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Nr. 239 Ministerkonferenz, Wien, 1. und 5. Dezember 1860 - Retrodigitalisat (PDF)

  • ℹ️ anwesend:
  • Sammelprotokoll; RS.; P. Marherr; VS. Rechberg; BdE. und anw. (Rechberg 5. 12.), Gołuchowski 7. 12., Mecséry 8. 12., Degenfeld 9. 12., Lasser 10. 12., Szécsen 9. 12., Plener 11. 12.; abw. Vay.

MRZ. – KZ. 4047 –

Protokoll der zu Wien am 1. und 5. Dezember 1860 abgehaltenen Ministerkonferenz unter dem Vorsitze des Ministerpräsidenten, Ministers des kaiserlichen Hauses etc. Grafen v. Rechberg.

I. Geschäftssprache beim Obersten Gerichtshofe in Hungaricis

Minister Ritter v. Lasser referierte in betreff der Geschäftssprache beim Obersten Gerichtshofe in ungrischen Angelegenheiten.

a) Bisher sollten die Erkenntnisse des Obersten Gerichtshofes über Prozesse aus Ungern in der deutschen und in derjenigen Sprache ausgefertigt werden, in welcher nach den Eingaben der Parteien die Prozesse im Lande selbst verhandelt wurden1. Die praktischen Schwierigkeiten dieses Vorgangs, namentlich das Anwachsen der Rückstände bei den Übersetzungen der Erkenntnisse in die verschiedenen Landessprachen, bestimmten den Minister v. Lasser im Einvernehmen mit dem ungrischen Hofkanzler zu der Interimalverfügung, die gedachten Erkenntnisse bloß in der deutschen Sprache ausfertigen, die Übersetzung in die betreffende Landessprache aber von dem betreffenden Oberlandesgerichte besorgen zu lassen2. Nun hat aber die ungrische Hofkanzlei verlangt, daß die Erkenntnisse des Obersten Gerichtshofes nur in der magyarischen Sprache ausgefertigt werden sollen3, wogegen jedoch Minister v. Lasser einwandte, daß er bei dem Bestande der obigen, auf einem von Sr. Majestät sanktionierten Konferenzbeschlusse beruhenden Anordnung hierzu nicht ermächtigt sei4. Infolge des hierauf gemachten Ersuchens des ungrischen Hofkanzlers brachte Minister v. Lasser diese Angelegenheit in der Konferenz zum Vortrage und sprach seine Ansicht dahin aus, daß, nachdem der Grundsatz, den Parteien in der von ihnen gewählten Sprache zu antworten, aufrecht erhalten werden müsse, die Ausfertigung der Erkenntnisse des Obersten Gerichtshofes bloß in ungrischer Sprache zwar nicht, sondern nur das zugestanden werden könne, daß sie allein in derjenigen || S. 133 PDF || Sprache ausgefertigt werden, deren sich die Parteien in dem Prozesse etc. bedient haben, wodurch wenigstens der Umtrieb der Ausfertigung in zwei Sprachen vermieden werden würde.

Minister Graf Szécsen sowie die übrigen Votanten erklärten sich hiermit vollkommen einverstanden.

b) In die weiters angeregte Frage über die Stellung des Obersten Gerichtshofes bezüglich der ungarischen Justizangelegenheiten gegenüber dem Justizministerium und der ungarischen Hofkanzlei glaubte der Minister v. Lasser, vorderhand und solange nicht die gänzliche Ausscheidung der ersteren von dem Obersten Gerichtshofe erfolgt ist, ain die Konstituierung einer von dem Präsidium des Gerichtshofes unabhängigen Abteilung, wodurch ein Status in statu für die Übergangsperiode entstehen würde,a nicht eingehen zu sollen5. Auf die Anfrage des Obersten Gerichtshofes aber, ob derselbe in seiner Korrespondenz mit der ungrischen Hofkanzlei in ungrischen Sachen sich der ungrischen Sprache zu bedienen habe, wäre demselben zu erwidern, daß er sich vermöge seines noch bestehenden Charakters als Zentralstelle des Reichs an die bisherige Einrichtung zu halten, also der deutschen Sprache zu bedienen habe6.

