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Nr. 589 Ministerrat, Wien, 28. November 1851 - Retrodigitalisat (PDF)

  • ℹ️ anwesend:
  • RS.; P. Wacek; VS. Schwarzenberg; BdE. und anw. (Schwarzenberg 29. 11.), P. Krauß 5. 12., Bach (bei I–IV abw.) 5. 12., Thinnfeld 3. 12., Thun, Csorich, K. Krauß, Baumgartner; abw. Stadion, Kulmer.

MRZ. 4023 – KZ. 4269 –

Protokoll der am 28. November 1851 in Wien abgehaltenen Ministerratssitzung unter dem Vorsitze des Ministerpräsidenten, dann Ministers des Äußern und des kaiserlichen Hauses Fürsten Felix v. Schwarzenberg.

I. Chiemseer Hofkaplanei-Stiftungsvermögen

Der Minister des Kultus etc. Graf Leo Thun brachte die von dem fürsterzbischöflichen Konsistorium zu Salzburg schon seit langem angesuchte und betriebene Exkamerierung des Vermögens der Chiemseer zweiten Hofkaplaneistiftung zum Vortrage1, welche Angelegenheit nun, da darüber zwischen der Finanzverwaltung und dem Kultusminister verschiedene Ansichten obwalten, der Ah. Entscheidung Sr. Majestät vorgelegt werden muß.

Der Sachverhalt ist im wesentlichen folgender2: Der am 6. Juli 1772 zu Salzburg verstorbene Fürstbischof zu Chiemsee, Franz Graf Friedberg, hat in seinem Testamente vom 30. J uli 1761 zu Erben seines Vermögens zu gleichen Teilen seine Seele und die Armen eingesetzt, und hinsichtlich der für seine Seele bestimmten Hälfte angeordnet, daß daraus ein zweiter Chiemseer Hofkaplan mit der Verpflichtung, täglich eine heilige Messe für seine Seele in der bischöflichen Kapelle zu lesen, bestellt werde, zu dessen Unterhalt er ein Kapital von 7000 f. und freie Wohnung in dem ihm gehörigen Hause bestimmte; ferner, daß in der bischöflichen Kapelle zu seinem Gedächtnisse fortan ein Jahrestag gehalten werde, endlich, wenn noch Mittel übrig bleiben, daß ein ähnlicher Jahrestag auch in der Kathedrale zu Salzburg gestiftet werde.

Nach dem Tode des Testators zeigte es sich aber, daß dessen Gesamtvermögen nur 7633 f. R. W. betrug, weshalb das damalige Konsistorium mit Genehmigung des Fürsterzbischofes als Landesherrn den Beschluß faßte, daß hievon 4000 f. für die Kaplanei zu 4 % zu Zinseszinsen fundiert werden sollen, und wenn das Kapital die entsprechende Höhe erreicht haben würde, die Hofkaplanei ins Leben treten solle; der übrige Teil des Vermögens solle unter die Armen verteilt werden, was beides geschehen ist.|| S. 372 PDF ||

Obschon das Stiftungskapital per 4000 f. schon im Jahre 1803 auf 10.953 f. R. W., also auf einem zur Erfüllung des Willens des Testators hinreichenden Betrag angewachsen war, so wurde die Stiftung doch nicht ins Leben gerufen, und im Jahre 1808 bei der Säkularisation des Erzbistums Salzburg wurde der Fonds von der österreichischen Regierung inkameriert.

Im Jahre 1828 trug das fürsterzbischöfliche Konsistorium zu Salzburg auf den Vollzug dieser Stiftung an, und die damalige Hofkanzlei hat unterm 5. April 1828 erkannt, daß diese Stiftung als eine Privatstiftung anzusehen und zu behandeln, ihr Vermögen und dessen Ertrag also zu erheben und mit dem Ordinariate über die Art, wie diese Stiftung in Vollzug zu setzen, die Verhandlung zu pflegen sei3.

Im Jahre 1849 wurde dieser Gegenstand neuerdings in Anregung gebracht4 und unter Berufung auf den § 65 des Reichsdeputationsrezesses vom 25. Februar 1803, durch welchen die Privatstiftungen zur Inkamerierung nicht geeignet erklärt wurden, um die Herausgabe des inkamerierten Vermögens samt Zinsen im Betrage von 21.790 f. gebeten.

Die obderennsische Regierung erachtete, daß mindestens zur Ausfolgung des im Jahre 1808 ungehörig inkamerierten Stiftungsfonds in dem nachgewiesenen Betrage von 12.813 f. R. W. oder 10.677 f. CM. Wiener Währung die Genehmigung erteilt werden dürfte.

