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Nr. 3 Ministerrat, Wien, 9. Februar 1861 - Retrodigitalisat (PDF)

  • RS. (im Original als MKProt. I v. 9. 2. 1861 bezeichnet; als MKProt. II v. 9. 2. 1861 wurde das Protokoll v. 9., 10., 11., 12. und 15. 2. 1861 bezeichnet, da man bei der Ausfertigung des Protokollformulars noch nicht wußte, daß sich die Beratung des Statuts für die Reichsvertretung über mehrere Tage erstrecken würde); P. Marherr; VS. Erzherzog Rainer; BdE. und anw. (Erzherzog Rainer 9. 2.), Rechberg, Mecséry 14. 2., Schmerling, Degenfeld, Lasser 11. 2., Szécsen 16. 2., Plener, Wickenburg, Pratobevera, Mažuranić 12. 2.; abw. Vay (im Formular als anw. geführt); BdR. Erzherzog Rainer 21. 2.

MRZ. – KZ. 543 –

Protokoll der zu Wien am 9. Februar 1861 abgehaltenen Ministerkonferenz unter dem Vorsitze Sr. k. k. Hoheit des durchlauchtigsten Herrn Erzherzogs Rainer.

I. Nachtrag zum Patent über die Stellung der Evangelischen in den nichtungarischen Ländern

In der Konferenz vom 22. v. M. war zum § 20 des Patents über die staatsrechtliche Stellung der Evangelischen beschlossen worden, daß die vom Staatsschatze zu gewährenden Unterstützungen der verfassungsmäßigen Behandlung im Reichsrate vorbehalten bleiben sollen1. Nachdem jedoch durch Ah. Entschließung vom 11. Mai 1860 bereits im Prinzipe ausgesprochen ist, daß die Evangelischen für ihre Kirchen und Schulen die benötigten Zuschüsse aus dem Staatsschatze zu erhalten haben, so kann obiger Beschluß nicht bestehen2. Der Staatsminister schlug daher eine der vorbelobten Ah. Entschließung entsprechende Fassung dieses Paragraphes vor, gegen welche um so weniger ein Anstand erhoben wurde, als die Festsetzung der Summen, welche jenem Zwecke gewidmet werden sollen, Gegenstand des Voranschlags, sohin also auch der reichsrätlichen Verhandlung, sein wird.

Ebenso ward der § 14 in der vom Staatsminister vorgelesenen neuen und präziseren Fassung allseitig angenommen3.

II. Instruktion über die Wechselhaft für das allgemeine deutsche Handelsrecht

Der Leiter des Justizministeriums referierte über den beiliegenden Entwurf eines Erlasses (Beilagea ) an den Präsidenten der Bundeskommission für ein gemeinsames deutsches Handelsrecht wegen der von demselben im Namen der || S. 13 PDF || k. k. Regierung abzugebenden Erklärung rücksichtlich der Wechselhaft und erbat sich die Zustimmung der Konferenz dazu, welche sofort auch erteilt wurde, nachdem einige Bedenken, welche sich gegen die Verhängung des Wechselarrestes wider lf. Beamte ergeben hatten, durch die vom Minister Freiherrn v. Pratobevera gegebenen Aufklärungen behoben worden waren4. Sie betrafen: die diplomatischen Personen, welche Se. Majestät an fremden Höfen repräsentieren, die Sicherheits- und Kassabeamten, insofern durch deren Verhaftung der Dienst gefährdet werden könnte. Gegen erstere, bemerkte der Minister, kann von österreichischen Gerichten nicht mit Arrest vorgegangen werden, solange sie sich auf ihrem Gesandtschaftsposten befinden. Befinden sie sich nicht auf demselben, so besteht auch gegen die Anwendung des Wechselarrestes wider sie kein Bedenken mehr, und, was die Polizei- und Kassabeamten betrifft, so ist durch die Vorschrift der unverweilten Anzeige an deren vorgesetzte Behörde über die bevorstehende Haft gegen Benachteiligung des Dienstes gesorgt. bMinister v. Lasser bemerkte, daß er speziell den Umstand hervorheben müsse, daß die Frage wegen Befreiung der Hofbeamten von der Wechselhaft bei der Kommission zur Sprache gebracht worden sei, daß jedoch kein Grund bestehe, sie diesfalls anders zu behandeln als die Staatsbeamten.b Minister v. Lasser bemerkte, daß er speziell den Umstand hervorheben müsse, daß die Frage wegen Befreiung der Hofbeamten von der Wechselhaft bei der Kommission zur Sprache gebracht worden sei, daß jedoch kein Grund bestehe, sie diesfalls anders zu behandeln als die Staatsbeamten. Weiters beanständete der Minister des Äußern zum § 2, ad b) und d), die Befreiung der Grenzer und Schiffer von der Wechselhaft, wogegen jedoch der Kriegsminister bemerkte, daß erstere darum davon befreit bleiben müssen, weil sie jeden Augenblick zur Leistung ihrer Militärpflicht berufen werden können. In Ansehung der Schiffer aber bemerkte Minister Freiherr v. Pratobevera , daß von Seite der Vertreter der seehandelnden Städte ein besonderer Wert auf diese Befreiung gelegt wird, damit nicht durch Exekutionen dieser Art die Abfahrt des segelfertigen Schiffes aufgehalten werde.

Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Franz Joseph. Wien, den 21. Februar 1861. Empfangen 21. Februar 1861. Erzherzog Rainer.