Nr. 546 Ministerrat, Wien, 25. August 1851 - Retrodigitalisat (PDF)
- ℹ️ anwesend:
- RS.Reinschrift; P.Protokoll Marherr; VS.Vorsitz Schwarzenberg; BdE.Bestätigung der Einsicht und anw.anwesend (Schwarzenberg 26. 8.), P. Krauß 27. 8., Bach (ab II., § 9, anw.anwesend) 10. 9., Thinnfeld 27. 8., Thun, Csorich, K. Krauß, Baumgartner; abw.abwesend Stadion, Kulmer.
MRZ. 2914 – KZ. 2948 –
Protokoll der Sitzung des Ministerrates, gehalten zu Wien am 25. August 1851 unter dem Vorsitze des Ministerpräsidenten, Ministers des Äußern und des Hauses FML. Fürsten v. Schwarzenberg.
I. Geldaufnahme bei Privaten für Armeebedürfnisse
Der Finanzminister , in die Kenntnis gesetzt von einer Verfügung des Generalgouverneurs des lombardisch-venezianischen Königreichs de dato 19. Juli 1851, wodurch die Armeekorps- und Militärkommandanten ermächtigt werden, zum Behufe dringender Zahlungen bei Bankiers Geld aufzunehmen, hat unterm 28. Juli den Feldmarschall um die Mitteilung der Ursachen dieser Verfügung mit dem Beisatze angegangen, daß zur Vermeidung eines solchen, die Finanzverwaltung unnötigerweise kompromittierenden und belästigenden Vorgangs für die Zukunft dringende, plötzlich eintretende Geldbedürfnisse für die Armee dem Finanzministerium im telegraphischen Wege bekannt gegeben werden mögen, wo sodann die erforderlichen Beträge, wenn sie in den betreffenden Landeskassen nicht vorhanden wären, alsogleich dorthin disponiert werden würden1. Ungeachtet dessen hat der Kommandierende in Verona, von jener Ermächtigung Gebrauch machend, unterm 15. August zur Befriedigung einiger Kontrahentenforderungen (also einer höchstwahrscheinlich nicht dringenden Zahlung) bei dem Bankier Trezza eine Summe aufgenommen und dieselbe samt Zinsen der Finanzpräfektur zur Last geschrieben2. Und doch hatte der Finanzminister schon am 5. August 500.000 f. in Zwanzigern absenden lassen, welche höchstens zwei Tage nach der bemerkten Geldaufnahme eingetroffen sein mußten3. Da es schlechterdings nicht angehen kann, daß mitten im Frieden und bei den zur Verlegung der k. k. Kassen mit den nötigen Geldmitteln getroffenen Anstalten von einzelnen Organen der Staatsverwaltung in deren Namen Gelder bei Privaten|| S. 191 PDF || aufgenommen werden, so behielt sich der Finanzminister vor, den Kriegsminister (welcher übrigens den Vorgang vom 15. d. [M.] mit einer Kreuzung der am 28. v. [M.] abgegangenen Note erklären zu können vermeinte) um die Verfügung anzugehen, daß künftig derlei Vorgänge nicht mehr stattfinden4.
II. Zolltarif (3. Beratung)
Fortsetzung der Beratung des Zolltarifentwurfes a(3. Beratung)a .5
§ 7. Im ersten Absatze wünschte der Finanzminister, daß gesagt würde: „Gemenge von Waren, welche unter verschiedenen Tarifsätzen aufgeführt sind, sind ohne Rücksicht etc.“, weil ihm dieser Beisatz sowohl durch den Zweck der Deklaration als auch durch die Bestimmung der Belegung nach dem höheren Tarifsatze geboten erscheint.
Der Handelsminister fände zwar diesen Beisatz nicht nötig, weil es sich von selbst versteht, daß die Bestimmung dieses Paragraphsabsatzes nicht auf Warengemenge paßt, welche demselben Tarifsatz angehören; indessen nahm er keinen Anstand, die vom Finanzminister gewünschte Einschaltung beizusetzen.
