Nr. 146 Ministerkonferenz, Wien, 30. Juli 1853 - Retrodigitalisat (PDF)
- ℹ️ anwesend:
- RS.Reinschrift; P.Protokoll Marherr; VS.Vorsitz Buol-Schauenstein; BdE.Bestätigung der Einsicht und anw.anwesend (Buol 30. 7.), Bach 2. 8., Thun, Bamberg; außerdem anw.anwesend Baumgartner; abw.abwesend K. Krauß.
MRZ. – KZ. 3089 – (prot. Nr. 65/1853) –
- I. Ah. Kabinettsschreiben über Einführung der neuen Strafprozeßordnung
- II. Reisekosten und Diäten für die walachischen Offiziere bei Inspizierung des Grenzkordons
- III. K. k. Ratstitel für den Revisor Joseph Maxiani
- IV. Auszeichnung für den Großhändler Wilhelm Schohsberger
- V. Kaiserliche Verordnung wegen Wahrung der militärischen Standesehre bei Ehrenbeleidigungen von Militärpersonen
- VI. Berggesetzentwurf (= Sammelprotokoll Nr. 153)
Protokoll der zu Wien am 30. Julius 1853 abgehaltenen Ministerkonferenz unter dem Vorsitze des Ministers des Äußern und des kaiserlichen Hauses Grafen v. Buol-Schauenstein.
I. Ah. Kabinettsschreiben über Einführung der neuen Strafprozeßordnung
Der vorsitzende Minister des Äußern machte der Konferenz die Mitteilung von dem Inhalte des an ihn und an den Justizminister herabgelangten Ah. Kabinettsschreibens vom 29. d. M., womit der Entwurf der neuen Strafprozeßordnung sanktioniert und einige Anordnungen in betreff deren Ausführung erlassen wurden1.
Nach dem erklärten Wunsche der Minister wird diese Mitteilung auch mittelst lithographischer Abschriften erfolgen.
II. Reisekosten und Diäten für die walachischen Offiziere bei Inspizierung des Grenzkordons
Zur Respizierung der Grenzkordons im Verein mit k. k. Offizieren sind zwei walachische Offiziere, ein Major und ein Hauptmann, von der dortigen Regierung abgeordnet worden und in Siebenbürgen bereits eingetroffen. Der Militär- und Zivilgouverneur2 beantragt für dieselben ein unseren Kommissären analoges || S. 246 PDF || Traktament durch Zugestehung von vier Pferden für ihre Dienstfahrten und einer Diät von 3 f. für den Major und 2 f. für den Hauptmann auf die Dauer der Kommission. Der Minister des Äußern ging den Finanzminister wegen der erforderlichen Geldanweisung an, gegen welche dieser letztere unter den obwaltenden Verhältnissen und, da die Kommission bereits begonnen hat, nichts einzuwenden fand.
III. K. k. Ratstitel für den Revisor Joseph Maxiani
Der wegen seiner ausgezeichneten Verwendung bei den Arbeiten zur Einführung des Grundsteuerprovisorii in Ungarn3 mit dem Franz-Joseph-Orden ausgezeichnete Distriktskommissionsvorsteher Freiherr v. Walterskirchen4 hat die wesentlichen Dienste angeführt, welche hiebei von dem Revisor Maxiani geleistet worden sind, und für denselben die Verleihung des k. k. Ratstitels angesucht. Der Finanzminister kann nur bestätigen, daß Maxianis Verwendung und sonstige Dienstleistung in jeder Beziehung eine Belohnung verdient, und unterstützte demnach das Einschreiten des genannten Vorstehers, welchem sofort die allseitige Zustimmung der Konferenz erteilt wurde.
IV. Auszeichnung für den Großhändler Wilhelm Schohsberger
Aus Anlaß eines Gesuchs des Großhändlers Schohsberger um Verleihung des Franz-Joseph-Ordens für seine sowohl vor als während und nach dem Jahre 1848 der Staatsverwaltung geleisteten wesentlichen Dienste erteilte der Finanzminister dem Bittsteller das ehrenvolle Zeugnis, daß derselbe durch seine Konkurrenz und tätige Mitwirkung bei dem Tabaktransport und Einläsungsgeschäfte in Ungern dem k. k. Ärar namhafte Vorteile verschafft und es vor den Nachteilen einer Monopolisierung jener Geschäfte erfolgreich bewahrt, überdies im Jahre 1848 durch seine wahrheitsgetreuen Rapporte über den Stand der ungrischen Insurrektion sehr viel zur Rettung ärarischer Vorräte beigetragen und sich jederzeit als loyaler Untertan benommen habe. Der Finanzminister fand daher Schohsberger einer Auszeichnung allerdings würdig, hielt jedoch zu diesem Ende die Erwirkung des goldenen Verdienstkreuzes mit der Krone für angemessener, wogegen nichts zu erinnern gefunden wurde5.