Auch hiermit war sowohl Minister Graf Szécsen als auch die Konferenz einverstanden7.

II. Mährisches Landesstatut

Gegenstand der Beratung war der beiliegenden Entwurf der Landesordnung und Landtagswahl­ordnung für Mährenb .

Hierbei ergaben sich folgende Anträge und Differenzen:

Zu § 3 wurde die Vermehrung der Landtagsmitglieder von 52 auf 60 angenommen. Die Begründung wird weiter unten zu § 5 im Detail dargestellt.

§ 4. Der Fürsterzbischof von Olmütz hatte früher das Recht, sich auf dem Landtage durch einen Repräsentanten vertreten zu lassen. Allein, der Staatsminister glaubte nicht, dieses Recht hier wieder aufleben zu machen, weil bei der ohnehin geringen Anzahl der zum Landtag persönlich Berechtigten ein Gewicht darauf zu legen sein dürfte, daß der Erzbischof seinen persönlichen Einfluß auf dem Landtage geltend mache.

Ebensowenig hat er die mährischen Landesoffiziere kraft ihrer Würde in den Landtag zu berufen angetragen, weil sie nicht die Bedeutung haben wie in Böhmen, wo sie zur Vertretung des Oberstburggrafen bestimmt sind8.

|| S. 134 PDF || Die Konferenz fand hiergegen nichts zu erinnern.

§ 5 ad b) glaubte Minister v. Lasser , daß bezüglich des Deutschen Ordens nicht überhaupt „ein Repräsentant“, sondern gleich wie in Kärnten ein von den Nutznießern der im Lande bestehenden Ordenskommenden aus ihrer Mitte zu wählender Abgeordneter zu bestimmen und auch der Johanniterorden zu berücksichtigen sein dürfte9. Der Staatsminister entgegnete aber, daß er sich in beiden Beziehungen an das historische Recht halten zu müssen geglaubt habe, wornach der Deutsche Orden auf dem mährischen Landtage immer durch einen vom Hoch- und Deutschmeister ernannten Statthalter vertreten war, der Johanniterorden aber nie einen Abgeordneten in diesen Landtag sandte und mit Rücksicht auf seinen dortigen Realbesitz, von welchem er nur 921 f. Steuer zahlt, weiter hinter dem Deutschen Orden steht, der von seinen mährischen Gütern über 13.000 f. Steuer entrichtet.

Ad lit e) kam Minister Graf Szécsen auf seinen schon bei der böhmischen Landesordnung angedeuteten Antrag zurück, daß, nachdem die Trennung des Landtags in zwei abgesonderte Häuser oder Kurien nicht beliebt wurde, doch wenigstens sämtlichen vormals jurisdiktionsberechtigten Fideikommißbesitzern des Landes die persönliche, von ckeiner Wahlc abhängige Berechtigung zum Landtage mit Virilstimme eingeräumt werde, indem bei der geringen Zahl der hier als persönlich Berechtigte zugelassenen Landtagsmitglieder das konservative Element verstärkt und der möglichen Eventualität vorgebeugt würde, die größten Fideikommißbesitzer im Lande von der Teilnahme an den Landtagsversammlungen ausgeschlossen zu sehen, wenn dieselbe lediglich von der freien Wahl abhängig gemacht wird. Graf Szécsen glaubte daher, daß die 16 fürstlichen und gräflichen Fideikommißbesitzer des Landes kraft ihrer Geburt in den Landtag zu berufen seien. Besorgt man davon ein zu großes Übergewicht der persönlich Berechtigten im Landtage, so möge man in demselben Verhältnisse eine Vermehrung der Anzahl der gewählten Landtagsmitglieder aus den Städten und Landgemeinden eintreten lassen. Auch der Ministerpräsident führte, konsequent mit seinem Votum zum böhmischen Landesstatute dem Prinzipe der Erblichkeit das Wort. Dagegen erklärte der Staatsminister , wie bei den bisherigen Statuten so auch in dieser Landesordnung an dem Wahlprinzipe für die Kategorie des gebundenen großen Grundbesitzes festhalten zu sollen, weil ihm derselbe nach dem Verhältnisse des Gesamtstandes der von 16 Familien besessenen 43 Fideikommißgüter mit vier Abgeordneten hinlänglich vertreten zu sein scheint und kaum zu besorgen wäre, daß die Wahl nicht auf die Angesehensten und Begütertsten fallen dürfte. Würden sie gleichwohl nicht gewählt, so wäre dies nur ein Armutszeugnis für die jeweiligen Träger jener Besitztümer, und es wäre sonach auch deren Übergehung bei der Wahl kaum zu bedauern.

