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Nr. 41 Ministerkonferenz, Wien, 8. Oktober 1859 - Retrodigitalisat (PDF)

MRZ. – KZ. 3552 –

Protokoll der zu Wien am 8. Oktober 1859 abgehaltenen Ministerkonferenz unter dem Vorsitze des Ministerpräsidenten, Ministers des kaiserlichen Hauses etc. Grafen v. Rechberg.

I. Verordnung über evangelische Konvente nach dem Erscheinen des Patents vom 1. September

Der Kultusminister las den Entwurf einer Verordnung vor, welcher infolge der Konferenzberatungen vom 6. und 7. d. M. (Protokollabsatz I/6. Oktober, III/7. Oktober) wegen fernerer Abhaltung evangelischer aDistriktualkonvente in Ungern etc. in den bisher bestandenen Superintendenzena nach dem Patente vom 1. September zu erlassen wäre. Es wird bdarin ausgesprochen, daß künftig Superintendenzialkonvente nur in den durch das Patent festgestellten Superintendenzen und von den denselben zugewiesenen Senioraten gehalten werden können und [daß], wenn andere gehalten würden, [diese] ungesetzlich und ihre Beschlüsse null und nichtig wären, die Teilnehmer an denselben sich verantwortlich machen würden,b die Behörden aber angewiesen [werden], solche Versammlungen nötigenfalls mit polizeilicher Assistenz aufzulösen.

In der Hauptsache war die Konferenz mit dem Entwurfe einverstanden. Nachdem aber der Justizminister darauf aufmerksam gemacht hatte, daß die Konvente nicht von freien Stücken zusammenkommen, sondern von jemand angesagt und einberufen werden müssen, welcher somit als der Urheber einer gesetzwidrigen Handlung anzusehen ist und, wie der Minister des Inneren hinzusetzte, ohne Ahndung durchkommen würde, wenn der Konvent zwar von ihm berufen worden, aber nicht zusammengetreten wäre, so vereinigte sich die Konferenz einstimmig in dem Antrage der beiden Minister, nicht bloß die Abhaltung, sondern auch die Einberufung einer solche Versammlung für gesetzwidrig zu erklären, wornach der Kultusminister sich vorbehielt, hierwegen den entsprechenden Zusatz in die Verordnung einzuschalten1.

Der Justizminister führte schließlich die Paragraphen des Strafgesetzes an, welche gegen die Urheber und Teilnehmer gesetzwidriger Versammlungen in Anwendung zu kommen haben, und behielt sich vor, seinerzeitc die Staatsanwaltschaften zum || S. 143 PDF || Einschreiten aufzufordern, wenn solched Versammlungen künftigd vorkommen sollten.

II. Kundmachung über den Abschluß des Nationalanlehens

Der Finanzminister hatte in der Konferenz vom 16. Dezember 1858 den Antrag gestellt, den Abschluß des Nationalanlehens vom Jahre 1854 mit 600 Millionen Gulden zu fixieren und bekanntzumachen. Auf seinen diesfalls an Se. Majestät erstatteten au. Vortrag erfolgte die Ah. Resolution dahin: es sei mit dem definitiven Abschlusse bis zu dem Zeitpunkte zuzuwarten, wo die noch ausständigen Raten des subskribierten Anlehens vollständig werden eingezahlt sein2.

Dieser Zeitpunkt ist jetzt (24. August 1859) eingetreten. Auf das Anlehen selbst, ursprünglich mit 500 Millionen angenommen, sind 511 Millionen subskribiert worden; dabei war aber außer Anschlag geblieben, daß 50 Millionen Gulden in Reichsschatzscheinen, welche sich zur Zeit der Auflegung in den Staatskassen befanden, und 17 Millionen Gulden in deutschen und ungrischen Münzscheinen in Banknoten umgesetzt werden mußten. Se. Majestät gestatteten daher die Erhöhung der Anlehenssumme um 100 Millionen, welches Superplus durch Ausgabe von Obligationen über den subskribierten Betrag gedeckt werden mußte3. Die Gesamtausgabe beträgt sonach rund 611 Millionen, davon befinden sich 26 Millionen beim Tilgungsfonds, 585 Millionen stellen sich also als die schließliche Summe dar, was mittelst Kundmachung des Finanzministeriums zur Kenntnis des Publikums zu bringen wäre. Der Entwurf der Kundmachung wurde vorgelesen.

Der tg. gefertigte Ministerpräsident besorgte zwar, daß eine solche Verlautbarung einen ungünstigen Eindruck im Publikum machen und auf den öffentlichen Kredit nachteilig wirken werde. Allein, sie ist, wie der Finanzminister entgegnete, nicht zu vermeiden, weil ihr Inhalt mit der ebenfalls kundzumachenden Staatsgebarung vom Jahre 1858 im Zusammenhange steht und weil vor dem Bekanntwerden des Abschlusses nicht wohl zur Einleitung neuer, für 1860 etwa notwendig werdender Kreditoperationen geschritten werden kann. Übrigens ist auch die Überschreitung der Subskriptionssumme längst kein Geheimnis mehr; der Eindruck auf das Publikum wird also kaum von Bedeutung sein.

Sonach fand die Konferenz gegen die Kundmachung nichts weiter zu erinnern4.

III. Verwahrung des Armeeoberkommandos gegen die Fassung eines Absatzes im Memoire des Finanzministers über Ersparungen in der inneren Verwaltung

eFML. Graf Crenneville lenkt die Aufmerksamkeit der hohen Konferenz auf die Fassung des heute den Ministerien zugekommenen Memoires „Über die Reformen der inneren Verwaltung in finanzieller Beziehung“ und verwahrt sich im Namen des Armeeoberkommandos gegen die Art, in welcher das Finanzministerium die Gebarung dieser Zentralstelle und deren durch Kriegsereignisse und Kriegsglück [sic!] bedingte Konsequenzen einer Kritik unterziehte FML. Graf Crenneville lenkt die Aufmerksamkeit der hohen Konferenz auf die Fassung des heute den Ministerien zugekommenen Memoires || S. 144 PDF || „Über die Reformen der inneren Verwaltung in finanzieller Beziehung“ und verwahrt sich im Namen des Armeeoberkommandos gegen die Art, in welcher das Finanzministerium die Gebarung dieser Zentralstelle und deren durch Kriegsereignisse und Kriegsglück [sic!] bedingte Konsequenzen einer Kritik unterzieht.5

Ah. E. Ich nehme den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis. Franz Joseph. Wien, 16. Oktober 1859.