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Nr. 481 Ministerrat, Wien, 7. April 1851 - Retrodigitalisat (PDF)

  • ℹ️ anwesend:
  • RS.; P. Marherr; VS. Schwarzenberg; BdE. und anw. (Schwarzenberg 8. 4.), P. Krauß 9. 4., Bach 9. 4. Thun, Csorich, K. Krauß, Kulmer 11. 4.; abw. Stadion, Bruck, Thinnfeld.

MRZ. – KZ. 1658 –

Protokoll der Sitzung des Ministerrates, gehalten zu Wien am 7. April 1851 unter dem Vorsitze des Ministerpräsidenten, Ministers des Äußern und des Hauses, FML. Fürsten v. Schwarzenberg.

I. Verminderung der Landesgerichte in Kroatien

Der Justizminister referierte über die Möglichkeit einiger Beschränkungen in den ursprünglichen Anträgen zur Organisierung der Gerichte in Kroatien1.

Durch die Erweiterung des Wirkungskreises der Kollegialgerichte und Überlassung der Judikatur in den geringfügigsten Streitsachen an die Gemeindevorsteher wird es tunlich werden, von den beantragten sieben Landesgerichten drei, zu Karlstadt, Požega und Kreuz, als bloße Bezirkskollegialgerichte zu konstituieren und mehrere Bezirksgerichte zu vereinigen. Hierdurch wird an Besoldungen etc. ein Betrag von circa 60.000 f. und überdies der Aufwand für viele Baulichkeiten erspart werden.

Der Ministerrat war mit dem Antrage einverstanden, der sonach vom Justizminister Sr. Majestät unterlegt werden wird2.

Gegen dessen Anträge

II. Strafrestnachsichtsgesuch der Therese Wagner

auf Abweisung des Ah. signierten Gesuchs der Therese Wagner um Nachsicht des Strafrests für ihren wegen Notzucht zu eineinhalbjährigem Kerker verurteilten Gatten Johann3, und

III. Todesurteil

auf Nachsicht der Todesstrafe wider Maria Korballo wegen Ermordung ihres Kindes ergab sich keine Erinnerung4.

IV. Ermächtigung des Obersten Gerichtshofes, zeitliche Strafen bei Nachsicht des Todes auszusprechen

Die von den Schwurgerichten gefällten Urteile auf Todesstrafe sollen vermöge der Ah. Entschließung vom 14. Jänner 1851 (Z. 118) Sr. Majestät vom Obersten Gerichtshofe mit dessen Gutachten vorgelegt werden, ob eine Begnadigung einzutreten hätte oder nicht5.|| S. 392 PDF ||

Insofern hiebei der Oberste Gerichtshof mit dem allfälligen Gnadenantrage zugleich die an die Stelle der Todesstrafe zu erkennende zeitliche Strafe in den Vortrag aufnimmt, könnte es den Anschein gewinnen, als ob Se. Majestät auch in die Bestimmung der letzteren einzugehen fänden. Zur Vermeidung dieser in der Ah. Absicht Sr. Majestät nicht gelegenen Auffassung brachte der Justizminister eine Gesetzerläuterung dahin in Vorschlag, daß Se. Majestät in den Fällen, wo Allerhöchstdieselben die Todesstrafe nachzusehen geruhen, jedesmal den Obersten Gerichtshof ermächtigen, über das Maß der an deren Stelle tretenden zeitlichen Strafe zu erkennen.

Der Ministerrat erklärte sich mit diesem Antrage einverstanden. Auf den von dem Finanzminister erhobenen Zweifel, ob es nötig sei, hierwegen ein eigenes Gesetz hinauszugeben, ward erinnert, daß auch die Ah. Entschließung vom 14. Jänner 1851 in derselben Weise kundgemacht worden sei6.

Auch dem weiteren Antrage des Justizministers

V. Kompetenz des Obersten Gerichtshofes bei Strafmilderung

über die Kompetenz ades Obersten Gerichtshofesa, bei Strafmilderungen unter dem gesetzlich zulässigen Minimum der Strafe eine Erläuterung hinauszugeben, ward beigestimmt.

Hiernach hätte mit Rücksicht auf § 443 des Strafgesetzbuches von 1802 I. Teil der Oberste Gerichtshof das Recht, die gedachten Strafmilderungen auszusprechen7.

VI. Verwarnung des Redakteurs des „Soldatenfreunds“

Nachdem blaut der Anzeige der Generalprokuratur von Niederösterreichb das Journal „Soldatenfreund“ in mehreren Artikeln arge Ausfälle gegen den Zivilstand überhaupt, dann insonderheit gegen die Zivilbeamten und den Zivilrichterstand sich erlaubt hat, welche Aufsätze wirklich die Tendenz, Zivil- und Militärstand gegeneinander aufzuhetzen, verraten, so erklärte der Justizminister, daß er die Absicht habe, den Herrnc Gouverneur von Wien anzugehen, daß er den Redakteur des „Soldatenfreunds“ vorfordern und ihm wegen dieses Vorgehens eine eingreifende Verwarnung erteilen lasse.

Der Ministerrat fand hiergegen nichts zu erinnern8.

VII. Modifikationen im Gesetz über direkte Steuern in Kroatien

Der Finanzminister referierte über einige Desideria des Banus von Kroatien in betreff der direkten Steuern im Lande9.