Mit dem Antrage des Staatsministers vereinigten sich sofort der Leiter des Finanzministeriums unbedingt, dann der Polizei- und der Kriegsminister , welche zwar gegen das Prinzip einer erblichen Landtagsberechtigung mit Virilstimme in der Kategorie der || S. 135 PDF || Fideikommißgüterbesitzer im allgemeinen nichts einzuwenden, jedoch nur dann dafür sich ausgesprochen hätten, wenn dieses Prinzip in allen Landesstatuten zur Geltung käme. Wollte übrigens, setzte der Kriegsminister hinzu, die Zahl der Städte- und Landgemeindevertreter, wie Graf Szécsen andeutete, in dem Maße vermehrt werden, wie die der Fideikommißgüterbesitzer, so wäre für das konservative Element eben auch nichts gewonnen, weil dann das Verhältnis der Stimmen gegeneinander so bliebe wie zuvor. Minister v. Lasser endlich war der Meinung, daß, wenn das Prinzip der Erblichkeit in dieser Kategorie in Böhmen nicht angenommen wird, es auch in Mähren nicht zu Geltung gebracht werden könnte. Gleichwohl sei nicht zu verkennen, daß es der Natur und Wichtigkeit des übermächtigen Fiedeikommißgrundbesitzes in Mähren wenig entspräche, wenn ein Fürst Liechtenstein, dem fast die Hälfte dieses Besitzes zugefallen, genötigt sein sollte, sich, um in den Landtag gewählt zu werden, die Stimmen seiner Besitzgenossen zu erbetteln. Minister v. Lasser würde daher dem Antrage des Grafen Szécsen sich insoweit nähern, daß sechs bis acht der größten Fiedeikommißbesitzer ipso jure in den Landtag berufen werden. Hiermit wäre den naturgemäß berechtigten Ansprüchen dieser Kategorie hinlängliche Rechnung getragen, und es könnte in gleichem Maße eine Verstärkung des städtischen und bäuerlichen Elements zur Ausgleichung eintreten.

Ad f ) Nachdem in diese Kategorie nur vier Güter fallen, welche weniger als 200 f. Steuer zahlen, so hat, wie der Minister v. Lasser bemerkte, der Zensus von 200 f. hier keine wesentliche Bedeutung. Er würde daher entweder die Weglassung des Zensus oder dessen Erhöhung auf 300 f. beantragen, um hierdurch ddie sonst nichtssagende Folge zu vermeiden, daß bei einem 200 f. Zensus praktisch nur vier Besitzer im ganzen Lande vom Wahlrechte der landtäflichen Besitzer ausgeschlossen seien.d

Die übrigen Votanten waren jedoch, um diesfalls nicht prinzipiell von den anderen Landesstatuten abzuweichen, für die Beibehaltung des Zensus von 200 f.

Bezüglich der Anzahl der Vertreter dieser und der folgenden Kategorien wird die Darstellung der Abstimmung am Schlusse des § 5 zusammengefaßt.

Ad g) hat sich wie bei Böhmen so auch hier die Mehrheit der Konferenz für die an der Seite des Haupttextes beigefügte, den Kreis der Wählbarkeit erweiternde Alternative erklärt10. Die Bestimmung des Wahlzensus wurde vorbehalten, bis der Staatsminister die hierzu vom Landespräsidium verlangten Daten erhalten haben wird.

