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Nr. 599 Ministerrat, Wien, 15. Dezember 1851 - Retrodigitalisat (PDF)

  • RS.; P. Wacek; VS. Schwarzenberg; BdE. und anw. (Schwarzenberg, BdE. fehlt), P. Krauß 17. 12., Bach 31. 12., Thinnfeld 17. 12., K. Krauß, Baumgartner 17. 12.; abw. Thun (BdE.), Csorich (BdE.), Stadion, Kulmer.

MRZ. 4228 – KZ. 4454 –

Protokoll der am 15. Dezember 1851 in Wien abgehaltenen Ministerratssitzung unter dem Vorsitze des Ministerpräsidenten, dann Ministers des Äußern und des kaiserlichen Hauses Fürsten Felix v. Schwarzenberg.

I. Geroldscher Nachdruck des neuen österreichischen Zolltarifes

Der Minister für Handel, Gewerbe und öffentliche Bauten Ritter v. Baumgartner brachte zur Kenntnis des Ministerrates, daß der hiesige Buchdrucker und Buchhändler Gerold den neuen österreichischen Zolltarif (angeblich in 20.000 Exemplaren) für seine Rechnung und seinen Verschleiß habe abdrucken lassen1.

Der Minister findet einen Anstoß daran, daß Private einzelne Artikel, und zwar die gewinnbringenden von jenen, welche in der Staatsdruckerei erscheinen, auf ihre Kosten verlegen, sich so einen namhaften Gewinn verschaffen und der Staatsdruckerei gleichsam nur das minder Einträgliche überlassen, während, wie der Finanzminister bemerkte, die Staatsdruckerei (wo 900 Menschen beschäftiget werden und viele kostspielige Arbeiten erscheinen) dem Staate große Auslagen verursachet, und es jedenfalls zu wünschen sei, daß diese Anstalt wenigstens ihre Kosten decke, wenn man auch auf einen Ertrag derselben verzichte2.

Der Justizminister bemerkte bei diesem Anlasse, daß der von Gerold vorgenommene Abdruck des Zolltarifs nicht nach dem Gesetze über das literarische Eigentum zu beurteilen sein dürfte. Dem Gesetzgeber liege daran, daß die Gesetze möglichst verlautbart werden, awas bei dem Zolltarife besonders der Fall ista . Der Schriftsteller sei Eigentümer des Manuskriptes, während der Staat nicht als Schriftsteller angesehen werden könne u. dgl.

Nach längerer Besprechung über diesen Gegenstand übernahm es der Minister des Inneren mit Zustimmung des Ministerrates, die Verhandlungen über ähnliche Ausgaben von Gesetzen und Verordnungen einzusehen, sie mit der hier erwähnten Geroldischen zu kombinieren und darüber in der nächsten Ministerratssitzung zu referieren3.

II. Vertreter des Kammerprokurators in Mailand

Der Finanzminister Freiherr v. Krauß brachte mit Beziehung auf seinen früheren Vortrag im Ministerrate4 in Erinnerung, daß der Gubernialrat Decio in Mailand,|| S. 411 PDF || welcher zum Vertreter des Kammerprokurators daselbst bestimmt wurde, selbst erklärt habe, er fühle sich physisch und intellektuell nicht geeignet, diesen Posten zu übernehmen. Seiner von dem Präsidenten der Präfektur vorgelegten Vorstellung um Enthebung von dieser Bestimmung sei demnach Folge gegeben und es sei nach dem Antrage des Finanzministers und Zustimmung des Ministerrates statt des Decio der Kammerprokurator aus Dalmatien Dr. Steiner nach Mailand bestimmt worden, nicht um dort bleibend die Kammerprokuratorsstelle einzunehmen, sondern sie nur zeitweilig, bis auf weitere Verfügung, zu versehen. Kaum wurde diese Bestimmung des Steiner in Mailand bekannt, als sich auch schon die früher angeblich bestandenen physischen und intellektuellen Hindernisse änderten und Decio sich zur Übernahme des gedachten Postens (für welchen der Präsident der Finanzpräfektur ihn schon früher in beiden Beziehungen geeignet hielt) bereit erklärte. Der Präsident zeigte dies telegraphisch an und bat, den Steiner nicht nach Mailand zu senden und so dem Ärar die Kosten der Reise zu ersparen5.

