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Nr. 396 Ministerkonferenz, Wien, 5. Mai 1857 - Retrodigitalisat (PDF)

  • ℹ️ anwesend:
  • RS.; P. Marherr; VS: Buol-Schauenstein; BdE. und anw. (Buol 5. 5.), gesehen Bach, K. Krauß, Toggenburg, Bruck, Kempen; abw. Thun, Kellner.

MRZ. – KZ. 1277 –

Protokoll der zu Wien am 5. Mai 1857 abgehaltenen Ministerkonferenz unter dem Vorsitze des Ministers des kaiserlichen Hauses und des Äußern Grafen v. Buol-Schauenstein.

I. Diäten für Dienstreisen in Strafsachen außerhalb des Untersuchungssprengels

In der Meinungsdifferenz, welche zeuge des Vortrags des Justizministers vom 18. April 1857, KZ. 1588, MCZ. 1438, zwischen diesem und dem Finanzministerium über die Frage obwaltet, ob den Beamten der Gerichtshöfe erster Instanz für Reisen in strafgerichtlichen Untersuchungsangelegenheiten außerhalb ihres eigentlichen Untersuchungssprengels die klassenmäßigen Diäten und Fuhrkosten oder nur die Tag- und Meilengelder gebühren, hielt der Finanzminister aus den in der Note vom 24. März 1857 angeführten Motiven die Meinung fest, daß solche Reisen als im Amtsbezirke gemacht nur Anspruch auf die Tag- und Meilengelder gewähren, wogegen alle übrigen Stimmen der Konferenz der Ansicht des Justizministers beitraten, daß solche Reisen mit Rücksicht auf § 1 der Verordnung vom 3. Juli 1854 1 und die umständliche Begründung des Justizministers als außerhalb des Amtsbezirks gemachte das Recht zum Bezuge der klassenmäßigen Diäten und Vergütung der Fuhrkosten geben2.

II. Einführung des Forstgesetzes vom 3. Dezember 1852 in Ungarn, Kroatien und Slawonien, Siebenbürgen und Woiwodina

Der Minister des Inneren referierte seinen Vortrag vom 22. April 1857, KZ. 1603, MCZ. 1454, wegen Einführung des Forstgesetzes vom 3. Dezember 1852 3 in Ungern, Kroatien und Slawonien, Siebenbürgen und in der Woiwodina, dann den Entwurf des diesfälligen Einführungspatentes.

Die Konferenz trat den Anträgen des Ministers des Inneren in allen Punkten einstimmig bei4.

III. Weiterbeförderung paßloser Reisender durch die Postmeister

Der § 322 des Strafgesetzes5 verordnet: „Ein Postmeister, welcher einen Reisenden, der nicht mit einem vorschriftmäßigen Passe etc. versehen ist etc., weiter befördert, begeht eine Übertretung und ist das erste Mal mit 50 f., das zweite mit 100 f. und das dritte Mal mit der Abschaffung vom Posthause zu bestrafen.“ Nachdem nun infolge des neuen Paßgesetzes6 das Reisen im Inlande überhaupt ohne Paß gestattet und nur bei Reisen aus oder nach dem Auslande ein Paß erforderlich ist, so hat sich die Postdirektion angefragt, ob und inwiefern der obige Paragraph des Strafgesetzes etwa noch bezüglich der Reisenden vom oder nach dem Auslande in Anwendung zu bringen sei.

Der Handelsminister war der Meinung, daß nach dem neuen Paßgesetze die Abforderung und Vidierung der Reisedokumente überhaupt nur den betreffenden Paß- und Grenzämtern zustehe, mithin Reisende nicht verpflichtet werden können, ihren Ausweis auch den Postmeistern vorzuzeigen. Er beantragte daher die Außerkraftsetzung des § 322 StGB. und lud den Justizminister ein, hierwegen die erforderliche Weisung an die Gerichtsbehörden zu erlassen, was dieser, welchem übrigens wie dem Minister des Inneren bereits durch den Chef der Obersten Polizeibehörde eine ähnliche Mitteilung zugekommen ist, veranlassen wird7.

Ah. E. Ich nehme den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis. Franz Joseph. Ofen. 10. Mai 1857.