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Nr. 634 Ministerrat, Wien, 1. März 1852 - Retrodigitalisat (PDF)

  • ℹ️ anwesend:
  • RS.; P. Marherr; VS. Schwarzenberg; BdE. und anw. (Schwarzenberg 1. 3.), Bach 13. 3., Thinnfeld 15. 3., Thun, Csorich, Krauß, Baumgartner; abw. Stadion.

MRZ. 627 – KZ. 643 –

Protokoll der Sitzung des Ministerrates, gehalten zu Wien am 1. März 1852 unter dem Vorsitze des Ministerpräsidenten, Ministers des Äußern und des Hauses FML. Fürsten v. Schwarzenberg.

I. Auszeichnungen für den Generalsekretär, den Kassendirektor und den ersten Kassier der österreichischen Nationalbank

Der Finanzminister unterstützte den Antrag des Bankgouverneurs auf Erwirkung des Ritterkreuzes des Franz-Joseph-Ordens für den Generalsekretär der Nationalbank Edlen v. Salzmann, dann des k. k. Ratstitels für den dortigen Kassendirektor v. Weittenhiller und den ersten Bankkassier v. Stegner, um der Verdienste willen, welche sich v. Salzmann überhaupt, insbesondere aber er und die beiden zuletzt genannten bei Gelegenheit der beiden letzten Staatsanleihen durch ihre aufopfernde Tätigkeit, Genauigkeit und Uneigennützigkeit erworben haben.

Der Ministerrat erklärte sich mit diesem Antrage vollkommen einverstanden1.

II. Hofratstitel und Charakter für Franz Wallner

Der Kriegsminister beantragte die Erwirkung des Hofratstitels und Charakters für den Generalartilleriedirektionsrat Franz Wallner, in Berücksichtigung seiner 44jährigen ausgezeichneten Dienstleistung und des Umstandes, daß jeder seiner Amtsvorgänger nach mehrjähriger Verwendung dieser Auszeichnung teilhaftig wurde, daß Wallner, wäre er beim Hofkriegsrate rücksichtlich Kriegsministerium als Hofsekretär geblieben, in seinem Departement infolge der stattgehabten Aperturen schon früher zum wirklichen Hofrate wäre befördert worden, gegenwärtig aber in seinen vorgerückten Jahren keine Aussicht mehr hat, eine höhere Stellung im gewöhnlichen Wege zu erlangen.

Die Stimmenmehrheit, nämlich die Minister v. Krauß, v. Thinnfeld, Graf Thun und Ritter v. Baumgartner traten dem Antrage bei; der Minister des Inneren und der Ministerpräsident dagegen trugen Bedenken, sich demselben anzuschließen, weil hervorragende Leistungen Wallners nicht nachgewiesen sind, die Auszeichnung einer das Gewöhnliche nicht überragenden Verwendung aber nur zu unliebsamen Konsequenzen Anlaß gibt2.

III. Rücknahme der Aufhebung des Jesuitenordens im lombardisch-venezianischen Königreiche

Der Vortrag des Kultusministers vom 2. Hornung 1851, KZ. 674, wegen Nichtanwendung der Ah. Entschließung vom 7. Mai 1848, Z. 516 und Z. 628, (über die Aufhebung des Jesuitenordens) auf das lombardisch-venezianische Königreich ist bei sämtlichen Ministern in Umlauf gesetzt worden und bloß mit ihrem „Gesehen“ zurückgelangt3. Der Kultusminister brachte daher den Gegenstand mit der Anfrage in Vortrag, ob und was gegen seine Anträge zu erinnern sei.

Es ergab sich keine Erinnerung, wornach also der Vortrag vom 2. v. M. der Ah. Schlußfassung unterzogen werden wird4.

IV. Berufung Anton Kahlerts zum Gymnasialdirektor in Czernowitz

Der Unterrichtsminister erhielt die Zustimmung des Ministerrates zur Berufung des Gymnasialprofessors Kahlert aus Preußisch-Schlesien auf den Posten des Gymnasialdirektors in Czernowitz in der Rücksicht, weil unter den dortigen Professoren keiner ist, der zum Direktor taugte, Bewerber für Stellen in diesem entlegenen Orte sich selten melden und Kahlert, welcher eine Anstellung in Österreich sucht (weil er in seinem Vaterlande wegen der auf der Frankfurter Nationalversammlung und sonst aals Publizista an den Tag gelegten Sympathie für Österreich keine Aussichten mehr hat), als tüchtiger Schulmann auf diesem Posten Gutes zu wirken im Stande sein wird5.

V. Jurisdiktionsnorm in Zivilrechtssachen für die Kronländer mit Ausnahme von Ungarn, Kroatien, Slawonien, Dalmatien und dem lombardisch-venezianischen Königreiche

Der Justizminister brachte den lithographierten Entwurf eines Gesetzes über den Wirkungskreis und die Zuständigkeit der Gerichte in bürgerlichen Rechtssachen für Österreich ob und unter der Enns, Salzburg, Steiermark, Kärnten, Krain, Görz, Gradiska, Istrien, Triest, Tirol und Vorarlberg, Böhmen, Mähren und Schlesien, dann Galizien samt Krakau und der Bukowina zum Vortrage6.

Der Entwurf wurde bis einschließig § 39 durchgegangen und einstimmig mit der einzigen Modifikation zum § 13, lit. d, angenommen, daß dort bezüglich der Streitigkeiten zwischen Dienstgebern und Dienstboten aus dem Dienstverhältnisse den hierwegen bestehenden politischen Vorschriften durch eine die Kompetenz der politischen Behörden wahrende Klausel Rechnung getragen werde7.

Ah. E. Ich nehme den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis. Franz Joseph. Wien, den 17. März 1852.