Was die Gruppierung der Städte anbelangt, so beantragte Minister v. Lasser für Znaim als eine zum Landtage altberechtigte königliche Stadt, Sitz eines Kreisamtes und Kreisgerichts, einen eigenen Vertreter, was der Staatsminister zugab, jedoch mit der Bemerkung, daß alsdann auch für Proßnitz mit 12.000 Seelen ein eigener Vertreter zu bestimmen wäre.

|| S. 136 PDF || Die Konferenz war hiermit einverstanden, wornach dann die Städte Prerau und Nikolsburg, welche letztere ohnehin überwiegend jüdisch ist, anders gruppiert werden müßten, falls nicht die Gesamtzahl der Städteabgeordneten vermehrt werden sollte.

Ad h) wurde konform mit dem Beschlusse zu dem böhmischen Statute die Weglassung der Klausel „im Kammerbezirke wohnen“ beliebt und die Bestimmung des Zensus wie oben ad g) vorbehalten.

Ad i) Um gleich wie in Böhmen so auch hier den Besitzern der aus dem Gemeindeverband ausgeschiedenen Gutskörper das passive Wahlrecht in dieser Kategorie nach dem Antrage des Ministers Graf Szécsen zu sichern, wurde von der Majorität der Konferenz für den zweiten Absatz zur lit. i dieses Paragraphes diejenige Textierung gewählt, welche in der böhmischen Landesordnung zu § 6 ad 1. angenommen worden ist. Es würde also heißen: „Diese Abgeordneten müssen in dem betreffenden Wahlkreise entweder selbst wahlberechtigte Besitzer eines land- oder lehentäflichen, vormals jurisdiktionsberechtigten Gutskörpers sein, oder die Wählbarkeit für eine Gemeinde­vertretung und eine Liegenschaft besitzen, von welcher“ etc. wie im Entwurf. Auch hier wurde die Bestimmung des Zensus vorbehalten.

Was das Zahlenverhältnis der Abgeordneten betrifft, so bleiben in der Prälatenbank (§§ 4 und 5 ad a, b, c, d) zusammen 6, aus dem Stande der Besitzer von Fideikommißgütern lit. e) nach dem Antrage des Ministers Graf Szécsen 16, nach jenem des Ministers v. Lasser 8, nach dem Mehrheitsbeschlusse 4. Dagegen erklärte sich die Majorität der Konferenz einstimmig mit dem Staatsminister für die Erhöhung der Zahl der Vertreter des nicht gebundenen Großgrundbesitzes ad lit. f ) von 12 auf 14, dann unter Beibehaltung der im Entwurfe sub lit. g) festgesetzten Zahl von 12 Städteabgeordneten und jener der Handelskammern mit 6, für die gleichmäßig mit dem gebundenen und nicht gebundenen Großgrundbesitze (4 + 14 = 18 Abgeordnete) zu erhöhende Zahl der Abgeordneten der Landgemeinden lit. i) von 12 auf 18, wornach sich also die schon zu § 3 erwähnte Anzahl von 60 Mitgliedern des Landtags ergäbe.

Nach dem Antrage des Grafen Szécsen würde bei 16 Virilstimmen in der Kategorie des gebundenen Grundbesitzes und sohiniger angemessener Vermehrung der Vertreter in Stadt- und Landgemeinden eine verhältnismäßig größere Gesamtsumme der Landtagsmitglieder vorkommen.

Nach jenem des Ministers v. Lasser würde die Vermehrung der Kategorie des gebundenen Großgrundbesitzes von 4 auf 8 durch die Herabsetzung der Abgeordneten beim nicht gebundenen Besitze von 12 auf 10 und jener der Handelskammern von 6 auf 5 (3 Brünn, 2 für Olmütz) ausgeglichen werden, gegen welche letztere Modalität aber insonderheit der Leiter des Finanzministeriums seine Stimme erhob, weil dadurch die Vertretung der in Mähren so ungemein wichtigen Industrial- und Handelsinteressen beeinträchtigt werden würde. Übrigens würde dieser Stimmführer vorziehen, wenn die von der Majorität beliebte Zahl der Vertreter des nicht gebundenen großen Grundbesitzes von 14 auf 13 herab, dagegen die Zahl der städtischen Deputierten von 12 auf 13 hinaufgesetzt werden wollte. § 10. Wie bei dem bezüglichen Paragraphen für Böhmen, so stimmte auch hier der Ministerpräsident , welcher grundsätzlich gegen bezahlte Vertreter ist, für Weglassung des Paragraphes. Minister v. Lasser aber erachtete, daß jedenfalls den gewählten Vertretern eine Entschädigung zuzusprechen sei.