Der Banus wünscht nämlich a) daß Gebäude auf öden Huben und neue Häuser, dann Pfarr- und Schulgebäude steuerfrei sein mögen; b) daß der Rekurs in Steuersachen vom Vizegespan unmittelbar an die Finanzdirektion gehe, und c) daß über die Detailbestimmungen der direkten Steuern eine kaiserliche Verordnung erlassen werde.

Der Finanzminister bemerkte ad a), daß in Ansehung der beiden ersteren Kategorien von Häusern zwar von einer Steuerfreiheit keine Rede sein könne, wohl aber Steuerfreijahre, wie in anderen Provinzen, zugestanden werden, und daß, was Pfarr- und Schulhäuser betrifft, sich an diesfalls im allgemeinen geltenden Bestimmungen werde gehalten werden.

Ad b) erklärte sich der Finanzminister mit dem Begehren des Banus einverstanden; nicht so mit jenem ad c), weil die Generalbestimmungen über die Einführung der direkten Steuern im Lande, gleich wie in Ungern, Siebenbürgen, Woiwodschaft, mittelst Patents hinausgegeben, die Detailbestimmungen aber auch in den letztgenannten Kronländern bloß mittelst Verordnungen bekannt gemacht worden sind.

Der Ministerrat fand gegen die Ansichten des Finanzministers nichts zu erinnern10.

Der Minister des Inneren lud sämtliche Minister ein,

VIII. Entwurfsrevision einer Vorschrift über die Verhältnisse der Staatsbeamten

sich bei der Revision der auf seine Veranlassung entworfenen Vorschrift über die Verhältnisse der Staatsbeamten (Dienstpragmatik, jedoch mit Ausschluß des Pensionsnormale, welches einer abgesonderten Verhandlung vorbehalten bleibt) durch Abgeordnete im kommissionellen Wege zu beteiligen11, und richtete weiters

IX. Entwurfsrevision des Waffengesetzes

eine gleiche Einladung an den Finanz-, Handels-, Landeskultur-d und Kriegsminister wegen Teilnahme an den Beratungen über den umgearbeiteten Entwurf eines Waffengesetzes12.

X. Einquartierungsgesetz (4. Beratung)

Schluß des Vortrags und der Beratung dere Vorschrift über die Einquartierung des Heeres für alle Kronländer mit Ausnahme der Militärgrenze13.

Dieselbe wurde nunmehr nach der von dem Minister des Inneren vorgeschlagenen Fassung (in dem beiliegenden korrigierten Exemplar ersichtlich)f angenommen und ein Antrag des Finanzministers , in eine Revision der in den Ausweisen A und B erscheinenden Quartierkompetenz der Militärpersonen und Parteien einzugehen, abgelehnt, nachdem der Kriegsminister sowohl als der Minister des Inneren sich gegen jede Herabsetzung dieser nach dem alten Ausmaße angenommenen Kompetenz erklärt hatten.

Die zur Ausführung der Vorschrift nötigen Maßregeln und Einleitungen zu treffen, wurde dem Einvernehmen der Minister des Inneren und des Kriegs überlassen14.

XI. Auszeichnung für Delegaten Gröller, Graf Radetzky und Bischof Farina

Der Minister des Inneren referierte über die Anträge des Feldmarschalls Grafen Radetzky wegen Verleihung von Auszeichnungen an die im Anschlusse ausgewiesenen Lombarden und Venezianer (mit Inbegriff zweener Ausländer).

Der Minister des Inneren sowie der Ministerrat stimmten den Anträgen des Feldmarschalls mit der einzigen Modifikation bei, daß nach dem Antrage des erstern für den Delegaten Gröller, für den Graf Radetzky den Eiserne Krone Orden II. Klasse beantragte, das Ritterkreuz des Leopold-Ordens, dagegen für den Bischof Farina, dem er nur den Eiserne Krone Orden III. Klasse zudachte, jenen der II. Klasse bei Sr. Majestät erbeten werde15.

XII. Auszeichnung für zwei Redakteure

Zwei weitere Auszeichnungsanträge: Franz-Josephs-Orden für den Redakteur des „Zuschauers“ Ebersberg, und jenen des „Volksblatts“ Salfinger, nahm der Minister des Inneren vorderhand zurück, nachdem der Ministerpräsident bemerkt hatte, daß, wenn nicht erst näher nachzuweisende spezielle Verdienste vorliegen, für die bloße journalistische Wirksamkeit allein eine solche Auszeichnung kaum angemessen sein dürfte.

XIII. Auszeichnung für Zollamtsoffizial Waltl

Dagegen vereinigte sich der Ministerrat mit dem gemeinschaftlichen Antrage des Finanzministers und des Ministers des Inneren wegen Verleihung des Verdienstkreuzes an den pensionierten Zollamtsoffizial Waltl16, dann

XIV. Auszeichnung für Gutsbesitzer Konrad Donike

mit jenem des Ministers des Inneren auf Verleihung des goldenen Verdienstkreuzes an den um den Freiherrnstand bittenden ungrischen Gutsbesitzer Konrad Donike17, endlich

XV. Pension für Joseph v. Sebregondi

auf Bewilligung der normalmäßigen Pension an den gewesenen Vizepräsidenten des venezianischen Guberniums, v. Sebregondi, nachdem dessen Benehmen während der Revolution ihn nach dem Erkenntnisse der Kommission des Anspruchs auf Pension nicht verlustig gemacht hat18.

Ah. E. Ich nehme den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis. Franz Joseph. Wien, den 18. Mai 1851.