ. 897 – KZ. 2558 –

Protokoll des zu Wien am 3. August 1861 abgehaltenen Ministerrates unter dem Vorsitze des Ministers des kaiserlichen Hauses und des Äußern Grafen v. Rechberg

I. Hausierbefugnis für Gemeindemitglieder von Barcis und Claut

Der Handelsminister las den au. Vortrag, in welchem er darauf angetragen hatte, daß aus Ah. Gnade ausnahmsweise gestattet werde, den Gemeindegliedern von Barcis und Claut im Friaul Hausierpässe schon nach zurückgelegten 24 statt 30 Jahren zu erfolgen1. Die Landesbehörden unterstützten nämlich diese Bitte aufs wärmste mit Rücksicht auf die traurigen Erwerbsverhältnisse dieser auch von Elementarfällen schwer heimgesuchten Gemeinden. Graf Wickenburg habe geglaubt, diese Angelegenheit nicht als eine Gesetzesänderung, sondern nur als eine weitere den bestehenden Ausnahmen vom gesetzlichen Alter hinzuzufügende || S. 266 PDF || exzeptionale Begünstigung behandeln zu sollen, wobei adas Prinzip unberührt bliebe unda auch der Frage, ob der ganze, ob der engere Reichsrat kompetent sei, ausgewichen würde. Da sich bei Beratung der Sache im Staatsrate2 verschiedene Meinungen ergaben, haben Se. kaiserliche Hoheit der durchlauchtigste Herr Erzherzog Rainer den Handelsminister aufgefordert, hierüber im Ministerrate zu referieren. Indem Graf Wickenburg diesem höchsten Auftrage nachkomme, glaube er, seinen früheren au. Antrag um so mehr festhalten zu sollen, als die Händler aus Barcis und Claut nicht in der ganzen Monarchie, sondern bloß in den venezianischen Provinzen hausieren gehen.

Nach einer längeren Erörterung — im Lauf welcher Graf Forgách vorschlug, von Fall zu Fall Ausnahmen Allerhöchstenorts zu erwirken, und Freiherr v. Lichtenfels andeutete, daß der Minister hiebei nach § 13 der Staatsverfassung vorgehen könnte, bweil die Ermächtigung der Behörden, für die Dauer der gegenwärtigen Zeitverhältnisse Ausnahmen zu bewilligen, eine bloße Umgehung des Gesetzes wäreb — vereinigten sich schließlich die mehreren Stimmen mit dem Antrage des Polizeiministers und des Ministers v. Lasser , bei Sr. k. k. apost. Majestät au. zu beantragen, daß die kompetenten Behörden cfür die Dauer der gegenwärtigen Verhältnisse in den genannten Gemeindenc Ah. ermächtigt würden, Hausierpässe auch an Individuen unter 30 Jahren zu erfolgen3.

II. Auflösung des Übereinkommens mit John O. Lever

Der Handelsminister las das Gutachten, welches er gemäß Ministerratsbeschluß4 der Finanzprokuratur über die Rechtsbeständigkeit des mit Lever M. P. geschlossenen Übereinkommens abgefordert hat5. Dieses Gutachten läuft da hinaus, daß die österreichische Regierung dem genannten Proponenten gegenüber gar nicht gebunden sei, indem das Übereinkommen wegen einer direkten Dampfschiffahrtsverbindung zwischen Triest und Liverpool infolge der seinerseits nicht zugehaltenen Bedingungen als null und nichtig zu betrachten sei. Hierauf las Graf Wickenburg den Entwurf der an Lever im Sinne des Gutachtens zu richtenden abweislichen Erledigung seines letzten Einschreitens.

Im wesentlichen war der Ministerrat hiemit einverstanden. In Absicht auf die Form aber wurde über Antrag des Ministers des Äußern beschlossen, die || S. 267 PDF || Mitteilung an Lever zwar höflich, aber bloß mit kurzer Hinweisung auf die Rechtsgründe und das Gutachten des Kronanwaltes dahin zu textieren, daß das fragliche Geschäft ganz aufgelöst ist. Längere Deduktionen, an welche vielleicht neue Ansprüche geknüpft werden könnten, seien zu vermeiden und der Name des Roebuck darin nicht zu berühren6. Schließlich erinnerte der Finanzminister , daß Lever um eine telegraphische Verständigung ersucht habe.

Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Franz Joseph. Wien, am 11. August 1861. Praes[entatum]. Rechberg.