Nr. 560 Ministerrat, Wien, 24. September 1851 - Retrodigitalisat (PDF)
- ℹ️ anwesend:
- RS.Reinschrift; P.Protokoll Marherr; VS.Vorsitz Schwarzenberg; BdE.Bestätigung der Einsicht und anw.anwesend (Schwarzenberg 25. 9.), P. Krauß 27. 9., Bach 27. 9., Thinnfeld, Csorich, K. Krauß, Baumgartner; abw.abwesend Thun, Stadion, Kulmer.
MRZ. 3278 – KZ. 3431 –
Protokoll der Sitzung des Ministerrates, gehalten zu Wien am 24. September 1851 unter dem Vorsitze des Ministerpräsidenten, Ministers des Äußern und des Hauses FML. Fürsten v. Schwarzenberg.
I. Teilnahme des Reichsrates bei den Kirchenfeierlichkeiten am Ah. Geburts- und Namensfeste
Der Minister des Inneren brachte aus Anlaß der vom Reichsratspräsidenten vermerkten Unterlassung der Einladung des Reichsrates zur Kirchenfeierlichkeit am letzten Ah. Geburtsfeste (worüber ihm die Entschuldigung bereits gemacht worden) die – für künftige Fälle wichtige – Frage zur Sprache, welcher Platz dem Reichsrate in der Kirche bei solchen Feierlichkeiten einzuräumen sei1.
Da nach der bisherigen Übung die Gremien als solche keinen besondern Platz angewiesen haben, sondern die Plätze nach dem persönlichen Range der Erscheinenden zugeteilt worden, so ist der Minister des Inneren der Meinung, daß vermöge des im Reichsratsstatute ausgesprochenen Rangsverhältnisses der Reichsratspräsident den Platz unmittelbar nach dem Ministerpräsidenten, die Reichsräte als solche aber den Platz bei den Statthaltern und den Unterstaatssekretären einzunehmen hätten. In diesem Sinne würde der Minister des Inneren eine Zuschrift an den Ministerpräsidenten zur weiteren Verhandlung mit dem Präsidenten des Reichsrates richten2.
II. Redaktion des k. k. Hofkalenders
In betreff der vom Ersten Ober[st]hofmeister unterm 18. August 1851 beantragten Regulierung des k. k. Hofkalenders für das Jahr 1852 erklärte sich der Minister des Inneren und sohin der Ministerrat damit einverstanden, daß die Rubriken des Hofzutritts, des Palatinalhofstaates, der ungrischen Truchsesse und der Landeswürden, letztere einstweilen bis zur weiteren Bestimmung, aus dem Kalender wegzulassen wären3.
III. Zolltarif (11. Beratung)
Fortsetzung der Beratung über den Zolltarifsentwurf 4.
Klasse XV, Abteilung 61, Baumwollgarne, blieb die Bestimmung hierüber einstweilen in suspenso, bis wegen des Zolls für Baumwolle der Beschluß definitiv gefaßt ist.
62 c) Leinengarne gezwirnt, erscheinen mit 25 f. belegt; dieser Satz ist nur mit geringer Majorität im Zollkongresse angenommen worden, während die Zollkommission 15 f. für genügend erklärt hat und gegenwärtig 13 f. 25 Kreuzer abgenommen werden.
Der Handelsminister erklärte, daß ihm 25 f. jedenfalls zu viel erscheinen und er sich dem Antrage der Zollkommission auf 15 f. anschließen würde, trat jedoch dem vom Finanzminister vorgeschlagenen Satze von 20 f. als dem Mittel zwischen dem Kommissions- und dem Kongreßantrage bei, was sofort auch vom Ministerrat angenommen wurde.
XVI, 64 b) Baumwollwaren gemeinste. Hier hat nach dem vom Handelsminister angenommenen Antrage der Zwischensatz „mit Ausnahme etc. bis Streifbaumwoll-Leinwand“ wegzubleiben, und rücksichtlich der „Netze“ der dieselben näher bestimmende Beisatz „geknüpfte Netze“ eingeschaltet zu werden.
65, Leinenwaren. Hier beantragte der Finanzminister die Verschmelzung der beiden Sätze e) und d), mittelfeine (Posamentier- und Strumpfwaren ausgenommen) und feine in einen Tarifsatz und zwar in den höheren von 100 f., sodaß also nur jene obige Ausnahme in dem Satze von 75 f. bliebe.
Der Handelsminister erklärte sich mit diesem Antrage einverstanden, der sofort auch angenommen wurde.
Weiters erklärte der Finanzminister , daß die Qualität der Leinware nicht nach der Anzahl der Fäden, sondern auf die Art wie bisher, durch Kombination des Gewichts mit dem Längen- und Breitenmaße ausgemittelt, und hiernach zur Erleichterung für die Zollbeamten in einem Schema die Klasse bestimmt werde, in welche die Leinware vermöge Gewicht und Größe zu setzen kommt. Der Finanzminister besorgt nämlich, daß das selbst mit dem vorgezeigten Instrumente nicht für jedes Auge leichte Abzählen der Fäden den Zollbeamten zur Nachlässigkeit oder Untreue Anlaß geben und deren Kontrolle erschweren oder unmöglich machen werde, während dies bei einer Klassifizierung nach dem Gewichte nicht der Fall sein würde.
Der Handelsminister entgegnete aber, daß nach dem Zeugnisse aller Kunstverständigen keine Methode zuverlässiger als das Zählen der Fäden die Qualität der Leinwand zu bestimmen vermag, daß dasselbe bei einiger Mühe umso weniger Schwierigkeit mache, als es sich nach der Zusammenziehung der Tarifsätze e) und d) nur mehr um zwei Klassen: Leinwand von weniger als 68 Fäden und mehr als diese handelt und daß bei dieser Methode das lästige, der Partei auch im Verkauf nachteilige Aufmachen der Leinwand entfalle.
Hiernach vereinigten sich alle übrigen Stimmen in dem Antrage für die Fädenzählung. 66 a) Wollwaren gemeinster Art: Hier wünschte der Finanzminister die „Teppiche“, als nicht unbedingt zur gemeinsten Art gehörig, vorangestellt und dann die übrigen Artikel angereiht.|| S. 243 PDF ||
[66] f ) feinster Art: Shawls etc. Da der hohe Wert dieser Ware einen hohen Zoll verträgt, so wünschte der Finanzminister den hier mit 2 f. 30 Kreuzer per Pfund angesetztem Zoll auf 5 f. erhöht, womit sich der Handelsminister einverstanden erklärte, jedoch mit der Bemerkung, daß in der Wirklichkeit weder der eine noch der andere wird gezahlt werden, daß sonach dieser Ansatz nur zur Beruhigung der inländischen Erzeuger zu gereichen hat.
Weiters gab weder diese noch die Abteilung 67, Seidenwaren, zu einer Erinnerung Anlaß5.
Wien, am 25. September 1851. Schwarzenberg.
Ah. E. Ich nehme den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis. Franz Joseph. Schönbrunn, 5. Oktober 1851.