V. Kaiserliche Verordnung wegen Wahrung der militärischen Standesehre bei Ehrenbeleidigungen von Militärpersonen
Der Generaladjutant GM. Bamberg brachte den Entwurf einer kaiserlichen Verordnung in Vortrag, wornach in Fällen, wo k. k. Soldaten vom Feldwebel oder Wachtmeister abwärts von einem Zivilisten beleidigt werden und durch diese Beleidigung nach dem Ermessen des das Strafrecht ausübenden Kommandanten die militärische Standesehre verletzt ist, der Kommandant die Untersuchung von Amts wegen einzuleiten, dem Beleidigten einen Offizier als Vertreter zu bestellen und denselben der Untersuchungsbehärde namhaft zu machen haben soll.
|| S. 247 PDF || Anlaß hiezu gab die Bestimmung des Zivilstrafgesetzes, vermöge welcher gewisse Ehrenbeleidigungen nur auf Ansuchen des Beleidigten untersucht werden dürfen und selbst die schon begonnene Untersuchung etc. abgebrochen werden muß, wenn der Beleidigte einwilligt6. Da nun ersteres in Fällen, wo die Standesehre des Soldaten verletzt wird, unzulässig ist und es nicht der Willkür des einzelnen überlassen werden kann, von der Untersuchung und Bestrafung des Beleidigers abzugehen, wozu sich mancher aus Eigennutz etc. herbeilassen könnte, so beabsichtigte das Armeeoberkommando, die Ah. Sanktion für obige kaiserliche Verordnung zu erwirken, womit das Justizministerium jedoch unter der Modifikation einverstanden war, daß der Offizier dem beleidigten Mann nur auf dessen Begehren beizugeben wäre. Aber hiemit wäre ebenfalls in die Willkür des Mannes gesetzt, ob er die Untersuchung durchführen und insbesondere die Berufung gegen eine ungünstige Entscheidung ergreifen wolle oder nicht, und der Zweck: Wahrung der Standesehre – nicht gesichert. GM. Bamberg glaubte daher, dieser Beschränkung nicht beitreten zu können aund den Gegenstand sowohl wegen dieser Meinungsdifferenz als auch, weil es sich um eine auf die Zivilbehörden sich erstreckende legislative Anordnung handelt, in der Konferenz vortragen zu sollena .
Die Konferenz erklärte sich in der Hauptsache mit dem Antrage desselben einverstanden; nur würde, nach dem Einraten des Ministers des Inneren , die Kompetenz des Vertreters in der kaiserlichen Verordnung im Sinne des Vortrags näher dahin zu bezeichnen sein, daß sich das Recht desselben, ohne eine förmliche Verteidigung des Manns zu führen, lediglich auf die Begleitung und auf die Einlegung der Berufung gegen ein ungünstiges Erkenntnis, auch wenn der Beleidigte darauf verzichtete, zu beschränken habe. Der Kultusminister hielt übrigens auch eine Weisung an die Zivilgerichte für notwendig, damit sich dieselben nach dieser Verordnung benehmen – was nach der Bemerkung des Ministers des Inneren durch die der Verordnung beizusetzende Klausel bewirkt werden kann: daß das Armeeoberkommando und das Justizministerium, jedes in seinem Wirkungskreise, mit dem Vollzuge dieser Verordnung beauftragt werden. In beiden Beziehungen den entsprechenden Beisatz zu entwerfen behielt sich der referierende Generaladjutant vor7.
VI. Berggesetzentwurf (= Sammelprotokoll Nr. 153)
Zum Schlusse wurde mit der Beratung des Entwurfs eines für alle Kronländer (einschließlich der Militärgrenze) wirksamen Berggesetzes begonnen, worüber ein abgesondertes Protokoll ausgefertigt wird8.
Wien, am 30. Juli 1853. Gr[af] Buol.
Ah. E. Ich nehme den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis. Franz Joseph. Schönbrunn, 4. August 1853.