Die vernommene Hofkammerprokuratur hat sich mit Beziehung auf den erwähnten Hofkanzleierlaß vom 5. April 1828 und den Reichsdeputationsrezeß vom 25. Februar 1803 ebenfalls für die Exkamerierung des Stiftungsvermögens ausgesprochen, in Ansehung der Zinsen jedoch nur vom 6. April 1828 herwärts, weil erst unterm 5. April 1828 von der bestandenen Hofkanzlei erklärt wurde, daß die Stiftung der Frage als eine Privatstiftung anzusehen und zu behandeln sei.

Der Kultusminister leitete diese Verhandlung an das Finanzministerium mit der Erklärung, daß er mit der Hofkammerprokuratur einverstanden sei.

Das Finanzministerium äußerte sich hierüber, daß es zur Hinausgabe des erwähnten inkamerierten Kapitals mit der seit dem Jahre 1828 berechneten Zinsen und noch weniger zu der vom fürsterzbischöflichen Konsistorium angesprochenen Summe von 21.790 f. seine Zustimmung geben könne5. Das Bistum Chiemsee sei ein innerhalb der jetzigen Grenzen des Königreiches Bayern gestiftetes und im Jahre 1803 säkularisiertes österreichisches Bistum gewesen, und wie die sogenannte erste Hofkaplaneistelle des Bistums Chiemsee durch öffentliches Recht zu bestehen aufhörte, ebenso mußte auch die zweite, erst im Entstehen begriffene Hofkaplanei demselben Schicksale unterliegen.|| S. 373 PDF ||

Wenn das Hofkaplaneivermögen der Frage herausgegeben werden sollte, so könnte mit gleichem Grunde auch das domkapitelsche, endlich bischöfliche und erzbischöfliche Stammvermögen wieder zurückgefordert werden.

Die Finanzen müßten sich gegen die Hinausgabe eines ihnen vor 43 Jahren durch völkerrechtliche Bestimmungen zugeflossenen Vermögens strenge verwahren, dagegen sei die Finanzverwaltung nicht entgegen, daß dasjenige, was an der Stiftung privatrechtlicher Natur ist, strenge erfüllt werde, daß also zum Troste der Seele des Stifters in der Domkirche oder einer anderen Kirche Salzburgs täglich eine Seelenmesse und eben so daselbst am Todestage desselben die angeordnete geistliche Feierlichkeit abgehalten werde.

Der Kultusminister bemerkte gegen diese Ansicht des Finanzministeriums, daß die ganze in der Rede stehende Stiftung und nicht bloß die Messenstiftung als Privatstiftung angesehen werden müsse, der zufolge nicht nur eine bestimmte Anzahl von Messen, sondern auch durch einen eigenen Priester (als zweiter Chiemseer Hofkaplan) zu lesen sind, der aus den Zinsen des Kapitals seinen Lebensunterhalt beziehen und nebstbei als zweiter Hofkaplan dienen sollte.

Wenn nun auch durch die eingetretenen Umstände die Aufstellung eines zweiten Chimseer Hofkaplans nicht ausführbar ist, so könne doch die Persolvierung einer gewissen Anzahl von Messen durch einen eigenen Kaplan, der aus dem Stiftungsvermögen erhalten werden soll, geschehen. Das in der Administration des Salzburger fürsterzbischöflichen Konsistoriums bei der Säkularisation des Erzbistums vorgefundene diesfällige Stiftungsvermögen sei nur ein Kuratelvermögen gewesen, welches nach den Bestimmungen des oberwähnten Rezesses nicht inkameriert werden konnte. Der Unterrichts- und Kultusminister sprach sich daher für die Ausfolgung des Stiftungsvermögens in dem obigen beschränkteren Maße aus, während der Finanzminister sich aus den bereits angeführten Gründen umso mehr dagegen erklärte, als nicht zugegeben werden könne, daß eine vor 43 Jahren ordnungsmäßig geschehene Inkamerierung wieder angefochten und dadurch eine grundsätzliche Frage angeregt werde, welche große Folgen haben könnte.

Der Ansicht des Finanzministers traten die übrigen Stimmführer des Ministerrates bei, weil der Intention des Stifters unter den gegebenen Umständen Genüge geschieht, wenn alle beabsichtigten heiligen Messen gelesen werden, der Minister v. Thinnfeld insbesondere mit der Bemerkung, daß, wenn das Stiftungskapital vor dem Jahre 1808 groß genug gewesen und die Stiftung ins Leben getreten wäre, sie bei der Säkularisation das Schicksal der Aufhebung ebenso getroffen hätte wie andere Pfründen und dieser Stand von dem gegenwärtigen nicht verschieden wäre6.