Was den zweiten Absatz dieses Paragraphs betrifft, so erklärte sich der Finanzminister mit der Grundidee desselben einverstanden, doch würde er dem Begriffe der kurzen Waren nicht die hier zugelassene Ausdehnung gegeben und vorgezogen haben, daß bei der Ausmittlung des Tarifsatzes mehr Rücksicht auf den Wert und auf den Umstand genommen werde, welche Bestandteile der Ware die überwiegenden seien, wogegen jedoch der Handelsminister erinnerte, daß die Belegung nach dem Werte, zumal in der praktischen Anwendung, den größten Unzukömmlichkeiten unterliege. Es ward demnach dem Texte des Entwurfs des § 7 beigestimmt.
§ 8 gab zu keiner Erinnerung Anlaßb .
Zu § 9 sprach der Finanzminister den Wunsch aus, daß der metrische Zentner als Zollgewichtseinheit angenommen werden möchte, wogegen jedoch der Handelsminister die bestehende Übung und den am meisten verbreiteten Gebrauch des Wiener Gewichts geltend machte6.
§§ 10 und 11. Nichts zu erinnern.
Im § 12 beanständete der Finanzminister die früher nirgends vorkommende Schätzung der von einem Lastträger gebrachten Ladung als der menschlichen Würde entgegen und als überflüssig, da das, was ein Mensch trägt, jederzeit leicht gewogen werden kann. Indessen bestand er nicht weiter auf der Beseitigung dieser Bestimmung, nachdem der Handelsminister bemerkt hatte, daß weiter unten die Bestimmung vorkommt, daß [es] jedermann freistehe, seine Waren behufs der Verzollung abwägen zu lassen.
§§ 13 – 17 gaben zu keiner Erinnerung Anlaß.|| S. 192 PDF ||
Im § 18 beantragte der Finanzminister die Berücksichtigung der Bruchteile bis zu ¼ K reuzer, weil es ihm drückend scheint, besonders von der ärmeren Klasse einen halben Kreuzer für voll einzahlen zu lassen, in der Verrechnung und Kontrolle aber die Summierung der Bruchteile keiner Schwierigkeit unterliegt, wie dies der Bestand des Pfennigs bei allen andern Abgaben beweist.
Ihm trat der Justizminister bei. Die übrigen, also mehreren Stimmen aber erklärten sich für die unveränderte Beibehaltung des Textes in der Rücksicht für die Vereinfachung der Amtshandlung.
Zu § 19, Nr. 2, vereinigte man sich dahin, die sub e-h benannten Artikel sowie zu Nr. 1 die explodierenden Präparate d hier wegzulassen, weil die Artikel, welche wie diese aus polizeilichen Rücksichten vom Verkehre ausgeschlossen werden, in der Regel wandelbar sind und durch besondere Verordnungen festgesetzt werden. Insbesondere behielt sich der Minister vor, die Notwendigkeit der Beschränkung der Artikel e-h durch die Sanitätskommission vorläufig konstatieren zu lassen. Ebenso nahm man keinen Anstand, auf die Weglassung des letzten Absatzes dieses Paragraphs anzutragen, weil das Recht der Regierung, aus öffentlichen Rücksichten Verkehrsbeschränkungen anzuordnen, sich von selbst versteht.
§ 20, 1.a beanständete der Finanzminister die Bestimmung, daß die Wägen deutliche Spuren des fortgesetzten Gebrauches an sich tragen müssen, als neu und in der Praxis zur Schikane Anlaß gebend, infolgedessen sich auch die Majorität für die Hinweglassung des „fortgesetzten“ erklärte.
Auch bezweifelte der Kultusminister die Zweckmäßigkeit der Ausschließung der hölzernen Ruderfahrzeuge bei der Talfahrt von der Begünstigung des Paragraphs im allgemeinen, wogegen jedoch der Handelsminister erinnerte, daß sich diese Bestimmung nach der Richtung unserer Flüsse nur auf die Donaufahrzeuge, welche, am Ort ihrer Bestimmung angelangt, als Bauholz verkauft werden, bezieht.
