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Nr. 486 Ministerrat, Wien, 18. April 1851 - Retrodigitalisat (PDF)

  • ℹ️ anwesend:
  • RS.; P. Wacek; VS. Schwarzenberg; BdE. und anw. (Schwarzenberg 19. 4.), P. Krauß 22. 4., Bach 19. 4., Csorich, Bruck, Thun, K. Krauß, Kulmer 19. 4.; abw. Thinnfeld, Stadion. a

MRZ. 1320 – KZ. 1489 –

Protokoll der am 18. April 1851 in Wien abgehaltenen Ministerratssitzung unter dem Vorsitze des Ministerpräsidenten, dann Ministers des Äußern und des Hauses Fürsten Felix v. Schwarzenberg.

I. Regelung der Disziplinargewalt der politischen Behörden

Der Minister des Inneren Dr. Bach erbat sich die sofort erteilte Zustimmung desMinisterrates, die bereits im Monate Dezember v. J. im Ministerrate vorgetragene kaiserliche Verordnung wegen Reglung der Disziplinargewalt der politischen Behörden bund der ihnen zum Vollzuge ihrer amtlichen Anordnungen eingeräumten Zwangsmittelb vor ihrer Vorlegung zur Ah. Genehmigung Sr. Majestät des Kaisers an den Reichsrat um sein Gutachten leiten zu dürfen1.

Der Minister des Inneren wird zu diesem Ende die gedachte Angelegenheit mit einer schriftlichen Einbegleitung an den Ministerpräsidenten mit der Bitte übergeben, diese Sache an den Reichsrat zur Abgabe seines tunlichst zu beschleunigenden Gutachtens gelangen zu machen2.

II. Wahl Carl Dolliaks zum Bürgermeister in Görz

Derselbe Minister trug weiter an, die in Görz auf den dortigen Dr. Dolliak gefallene Wahl zum Bürgermeister, welchen sowohl der Kreispräsident Baron Buffa als der Statthalter Baron Wimpffen als einen verläßlichen und loyalen Mann bestens empfehlen, zur Ah. Genehmigung Sr. Majestät vorzulegen3. Für Görz sind nach dem dortigen Gemeindestatut 24 Gemeinderäte bestimmt, die absolute Stimmenmehrheit, welcher zur Wahl des Bürgermeisters erforderlich ist, bestünde also in 13 Stimmen. Zur Zeit der Wahl des Bürgermeisters daselbst waren nur 22 gesetzlich gewählte Gemeinderäte vorhanden, da die Wahlen für zwei Stellen nicht ordnungsmäßig vorgenommen waren, diese Stellen also noch fehlten. Diese 22 Gemeinderäte waren bei der Wahl des Bürgermeisters alle zugegen, und von diesen erhielt Dr. Dolliak zwölf Stimmen. Der Gemeinderat beriet hierauf,|| S. 417 PDF || ob in diesem Falle zur absoluten Stimmenmehrheit 13 oder nur zwölf Stimmen erforderlich seien, und fand, daß das Statut nicht entgegen sei, hier zwölf Stimmen als die absolute Stimmenmehrheit anzunehmen, weil zur Zeit der Wahl nur 22 gesetzlich gewählte Gemeinderäte vorhanden wären und man in Triest in einem ähnlichen Falle das Statut ebenso ausgelegt hat. Diese Ansicht teilt auch der Kreispräsident Baron Buffa und der Minister des Inneren, und die Mehrzahl der Stimmführer des Ministerrates traten dieser Meinung bei. Nur der Justizminister Ritter v. Krauß glaubte bemerken zu sollen, daß das Gemeindestatut die absolute Stimmenmehrheit sämtlicher Gemeinderatsglieder fordere und nicht sage, der bereits giltig oder gesetzlich gewählten, wornach ihm in diesem Falle zur absoluten Stimmenmehrheit die Zahl 13 notwendig schiene4.

III. Auszeichnung für Michael Ahorner

Dem Antrage des Ministers des Inneren auf Auszeichnung für den Gemeindevorstand von St. Michael in Steiermark5 Martin Ahorner durch das silberne Verdienstkreuz mit der Krone wurde von dem Ministerrate beigestimmt, da Ahorner nach der Versicherung der Behörden sich in den letzteren Jahren durch Treue und Anhänglichkeit an die rechtmäßige Regierung besonders ausgezeichnet hat6.

IV. Todesurteil gegen Stefan Maczko

Der Justizminister Ritter v. Krauß trug einverständlich mit dem Obersten Gerichtshofe auf Nachsicht der Todesstrafe für den wegen Brandlegung zu dieser Strafe verurteilten Stefan Maczko vorzüglich aus dem Grunde an, weil derselbe bereits seit dem Jahre 1846 sitzt, wogegen sich keine Erinnerung ergab7.