II. Organisierung der Wiener Akademie der bildenden Künste

Der Minister Graf Thun bemerkte, daß er bereits im verflossenen Jahre die Grundzüge für die Organisierung der hiesigen Akademie der bildenden Künste vorgetragen|| S. 374 PDF || habe7 und nun die weitere Durchführung dieser Organisierung (Regulierung der Gehalte und Berufung der Professoren, darunter eines Ausländers) in Antrag zu bringen in dem Falle sei.

In Absicht auf den finanziellen Standpunkt schickte derselbe voraus, daß er sich bei dieser Organisierung die strengste Sparsamkeit gegenwärtig gehalten habe. In den früheren Jahren habe die Akademie stets eine 60.000 f. übersteigende Dotation gehabt. In den Jahren 1846, 1847 und 1848 erscheine eine etwas geringere Ziffer (zwischen 56 und 57.000 f.) verausgabt, weil einige Stellen unbesetzt blieben.

Für die neue Organisierung glaubt der Minister Graf Thun eine Dotation im ganzen nur von 56.000 f. in Antrag bringen zu sollen, innerhalb welcher Grenze ihm die Verfügung darüber freistehen solle.

Für den Vorbereitungskurs der Akademie werden drei Professoren zur bleibenden Anstellung mit 1000 f. Gehalt und dem Vorrückungsrechte nach zehn Jahren in die Zulage angetragen.

Für die höhere künstlerische Ausbildung bringt Graf Thun vier Professoren für die Maler- und vier Professoren für die Architekturschule, dann einen Professor der Skulptur und einen Professor der Kupferstecherei, jeden mit 1200 f. Gehalt, dem Vorrückungsrechte von 10 zu 10 Jahren in die Zulage von 100 f. und einem Quartiergelde von 100 f. in Antrag.

Was die Personen der Lehrer anbelangt, so wären die Lehrer der Vorbereitungsschule dem Minister des Unterrichtes zur Ernennung zu überlassen, für die Lehrer der höheren Schulen wären aber Sr. Majestät Vorschläge zu erstatten.

Was die Lehrer an der höheren Schule betrifft, so wären bei der Architektur die dabei schon gegenwärtig bestellten drei Professoren zu belassen, und als vierter Bürklein aus München, ein ausgezeichneter Mann, zu berufen, für welchen im ganzen 1750 f. in Anspruch genommen werden.

Für die Malerei wäre außer den bestehenden Professoren Ruben von Prag mit 2000 f. hierher zu berufen.

Der Ministerrat erklärte sich mit diesen Anträgen einverstanden, wornach nun ein au. Vortrag an Se. Majestät erstattet werden wird8.

III. Stipendienvermehrung für Chirurgie studierende Krainer

In Laibach bestand eine chirurgische Schule, welche im Jahre 1848 aufgehoben wurde9. Auf die von der Landesbehörde angesuchte Wiedereinführung dieser Schule10 glaubte der Unterrichts­minister Graf Thun nicht eingehen zu sollen, weil die Studierenden der Chirurgie aus Krain die nicht sehr entfernte chirurgische Anstalt in Grätz besuchen können, hat aber zur Erleichterung und Aufmunterung der Krainer acht provisorische Stipendien für dieselben in Antrag gebracht.|| S. 375 PDF ||

Gegenwärtig wiederholt der Statthalter von Laibach dieselbe Bitte, angebend, daß die in Grätz studierenden Krainer Chirurgen nach absolvierten Studien nicht in das Land zurückkehren, sondern sich anderwärts zerstreuen11.

Graf Thun hält diese Angabe für die Wiedereinführung der chirurgischen Schule in Laibach nicht entscheidend, würde es aber wünschenswert finden, daß die für die Krainer bestimmten Stipendien von acht auf zwölf erhöht werden, mit welchem Antrage sich jedoch das Finanzministerium nicht einverstanden und acht Stipendien (zu 120 f. jedes) für hinlänglich erklärte12.

Der Unterrichtsminister glaubt jedoch bei seinem Antrage auf zwölf Stipendien zu 120 f. beharren zu sollen, weil die Finanzen bei dem Umstande, daß die chirurgische Anstalt in Laibach 6300 f. jährlich kostete und zwölf Stipendien nur einen Betrag von 1440 f. in Anspruch nehmen, noch immer ersparen.

Gegen diesen Antrag ergab sich auch von Seite des Finanzministers kein weiterer Anstand, nur wäre das Bedürfnis der zwölf Stipendien statt acht in dem au. Vortrage an Se. Majestät gehörig nachzuweisen13.

