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Nr. 479 Ministerkonferenz, Wien, 16. Dezember 1858 – Protokoll I - Retrodigitalisat (PDF)

  • ℹ️ anwesend:
  • RS.; P. Marherr; VS. Buol-Schauenstein; BdE. und anw. (Buol 16. 12.), gesehen Bach 17. 12., gesehen Thun 17. 12., Toggenburg, Bruck 17. 12., Nádasdy 17. 12.; abw. Kempen, Kellner.

MRZ. – KZ. 5121 –

Protokoll I der zu Wien am 16. Dezember 1858 abgehaltenen Ministerkonferenz unter dem Vorsitze des Ministers des kaiserlichen Hauses und des Äußern Grafen v. Buol-Schauenstein.

[I.] Ermächtigung des Finanzministers zur Aufnahme eines Anlehens von 50 Millionen Gulden

Die Hoffnung des Finanzministers , mit den für das Verwaltungsjahr 1859 präliminierten Einnahmen1 das Auslangen zu finden, wird sich nicht realisieren, weil für die Einlösung der Tabakblätter ein Mehraufwand von 10 Millionen Gulden2, für das Militär statt der festgestellten 100 Millionen 110 Millionen, also mehr um 10 Millionen Gulden gefordert werden3, endlich die Aussicht, durch die Einführung der beantragten Reformen der Verzehrungssteuer das Staatseinkommen um 10 Millionen Gulden zu erhöhen, für heuer wenigstens vereitelt ist (Konferenzprotokoll vom 7. Dezember 1858 4). Es ergibt sich also ein unbedeckter Abgang von 30 Millionen Gulden, für welchen nach dem Erachten des Finanzministers nur durch eine Kreditoperation Vorsorge getroffen werden kann.

Zugleich handelt es sich um die endliche Feststellung der Ziffer und den Abschluß des Nationalanlehens vom Jahre 18545, welches mit Inbegriff der der Nationalbank behufs der Anbahnung der Silberzahlung und Einlösung der Reichsschatzscheine überwiesenen Summe sich im Gesamtbetrage von 611,746.100 fr. darstellt. Der Finanzminister beantragte zu diesem Ende die Fixierung der Gesamtsumme des Nationalanlehens auf 600 Millionen und die Zurückziehung der bereits beim Tilgungsfonds erliegenden 11,746.000 fr. sowie die Ermächtigung zur Aufnahme eines neuen 5%igen Anlehens von 50 Millionen Gulden. Er las sofort den im Sinne dieses Antrags abgefaßten Entwurf eines Ah. Patents6.

In der Hauptsache, nämlich was die Ermächtigung zu dem Anlehen betrifft, war die Konferenz in Anbetracht der nachgewiesenen Notwendigkeit, den Ausfall zu decken, mit dem Antrage des Finanzministers einverstanden.

|| S. 164 PDF || Nach der Bemerkung des Handelsministers aber kommt es hierbei auch darauf an, die beste Form zu finden, einer neuen Kreditoperation auch vor den Augen des Publikums die gehörige Begründung zu geben. In dieser Hinsicht nun würde es auffallen, daß im Patente zunächst und vor allem von dem Abschlusse des Nationalanlehens die Rede ist, der laufenden Staatsbedürfnisse nur nebenbei erwähnt, zugleich aber das Aufgeben der auf ersteres über 600 Millionen bereits subskribierten 11 Millionen ausgesprochen und ein neues Anlehen von 50 Millionen dekretiert wird. Es schiene daher dem Handelsminister korrekter, die notwendige Deckung der Staatsbedürfnisse voranzustellen und zu diesem Ende die Summe des Nationalanlehens mit 650 Millionen zu fixieren, umso mehr, als auch das neu beabsichtigte Anlehen ein 5%iges, also von dem erstern nicht wesentlich verschieden ist. Der Justizminister teilte in betreff der Textierung die Ansicht des Handelsministers.

Der Finanzminister erklärte dagegen, daß er für eine Erhöhung der Summe des Nationalanlehens in keinem Falle stimmen könne, weil diese bei der ohnehin bestehenden Überfüllung des Geldmarkts mit den Papieren dieser Gattung nachteilig auf ihren Kurs wirken, hingegen die Zurückziehung von 11 Millionen daraus denselben heben würde. Überdies soll das neue Anlehen nicht in Konventionsmünze-Silber, sondern in österreichischer Währung kontrahiert werden, was auch dem Zwecke der im Zuge befindlichen Konversion der älteren Staatsschuld in österreichische Währung entspräche. Wohl aber erklärte er sich bereit, den Passus im Patentsentwurfe, welcher die kurrenten Staatsbedürfnisse erwähnt, mehr hervorzuheben und den Schluß „Zu diesem Ende etc.“ durch den Beisatz zu erweitern „und da außerdem für die laufenden Staatsbedürfnisse vorzusorgen ist, so ermächtigen Wir Unseren Finanzminister etc.“. Mit dieser Textierung hat sich schließlich den Mehrheit der Konferenz einverstanden erklärt.

Dabei konnte jedoch der Kultusminister nicht umhin, den Übelstand hervorzuheben, daß Finanzmaßregeln nur einzeln und meist nur in ihren Resultaten, nicht aber in ihrem Entstehen und im Zusammenhange mit allen Operationen zur Kenntnis und Beratung der Konferenz kommen. Die Instruktion für die Ministerkonferenzen weiset Verfügungen dieser Art ihrer Beratung zu7. Allein, sie entbehrt dabei der nötigen Grundlage, wenn ihr der Zusammenhang der Operationen verborgen bleibt, wodurch der Hauptzweck jeder Finanzverwaltung, die Herstellung des Gleichgewichts zwischen Einnahmen und Ausgaben, angestrebta werden soll. Der vorige Finanzminister hat bereits einen Versuch dieser Art gemacht, indem er die Konferenz von den Maßnahmen in die Kenntnis setzte, welche nach einem regelmäßigen Plane zur Ordnung der Valuta- und unserer Finanzverhältnisse zu treffen wären. Leider haben politische Ereignisse diese Berechnungen gestört und die Erreichung der Absicht || S. 165 PDF || vereitelt8. Es gibt indessen doch keinen anderen Weg als diesen, um zu dem angestrebten Ziele zu gelangen, und der Kultusminister kann nur lebhaft wünschen, daß er wieder betreten und so den Ministern Sr. Majestät Gelegenheit geboten werde, im einträchtigen Zusammenwirken an der Ordnung des Staatshaushaltes zu arbeiten. Die Konferenz teilte diesen Wunsch, und der Finanzminister erklärte sich gern bereit, demselben zu entsprechen, sich vorbehaltend, bei der demnächst vorzunehmenden Berichtigung des Budgets auf diesen Gegenstand zurückzukommen9.

Ah. E. Ich nehme den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis. Franz Joseph. Wien, 31. Dezember 1858.