Ebenso hat der Ministerrat

V. Todesurteil gegen den Haiducken Keltonik

dem weiteren Antrage des Justizminister beigestimmt, für den Haiducken Keltonik, welcher seine im dritten Monate schwangere Frau im berauschten Zustande mit einem Messer erstochen hat, die Nachsicht der Todesstrafe von der Ah. Gnade Sr. Majestät zu erwirken, worauf auch der Oberste Gerichtshof angetragen hat8.

Dagegen fand der Ministerrat den folgenden beiden Anträgen desselben Ministers nicht beizutreten, und zwar:

VI. Todesurteil gegen Peter Paitsch und Joseph Takatsch

daß gegen Peter Paitsch und Joseph Takatsch, welche wegen wiederholten Raubes zum Tode verurteilt worden sind, dem Obersten Gerichtshofe überlassen werde, sein Amt handeln zu lassen, weil diese Verbrecher bereits seit dem Jahre 1846 sitzen, der Zeitpunkt des Vollzuges der Strafe zu sehr von dem Zeitpunkte der begangenen Verbrechen entfernt sein würde und dieser Umstand bereits in vielen Fällen als Grund geltend gemacht wurde, auf Nachsicht der Todesstrafe anzutragen. Es wäre daher für diese Verbrecher auf|| S. 418 PDF || Nachsicht der Todesstrafe anzutragen und dem Oberste Gerichtshofe zu überlassen, dafür ceine zeitliche Strafec zu substituieren.

VII. Strafrest des Franz Kramberger

daß für den Franz Kramberger von St. Georgen auf die Nachsicht des Strafrestes von fünf Monaten bei Sr. Majestät angetragen werde. Dieser Verbrecher wurde, nachdem er früher wegen versuchter Banknotenverfälschung ab instantia entlassen ward, wegen Verfälschung von Schuldscheinen, wodurch er einen Schaden über 2000 f. verursacht hatte, zum zweijährigen Kerker verurteilt und sitzt bereits ein Jahr und sieben Monate. Seine Mitbürger bitten für ihn, da sein Vater mittlerweile gestorben ist, um Nachsicht des Strafrestes, weil seine Wirtschaft sonst zugrunde ginge, und wenn er auf die Wirtschaft kommt, es ihm möglich wird, den verursachten Schaden wieder gutzumachen. Der Oberste Gerichtshof und der Justizminister trugen auf Nachsicht des Strafrestes dvon fünf Monatend an, der Ministerrat glaubte aber diesem Antrage bei der für das gedachte Verbrechen bemessenen, ohnehin mäßigen Strafe nicht beistimmen zu sollen.

VIII. Versetzung des griechisch-nichtunierten Bischofes Platon Athanaczkovicz in die Bacska; Regulierung der griechisch-nichtunierten Bistümer

Der Minister des Kultus und des öffentlichen Unterrichtes Graf Leo Thun brachte abermals die Angelegenheit der griechisch-nichtunierten Bischöfe und insbesondere die von Sr. Majestät ausgesprochene Übersetzung des griechisch-nichtunierten Ofner Bischofes Platon Athanaczkovicz auf das griechisch-nichtunierte Bistum in der Bacska zur Sprache9.

Der Minister bemerkte, daß er den Patriarchen Rajačić zur Äußerung über die gedachte Übersetzung aufgefordert und ihm vertraulich beigefügt habe, daß von einer Anfechtung oder Zurücknahme der Ah. Entschließung wegen Versetzung des Bischofes Athanaczkovicz in die Bácska keine Rede sein könne.

Der Patriarch habe ihm darüber eine umständliche schriftliche Äußerung zukommen gemacht, worin er nach ausführlicher Darstellung des ganzen Herganges zuletzt bemerkt, daß er im Jahre 1846 zur Übersetzung in die Bácska den Bischof Zsivkovic angetragen habe und dieser eigentlich nach dem Ausdrucke des Statutes „Synodo suadente“ dahin hätte versetzt werden sollen. Indessen wünsche der Patriarch auch einen angemessenen Ausweg zur Beendigung dieser Angelegenheit zu finden, und dazu bieten sich nach seiner Ansicht zwei Mittel dar, entweder daß der Bischof Athanaczkovicz vor den versammelten Bischöfen erkläre, er habe sich Vergehen zuschulden kommen lassen, welche er bereue, oder daß das kanonische Verfahren gegen ihn eingeleitet werde, um über seine Schuld oder Unschuld zu erkennen. In beiden Fällen, wenn Athanaczkovicz Abbitte tut, oder wenn der kanonische Prozeß seine Unschuld an den Tag legt, sei dann der Patriarch geneigt, ihn Sr. Majestät zur Übersetzung in die Bácska anzutragen. eSollte dieser Ausweg nicht für zulässig erkannt werden, so würde er unter der Bedingung von seiner Einsprache absehen können, wenn durch ein kaiserliches Patent die Versicherung erteilt würde, daß fortane keine Übersetzung, ohne das Einraten der Synode zu beachten, geschehen solle10.|| S. 419 PDF ||