IV. Auszeichnung oder Personalzulage für Romuald Kindeforski und Anton v. Mogilnicki

Das Lemberger lateinische Metropolitankonsistorium hat auf die öffentliche Auszeichnung des Schuldirektors der Brodyer Hauptschule Romuald Kindeforski und des Hauptschullehrers in Stanislau Anton v. Mogilnicki angetragen, weil beide durch eine Reihe von 37 Jahren sich im Schulfache hervorgetan und beide im Lehrfache ergraute, mit ausgezeichneten Lehrtalenten begabte Männer sind, und Kindeforski überdies durch 14 Jahre die Hauptschule in Brody leitet. Die sittliche und staatsbürgerliche Haltung ist bei beiden ausgezeichnet.

Die betreffenden Kreisvorsteher hielten eine Personalzulage für beide ihren Gehalts- und Familienverhältnissen angemessener, welcher Ansicht auch das Landespräsidium beitrat.

Der Unterrichtsminister hielt sich nicht ermächtiget, auf Personalzulagen dort anzutragen, wo darum kein Ansuchen gestellt wird, sondern eine Ehrenauszeichnung hier besser angedeutet.

Nachdem jedoch Mogilnicki mittlerweile um eine Personalzulage selbst eingeschritten ist, weil er lang diene, eine Frau und sechs Kinder und nur eine Besoldung von 350 f. habe, so glaubt Graf Thun einverständlich mit dem Finanzministerium, für diesen auf eine Personalzulage von 100 f., für den Kindeforski aber auf das silberne Verdienstkreuz mit der Krone anzutragen, womit sich der Ministerrat ebenso einverstanden erklärte14 wie|| S. 376 PDF ||

V. Auszeichnung für Andreas Kucsma

a mit dem weiteren Antrage desselben Ministers, für den von dem Bischofe Zabojszky bestens empfohlenen Pfarrer und Vizearchidiakon Kucsma das goldene Verdienstkreuz von der Ah. Gnade Sr. Majestät zu erbitten. Dieser Pfarrer der Zipser Diözese hat aus eigenen Mitteln eine Schule dotiert und erhalten und tut, obgleich durch die neueren Ereignisse in seinem Vermögen sehr herabgekommen, noch immer das Möglichste15.

VI. Verfassung einer neuen Volkshymne

Der Minister des Inneren Dr. Bach machte aufmerksam, daß bei theatralischenb Feierlichkeiten aus Anlaß des Ah. Geburtsfestes Sr. Majestät des Kaisers an verschiedenen Orten verschieden vorgegangen werde. An einigen Orten werde das Bildnis des Kaisers ausgestellt, hinsichtlich welcher Ausstellung der hiesige Statthalter bemerkt habe, daß im Jahre 1836 ein Verbot dagegen erlassen worden sei.

Ferner bemerkte der Minister Dr. Bach, daß seit dem Regierungsantritte Sr. Majestät des Kaisers zu der schönen Melodie der Volkshymne keine passenden Worte vorhanden sind.

In beiden Beziehungen beabsichtiget der Minister des Inneren die Weisung Sr. Majestät einzuholen, wogegen nichts erinnert wurde16.

VII. Norm über die Hissung der österreichischen Seeflagge

Derselbe Minister brachte hierauf die Flaggenfrage zur Sprache. Er bemerkte, daß der vorige Handelsminister Baron Bruck schon auf die Unzukömmlichkeit aufmerksam gemacht habe, welche in Fiume hinsichtlich der österreichischen und slawischen Fahne bestehe, weshalb von ihm auch die Aufstellung nurc der österreichischen Seeflagge daselbst verfügt worden sei17. Um jedoch für die Zukunft ähnlichen Unzukömmlichkeiten zu begegnen, sei es notwendig, eine Norm zu erlassen, wann, wo und von wem die österreichische Seeflagge aufgehißt werden solle.

Wegen Fiume habe der Minister des Inneren18 von dem dortigen Stadthauptmanne (einem deutschen Beamten) die Nachricht erhalten, daß die kaiserliche Fahne dort noch nicht am gehörigen Platze aufgestellt sei und noch immer die slawische Trikolore auf dem Denksteine sich befinde.

Was diese betrifft (welche im Jahre 1848 erfunden wurde), meint der Minister Dr. Bach, daß sie weggenommen werden sollte.

In Ansehung des vom vorigen Handelsminister für die Aufstellung der österreichischen Seeflagge aufgestellten Prinzips (daß sie auf österreichischen Schiffen, auf allen zu österreichischen Seeanstalten gehörigen Plätzen, sonst aber nur mit Erlaubnis der Seebehörde|| S. 377 PDF || aufgehißt werden darf ), ist der Minister des Inneren mit dem Zusatze einverstanden, daß an allen Orten, wo die österreichische Flagge aufgehißt wird, jede andere Flagge nur mit Bewilligung der Landesautorität aufgestellt werden darf.