Der Finanzminister bemerkte beim Vortrage dieses Gegenstandes, daß, wenn es sich um einen höheren Posten als die Stelle eines Kammerprokurators handeln würde, er ohne weiters darauf bestehen würde, daß ein Deutscher hinkomme, um ähnliche Umtriebe der Italiener zu paralysieren.

Nachdem aber Steiner bnicht bestimmt ist, in der Lombardie zu verbleiben (wie denn auch sein Sprachfehler sein erstes Auftreten ihm erschweren würde)b, so glaubt der Finanzminister, daß es von der dem Steiner gegebenen Bestimmung, bei welcher er übrigens gewiß auf große Hindernisse gestoßen sein würde, wieder abkomme und Decio die Kammerprokuratorsstelle in Mailand versehe.

Der Ministerrat erklärte sich mit dem Antrage des Finanzministers einverstanden, teils weil es überhaupt schwer sei, jemanden auf eine Station zu senden, die er nicht wünscht und wo ihn große Hindernisse erwarten, teils weil in der Persönlichkeit des Steiner wirklich ein Anstand bestehe, indem sein Sprachfehler Anlaß zu Kritiken geben dürfte, welche zum Nachteile der Deutschen und der Regierung selbst ausfallen könnten6.

III. Kostenreduzierung bei Auflage des Reichsgesetz- und Landesgesetzblattes

Der Justizminister Ritter v. Krauß hat in einer früheren Sitzung über die Maßregeln vorgetragen, welche hinsichtlich des Reichsgesetz- und des Landesgesetzblattes zu treffen wären, um die Kosten dabei zu vermindern7.

Es sei als Grundsatz angenommen worden, daß alles, was im Reichsgesetzblatte als allgemeines Gesetz erscheint, nicht in das Landesgesetzblatt mehr aufgenommen werden solle.|| S. 412 PDF ||

Der Direktor der Staatsdruckerei Regierungsrat Auer, um die Berechung der Kostenersparung angegangen, welche aus der Annahme der gedachten Modalität erzielt werden dürfte, hat sich lediglich in eine Berechnung der Setzerlohnpreise eingelassen, bemerkend, daß ihm, da die Anzahl der herauszugebenden Exemplare von den verschiedenen Landesgesetzblättern nicht bekannt ist, die bestimmten Daten fehlen, um auch die übrigen notwendigen Positionen (Papier, Druck, Versendung) berechnen zu können8.

Der Justizminister ließ, um bestimmtere Anhaltspunkte für die Ersparung zu erlangen, einen Band des Reichsgesetzblattes vom Jahre 1851 (450 Quartseiten), dann einen Band des österreichischen Landesgesetzblattes und einen Band des böhmischen mit Rücksicht auf die obige Ausscheidung berechnen, und die Berechnung zeigte, daß an Setzerlohn allein in dem ersten halben Jahre 1851 ein Betrag von 12.699 f. 50 Kreuzer erspart worden wäre, eine immerhin genug große Ersparung, um weitere Beachtung zu verdienen.

Da bei der Besprechung über diesen Gegensand von mehreren Seiten die Andeutung gemacht wurde, daß sich bei der Herausgabe des Reichsgesetzblattes und der Landesgesetzblätter eine noch weit größere Ersparung dadurch erzielen lassen dürfte, wenn in Ansehung des Formats (Oktav statt Quart), der Größe der Typen und der inneren Einrichtung des Druckes Änderungen vorgenommen würden, so wurde nach dem Antrage des Justizministers beschlossen, den Statthaltern zu eröffnen, daß man gesonnen sei, die oberwähnte Modalität in Ansehung des Reichs- und des Landesgesetzblattes vorzunehmen, und daß sie sich zu äußern haben, ob nicht durch die Änderung des Formats, Annahme etwas kleinerer Typen und bessere innere Anordnung des Druckes weitere Ersparungen erzielt werden könnten, oder ob und welche Bedenken dagegen obwalten. Ferner hätten sie anzugeben, wie viel der Setzerlohn in den betreffenden Kronländern ausmacht, ob, wenn im Landesgesetzblatte nur das abgedruckt wird, was Verordnung des Statthalters ist, ein und wie viel größerer Absatz des Reichsgesetzblattes im Lande zu erwarten sei u. dgl. Überhaupt hätte der Justizminister im Sinne der Ersparung zweckdienliche Fragen an die Statthalter zu stellen9.

Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolles zur Kenntnis genommen. Franz Joseph. Wien, den 18. Dezember 1851.