|| S. 137 PDF || Bei § 13 erklärte sich die Majorität der Konferenz, konform mit ihrer Ansicht bei der böhmischen Landtagsordnung, für die in margine des Entwurfs beigesetzte zweite Alternative, wornach jede der Landtagsgliedergruppen ein Mitglied in den Ausschuß sendet.

Fortsetzung am 5. Dezember 1860 (Vorsitz und Gegenwärtige wie am 1. [Dezember])

Der Staatsminister brachte nach Erhalt der Äußerung des Statthalters seine zu § 5, lit. g, h, i, vorbehaltenen Anträge über den Zensus ein, und zwar:

Ad lit. g) bei den Städten, deren Gruppierung im Sinne der Konferenzmajorität abgeändert wurde, für Brünn einen Zensus von 100 fr., für die Städte zweiter Gruppe, nämlich für diejenigen, von denen jede für sich einen Abgeordneten wählt, 40 fr., und für die dritte Gruppe, in welcher mehrere Städte gemeinschaftlich einen Abgeordneten wählen, 30 fr.; ad lit. h) für die Handelskammern 100 fr.; ad lit. i) für die Landgemeinden 30 fr.

Die Konferenz war mit diesen Sätzen einverstanden, nur der Leiter des Finanzministeriums stimmte ad lit. i) für den vom Statthalter beantragten niedereren Zensus von 20 fr., wogegen die Majorität an dem auch für Böhmen angenommenen per 30 fr. festhielt.

§§ 14, 15, 16 und 17 gaben dem Minister Graf Szécsen Veranlassung, auf seine schon zum böhmischen und obderennsischen Landesstatute gemachte Bemerkung zurückzukommen, daß es wünschenswert sei, in den Landesstatuten im Anfange oder am Schlusse des Kapitels über den Wirkungskreis den Wortlaut des Absatzes I. des kaiserlichen Diploms aufzuführen, damit alle falschen Deutungen über die unwandelbare Absicht der Regierung, die Bestimmungen des Diploms redlich auszuführen, beseitigt werden. Im § 14 wird nun zwar das Diplom zitiert, allein, die §§ 16 und 17 enthalten Bestimmungen, welche die Bestimmungen des ersteren zu beschränken scheinen, wenigstens dahin ausgelegt werden könnten; es sei also wünschenswert, den Gegensatz recht klar zu machen, welcher zwischen der Befugnis des Landtags zur Mitwirkung bei der allgemeinen Gesetzgebung und zwischen den ihm in den eadministrativen Befugnissene folgenden Paragraphen eingeräumten Rechten obwaltet.

Nach einer Auseinandersetzung des Polizeiministers über den im wesentlichen in den gedachten Paragraphen dem Landtage zugewiesenen Wirkungskreis: Mitwirkung bei der Gesetzgebung, Beratung über Regierungsvorlagen, Ergreifung der Initiative in allen das Wohl des Landes betreffenden Angelegenheiten, Berechtigung, in Landesangelegenheiten Beschlüsse zu fassen und mit eigenen Mitteln auszuführen, endlich gewisse Gegenstände der Administration zu besorgen und Vermögenschaften zu verwalten, glaubte man sich dahin einigen zu sollen, daß – nach Verweisung des § 15 über die Wahl der Reichsräte an einen anderen Platz – die §§ 14 und 16 in folgender Art miteinander in Verbindung gebracht werden, und zwar: auf § 14 hätte unmittelbar zu folgen § 15: „Außer der im § 14 festgesetzten Mitwirkung bei der Ausübung der gesetzgebenden Gewalt hat der Landtag nicht nur in allen administrativen oder vor den Reichsrat gehörigen Gegenständen, || S. 138 PDF || worüber er von der Regierung zu Rate gezogen wird, Gutachten und Vorschläge abzugeben, sondern er ist auch berechtigt“ etc. wie im Entwurf.