Diese anderen Flaggen wären auf den früheren Stand zurückzuführen, wie er vor dem Jahre 1835 war.

Wegen der ungarischen Trikolore behielt sich der Minister Dr. Bach nähere Nachforschungen vor19.

VIII. Angriffe des Journals „Der Lloyd“ gegen die Oesterreichische Nationalbank

Der Finanzminister Freiherr v. Krauß las schließlich eine ihm zugekommene Eingabe des Bankgouverneurs Dr. Pipitz vor, worin sich dieser im Namen der Bankdirektion über einen im „Lloyd“ vom 27. d. M. vorkommenden, die Bankdirektion sehr verletzenden Artikel beschwert und das Finanzministerium um Schutz gegen solche Anfeindungen und unwahre Behauptungen bittet20.

Die Regierung hat, wie bekannt, die Verminderung des Escomptegeschäftes bei der Bank in der Absicht angeordnet, um der übermäßigen Benützung des Bankkredits von Seite einiger Firmen zu steuern.

Bei der Bank besteht ein sogenanntes Aushilfskomitee für kleinere Gewerbsleute mit einer Dotation von vier Millionen. Die Bankdirektion hat nun infolge des oberwähnten Auftrages ein strengeres Verfahren gegen den Wechselescompte begonnen und einige Wechsel von jenem Komitee zurückgewiesen, welche zu demselben gar nicht hätten kommen sollen.

Diesen Umstand benützt nun der „Lloyd“ zu Angriffen gegen die Bank, behauptend, daß das Aushilfskomitee nicht ermächtiget worden sei, dem industriellen Publikum die nötige Unterstützung zu bewilligen. Das Kapital, welches dem Komitee zur Verfügung gestellt wurde, bestehe nur in vier Millionen, und doch gehe die Bankdirektion jetzt darauf aus, diese Summe zum Nachteile der Wohl­fahrt ddes Gewerbsstandsd von ganz Niederösterreich herabzusetzen, während die Zeitumstände es unumgänglich notwendig machen, diesen Betrag zu erhöhen.

Diese Angaben, bemerkte der Finanzminister, seien unwahr, gehässig und aufregend. Es sei niemandem eingefallen, das Geschäft des Aushilfskomitees nur im geringsten zu beirren oder zu beschränken.

Da unter den gegenwärtigen Umständen ein Kreditsinstitut wie die Bank der größten Schonung bedarf, solche aufreizende Lügen, wie jene im „Lloyd“, aber das Zutrauen in dieses Institut nicht nur im In- sondern auch im Auslande sehr beeinträchtigen und dadurch auf unsere Valutaverhältnisse nachteilig einwirken, so hält es der Finanzminister unerläßlich, dieser Art des Krieges ein Ende zu machen und nicht zuzugeben, daß durch die Presse, zumal im Belagerungszustande, agitiert werde. Derselbe hat, ohne einen|| S. 378 PDF || bestimmten Antrag zu stellen, die Eingabe des Bankgouverneurs dem Minister des Inneren zur weiteren geeigneten Verfügung abgetreten.

Der Minister Dr. Bach bemerkte, daß ihm hier das Geeignetste zu sein schiene, wenn die Bankdirektion auf dem ihr offen stehenden Felde der Presse mit Anführung dessen, was in dem Artikel des „Lloyd“ Unwahres ist, sich verteidigte oder allenfalls den Schutz der Gerichte in Anspruch nähme, und der Minister des Handels deutete an, daß vielleicht der Bankgouverneur eingeladen werden dürfte, Punkt für Punkt nachzuweisen, was in dem Artikel des „Lloyd“ unwahr ist, worauf dann die Redaktion des „Lloyd“ verhalten werden könnte, diese Berichtigung in ihr Blatt aufzunehmen.

Ein Beschluß, wie hier vorzugehen wäre, wurde nicht gefaßt und der weitere Vorgang dem Minister des Inneren überlassen, wobei der Finanzminister nur noch erinnerte, daß die zu treffende Verfügung mindestens dahin gerichtet sein sollte, den Redakteur des „Lloyd“ vorzuladen, ihm die Unwahrheiten des gedachten Artikels vorzuhalten und ihn für die Zukunft vor ähnlichen gehässigen und unwahren Ausfällen zu verwarnen21.

Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolles zur Kenntnis genommen. Franz Joseph. Wien, den 4. Dezember 1851.