Bei § 21 ward die Beratung abgebrochen7, um noch folgende Vorträge zu besprechen:
III. Resignation des Senatspräsidenten Ludwig Graf v. Breda
des Justizministers über die Dienstesresignation des Senatspräsidenten des Wiener Landesgerichts Grafen Breda, mit dem Antrage auf Erwirkung der Bezeigung der Ah. Zufriedenheit und über sein Ansuchen der Beibehaltung des Titels und Charakters seiner bisherigen Charge. Der Ministerrat erklärte sich mit diesem Antrage einverstanden8, so wie mit dem weiteren:
IV. Todesurteil gegen Alexa Opra
auf Nachsicht der wider den 17jährigen Alexa Opra wegen Raubmords verhängten Todesstrafe und deren Umwandlung in eine zeitliche Kerkerstrafe9.
V. Standrecht in Siebenbürgen
Der Justizminister erinnerte ferner, daß in Siebenbürgen das Standrecht nach der ungrischen Norm von 181510 publiziert und ihm hievon nachträglich erst die Anzeige zugekommen|| S. 193 PDF || sei, was umso bedauerlicher sei, als bei dieser, keinenfalls ohne vorläufige Einvernehmung des Justizministeriums zu treffenden Verfügung es wünschenswert gewesen wäre, die österreichisch-deutsche Norm über das standrechtliche Verfahren anzuordnen, nachdem bereits, wenigstens in einem Teile Siebenbürgens, das österreichisch-deutsche Strafgesetz eingeführt worden ist11. Der Justizminister sprach den Wunsch aus, daß in Zukunft bei ähnlichen Maßnahmen seine Einvernehmung nicht unterlassen werden möge.
VI. Gehaltserhöhung der theologischen Professoren an den Diözesanlehranstalten
Der Kultus- und Unterrichtsminister referierte über die Anträge zur Verbesserung der Stellung der theologischen Professoren an den Diözesanlehranstalten außer Ungern12.
Dieselben hatten bisher 600 f. Gehalt ohne Vorrückungsrecht und ohne Anspruch auf Pension. Da sie hiermit hinter den theologischen Professoren an den kleineren Universitäten weit zurückstehen13, und bei dieser geringen Dotation sehr zu besorgen ist, daß die Anstalten noch mehr zurückgehen würden, wenn nicht ihren Professoren einige Aufmunterung zuteil wird, so erachtete der Minister darauf anzutragen, daß der Gehalt dieser Professoren auf 800 f., zwar ohne Vorrückungsrecht und ohne Pension, jedoch in der Art erhöht werde, daß ihnen, wenn sie eine Universitätsprofessur erhalten, die früheren Dienstjahre als pensionsfähig angerechnet, außerdem aber, wenn sie an der Diözesananstalt undienstfähig werden, ihnen der Defizientengehalt je nach zehn vollstreckten Dienstjahren um 100 f. erhöht werde.
Der Finanzminister glaubte, das Bedürfnis dieser Gehaltsaufbesserung nicht für so dringend halten zu müssen, um den von allen Seiten in Anspruch genommenen Finanzen diese neue Last (14.000 f. jährlich) aufzubürden. Er bemerkte, daß diese Professoren als Geistliche weniger Bedürfnisse und mehr Hilfsmittel zur Verbesserung ihrer Subsistenz haben als andere, und erklärte sich jedenfalls gegen die fortige Ausführung des Antrages.
Die Stimmenmehrheit vereinigte sich indes in dem vom Minister des Inneren vorgeschlagenen Vermittlungsantrage, den gedachten Professoren eine Aufbesserung ihrer Gehalte um 100 f., also auf 700 f., zuzugestehen14.
Wien, am 26. August 1851. Schwarzenberg.
Ah. E. Ich nehme den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis. Franz Joseph. Schönbrunn, 28. August 1851.