Als der Kriegsminister darauf aufmerksam machte, daß es bedenklich sei, in dem für alle Kronländer grundsätzlich gleichen Wirkungskreise abweichende Bestimmungen aufzunehmen, kam Minister Graf Szécsen auf seine schon anderwärts gemachte Bemerkung zurück, daß von den noch nicht publizierten Landesstatuten keines allein publiziert und, wenn dieselben alle beraten sind, sie miteinander kombiniert und in Übereinstimmung gebracht werden sollen, indem das seit dem 20. Oktober eingetretene Ministerium hiebei nicht an dasjenige gebunden sein könne, was bezüglich der vor diesem Zeitpunkte beratenen, am 20. Oktober publizierten Statute beliebt worden ist11. Selbst rücksichtlich der letzteren (welche nach der Bemerkung des Leiters des Finanzministeriums doch für die betreffenden Kronländer bindend seien) werde sich nach der Meinung des Grafen Szécsen ein Modus finden lassen, sie mit den neuen Landesstatuten in Einklang zu bringen.

§ 17. Der Nachsatz, „Vorschläge, welche auf Änderung der gesetzlichen Vorschriften etc. abzielen“, wurde als selbstverständlich im Sinne des Absatz I des Diploms beseitigt; der weitere Satz aber wegen der „Beschlüsse, die in ihrer Wirkung sich nicht auf das Gebiet Mährens beschränken“ mit dem Schlusse des ersten Absatzes des Paragraphs in Verbindung gebracht, sodaß es dort heißen würde: „Beschlüsse zu fassen, welche in dem Falle, daß sie in ihrer Wirkung sich nicht auf das Gebiet Mährens beschränken, der kaiserlichen Entscheidung vorzulegen sind“. Es wurde der Ausdruck „der kaiserlichen Entscheidung“ statt „dem Kaiser zur etc. vorzulegen sind“ gewählt, weil nach dem Erachten des Grafen Szécsen die Ah. Person Sr. Majestät hier zu erwähnen nicht angemessen erscheinen dürfte. Auch im § 20 kommt der Ausdruck „der kaiserlichen Genehmigung“ vor.

Im § 18, erste Zeile, wurde das überflüssige „beratet und“ weggelassen, und im § 19 statt „errichteten Fonds“ gesetzt „gegründeten“.

§ 25. Wie für Böhmen so wurde auch hier der Beisatz beliebt: „daß der Statthalter das Recht habe, bei den Landtagsversammlungen persönlich oder durch einen Vertreter zu erscheinen und zu jeder Zeit das Wort zu ergreifen.“

§ 28. Der Ministerpräsident wollte hier der Regierung das Recht gewahrt wissen, gesetzwidrige Beschlüsse zu sistieren, wie dieses hier dem Landeshauptmann eingeräumt ist. Er beantragte daher etwa folgenden Zusatz: „Ein gleiches Recht steht auch dem Statthalter zu.“ Das hier dem Landeshauptmann eingeräumte Sistierungsrecht ist, wie Minister v. Lasser bemerkte, wohl nur aus den ursprünglichen Entwürfen, wo das Prinzip, daß der Statthalter zugleich Landtagspräsident sein soll, übertragen worden. Da nun nicht immer im Interesse des Landeshauptmanns ist, einen Beschluß von Regierungs wegen zu sistieren, so dürfte sich die Ansicht rechtfertigen lassen, daß dieses Sistierungsrecht dem Statthalter zu wahren sei.

Die Mehrheit der Konferenz sprach sich jedoch gegen jenen Antrag aus, nachdem der Polizeiminister bemerkt hatte, daß, sobald dem Statthalter nur das Recht gewahrt ist, || S. 139 PDF || den Versammlungen beizuwohnen, also von etwaigen Ausschreitungen Kenntnis zu erlangen, er auch wissen wird, was im gegebenen Falle seines Amtes sei.