Der Minister Graf Thun fand sich hierüber zu der Bemerkung veranlaßt, daß der Einfluß des Patriarchen auf die griechisch-nichtunierten Bischöfe deshalb so groß sei, weil eine zu große Ungleichheit der Dotation der griechisch-nichtunierten Bistümer besteht, die Besitzer ärmerer Bistümer auf bessere zu kommen wünschen, und der Patriarch bei der oberwähnten Auslegung der Statutsstelle: „Principe volente et Synodo suadente“ es in seiner Hand hat, ihnen zu dieser Verbesserung zu verhelfen. Diesen Einfluß müsse man abzuschneiden trachten, und die Regierung hätte zu diesem Ende nach der Ansicht des Grafen Thun nur auszusprechen, daß Übersetzungen auf griechisch-nichtunierten Bistümer, besondere rücksichtswürdige Fälle ausgenommen, nicht mehr statthaben sollen. Um dieses Ziel zu erreichen, wäre es aber notwendig, die Einkünfte der griechisch-nichtunierten Bistümer gleicher zu stellen, als sie jetzt sind, wobei aber keineswegs gemeint sei, diese Einkünfte ganz gleich zu machen, sondern nur ein Minimum, gleichsam eine Art Congrua, für diese Bistümer festzusetzen, wodurch es möglich würde, die Bischöfe auf ihren Bistümern zu erhalten. Der Minister Graf Thun meint, daß auf die jetzt hier versammelten Bischöfe einzuwirken wäre, daß eine solche Regulierung geschehe, was jetzt umso leichter ausgeführt werden könnte, als mehrere griechisch-nichtunierte Bistümer gegenwärtig erlediget sind, und daß diese Bischöfe entweder selbst um eine solche Maßregel bei Sr. Majestät bitten, oder daß man von Regierungswegen ausspreche, daß eine solche Regulierung stattzufinden habe. Gleichzeitig mit der Regulierung wären die hier versammelten Bischöfe zu ermächtigen, die Wahl zu den erledigten Bistümern vorzunehmen.

Nach längerer Besprechung über diesen Gegenstand einigte sich der Ministerrat in folgenden Beschlüssen:

Was die Versetzung des Bischofes Athanaczkovicz in die Bácska angelangt, habe es bei dem diesfälligen Ausspruche Sr. Majestät unabänderlich zu verbleiben, und es sei sich in keine weitere Verhandlung mit den Bischöfen einzulassen, indem es keinem Zweifel unterliegen könne, daß nach dem Ausspruche des Statuts: „Principe volente et Synodo suadente“ die Synode nur den Vorschlag zu erstatten habe, und Se. Majestät frei die Übersetzung bestimmen können, weil sonst der Ausdruck „Principe volente“ keinen rechten Sinn hätte. Hat der Patriarch Rajačić gegründete Bedenken gegen den Bischof Athanaczkovicz, so möge er ihm den kanonischen Prozeß machen, wozu ihm (Rajačić) ein angemessener Termin mit dem Beifügen festzusetzen wäre, daß, wenn in dieser Zeit der Prozeß gegen Athanaczkovicz nicht anhängig gemacht wird, es so angesehen werden würde, daß gegen ihn keine Einwendungen bestehen.

Wegen der Nichtübersetzung der griechisch-nichtunierten Bischöfe auf andere Bistümer wären keinerlei Zusicherungen zu machen, sondern es wäre sich diesfalls einfach an das bestehende Statut zu halten, um dem Kaiser kein ihm zustehendes Recht zu vergeben.

In Ansehung der Regulierung der griechisch-nichtunierten Bistümer wären die nötigen Verhand­lungen von Amts wegen einzuleiten.

Hinsichtlich der Agenden der hier versammelten griechisch-nichtunierten Bischöfe wäre der Versammlung ein angemessener Termin festzusetzen, innerhalb welchem sie ihre Vorlage zu machen hätte.

Was endlich die Wahl zu den erledigten griechisch-nichtunierten Bistümern anbelangt, so wurde über die diesfällige Bemerkung des Handelsministers , daß die wichtige|| S. 420 PDF || griechisch-nichtunierte Kirche möglichst zu schonen sei und daß viel daran liege, bald zwei verläßliche Bischöfe in die Synode dieser Kirche zu erhalten, an deren Erlangung bei einer geschickten Leitung der Wahl durch den kaiserlichen Kommissär nicht wohl gezweifelt werden könne, der Minister Graf Thun zu den Einleitungen ermächtiget, daß sich die versammelten griechisch-nichtunierten Bischöfe zu einer Synode zur Besetzung von zwei Bistümern ihres Ritus konstituieren, wobei jedoch ausdrücklich zur Bedingung zu machen wäre, daß die Versetzungsangelegenheit des Bischofes Athanaczkovicz vorerst ganz in der Ordnung und er kanonisch investiert sein müsse, damit er gleich in die Synode eintreten und an der Wahl der neuen griechisch-nichtunierten Bischöfe teilnehmen könne11.

Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolles zur Kenntnis genommen. Franz Joseph. Wien, den 29. April 1851.