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Nr. 280 Ministerkonferenz, Wien, 31. März 1855 - Retrodigitalisat (PDF)

  • ℹ️ anwesend:
  • RS.; P. Marherr; VS. Buol-Schauenstein; BdE. und anw. (Buol 27. 3.), Bach (10. 4.), Thun, K. Krauß, Toggenburg, Bruck.

MRZ. – KZ. 1000 –

Protokoll der zu Wien am 31. März 1855 abgehaltenen Ministerkonferenz unter dem Vorsitze des Ministers des Äußern und des kaiserlichen Hauses Grafen v. Buol-Schauenstein.

I. Verfahren gegen Anton Füster, Ernst v. Violand und Joseph Goldmark

Der Justizminister referierte über den vom Staatsanwalt erhobenen Zweifel in betreff der Untersuchung und Veröffentlichung der Ediktalvorladung der des Hochverrats beinzichtigten flüchtigen Anton Füster, Ernst v. Violand und Joseph Goldmark (Vortrag KZ. 932, MCZ. 877). Dieser Zweifel wurde hervorgerufen durch die Ah. Entschließung vom 16. Juni 1854, womit die Kundmachung des Kontumazialurteils wider Hans Kudlich und seinerzeit wider die drei Genannten untersagt wurde1. Da aber ein wesentlicher Unterschied zwischen der Urteilskundmachung || S. 56 PDF || (mit Anschlagung des Namens an den Galgen) und der Ediktalvorladung zum Behuf der Verteidigung besteht, so war der Justizminister der Meinung, daß letztere zu veranlassen und das Kontumazialverfahren bis zur Urteilsschöpfung durchzuführen sei – wogegen nichts erinnert wurde2.

II. Ausschließung von fremden Konsulen von österreichischen Binnenstädten

Aus Anlaß einer dem Finanzminister zugekommenen Anfrage, ob ein großbritannisches Konsulat in Wien bestehen dürfe, brachte derselbe den schon 18493 angeregten Grundsatz zur Sprache, daß fremde Konsuln außer den Seeplätzen in den Binnenstädten der Monarchie nicht zugelassen wären.

Der Handelsminister versicherte, daß seines Wissens, außer in Wien, in keiner Stadt des Binnenlandes mehr ein fremder Konsul sich befinde, und daß die in Wien bestehenden fremden Konsulate wegen der gleichzeitig daselbst bestehenden Gesandtschaften nicht jene Bedenklichkeiten mit sich bringen wie in anderen Orten. Hiernach erklärte sich die Konferenz einstimmig für die Annahme des Grundsatzes, daß außer der Haupt- und Residenzstadt, dann den Seeplätzen, im Innern der Monarchie fremde Konsuln nicht zugelassen wären und daß sich die Amtstätigkeit der dort bestehenden Konsuln nur auf das ihnen zugewiesene Gebiet, nie aber auf Angelegenheiten der an andern Orten der Monarchie sich aufhaltenden Untertanen des Staates, den sie vertreten, zu erstrecken habe.

III. Verhandlungen wegen der Neutralität der Landenge von Suez

Das Projekt der Durchstechung der Landenge von Suez zur Verbindung des mittelländischen mit dem Roten Meere hat seinerzeit die Aufmerksamkeit der k. k. Regierung erregt. Von einer Gesellschaft, an der die Stadt Triest und mehrere Korporationen sich beteiligten, wurden unter Negrellis Leitung Vorarbeiten aufgenommen und das Projekt für ausführbar erkannt. Infolge der Ereignisse des Jahres 1848 blieb die Sache auf sich beruhen. Neuestens hat der französische Konsul de Lesseps vom Pascha von Ägypten die Konzession zur Ausführung des Durchschnitts erhalten, soll jedoch, laut eines vom Fürsten Metternich dem Finanzminister mitgeteilten Schreibens, mit dem Begehren um Bestätigung dieser Konzession von der Pforte durch den Einfluß eines Gesandten abgewiesen worden sein. Bei der großen Wichtigkeit des Unternehmens für ganz Europa und Österreich insbesondere, glaubte der Finanzminister die Aufmerksamkeit der k. k. Regierung darauf lenken zu sollen, ob nicht auf dem gegenwärtigen Kongresse über die orientalischen Angelegenheiten die Verhandlungen auch über diesen Gegenstand auszudehnen und der Landenge von Suez, behufs der Ausführung jener Verbindung, die allgemeine Neutralität erwirkt werden sollte, wie diese in Ansehung der Landenge von Panama zwischen den beteiligten Regierungen stipuliert worden ist.

Die Konferenz konnte die Wichtigkeit des gemachten Vorschlags nicht verkennen, weshalb denn auch der Vorsitzende Minister des Äußern über den geeigneten || S. 57 PDF || Moment und die Art, in welcher ein solcher Vorschlag in Verhandlung zu bringen wäre, die weitere Schlußfassung sich vorbehielt4.

IV. Auszeichnung für den Dompropst Joseph Schmonn in St. Pölten

Der Kultusminister erhielt die allseitige Zustimmung zu seinem Antrage, für den in jeder Beziehung würdigen Dompropste in St. Pölten, Joseph Schmonn, der 42 Jahre Priester ist, eine Ag. Anerkennung seiner Verdienste durch Verleihung des Ritterkreuzes des Leopoldordens von Sr. Majestät zu erbitten5.

A[h]. E. Ich nehme den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis. Franz Joseph. Wien, den 12. April 1855.