Nachdem es jedoch, bemerkte Graf Szécsen , denkbar ist, daß in einer Versammlung weder der Statthalter noch sein Vertreter anwesend wäre, so sollte ihm zu § 29 das Recht zugestanden werden, „so oft er es nötig findet, vom Landeshauptmann die unverzügliche Mitteilung gefaßter Beschlüsse in ämtlicher Form zu verlangen.“

§ 31. Das Recht des Landeshauptmanns, bei einzelnen Verhandlungen die Öffentlichkeit nach seinem Ermessen auszuschließen, schien dem Minister Grafen Szécsen, da es an gar keine Grenzen gebunden ist, zu weitgehend. Nachdem jedoch der Polizeiminister bemerkt hatte, kein Landeshauptmann werde davon ohne Not Gebrauch machen, um sich nicht dem Vorwurfe der Willkür auszusetzen, wurde die fragliche [Bestimmung] beibehalten und nur auf Antrag des Ministers v. Lasser die Klausel „nach seinem Ermessen“ gestrichen.

Gegen die Bestimmungen der Wahlordnung ergab sich keine Einwendung.

Das Einführungspatent würde in der Form wie für Böhmen, jedoch ohne Erwähnung der Krönung oder Huldigung abgefaßt werden12.

III. Zustimmung des Reichsrates zum Verkauf einiger Montanärarwerke

Nach Absatz II des kaiserlichen Diploms v. 20. Oktober soll die Veräußerung, Umwandlung oder Belastung des unbeweglichen Staatseigentums nur mit Zustimmung des Reichsrates angeordnet werden.

Gegenwärtig steht der in thesi bereits Ah. genehmigte Verkauf zweier Montanentien, des ärarischen Hüttenwerks in Altwasser und des ärarischen Bergwerks Bleistadtf, in Verhandlung, welche Werke so in Verfall geraten sind, daß ihre fernere Beibehaltung im ärarischen Besitz höchst nachteilig wäre, während die dafür gemachten Anbote von 7 – 8.000 beziehungsweise 13 – 14.000 f. doch einigen Vorteil gewähren würden13. Da sie überdies infolge Ah. Genehmigung zum Verkaufe bestimmt sind14, so würde der Leiter des Finanzministeriums die Verkaufsunterhandlung fortsetzen und sich darauf beschränken, die nachträgliche Zustimmung des Reichsrates einzuholen, indem es, obwohl nach der strengsten Auslegung des Wortlauts des Diploms jede, also auch die kleinste Veräußerung unbeweglichen Staatsgutes dieser Zustimmung bedürfe, doch nicht anzunehmen ist, daß dabei andere als ganze Gutskörper gemeint sein dürften.

|| S. 140 PDF || Der Ministerpräsident glaubte jedoch, dem Verkauf dieser zwei Objekte ohne vorläufige Genehmigung des Reichsrates widerraten zu sollen, weil der geringe Vorteil, den das Ärar daraus bezöge, durch die nachteilige Wirkung aufgewogen wird, die ein dem Buchstaben des kaiserlichen Diploms widersprechender Vorgang der Staatsverwaltung in der öffentlichen Meinung hervorbringen würde.

Mit dieser Ansicht vereinigten sich auch die übrigen Stimmen, wobei nur der Kriegsminister bemerkte, daß, wenn der Verkauf schon vor dem 20. Oktober genehmigt war, das Diplom darauf nicht zurückwirken könne, und Minister v. Lasser , daß, falls der Verkauf dringend geboten wäre, gz. B. wegen sonstiger Deteriorierung des Verkaufsobjektes, die Pflicht eines guten Verwalters es erheische, alles wirklich Notwendige vorzukehren, nötigenfalls selbst durch Verkauf die Entwertung zu hindern, welche praktische Rücksicht die formellen Verfassungsrücksichteng überwiegen würden15.

Übrigens wurde allseitig anerkannt, daß diese Bestimmung des kaiserlichen Diploms auf die bereits erworbenen Rechte der Nationalbank in betreff der ihr verpfändeten Staatsgüter nicht zurückwirken könne16.

Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Franz Joseph. Wien, den 14. Dezember 1860.